Das vollständige Programm zur GWUP-Konferenz 2011 in Wien finden Sie auf der offiziellen Konferenzseite.
Donnerstag, 2. Juni 2011
Prof. Dr. Heinz Oberhummer: Wer nichts weiß, muss alles glauben
Was ist der Unterschied zwischen Glauben und Wissen? Als Beispiel für esoterischen Glauben wird das Experiment "Homöopathischer Vollrausch für Schüttler" vorgeführt. Auf der anderen Seite werden die neuen fantastischen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Leben im Universum außerhalb unserer Erde diskutiert.
Dr. Alois Reutterer: Wassermythen
In den letzten Jahren erleben Theorien rund um Kräfte und Eigenschaften des Wassers einen wahren Boom, „Theorien" die teilweise zu aktuellen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen in krassem Widerspruch stehen. Im Vortrag wird versucht, etwas Licht in diese zum Teil arg verworrene Gedankenwelten zu bringen. Mond-Aberglauben und die Überzeugung der Wirkung sogenannter Wasseradern sind zwei vorwissenschaftliche Bereiche, die mit Wasser zu tun haben, deren Begründung jedoch einer kritischen Prüfung nicht standhalten. Andere Vorstellungen, wie das „Wassergedächtnis" der Homöopathie und die verschiedensten Methoden der „Wasserbelebung" (so etwa die von Grander) scheitern allesamt am Faktum, dass Wasser „dement" ist, also keinerlei Information transportieren kann. Denn die sogenannten Wassercluster sind äußerst kurzlebig, d.h. sie bilden sich neu und zerfallen in Femtosekunden.
Prof. DI. Dr. Ernst Bonek und Gilbert Hangel: Handyexperimente
Mit Hilfe eines präzisen, hochempfindlichen Messgerätes in Form eines menschlichen Kopfes werden wir einige aktuelle Fragen zum Handygebrauch untersuchen: sendet ein Handy im Stand-by - oder nicht? Wo befindet sich die Antenne eigentlich in meinem Handy? Sendet mein Handy mehr oder weniger, wenn ich direkte Sicht zum Handymast habe? Was passiert, wenn ich eine „Schutzhülle" über mein Handy stülpe?
Wolfgang Hund, „Hundini": Ist das Wissenschaft oder Zauberei?
„Rettet die Phänomene!" Dieser Ausruf des bekannten Physikdidaktikers Martin Wagenschein könnte charakteristisch sein für unsere (über?)technisierte Zeit. Echtes Staunen, Stutzen, Unsicherwerden, eine Fragehaltung, ein Problembewusstsein im Hinblick auf ein „Phänomen" aufbauen, das der Alltagserfahrung widerspricht, sollte möglichst bei allen aufrechterhalten werden. Dieser Experimentalvortrag hat zum Ziel, die schulterzuckende „Ist halt so" – Haltung zu erschüttern durch hautnah erlebte, aber auf Anhieb nicht verständliche „Phänomene": „Ist das noch Wissenschaft oder ist das schon Zauberei?" Dass die humorvolle Unterhaltung dabei nicht zu kurz kommt, versteht sich von selbst ...
Freitag, 3. Juni 2011
Edzard Ernst: Quo vadis Alternativmedizin? (Vortrag als Video)
Ein Skeptiker könnte "Alternativmedizin" definieren als "die Art medizinischer Behandlung, bei der jeder beliebige Behauptungen aufstellen kann, ohne Vergeltung befürchten zu müssen". In meinen 18 Jahren als Vollzeituntersucher in diesem Bereich habe ich mehr unbegründete Behauptungen gesehen, als mir lieb ist. Eine weitere Beschreibung von Alternativmedizin könnte sein: "das Gebiet, das sich etwa alle fünf Jahre umbenennt". Nach Alternativmedizin hatten wir Komplementärmedizin und nun integrative Medizin. Letztere ist offensichtlich ein Schleier, hinter dem unverantwortliche Leute versuchen, unbegründet oder widerlegte Therapien in die Routinebehandlung einzuschmuggeln. Eine letzte Definition von Alternativmedizin könnte sein: "der Medizinbereich, in dem solide Beweise und strenge Wissenschaft es deutlich schwerer als anderswo wo haben, akzeptiert zu werden". Dieser Kampf hat lange gedauert und ist zeitweise mit unfairen Mitteln gekämpft worden. Aber als unverbesserlicher Optimist denke ich, dass diese Schlacht letztendlich gewonnen werden wird. (Zusammenfassung: J. Bergmann).
