06.09.2014 (GWUP): Die Unterscheidung zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft fällt vielen Menschen schwer. Dabei wird Wissenschaft zu einem Großteil aus öffentlichen Geldern finanziert und sollte allen zugute kommen. Ein interessantes Projekt ermöglicht nun jedem, der Interesse hat, an wissenschaftlichen Arbeiten mitzuwirken.
Glaubt man der halbjährlich erhobenen Umfrage „Wissensbarometer", haben 61 Prozent der Deutschen in den letzten 12 Monaten weder ein Wissenschafts- oder Technikmuseum besucht. 79 Prozent haben weder an einem Science Slam oder einer „Langen Nacht der Wissenschaften" teilgenommen. Trotzdem haben der gleichen Umfrage zufolge 30 Prozent der Bevölkerung „grundsätzlich Interesse daran", an einem Forschungsprojekt mitzuwirken, 42 Prozent glauben sogar, dass beispielsweise der Einfluss der Wissenschaft auf die Politik zu gering ist. Gleichzeitig boomen Angebote von Volkshochschulen, die sich mit Esoterik-Kursen und pseudowissenschaftlichen Vorträgen überbieten. Wie kann man nun Menschen außerhalb des universitären Bereichs für Wissenschaft begeistern? Eine Möglichkeit ist das Konzept der „Citizen Science", mit dem jedem interessierten Bürger angeboten wird, bei aktuellen Forschungsprojekten mitzuwirken. Als Beispiel werben die Macher mit Benjamin Franklin, der als Nichtakademiker lebenslang wissenschaftliche Untersuchungen durchführte. Durch die technische Entwicklung sind neue Möglichkeiten entstanden, Bürger an wissenschaftlichen Studien aktiv teilhaben zu lassen, beispielsweise, indem diese Daten auswerten, oder - wie beim Projekt „Galaxy Zoo" - indem 150.000 Menschen online helfen, Galaxien zu klassifizieren. Derzeit werden - unterstützt von zahlreichen renommierten Institutionen wie dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und nicht zuletzt dem Bundesforschungsministerium - zahlreiche Projekte angeboten, für die man Helfer benötigt. So sucht man für das Projekt „Meilensteine der motorischen Entwicklung im Kleinkindalter" Eltern, die ihre Beobachtungen dem Staatsinstitut für Frühpädagogik in München mitteilen.Schulklassen und andere Besucher können für das Projekt „Wissensdinge" dem Museum für Naturkunde in Berlin ihre ganz persönliche Sicht auf Ausstellungsstücke mitteilen, weil man herausfinden möchte, wie die Exponate auf die Besucher wirken und wie und warum diese sich damit beschäftigen.Andere Projekte befassen sich mit Genealogie oder mit regionalen Themen. Rein skeptische Themen finden sich derzeit noch nicht, die Idee, Bürger an Forschung zu beteiligen und damit möglicherweise auch zu zeigen, wie wissenschaftliches Arbeiten funktioniert, ist jedoch vielversprechend und hilft vielleicht, Vorurteile gegenüber den vermeintlich dogmatischen Wissenschaften abzubauen. Auch darf man zumindest vermuten, dass Menschen, die mit einer wissenschaftlichen Methodik vertraut gemacht wurden, pseudowissenschaftliche Behauptungen eher hinterfragen. Wer sich also beteiligen möchte, sucht sich am besten über die Internetseite ,„Bürger schaffen Wissen" ein Sachgebiet aus, das ihn interessiert, und nimmt Kontakt zum jeweiligen Institut auf, das Helfer sucht. Denn, wie Prof. Johannes Vogel vom Museum für Naturkunde in Berlin selbst sagt: „Jeder hat das Zeug zum Forscher!".
Holger von Rybinski
Weitergehende Informatinen finden Sie auch auf der Website Citizen Science Germany.