23.03.2009 (GWUP) - Nach zahlreichen Entscheidungen deutscher Gerichte gegen Wahrsager, bei denen den geschädigten Kunden das ausgezahlte Geld zurückerstattet werden musste, verhängte das Stuttgarter Landgericht nun eine Haftstrafe gegen eine 35-jährige Kölnerin.
Die vermeintliche Magierin hatte Pressemeldungen zufolge u. a. 42.000 Euro dafür bekommen, einer Bauingenieurin durch Gebete an jugoslawische Priester "böse Anteile" aus dem Körper zu entfernen. Einer Geschäftsfrau hatte sie weisgemacht, deren Tochter sei vom Teufel besessen und müsse durch Gebete befreit werden. Einer schwangeren Friseurin, die später eine Fehlgeburt erlitt, redete sie ein, verflucht zu sein.
Zwar betonte der Richter des Landesgerichts, dass die Opfer leichtgläubig gewesen seien. Trotzdem sei das Vorgehen der 35-Jährigen Betrug gewesen. Zum einen habe es weder jugoslawische Priester gegeben, zu denen gebetet wurde, noch seien Kerzen zum Wohlergehen von irgendjemandem angezündet worden. Zum anderen habe die Frau unter Vorspiegelung übernatürlicher Kräfte die Krisen der Opfer, die im Nachhinein über ihr eigenes Verhalten beschämt gewesen seien, ausgenutzt. Deshalb muss die Magierin nun für zwei Jahre und neun Monate in Haft. Ein zweites Urteil für ähnliche Vergehen lautet eineinhalb Jahre auf Bewährung.
Vielleicht ermutigt das Urteil des Stuttgarter Landesgerichtes Geschädigte, sich zu wehren. Bei bisher gefällten Entscheidungen deutscher und österreichischer Gerichte bekamen die Opfer häufig mit der Begründung Recht, dass Wahrsagerei eine objektiv unmögliche (Dienst-)Leistung sei und daher nicht bezahlt werden müsse. Vielen Menschen, die in schwierigen Lebenssituationen Hilfe suchen, ist dies nicht bewusst. Auf den britischen Inseln müssen angeblich Hellsichtige mittlerweile darauf hinweisen, dass ihre Dienste lediglich Unterhaltungszwecken dienen und experimentell nicht nachgewiesen sind. Gäbe es eine ähnliche Regelung hierzulande, würde das möglicherweise viele abhalten, derart zweifelhafte Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen.
Holger von Rybinski
Quellen:
- o.V./jam/dpa (2009): Mehr als zwei Jahre Haft für betrügerische Wahrsagerin. Der Tagesspiegel, 18.03.2009
- Heiden, Bernd (2009): Haftstrafe für Wahrsagerin: Mit Hokuspokus 180.000 Euro erschwindelt. Stuttgarter Nachrichten, 18.03.2009
Lesen Sie dazu auf den GWUP-Seiten: Lexikon-Eintrag "Wahrsager"