Michael Haase, wurden die Pyramiden von einer fremden Intelligenz erbaut ?
Haase: Nein, sicherlich nicht. Ich beschäftige mich seit über zehn Jahren mit der alt-ägyptischen Kultur, habe meine Aktivitäten vorrangig auf die Pyramidenforschung konzentriert und dabei keinerlei Hinweise auf einen außerirdischen Einfluß oder Spuren einer bislang unbekannten Hochtechnologie gefunden. Alle bisher von Grenzwissenschaftlern vorgebrachten Vermutungen in dieser Richtung ließen sich entweder relativ leicht widerlegen oder sind aufgrund fehlerhafter Argumentationen bzw. auf der Basis unbeweisbarer Spekulationen nicht diskutabel. So gibt es beispielsweise auch keinen Ansatz zur Spekulation, daß Cheops (altäg.: Chufu) nicht der Bauherr der "Grossen Pyramide von Giza" war oder daß irgendwelche "Geheimkammern" in seiner Pyramide existieren. Kulturhistorisch wie auch archäologisch und architektonisch gibt es dafür keine Indizien. Cheops' Name wurde in der Pyramide zweifelsfrei lokalisiert. Seine Pyramide stellt den Mittelpunkt eines umfangreichen Grabkomplexes dar, in dem man vielerorts auf den Namen dieses Königs stößt und der die Gräber seiner Familie und seines Hofstaates beherbergt. Das Kammersystem der Cheops-Pyramide weist zudem alle architektonischen Komponenten auf, die ein Königsgrab der 4. Dynastie auszeichnen.
Wäre es möglich, daß man Entdeckungen in der Pyramidenforschung geheimhält?
Haase: Ich halte nichts von Verschwörungstheorien. Das mit der "Geheimhaltung" wird in grenzwissenschaftlichen Kreisen immer dann vorgeschoben, wenn es den eigenen Interessen bzw. Anschauungen dient. Mit einer derartigen Argumentation wird jede fachliche Auseinandersetzung im Keim erstickt, was wohl in vielen Fällen auch beabsichtigt ist. Wie soll übrigens solch eine "flächendeckende Geheimhaltung" in der Praxis aussehen? Ägyptologen arbeiten nicht isoliert, sondern im Verbund mit ihren wissenschaftlichen Instituten und in Diskussionen mit anderen Gelehrten. An einer Forschungsmission sind viele Menschen beteiligt, die man sicherlich nicht alle "kontrollieren" lassen kann. Zudem glaube ich nicht, daß es sich die Ägyptologen leisten können, irgend etwas "Revolutionäres" längere Zeit vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Dies käme wohl einem "wissenschaftlichen Selbstmord" gleich, wenn die Presse, die ständig ein Auge auf die Pyramiden von Ägypten hat, davon Wind bekäme. Außerdem, so mein persönlicher Eindruck wie auch meine bisherige Erfahrung, gibt es gar keinen Grund, etwas aus dem Umfeld der Ägyptologie vor irgend jemandem zu verbergen.
Also gibt es rund um die Pyramiden keine Geheimnisse mehr ?
Haase: Es existieren noch etliche offene Fragen in der Pyramidenforschung, die aber in erster Linie archäologischer, bautechnischer oder soziokultureller Natur sind und keinen Stoff für die klassische Paläo-SETI liefern. Zum Beispiel deuten die bisherige Funde klar darauf hin, daß Pyramiden unter Zuhilfenahme von Rampen errichtet wurden. Reste von kleineren, linear angelegten Baurampen haben die Archäologen an Pyramiden des Alten und Mittleren Reiches gefunden. Man weiß jedoch bislang nur sehr wenig über die genaue Gestalt der Rampenkonstruktionen, die zum Beispiel die Errichtung der großen Pyramiden von Giza oder Dahschur verwendet wurden. Langsam setzt sich hierbei aber die Auffassung durch, daß es im Pyramidenbau keine Patentlösung gab, da die einzelnen Bauprojekte sehr unterschiedlich ausgelegt waren. Vor diesem Hintergrund diskutieren die Ägyptologen auch über die Frage, ob womöglich als zusätzliche Hilfsmittel spezielle "Hebegeräte" zum Einsatz kamen. Hinsichtlich des Sphinx' gibt es unterschiedliche Auffassungen, wer ihn erbauen ließ: Cheops oder Chephren. Seine Lage und der Baubefund der ihm vorgelagerten Tempel sprechen wohl eindeutig für Chephren. Spekulationen über en hohes Alter des Sphinx entsprechen dagegen nicht den archäologischen Tatsachen und wurden - wie übrigens auch das so genannte "Orion-Rätsel" - in Fachkreisen bereits vor geraumer Zeit widerlegt.
