Okkultismus, also der Versuch, durch bestimmte Praktiken wie Gläserrücken oder Pendeln mit der "Geisterwelt" oder dem "Jenseits" in Kontakt zu treten (siehe Abschnitt "Spiritismus und okkulte Praktiken"), ist bei Jugendlichen weit verbreitet. Untersuchungen zeigen, daß über 3/4 der befragten Schüler über okkulte Praktiken informiert sind, etwa die Hälfte der Schüler ein Interesse an Informationen über Okkultismus äußern, für ungefähr 1/4 okkulte Praktiken passiv oder aktiv zum Alltag gehören und knapp 5 % der Schüler bereits aktiv oder passiv an extremen okkulten Praktiken teilgenommen haben. Der Anteil der Mädchen liegt um das Zwei- bis Dreifache über dem Anteil der Jungen. Kennzeichnend für die "Okkultszene" ist oft, daß die Geschehnisse "im Verborgenen" bleiben. Eltern und Lehrer erhalten nur zufällig davon Kenntnis, wenn ihre Kinder okkulte Praktiken durchführen oder in entsprechenden Kreisen verkehren. Daher ist vielen Erwachsenen gar nicht bewußt, daß ein Problem vorliegt. In vielen Fällen (in der Schule wie in der freien Jugendarbeit) wurde mittlerweile aber die Erfahrung gemacht, daß dort, wo Erwachsene den Mut haben, das Thema anzusprechen, bei den Jugendlichen sofort eine außergewöhnliche Motivation zur Beschäftigung mit diesem Bereich vorhanden ist.
Wichtiger als ein gefestigter Wissensstand ist dabei die Bereitschaft, sich zu stellen, die eigene Meinung kundzutun und Offenheit zu signalisieren. Alles andere wäre pure Arroganz, wogegen Jugendliche zu Recht empfindlich sind. Viele Lehrer lehnen es völlig ab, sich auch nur mit diesem Thema zu beschäftigen. Erfahrungsgemäß ist aber auch das unreflektierte Ausprobieren okkulter Praktiken ohne weitere Vertiefung nicht empfehlenswert. Es hat wenig Zweck, eine einzige, zweistündige Veranstaltung zum "Pendeln" oder "Gläserrücken" durchzuführen und dann selbstgerecht das Thema "abzuhaken". Die Beschäftigung mit den psychologischen, soziologischen und ethischen/religiösen Grundlagen gehört ebenso zum Komplex wie der Beitrag, den gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse liefern. Die "Entmystifizierung", die "Entlarvung", die "Entzauberung" ist sicherlich nur eine pädagogische Aufgabe unter vielen, sie ist aber in diesem Zusammenhang nicht wegzudenken.
Das Problem "Okkultismus" wird oft mit dem Problem "Drogen" verglichen. Dieser Vergleich trifft in einigen Punkten zu: beim Suchtcharakter ("Psychodroge") und bei den dahintersteckenden Ursachen. Er ist falsch, was das methodische Vorgehen betrifft: Jugendliche, die praktisch erfahren haben, daß sich das Pendel nicht aufgrund übersinnlicher Kräfte, sondern aufgrund psychomotorischer Bewegungen so "magisch" bewegt, die wissen, welche psychischen Mechanismen hinter allen Wahrsagemethoden stecken können, werden mit ziemlicher Sicherheit zumindest skeptischer sein gegenüber angeblichen Wundertätern, Magiern und Scharlatanen. Daß es gleichzeitig darum gehen muß, die Ursachen für die Beschäftigung mit Okkultismus und Spiritismus zu diskutieren und zu hinterfragen (was nicht gleichbedeutend ist mit "zu verteufeln"!), ist selbstverständlich.
Literatur:
- Hund, Wolfgang(1996) Okkultismus - Materialien zur kritischen Auseinandersetzung. Verlag an der Ruhr, Mülheim.
- Zinser, Hartmut (1992) Zum Verständnis des modernen Okkultismus. In: Skeptiker 2, S. 38
- Hund, Wolfgang (1998) Das gibt's doch gar nicht. Okkultismus im Experiment. (Lernmaterialien),Verlag an der Ruhr, Mülheim 1998
- Hund, Wolfgang (2000) Falsche Geister - echte Schwindler? Esoterik und Okkultismus kritisch hinterfragt.Würzburg.
Linktipps:
- Kadan, Dieter: Keine Chance dem Okkultismus. In Plus Lucis Heft 4/1995 (PDF-FIle)
- PenÜbersinnliche Phänomene im Test (PIS-Tests 2004; PDF). Zur Verfügung gestellt von der WDR-Wissenschaftssendung Quarks & Co.