01.12.2013 (GWUP): Eine lesenswerte Serie findet sich derzeit auf der Website des auf Wirtschaftsthemen spezialisierten Haufe-Verlags. In der „Kolumne Wirtschaftspsychologie" unterzieht der Psychologe Prof. Uwe Kannig pseudowissenschaftliche Methoden aus dem Personalwesen einer kritischen Betrachtung.
Dabei nimmt sich Kannig, der an der Hochschule Osnabrück das Fach Wirtschaftspsychologie lehrt, einmal im Monat gängige Trends in „,Personalführung" und betrieblichen Fortbildungen vor und entlarvt etliche davon als pseudowissenschaftliche Methoden. Den Grund für die vielen dubiosen Trainings sieht er in mangelnder Evaluation. Wussten Sie zum Beispiel, dass deutsche Unternehmen bei der Auswahl von Führungskräften die wissenschaftlich völlig unsinnige Graphologie dreimal so häufig zu Hilfe nehmen wie Intelligenztests? Kopfschütteln löst es bei vielen sicherlich auch aus, wenn erwachsene Frauen und Männer bei Outdoor-Trainings zum Klettern und zu Wildwasserfahrten genötigt werden, weil sich damit angeblich Führungskompetenz und Teamfähigkeit entwickeln lassen. Davon mal abgesehen, dass es auch hier wieder an der Qualitätssicherung der Trainer mangelt: Die wissenschaftliche Studienlage zum Wert dieser Schulungen ist mehr als dürftig, oder, wie Kannig es ausdrückt: „Sofern empirische Studien vorliegen, sind diese methodisch meist so schlecht, dass sie bestenfalls in der Hochschulausbildung zum Amüsement der Studierenden dienen können: keine Kontrollgruppe, kein Vorher-Nachher-Vergleich, Einsatz von Fragebögen, deren Qualität unbekannt ist, keine Verhaltensbeobachtung am Arbeitsplatz, selektive Darstellung der Befunde et cetera". Eine anderer Beitrag widmet sich dem Thema „Neuro-Mythen", die sich leider hartnäckig halten. Nein, Rechsthänder sind nicht analytische Typen mit dominanter linker Hirnhälfte, Linkshänder neigen nicht zu größerer Emotionalität. Alle Menschen denken mit beiden Hirnhälften! Ein neuer Trend im Personalmarkt ist das „spirituelle Coaching", angeboten von Vertretern der katholischen Kirche oder ihrer Orden. Hier sollen Führungskräfte ihr Handeln nach christlichen Werten ausrichten, wobei Kannig kritisiert, dass sich die diversen Autoren offenbar nicht auf einen gemeinsamen Kanon von empfohlenen Tugenden einigen können. Auch führe die Exegese von Texten nur zu subjektiven Überzeugungen, mitnichten jedoch zu gesicherten Erkenntnissen. Mit ein wenig Phantasie könne man auch aus einem Text wie „Moby Dick" eine Anleitung für Führungskräfte basteln, schließlich, so Kannig süffisant, sei Kapitän Ahab eine charismatische Führungspersönlichkeit, die Herausforderungen besonders nachhaltig meistere. Die aktuelle Kolumne beschäftigt sich mit Marketingstrategien zwielichtiger Anbieter am Personalmarkt. Wie auch schon in einem Beitrag für den Skeptiker widmet sich der Autor hier Anbietern, die anhand der Schädelform allen Ernstes Aussagen über die Befähigung eines Menschen als Mitarbeiter machen wollen. Dass sich diese Schädeldeuter gern als „Psycho-Physiognomen" bezeichnen, gibt ihnen gleich einen wissenschaftlichen Anstrich. Der Psychologieprofessor listet hierzu auf, an welchen Merkmalen man unseriöse Anbieter erkennt (z. B. allzu blumige Versprechungen, Hinweise auf Abschlüsse „eines nicht anerkannten Bildungsinstituts").
Es bleibt zu hoffen, dass die in ironischem Ton verfasste, informative Kolumne fortgesetzt wird.
Holger von Rybinski
Die Kolumne Wirtschaftspsychologie finden Sie auf der Haufe-Website.