Wenn alles so klar ist, warum wird dann Ihrer Meinung nach immer wieder über außerirdische Baumeister gerätselt?
Haase: Ich frage zurück: Wer rätselt denn wirklich darüber? Stehen bei derartigen Spekulationen in Wahrheit nicht oftmals nur rein persönliche Sichtweisen im Vordergrund? Werden dabei nicht unbequeme, allzu nüchterne wissenschaftliche Fakten meist ignoriert, weil sie dem eigenen Glauben im Weg stehen? Aus kulturhistorischer und archäologischer Sicht gibt es keinen Bedarf an Außerirdischen. Man braucht sie nicht, um die "offenen Fragen in der Wissenschaftswelt" anzugehen, zu untersuchen und letztlich auch zu beantworten. Wer sich mit Archäologie näher beschäftigt, wird dies sehr schnell erkennen.
Also halten Sie nichts von der Paläo-SETI-Forschung?
Haase: Ich bin kein Anhänger der Paläo-SETI-Hypothese. Aber ich sympathisiere teilweise mit dem rein archäologischen "Potential" der A.A.S. D.h. überall dort, wo Paläo-SETI-Vertreter auf den archäologischen Spuren unserer Vorfahren sind, ohne gleich und ausschließlich einen außerirdischen Einfluß dahinter zu vermuten, habe ich keine Probleme, mich mit derartigen Themen oder Argumentationen auseinanderzusetzen. Meine Erfahrungen haben jedoch gezeigt, daß die meisten grenzwissenschaftlichen Autoren nicht objektiv mit archäologischen Befunden umgehen; dass sie in der Regel eine vorgefaßte Meinung haben und nur noch in eine bestimmte Richtung recherchieren. Außerdem vermisse ich ein fundiertes Grundwissen über die behandelten Gebiete. Mann kann nicht über einen archäologischen Befund in Ägypten schreiben, ohne sich eine gewisse Bandbreite der wissenschaftlichen Thematik angeeignet und verinnerlicht zu haben. Dementsprechend sind meine fachlichen Berührungspunkte zur Paläo-SETI nur sehr gering und haben sich in der Vergangenheit lediglich auf Gegendarstellungen beschränkt. Doch auch Kritik gehört zum Alltag einer "Forschungsgesellschaft" und sollte als etwas Konstruktives, Positives verstanden werden.
Was müßte sich denn Ihrer Meinung nach in der A.A.S. ändern?
Haase: "Die A.A.S. sollte sich erst einmal darüber klar werden, welche Interessen sie vertritt und ob man diese "Forschungsgesellschaft" wirklich mit wissenschaftlichen Mechanismen betreiben möchte. Zudem ist man sicherlich gut beraten, wenn man sich in Zukunft verstärkt darum bemüht, die "Spreu vom Weizen" zu trennen. Das heißt konkret, die Informationsträger der A.A.S. müssen sich von längst widerlegten, alten Spekulationen und Fehldeutungen konsequent und nachhaltig trennen. Wahrscheinlich bleiben von den unzähligen Behauptungen der letzten 30 Jahre nur wenige übrig. Diese könnten dann eine fundierte und konstruktive Basis bilden, auf der man in Diskussion mit den etablierten Wissenschaften gezielter und effizienter arbeiten kann. In diesem Zusammenhang wäre die Wiedereinführung einer wissenschaftlich orientierten Zeitschrift wie auch die Einrichtung von Arbeitsgruppen, die an bestimmten Themen forschen, empfehlenswert.
Was raten Sie interessierten Laien der A.A.S., die sich in ein Fachgebiet einarbeiten möchten?
Haase: "Man sollte sich auf breiter Basis Wissen aneignen. Also nicht nur die Bücher und Artikel lesen, die die Paläo-SETI-Sichtweise bestätigen, sondern mit allen zur Verfügung stehenden Medien und sonstigen Mitteln versuchen, ein umfassendes Bild über die alten Kulturen zu erlangen. Dabei sollte man nicht verzweifeln, wenn manchmal mehrere unterschiedliche Meinungen zu einem Thema oder einem speziellen Befund präsentiert werden. Man muß lernen, aufnahmefähig, aber auch kritisch zu sein, Argumente nach Plausibilitäten abzuwägen und sich letztendlich seine eigene Meinung zu bilden."
Michael Haase hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von grenzwissenschaftlichen Ansichten aus dem Bereich der Ägyptologie einer Kritik unterzogen und zur Diskussion gestellt. Zum Beispiel: Zu den Hieroglyphen im Sethos I. Tempel von Abydos im Artikel "Die Darstellung zweier Königstitulaturen im Sethos-Tenpel von Abydos", (Scientific Ancient Skies 1/1994, S. 25 ff.) oder zur so genannten Isis-Stele auf dem Giza-Plateau in "Das Geheimnis der Isis-Stele" (G.R.A.L. 4/1996, S. 238 ff.)
