08.03.2010 (GWUP) - Muss der weltweit renommierte Edzard Ernst im nächsten Jahr seinen Lehrstuhl für Komplementärmedizin aufgeben, weil er zu viel Kritik an einer Stiftung von Prinz Charles geübt hat? Diesen Eindruck kann man jedenfalls gewinnen, wenn man die Berichte über die mögliche Schließung 2011 liest, die derzeit von der britischen Presse veröffentlicht werden.
Zwar betonen Offizielle der Universität, dass die finanzielle Unterstützung bisher nie über 2010 hinaus zugesagt worden war. Ernst selbst jedoch vermutet, dass ihm durch seine langjährige Kritik am Wirken der „Prince of Wales's Foundation for Integrated Health (FIH)“ die Finanzierung durch die Universität entzogen werde. So hatte Ernst vor fünf Jahren öffentlich den unter Ägide der FIH entstandenen Smallwood Report kritisiert, eine von einem Ökonomen namens Christoper Smallwood verfasste Bewertung von alternativen Behandlungsmethoden, die Eingang in die Kostenerstattung der Krankenkassen finden sollten. Das „British Medical Journal“ konnte jedoch zeigen, dass nur bei fünf dieser Methoden Kosten im Gesundheitswesen gespart werden könnten. Ernst sollte eigentlich am Report mitwirken, aber seine kritischen Einwände wurden ignoriert. Als er damit an die Öffentlichkeit ging, warf Prinz Charles' Privatsekretär dem Mediziner in einer Beschwerde an die Universität Exeter Vertrauensbruch vor, da er vertrauliche Dokumente in der Öffentlichkeit erörtert habe. Auch ein mit Geldern des britischen Gesundheitsministeriums finanzierter Patientenführer der FIH, der zahlreiche medizinisch unsinnige Behauptungen enthielt (u.a. wurde der Einsatz von Chiropraktik gegen Verdauungsbeschwerden empfohlen), wurde von Ernst zerpflückt.
Zusammen mit dem Wissenschaftsjournalisten Simon Singh hatte er erst zuletzt das Buch „Gesund ohne Pillen“ veröffentlicht, eine kritische Bewertung alternativer Heilmethoden. Nicht nur, dass darin in vielen Kapiteln auf die Arbeit des FIH Bezug genommen wird, das ganze Buch ist Prinz Charles gewidmet, der durch zahlreiche Aktivitäten die Förderung der Alternativmedizin in Großbritannien vorantreibt. Professor Ernst glaubt, dass er seit der Äffäre um den Smallwood-Report als persona non grata in Exeter gelte. Jede Art von Fundraising für seinen Lehrstuhl sei damals eingestellt worden, da die Universität in loswerden wolle. Wenn nicht ein Wunder geschehe (an die der Wissenschaftler Ernst sicher nicht glaubt), werde der Lehrstuhl geschlossen.
Dies wäre allerdings ein herber Rückschlag für die Vertreter der evidenz-basierten Medizin. Wenn Edzard Ernst alternative Heilmethoden kritisiert, dann auf sicherer Datenbasis und nach Abwägung von Nutzen und Risiko der Anwendungen. Auch stellt er sich stets seinen Kritikern. Für den Nachweis etwa, dass Homöopathie wirkt, hatte der Professor aus eigenen Mitteln (zusammen mit Simon Singh) 10.000 britische Pfund ausgeschrieben - bislang musste er das Geld nicht zahlen. Unter anderem seiner Arbeit ist es zu verdanken, dass im letzten Monat ein Wissenschaftskomitee die Forderung an das britische Unterhaus stellte, die Förderung der Homöopathie mit öffentlichen Mitteln einzustellen.
Bleibt zu hoffen, dass sich Förderer finden, mit deren Hilfe Ernsts Lehrstuhl weitergeführt werden kann. Angesichts eines immer unübersichtlicheren Marktes der Heilungsversprechen, werden Institute wie das in Exeter dringend benötigt.
Holger von Rybinski
Henderson, Mark (2010): Royal row 'threatens alternative medicine research'. Times-online, 03.03.2010