14.12.2023 (GWUP): Wahrsager und Hellseher lagen wieder einmal voll daneben. Eine „drastische“ Änderung der Erdumlaufbahn soll die 1996 verstorbene bulgarische Seherin Baba Wanga für 2023 vorhergesehen haben, aus den Gedichten des Renaissance-Dichters Nostradamus las jemand, dass eine Wirtschaftskrise die Menschen in den Kannibalismus treibt, und der Mexikaner Athos Salomé sah für das Frühjahr einen neuen Virus mit Millionen Toten voraus – die entsprechenden Schlagzeilen suchte man allerdings im abgelaufenen Jahr vergeblich. Auch 2023 fand man in den Prognosen von Wahrsagern und Hellsehern viele Katastrophen und manch Skurriles, aber keine überraschenden Treffer.
Für die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) sammelt der Mainzer Mathematiker Michael Kunkel seit über 20 Jahren esoterische Zukunftsprognosen und wertet sie zum Jahresende aus. Dass bei den schlimmsten vorhergesagten Katastrophen oft die Namen Nostradamus oder Baba Wanga zu lesen sind, wundert ihn nicht. „Beide können sich nicht wehren, sie sind längst tot. Die wirklichen Autoren dieses Unsinns bleiben in der Regel anonym, scheinen sich aber über die mediale Aufmerksamkeit zu freuen.“ Aktuelle Hellseher können natürlich auch Katastrophen vorhersagen, so flüsterten „höhere Wesen“ der Hellseherin Birgit Fischer für 2023 nicht nur eine radikale Änderung des Erdmagnetfelds (Polsprung), sondern auch eine Lebensmittelseuche in Zusammenhang mit Fleisch und Fisch ein. Ihre Kollegin Nadja Berger sah ein Objekt aus dem All auf die Erde fallen und außerdem viele Erdbeben und Überschwemmungen – letztere, wenig überraschend, in Küstengebieten. Nicht auf höhere Wesen, sondern auf Gemüse setzt die Engländerin Jemima Packington: Ihr Spargelorakel soll zwar schon manchmal richtig gelegen haben, bei der WM im Frauenfußball lagen die Stangen aber offensichtlich falsch, denn nicht England, sondern Spanien gewann den Titel.
Neben den Katastrophenprognosen gibt es jedes Jahr Vorhersagen, die eher zum Schmunzeln anregen. Gemäß dem kanadischen Medium Nikki Pezaro standen mehrere Städte vor tierischen Invasionen: Gürteltiere, Rehe und Hirsche, Pinguine, Elefanten oder Heuschrecken; die Namen der betroffenen Städte verschwieg Pezaro aber ihren Lesern ebenso wie den Namen der Insel, auf der – alle Jahre wieder – ein Riesenaffe à la King Kong gefunden werden sollte. Die amerikanische Seherin Judy Hevenly verkaufte einfach bereits beschlossene Pläne als Prognosen, denn dass Kroatien in den Euroraum aufgenommen werden und Deutschland sein letztes Kernkraftwerk abschalten würde, war zum Zeitpunkt der Vorhersage längst beschlossen. Ohne Nachrichten in die Zukunft zu schauen, funktionierte bei ihr jedoch nicht so gut: Weder ist Schottland aus dem Vereinigten Königreich aus noch Nordirland in die EU eingetreten.
Auch auf die Astrologie ist bei Prognosen kein Verlass. „Wenn es überhaupt mal konkret zu werden scheint, fehlen die Details“ findet Kunkel und benennt auch Beispiele. Der Astrologe Dr. Christoph Niederwieser sah „verheerende Ereignisse“ und einen „ähnlichen Schock wie bei Corona“ ab März, verschwieg aber, aus welchem Grund dies so sein sollte. Sein Kollege Tobias Ulrich meinte in seiner Jahresvorschau auf Youtube es könnten „Erdbeben entstehen, Überschwemmungen, Vulkanausbrüche und natürlich ein Kollaps des Finanzsystems“ – schwächte diese Prognose aber später wieder ab, indem er sie auch den Folgejahren zuordnete. Angenehmer waren da schon die Jahresprognosen auf verschiedenen Lifestyleseiten im Internet. Laut Kunkel war allen Sternzeichen für 2023 ein glückliches oder erfolgreiches Jahr vorhergesagt worden, man musste eben nur auf der für das eigene Sternzeichen passenden Webseite nachschauen. Er ergänzt: „Für 2024 schaut es schon jetzt fast genauso aus.“ Es gibt also auch positive Prognosen für alle.
Bleiben die alljährlich vorausgesagten Weltuntergänge. Verschwörungstheoretiker fanden in Kinofilmen und Fernsehserien Hinweise auf den 23. September, auf einer Facebookseite wurde der 13. Juni genannt – egal zu welchem Datum, Weltuntergänge pflegen üblicherweise auszufallen. Zum Jahresende soll es nochmals gefährlich werden, denn gemäß einer als „Weihnachtsprophezeiung“ bezeichneten Berechnung aus Lateinamerika mit den Daten eines Maya-Kalenders droht insbesondere zwischen dem 25. und 31. Dezember die Apokalypse. Kunkels Weihnachtsprophezeiung ist eine andere: „In diesem Zeitraum werden viele Menschen bei gutem Essen gemeinsam feiern und ein paar freie Tage genießen.“ Diese Prognose dürfte sich auf jeden Fall erfüllen.
Hintergrundinfos zur Prognosenauswertung