22.08.2010 (GWUP) - Wenn Kinder unter übersteigerter Aktivität und Impulsivität leiden, haben sie häufig Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Schwierigkeiten in der Schule und später im Beruf können die Folge sein. Unter dem Begriff des ,,Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndroms", kurz ADHS genannt, wurde über die Krankheit mit zunehmender Häufigkeit in den letzten Jahren berichtet. Insbesondere die nach Meinung von Kritikern in vielen Fällen zu häufige Vergabe von Medikamenten an Kinder stieß auf Kritik. Nun melden amerikanische Wissenschaftler Zweifel an der Wissenschaftlichkeit vieler Diagnosen an. Ihren Schätzungen nach gibt es allein in den USA bis zu eine Million Kinder, bei denen vorschnell eine ADHS-Diagnose gestellt wurde. Dies meldet das ,,Deutsche Ärzteblatt ".
Die Wissenschaftler hatten die Daten von 12.000 Kindern aus Kindergärten und Schulen ausgewertet, die häufig auf Initiative von Erziehern oder Lehrern zum Arzt geschickt wurden. Dabei scheint es eine überdurchschnittliche Häufung von ADHS-Diagnosen bei den jeweils jüngsten Kindern einer Jahrgangsstufe zu geben. Gerade bei diesen Kindern aber könnten vermeintliche Hyperaktivitätssyndrome häufig einfach nur die emotionale und geistige Unreife der jüngeren Kinder widerspiegeln, so Todd Elder, Leiter der an der Michigan State University erstellten Studie. Es gebe einen großen Unterschied zwischen einem Fünfjährigen und einem Sechsjährigen und Lehrer und Ärzte sollten dies bei der Diagnose, ob ein Kind wirklich an einer Aufmerksamkeitsstörung leide, berücksichtigen. Auch in der Erhebung der Daten zeigten sich Unterschiede. So wird die Diagnose bei im August geborenen Kindern in US-Bundesstaat Illinois häufiger gestellt als bei gleichaltrigen Kindern in Michigan - weil das Stichdatum für die Aufnahme in den Kindergarten in Illinois der 1. September ist, demzufolge sind dort die im August geborenen Kinder immer die jüngsten. In einer Stellungnahme zeigte sich Elder ferner besorgt über die Verabreichung von Ritalin an Kinder, da über die gesundheitlichen Nebenwirkungen bei einer längerfristigen Einnahme des Wirkstoffs nichts bekannt sei. http://news.msu.edu/story/8160.
Das werden die Hersteller der zur Behandlung von ADHS eingesetzen Medikamente nicht gerne hören. Dem Artikel zufolge sollen die Ausgaben für derartige Pharmaka bis zu 500 Millionen Dollar (390 Millionen Euro) jährlich betragen.
Holger von Rybinski
Quellen:
- Müller-Jung, Joachim: ADHS: Sind wir alle hyperaktiv?. In: FAZ-Net, 19.08.2010
- Shipman, Matt (2010): Study Shows Birth Dates, School Enrollment Dates Affect ADHD Diagnosis Rates . In: NCSU News : NC State News and Information, 17.08.2010