25.02.2018(GWUP): Wissenschaftler bemühen sich mit einer neuen Theorie um eine Erklärung, warum Fake-News Glauben geschenkt wird.
Gerade erst wurde im GWUP-Blog über ein neues Spiel berichtet, das das Handwerk von Fake-News-Produzenten lehrt. Doch warum glauben viele Menschen Nachrichten, die offensichtlich nicht korrekt sind? Amerikanische Psychologen präsentieren nun in der Zeitschrift „Trends in Cognitive Sciences" eine eigene Theorie dazu. Dass die Zugehörigkeit zu einer politischen Gruppe sich in den Eigenschaften, dem Verhalten und den Urteilen über bestimmte Dinge widerspiegelt, sollte niemanden verwundern. Die Identifikation mit einer politschen Partei, im Englischen schlicht „partisanship"(Parteilichkeit) genannt, scheint jedoch noch weitergehende Effekte zu haben. Auch parteipolitisch neutrale, überprüfbare Fakten, werden offensichtlich unterschiedlich wahrgenommen. Deshalb werden Falschmeldungen möglicherweise von Menschen eher geglaubt, wenn sie sich starkt mit einer bestimmten politischen Gruppe, die diese Falschmeldung vertritt, identifizieren. Als Beispiele werden die Zweifel am (wissenschaftlich überprüfbaren) menschengemachten Klimawandel genannt, oder, noch einfacher, die vieldiskutierte Behauptung, bei der Amtseinführung des derzeitigen US-Präsidenten seien mehr Zuschauer gewesen als bei der seines Vorgängers. Wie Jay J. Van Bavel und Andrea Pereira in ihrer Zusammenfassung schreiben, beeinflusst die Identifikation mit der politischen Gruppe die Ansichten deren Anhänger, auch wenn ihnen Fakten präsentiert werden, die diesen Ansichten widersprechen. Ihre These zum „Partisan Brain", so die Autoren in ihrem Artikel, erkläre, warum das Richtigstellen von Falschinformationen oft nicht effektiv sei. Sie schreiben, der menschliche Geist orientere sich an einer Art Stammesdenken, das dazu führe, dass Menschen die Überzeugungen ihrer politischen Zugehörigkeit über die Wahrheit stellten.
Welche effektiven Alternativen es neben geänderten Argumentationsstrategien gibt, über Fake-News aufzuklären, wird in dem Artikel nicht ganz deutlich. Die Ratschläge, Botschaften an größere Gruppen zu richten( etwa analle Menschen/alle Amerikaner), wirken nicht wirklich schlüssig. Kritik an einer Gruppe werde weniger abgewehrt und eher als konstruktiv empfunden, wenn sie von einem Gruppenmitglied stamme. In seinem Buch „Starrköpfe überzeugen" schildert der Journalist Sebastian Hermann (dieses Jahr übrigens auch Referent auf der SkepKon) zahlreiche Strategien im Umgang mit Menschen, die Argumenten schwer zugänglich sind, sowie die Ursachen dafür. So neigten Menschen dazu, sich Fakten zurechtzubiegen, anstatt sich Irrtümer einzugestehen. Das „Handelsblatt" zitiert den Magdeburger Psychologken Thomas Kliche, der fordert, „die bewusste und verantwortliche Auseinandersetzung mit Entscheidungs- und Gestaltungsfragen in allen Lebensbereichen zu fördern, etwa durch Partizipation, mitarbeiterorientierte Führung oder Stärkung der Politischen Bildung. Auch eine Stärkung der Fähigkeit, mit offenen Situationen und Mehrdeutigkeiten klarzukommen, sei unabdingbar."
Menschen von Fakten zu überzeugen, die sie gar nicht hören wollen, ist also nicht so einfach. An der Realität ändert dies freilich nichts.
Holger von Rybinski