17.04.2016 (GWUP): In Bonn treffen sich am nächsten Wochenende Mitglieder des ,,Mensa"-Vereins zu ihrem Jahrestreffen. Wer laut IQ-Test zu den intelligentesten 2 Prozent der Bevölkerung gehört, gilt als hochbegabt. Zum Streit darüber, was eigentlich als Intelligenz bezeichnet werden kann, gesellen sich Klischees von hochintelligenten Einzelgängern. Eine aktuelle Studie untersucht das Bild von Hochbegabten in der Öffentlichkeit.
In einer kürzlich veröffentlichten Pressemitteilung der „Deutschen Gesellschaft für Psychologie" wurden die Ergebnisse der in „Frontiers in Psychology" erschienenen Studie ,,The mad genius stereotype: Still alive and well" präsentiert, die ein gänzlich anderes Bild zeigten. Dazu wurden 1029 Deutsche im Alter von 18 bis 69 Jahren befragt, wie sie sich Hochbegabte vorstellten. Außerdem sollten sie beantworten, ob sie selbst Hochbegabte kennen und welchen Zuschreibungen von Eigenschaften sie bei diesen zustimmten, wie hohes intellektuelles Potenzial, generelle Überlegenheit aber auch „Schwierigkeiten im sozialen Umgang". Dabei schälten sich zwei Gruppen heraus. Ein Drittel glaubt, dass Hochbegabte nur einfach intelligenter und leistungsstärker sind als andere. Eine weitaus größere Gruppe, der zwei Drittel der Befragten zugeordnet werden konnten, hält hochintelligente Menschen jedoch für schwierig im sozialen Umgang und mit emotionalen Problemen belastet. Das ist interessant, weil der Meldung zufolge die meisten Studien zu Hochbegabung zeigen, dass sich Hochbegabte und durchschnittlich Begabte in sozialer und emotionaler Hinsicht ähneln. Das Bild vom verrückten Genie ist also ein Klischee. Bereits im „SKEPTIKER" 3/2014 wies GWUP-Wissenschaftsratsmitglied Dr. Barbro Walker darauf hin, dass wissenschaftliche Daten nicht dafür sprechen und verwies auf Studien des Marburger Psychologie-Professors Detlef Rost, der Daten von Kindern mit einem IQ über 130 ausgewertet hatte. Seine Ergebnisse zeigten, dass diese Kinder eher besser an ihre Umwelt angepasst seien und weniger zu Verhaltensauffälligkeiten neigten („Vielbegabte Scannerpersönlichkeiten?". In: „SKEPTIKER" 3/2014).
Dr. Tanja Gabriele Baudson von der Universtiät Duisburg-Essen fordert daher, dass das negative Bild von Hochbegabten in der Öffentlichkeit von „Wissenschaftlern, Prakikern und Medien" korrigiert werden solle. Wenn man keine voreiligen Schlüsse auf (vermeintliche) soziale Defizite bei Menschen mit besonderen Fähigkeiten zöge, könnten diese ihre Begabungen umsetzen und eine Gesellschaft davon profitieren.
Holger von Rybinski