15.12.2021 (GWUP): Ein neues Virus aus Russland sollte 2021 weltweit die Gehirne von Menschen infizieren und diese in Zombies verwandeln – was wie das Sujet eines billigen Horrorfilms klingt, war Ende 2020 in diversen europäischen Boulevardmedien als Voraussage für das jetzt ablaufende Jahr zu lesen. Diese und andere weltweite Katastrophen – zum Beispiel der Einschlag eines Asteroiden auf der Erde – wurden dem Renaissance-Dichter Nostradamus zugeschrieben und erwiesen sich – erwartungsgemäß – als absoluter Humbug. Auch sonst lieferte die alljährliche Auswertung esoterischer Zukunftsprognosen durch die GWUP wenig Greifbares und, wie üblich, keine überraschenden Treffer.
Natürlich war zum Jahreswechsel 2020/21 Corona ein häufiges Thema in den Prognosen von Wahrsagern, Hellsehern und Astrologen. „Hier hielten sich optimistische Prognosen eines baldigen Endes der Pandemie und Warnungen vor weiteren, schlimmeren Auswirkungen in etwa die Waage“ berichtet der Mainzer Mathematiker Michael Kunkel,der Prognosen dieser Art seit 20 Jahren sammelt und auswertet. So sahen die Astrologin Christine Dittrich-Elm und ihr Kollege Roland Jakubowitz das Ende der Pandemie im Frühjahr 2021, während andere – wie die amerikanische Wahrsagerin Judy Hevenly – noch Auswirkungen bis in die folgenden Jahre voraussagten. Die absoluten Wahrversager beim Thema Corona kamen jedoch aus den Reihen der sogenannten Querdenker: Ob Abschaltung des Internets (mehrfach), Sperre der Stromversorgung in Deutschland oder Tod aller Geimpften im September – mit solchen Prophezeiungen machten sich die Protagonisten eher lächerlich.
Der Wahltermin, die Geburtsdaten der Kandidaten und der Kandidatin – einige Astrologen nahmen die Bundestagswahl in den Fokus ihres Blicks in die Sterne. Warum Peter-Johannes Hensel am Wahltermin zweifelte, blieb unklar, sein Kollege Malkiel Dietrich hielt den Wahltermin für schlecht gewählt, plädierte für eine Verschiebung und sah 25 % der Stimmen bei der AfD. Für Taufiq Mempel war Armin Laschet „bis 2024 der Mann für diese Zeit“, zu einem möglichen Wahlergebnis äußerte er sich jedoch nicht. Für Kunkel eine kluge Strategie: „Mit genauen Prognosen kann man falsch liegen, solange man sich nur rein astrologisch äußert, kann man sich zumindest nicht blamieren.“ Ein Gegenbeispiel liefert die Kartenlegerin Silvie Kollin, die im Januar Markus Söder als nächsten Bundeskanzler erpendelte und damit ebenso daneben lag wie die von einem Radiosender spaßeshalber befragte Orakelhündin Lucy.
In der Regenbogenpresse dominierten bei den dort üblichen Promi-Prognosen die bekannten Themen Liebe, Gesundheit oder Karriere sowie – bei jungen Familien aus Königshäusern –die Vorhersage von Nachwuchs. Treffer sind dabei nicht ausgeschlossen, Fehlprognosen aber auch nicht, selbst dann, wenn sie mehrfach vorausgesagt wurden. In den USA ließen sich weder Melania und Donald Trump scheiden, noch trat Joe Biden vom Präsidentenamt zurück (Nikki Pezzaro und andere), und auch Queen Elizabeth ist weiter im Amt, obwohl ein Wechsel an der Spitze des britischen Königshauses seit Jahren zu den Standardprognosen gehört. Zum Standard gehören seit einiger Zeit auch kurze Astrologiebeiträge in verschiedenen Lifestyle-Magazinen. Keine Woche vergeht ohne Listen von Sternzeichen, denen Eigenschaften – mal positiv, mal negativ – zugeschrieben werden. Wenn dann ein und demselben Sternzeichen in verschiedenen Artikeln die Eigenschaften „nicht so schlau“ und„besonders gebildet“ zugeordnet werden, kann sich Kunkel ein Lächeln nicht verkneifen.„Ich hoffe ja, dass die Leserinnen und Leser diese Art von Fastfood-Vorurteilen nicht allzu ernst nehmen. Es mag sich ja gut anfühlen, wenn man als ‚besonders umweltbewusst‛ klassifiziert wird – bei ‚extrem arrogant‛ oder ‚total unhöflich‛ dürfte das eher nicht der Falls ein."
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