05.03.2016 (GWUP) Eine Analyse hatte im letzen Jahr ergeben, dass zahlreiche große psychologische Studien nicht reproduzierbar sind. Nun zweifeln Kritiker diese Ergebnisse an.
Amerikanische Forscher hatten sich unter dem Namen „Open Science Collaboration"(OSC) im letzten Jahr zusammengetan und die Reproduzierbarkeit psychologischer Studien geprüft. Dazu hatten sie in den letzten vier Jahren weltweit 98 Untersuchungen in 100 Versuchen nachgestellt (zwei Studien doppelt), deren Resultate im Jahre 2008 in drei renommierten psychologischen Magazinen veröffentlicht worden waren. Darunter Untersuchungen darüber, wie Erwachsene und Kinder auf Angstreize reagieren, ob Frauen an ihren fruchtbaren Tagen alleinstehende Männer bevorzugen oder mit welchen Methoden man am besten Arithmetik lehrt Das ernüchternde Fazit des „Reproducibility Project: Psychology“: Die meisten Studienergebnisse ließen sich nicht wiederholen, obwohl, anders als bei anderen Studien, die Wiederholungen auf die gleiche Weise und in enger Zusammenarbeit mit den Verfassern der Originalstudien durchgeführt wurden. Von den unter Mithilfe von 270 Wissenschaftlern erneut gemachten Untersuchungen konnten nur bei 36 Prozent die Ergebnisse bestätigt werden. Presseberichten zufolge hat der Wissenschaftler Daniel Gilbert von der Harvard University mit einer Replik zu dieser Studie eine erneute Debatte ausgelöst. In einem Kommentar in „Science" zweifelt er an der Aussagekraft des „Reproducibility Projects: Psychology". Einer seiner Hauptkritikpunkte ist, dass die Wiederholungsstudien oft nicht unter den gleichen Bedingungen durchgeführt wurden wie die Originalstudien, was eine hohe Fehlerrate zur Folge haben müsse. Zwar begrüßt Gilbert in seinem Artikel die Versuche, die Wissenschaft der Psychologie weiterzuentwickeln, kritisiert jedoch gleichzeitig die seiner Meinung nach fehlerhafte Art und Weise, mit der die Wissenschaftler vorgegangen seien, weil dadurch unweigerlich ein Ergebnis herausgekommen sei, das die tatsächliche Reproduzierbarkeit von Studien unterschätzte. Auch der Heidelberger Psychologieprofessor Klaus Fiedler kritisiert in einem Artikel der „Neuen Zürcher Zeitung" die OSC--Studie, bei der beispielsweise nicht nach dem Zufallsprinzip vorgegangen worden sei. Allerdings müsse eine Methodik für Replikationsstudien erst noch entwickelt werden.
Robert Czepel weist in einem Beitrag auf „ORF.at" darauf hin, dass sich der Streit um die Aussagekraft und Reproduzierbarkeit auch auf andere Wissenschaften erstrecke. Als Laie wird man angesichts der Debatte Schlagzeilen, die mit Sätzen wie „Neue Untersuchung zeigt:..." beginnen, wohl kritischer betrachten.
Holger von Rybinski