Erich von Däniken
Erich von Däniken, wurden die Pyramiden von einer fremden Intelligenz gebaut ?EvD: Das kann ich mir kaum vorstellen. Außerirdische werden hier schwerlich Steine herumgeschoben und sich die Finger schmutzig gemacht haben. Das wäre auch nicht nötig gewesen. Schließlich standen jede Menge gratis Arbeitskräfte zur Verfügung, welche die Drecksarbeit leisteten. Ich kann mir allerdings vorstellen, daß ET's bei der Planung mithalfen, der "göttlichen Geometrie", denn da gibt es eine ganze Menge von offenen Fragen, die nicht ins archäologische Weltbild der damaligen Zeit passen. Zuallererst mag man darüber streiten, von welcher Zeit überhaupt die Rede ist. Die Ägyptologen sind übrzeugt, der Bauherr hieß Cheops und lebte um rund 2500 v. Chr. Selbst wenn wir diese Datierung akzeptieren, paßt sie nicht zur Planungsfähigkeit jener Zeit. Man bedenke: Alleine in den ersten achtzig Jahren der 4. Dynastie wurden für die Pyramiden von Snofru, Cheops und Djedefre über 12 Millionen Steinböcke aus dem Fels gehauen, geschliffen, gemessen, poliert, transportiert und an der richtigen Stelle ins jeweilige Bauwerk eingefügt. Dazu kommen Arbeiten wie Aushub, Abbruch aus dem Fels, Schliff, Rampen, Werkzeuge und Materialaufwand. Ganz Unterägypten war eine einzige Baustelle. Welches Planungsbüro schrieb eigentlich den Bauarbeitern in der Cheops-Pyramide vor, Quader Nummero 986412 habe an der Stelle XY seinen Platz ? Michael Haase meint, es gebe keinen Anlaß für Spekulationen, Cheops sei nicht der Bauherr gewesen. Das stimmt für die Ägyptologen, die jedes Indiz als Beweis abnicken. Mit Ausnahme des griechischen Geschichtsschreibers Herodot weiß kein einziger der antiken Historiker etwas über Cheops als Pyramidenbauer. Und Herodot sagt dann noch ausdrücklich, man habe ihm das erzählt. Alle anderen Historiker der Antike, die vor rund 2000 Jahren allesamt in Ägypten weilten, bringen andere Namen und versichern sogar, Herodot liege falsch. Die Glyphe "Cheops", die im Grabungsumfeld um die Pyramide auftaucht, kann alles mögliche bedeuten. So lassen sich beispielsweise seit X-Jahren reiche Juden am Osttor von Jerusalem beerdigen, weil sie glauben, dort würde einst der Messias erscheinen. Vielleicht verehrten die Ägypter irgendeinen Cheops und wollten in seiner Nähe liegen. Oder der Cheops der vierten Dynastie riss sich das längst bestehende Bauwerk unter den Nagel und zierte es mit seiner Glyphe. In der Textsammlung des "Hitat" wird bemerkt, der Bauherr habe "Saurid" geheissen und der wiederum sei identisch mit dem hebräischen "Henoch." Zitat [1]: "... es ist der, den die Hebräer Henoch, den Sohn des Jared, des Sohnes des Mahalalel, des Sohnes des Kenan, des Sohnes des Enos des Sohnes Seths, des Sohnes Adams nennen, der las in den Sternen, daß die Sintflut kommen werde. Da ließ er die Pyramiden bauen und in ihnen Schätze, gelehrte Schriften und alles, worum er sich sorgte, daß es verloren und verschwinden könnte, bergen ..." Noch treffender formuliert es der Gelehrte Muhammad ben Abdallah ben Abd al Hakam (7. Jahrh.): " ... die Pyramide kann nur vor der Sintflut gebaut worden sein, wäre sie nachher gebaut worden, so wüßten die Menschen über sie Bescheid ..." All dies und weit mehr gilt nichts in den Augen der Ägyptologie. Die finden die Kalksteinfigur eines Bauherrn namens "Hem-iunu", der zeitlich perfekt zu Cheops paßt, und schon wird in der Fachliteratur verkündet, jetzt habe man den Architekten der Cheops-Pyramide gefunden.
Wäre es möglich, daß man Entdeckungen in der Pyramidenforschung geheimhält?