Michaela Noseck: Energie als Metapher in der österreichischen Heilerszene. Energie als Metapher in der österreichischen Heilerszene. Interpretationsvorschläge aus der Kultur- und Sozialanthropologie.
Die Kultur- und Sozialanthropologie beschäftigt sich seit Beginn ihrer Herausbildung als sozialwissenschaftliche Disziplin mit Medizinsystemen in aller Welt, ihren Erklärungsmodellen und der Tätigkeit von Experten/-innen und medizinischen Laien in jenem Feld, das wie jedes andere den Spielregeln sozialen Mit- und Gegeneinanders folgt.
Die rezente Auseinandersetzung mit der medizinischen Laienkultur in modernen Dienstleistungsgesellschaften bringt ein erstaunliches Paradoxon zu Tage: obwohl komplementäre (alternative, integrative, holistische usw.) Ansätze der etablierten Medizin etwas anderes entgegensetzen oder hinzufügen möchten, das sich paradigmatisch von dieser unterscheiden will, ahmt sie diese doch nach, indem sie Apparate einsetzt, einen technisch-medizinischen Sprachgebrauch verwendet und Studien durchführt, deren Qualität jedoch mangelhaft ist. Es stellt sich die Frage, warum mögliche Ansätze zur Beschreibung und Erforschung jener Methoden (Placeboforschung, Verortung im Bereich spiritueller Konzepte usw.) so hartnäckig ignoriert werden, während einer offensichtlich problematischen Verwendung naturwissenschaftlich definierter Begriffe und Konzepte der Vorzug gegeben wird.
Der französische Ethnologe und Soziologe Pierre Bourdieu bietet mit seinen umfassenden Theorien zum Wettstreit orthodoxer und heterodoxer Interessengruppen um die Definitionsmacht und dem Einsatz verschiedener, austauschbarer Kapitalformen in einer sozialen Einheit, Zugang zum Verständnis einer verfahrenen Situation. Im Rahmen des Vortrags werden auf dieser Basis Ansätze zur Lösung des Dilemmas aus der Medizinischen Anthropologie diskutiert.
Jakob Pietschnig: Der Mozarteffekt
Die weit verbreitete, wissenschaftlich jedoch nicht fundierte Meinung, Mozarts Musik würde zu einer Verbesserung kognitiver Fähigkeiten bei Kindern und Erwachsenen führen, gründet sich hauptsächlich auf ungenaue mediale Berichterstattung über und Fehlinterpretationen von Forschungsergebnissen sowie kommerzielle Interessen. Im Rahmen von drei Meta-Analysen (Verfahren zur Synthese von Forschungsergebnissen aus Primärstudien) zum sogenannten Mozart-Effekt konnten wir anhand von Ergebnissen aus 39 Primärstudien mit über 3000 Testpersonen zeigen, dass das Hören des ersten Satzes von Mozarts Sonate für zwei Klaviere in D-Dur allegro con spirito (KV 448) keine spezifischen leistungssteigernden Effekte auf die Raumvorstellungsfähigkeit von Testpersonen hat.Samstag, 4. Juni 2011
Timothy Skern: On being a scientist (Vortrag in englischer Sprache)
Ulrich Berger: Statistricks – die Zahlenspiele der Parawissenschaftler (Vortrag als Video )
Wissenschaftler gebrauchen Statistik, um Daten zu analysieren. Parawissenschaftler dagegen missbrauchen Statistik, um die gewünschten Resultate aus den Daten zu quetschen, notfalls mit Gewalt. Ein paar der beliebtesten Tricks im Umgang mit Daten, Zahlen und Statistiken werden hier anhand von aktuellen Beispielen vorgestellt.Manfred Ruttner: Handymythen und Alltagsirrtümer
