16.06.2011 (GWUP): Eine vermeintliche Wahrsagerin hat eine großangelegte Polizeiaktion in Texas verursacht. Die Frau hatte am 07. Juni 2011 bei der Polizei angerufen und behauptet, in einem Haus nahe Harding befinde sich ein Massengrab. Folge war eine großangelegte Polizeiaktion, begleitet von der offensichtlich rechtzeitig informierten Presse sowie Fernsehteams. Am 8. Juni meldeten daraufhin zahlreiche Medien bis zu 30 gefundene Leichen, obwohl der Polizeieinsatz aufgrund des noch nicht vorliegenden Durchsuchungsbefehls noch gar nicht stattgefunden hatte. Außer Müll und einigen Tropfen getrockneten Blutes sei bei der nachfolgenden Aktion nach Angaben des örtlichen Polizeisprechers nichts gefunden worden.
Die Selbstbeschreibung der Anruferin, eine Wahrsagerin zu sein, und die Behauptung, es ginge um ein Massengrab, führten zu einem breiten Echo in den Medien („Dutzende Kinderleichen in Massengrab in Texas gefunden"). Der „Houston Chronicle" berichtet nun davon, die Frau aufgespürt zu haben. Es handelt sich demnach um eine 48-jährige, die nach eigenen Angaben schon ihr ganzes Leben lang von Visionen heimgesucht wird. Das angebliche Medium behauptet, nie von toten Kindern gesprochen zu haben. Stattdessen will sie in einer ihrer Visionen drei Kinder in großen Schwierigkeiten gesehen haben, weshalb sie die Polizei alarmierte. Ihre größte Sorge liege bei den Kindern. Die vermutet sie noch immer hungrig und durstig in der Gegend des Hauses, das einem Fernfahrer gehört, der von der in seiner Abwesenheit durchgeführten Durchsuchung völlig überrascht wurde. Von vermissten Kindern will der Mann verständlicherweise nichts wissen. Die Polizei sei allerdings schon einmal bei ihm gewesen: „Jemand hat mal wegen meiner Hunde die Polizei angerufen."
Der Bezirkssheriff widerspricht der Darstellung der Frau, ihr Hinweis sei falsch interpretiert worden. Stattdessen seien Hinweise auf möglicherweise verstümmelte Leichen vor Ort eingegangen. Dies sei auf noch nicht bekannte Weise an die Presse durchgesickert, und die Routineüberprüfung eines völlig unbestätigten Sachverhalts habe sich zu einem Medienspektakel hochgeschaukelt.
Wahrsager tauchen häufig als Hinweisgeber in echten oder vermeintlichen Kriminalfällen auf. Im letzten Jahr versuchte sich eine australische Hellseherin an der Suche nach einem vermissten Kind - worauf die Polizei dann zufällig auf eine Frauenleiche in der beschriebenen Gegend stieß. Anders als es in Fernsehfilmen oft dargestellt wird, sucht jedoch nicht die Polizei die Hilfe der „Sensitiven“, sondern diese drängen sich den Ermittlungsbehörden auf, wie Bernd Harder im GWUP-Blog beschreibt.
Holger von Rybinski
Reuters /cc (2011): Falsche Wahrsagerin will Massengrab entdeckt haben. Welt-online, 08.06.2011.
Gray, Madison (2011): The Texas Mass-Grave Hype That Wasn’t: How a Tip from a Psychic Went Viral. Times-Newsfeed, 09.06.2011.