EvD: Ganz bestimmt. 1987 fand ein interdisziplinäres Team der Waseda-Universität von Tokio mittels Strahlenmessungen überzeugende Hinweise für ein ganzes Labyrinth von Schächten und Kammern in dre Cheops-Pyramide.[2] Das interessiert die Ägyptologie nicht. Ein Jahr später entdeckten die beiden französischen Architekten Jean-Patrice Dormion und Gilles Goidin mit elektronischen Methoden Hohlräume in der Cheops-Pyramide. Geschehen ist nichts. 1993 fand Rudolf Gantenbrink am Ende eines 60 Meter langen Schachtes der Cheops-Pyramide eine kleine Türe mit zwei Metallbeschlägen. Das hochgelobte Heer der Ägyptologen tut nichts zur Öffnung der Türe, nicht mal Druck auf die Altertumsverwaltung in Kairo wird ausgeübt. Stattdessen serviert man der Öffentlichkeit ein Ablenkungsmanöver mit dem "Tal der zehntausend Mumien" in der ägyptischen Oase Baharijan. Nichts als ein riesiger Bluff [3]. Wenn die Ägyptologen doch so sicher sind, daß sich hinter dem "Gantenbrink-Türchen" nichts befindet, so könnten sie das Türchen vor den Augen der Weltöffentlichkeit öffnen. Technik und Geld sind vorhanden. Wird im Geheimen geöffnet, so trifft das Wort "Verschwörung" - nämlich Ausgrenzung der Öffentlichkeit, zu. Generell gibt es keine Verschwörung, da hat Michael Haase recht. Aber es herrscht eine schier unglaubliche Borniertheit und Leichtgläubigkeit.
Also gibt es rund um die Pyramiden noch Geheimnisse ?
EvD: Selbstverständlich gibt es die. Da existieren unterirdische Verbindungen zwischen der Sphinx und der Cheops-Pyramide. Und auch die angebliche Widerlegung des sogenannten "Orion-Rätsels" ist eine Pseudo-Widerlegung. Leider reicht hier der Raum für eine fundierte Erklärung nicht.
Warum wird Ihrer Meinung nach immer wieder über außerirdische Besucher gerätselt ?
EvD: Sicher stimmt die Aussage von Michael Haase, wenn er meint, aus archäologischer Sicht gebe es keinen Bedarf an Außerirdischen. Doch gerade hier liegt der Haken. Die "archäologische Sicht" ist nur eine Seite der Medaille. Es gehört nun mal nicht zum Fachbereich der Archäologie, sich mit Henoch, Hesekiel oder Vimanas im alten Indien zu befassen. Man bleibt unter sich und bestätigt sich gegenseitig. Henoch, nach Auffassung alt-ägyptischer Historiker, darunter einem brillanten Mann wie Al-Mas'ûdî, wäre identisch mit dem Pyramidenbauer Saurid. Und derselbe Henoch ist nach biblischer Überlieferung der erste Mensch, der die Erde in einem feurigen Wagen verließ. Oh ja, es gibt schon Ansätze für die Idee mit den Außerirdischen.
Was müßte sich denn Ihrer Meinung nach in der A.A.S. ändern?
EvD: Wir sollten genau das weitermachen, was wir tun und uns nicht den "wissenschaftlichen Mechanismen" bedienen. Dies kann nicht generell gelten, aber dort, wo Querverbindungen aufgerissen werden, welche die Fachwissenschaft nicht zur Kenntnis nehmen will. So sehe ich beispielsweise die Ägyptologie in allen Punkten, wo es über ein Alter von 2500 v. Chr. hinausgeht, hinten und vorne nicht selbstkritisch. Sie sind bestenfalls gutgläubige Mitläufer. Vernünftige Gedanken von außen werden schlicht abgeblockt, nicht zur Kenntnis genommen.
Was raten Sie interessierten Laien der A.A.S., die sich in ein Fachgebiet einarbeiten möchten?
EvD: Belegen Sie an der Uni ein Fach mit irgendeiner alten Sprache. Und dann übersetzen Sie Texte neu aus unserer Denkrichtung heraus. Das Resultat wird umwerfend sein. Seien Sie in allen Sammelwissenschaften nicht wissenschaftsgläubig - im Gegensatz zu exakten Wissenschaften. Haben sie keinen Respekt vor "großen Tieren" in der Wissenschaft. Bilden Sie Ihre eigene Meinung erst dann, wenn Sie zur entsprechenden Wissenschaftsliteratur auch die Gegenliteratur gelesen haben - und umgekehrt! Horchen Sie auf Ihren Instinkt. So manche Erkenntnis kam nicht auf wissenschaftlichem Wege zustande.
Quellen:
- Al-Makrizi: (1991) Das Pyramidenkapitel im "Hitat". Übersetzt von Erich Graefe, Leipzig.
- Yoshimura Sakuij u.A. (1987): Non-Destructive Investigation by Electromagnetic Wave Method. Waseda University, Tokyo.
- WELT AM SONNTAG Nr.33 vom 13.8.2000: Schwindel mit den Mumien.
Klaus Richter, 21. Januar 2001; Stand: 6. Juli 2003