Für die meisten von uns ist das Handy unverzichtbarer Bestandteil unseres Lebens geworden: Allein in Österreich liegt die Verbreitung von SIM-Karten bereits bei über 137%. Wir nutzen das Mobiltelefon täglich, wissen aber oftmals nicht, welche Technik dahinter steckt. Daraus entwickeln sich viele Mythen und Irrtümer. In diesem Vortrag werden einige der vielen Fragen beantwortet: Wie wird ein Mobilfunknetz geplant? Warum werden so viele Mobilfunkanlagen benötigt? Ist es wirklich besser die Mobilfunkanlage im Ortszentrum zu planen oder weit außerhalb? Was ist zu einer Mobilfunkanlage am Schuldach zu sagen? Was ist unter Leistungsregelung zu verstehen? Sendet das Handy immer, auch wenn man nicht telefoniert? Was ist der SAR Wert und muss man beim Handykauf darauf achten? Welche Grenzwerte gibt es überhaupt für Mobilfunk in Österreich?
Andreas Hergovich: Quo vadis Parapsychologie?
Aktuelle Entwicklungen der Parapsychologie werden skizziert. Welche empirischen Studien wurden in jüngster Zeit durchgeführt, was ist dabei herausgekommen, und welche Konsequenzen ziehen Parapsychologen daraus? Es wird auch darauf eingegangen, dass auch die Parapsychologie derzeit große Hoffnungen auf den quantenphysikalischen Ansatz setzt, und Kritik daran geübt. Sinnvolle Forschungszugänge wie etwa skeptische Überprüfung paranormaler Hypothesen, Studien zu Determinanten der Psi-Gläubigkeit im Rahmen einer Anomalistischen Psychologie, werden erörtert.
Holm Hümmler: Erdbebenmaschinen
Die Innsbrucker Professorin Claudia von Werlhof erregte 2010 Aufsehen mit der Behauptung, das HAARP-Experiment diene dazu, künstliche Erdbeben auszulösen und die US-Regierung könne damit das verheerende Erdbeben in Haiti mit mehr als 250.000 Toten gezielt verursacht haben. Tatsächlich kursieren seit Jahren Gerüchte und Verschwörungstheorien über das geheimnisvolle Radiowellenexperiment in der Arktis.Wer glaubt an die HAARP-Verschwörung, und was unterscheidet ihre Anhänger von anderen Verschwörungstheorien? Wozu dienen die Messstationen der internationalen HAARP-Kooperation rund um die Arktis tatsächlich? Ist es wirklich möglich, damit das Wetter zu beeinflussen oder gar Erdbeben auszulösen?
Die Experimente am CERN in Genf werden schwarze Löcher produzieren, die sich ausbreiten, die ganze Erde in sich aufsaugen und uns alle töten. Das ist nur eine der Horrorvisionen, mit denen Gegner der Teilchenphysik-Experimente versuchten, Aufmerksamkeit zu gewinnen und die Forschung am Teilchenbeschleuniger LHC zu stoppen. Aus wissenschaftlicher Sicht waren diese warnenden Überlegungen nicht mehr als haltlose Skurrilitäten, und die Welt ist auch nach der Inbetriebnahme des LHC nicht untergegangen - doch die Panikmache erreichte eine Medienresonanz, die wissenschaftliche Forschungsergebnisse wohl kaum jemals hervorrufen können. Offen bleibt die Frage, wie man am besten mit Angst vor neuer Wissenschaft umgeht, und ob Forschung überhaupt möglich wäre, wenn vor jedem Experiment zuerst alle Zweifler restlos überzeugt werden müssten.