27.07.2018 (GWUP): Ein Harvard-Wissenschaftler äußert sich kritisch zu Verschwörungstheorien Chemtrail-Gläubiger, die seine eigene wissenschaftliche Arbeit beeinträchtigen.
Geo-Engineering, also der Versuch, das Wetter künstlich zu beeinflussen, besteht derzeit eher im Entwurf von Modellen, wie man den Klimawandel beeinflussen könnte. Eine Vielzahl von Verschwörungstheoretikern ist jedoch davon überzeugt, dass Kondenzstreifen am Himmel, sogenannte „Chemtrails" Spuren menschengemachter Wettermanipulation sind. In einem Interview mit der „MIT Technology Review" äußert sich der Wissenschaftler David Keith, der tatsächlich an Modellen zum Geo-Engineering forscht, die allerdings gar nichts mit Abgasen aus Flugzeugen zu tun haben, kritisch zu den Theorien der Chemtrail-Gläubigen. Für ihn gehören deren Thesen längst zum Mainstream, ähnlich denen von Impfgegnern. So sollen bereits 30 bis 40 Prozent der Amerikaner von der Existenz von Chemtrails überzeugt sein. Auch fürchtet er, dass die Angst vor vermeintlichen Chemtrails seine Arbeit negativ beeinflussen könnte. Er selbst plant Versuche, bei denen 1 Kilogramm reflektierender Partikel von einem Ballon in die Atmosphäre gesprüht werden. In der Theorie könnte dies - in großem Maßstab angewandt - Hitze zurück in den Weltraum abgeben und möglicherweise die Erderwärmung abmildern. Während der für 2019 geplante Mini-Test noch nicht einmal stattgefunden habe, so Keith, glaubten viele, derartige Versuche würden längst „massiv" betrieben. Nun hätten einige Mitarbeiter Bedenken, weil sie nach Drohungen und Beschimpfungen um ihre Sicherheit fürchteten. Im persönlichen Umgang, so seine Erfahrung, seien Chemtrail-Gläubige jedoch respektvoller, im Gegensatz zu vielen Hass-Botschaften im Internet. Auf die Frage, wie Wissenschaftler mit dieser Art von Fehlinformationen zu ihrer Arbeit umgehen sollten, meint Keith, die ganze Zeit passiv zu bleiben, sei nicht die richtige Antwort. Wenn ein signifikanter Teil der Bevölkerung derartige Debatten führte, müsse man sich engagieren. „Ich meine, was ist die Alternative - nicht darüber zu sprechen? Das scheint dann nur Verschwörungstheorien zu verstärken." Keith fordert, dass sich Menschen verschiedener politischer Coleur an der Widerlegung von Verschwörungstheorien beteiligen. Er glaubt, dass auf lange Sicht die Wahrheit gewinnt, denn: „Vernunft ist besser als die Alternativen".
Das komplette Interview mit David Keith, das der Journalist James Temple geführt hat, lesen Sie bitte auf der Website der „MIT Technology Review".
Holger von Rybinski