25.09.2013: (GWUP): Seit einigen Wochen gibt es eine neue homöopathiekritische Website mit dem Titel ,,Die homöopathiefreie Apotheke" im Netz. Darauf können sich zum Beispiel Apotheken registrieren, die, so die Definition ,,keine Werbung für Homöopathie machen" und ,,Kunden auf die Unwissenschaftlichkeit der Homöopathie hinweisen, wenn Kunden nach Homöopathika fragen". Wir wollten wissen, was es damit genau auf sich hat, und haben mit dem Betreiber der Website, Dr. Stefan Birner, gesprochen.
GWUP: Herr Dr. Birner, Sie haben die Website ,,Homöopathiefreie Apotheke" ins Leben gerufen. Was stört Sie an der Homöopathie?
Stefan Birner: Wenn man die Homöopathie als ,,offensichtlichen Unsinn" betrachtet, muss einem die Werbung für homöopathische Mittel (z.B. Produktplatzierung, Plakate, Veranstaltungshinweise zu Vorträgen) in einigen Apotheken etwas
suspekt vorkommen. Daher war ich auf der Suche nach einer Apotheke, wo dies nicht der Fall war. Da ich auf Anhieb keine gefunden hatte, kam mir die Idee mit dieser Webseite. Vielleicht hilft dies auch dem ein oder anderen, der eine ,,seriöse" Apotheke sucht. Genauso geht es mir übrigens mit Ärzten. Einige wenige haben heutzutage sogar ,,Homöopathie" auf ihrem Türschild stehen. Das finde ich sehr transparent. Als Patient kann man dann sofort auf die naturwissenschaftliche Expertise der Arztes schließen und die entsprechende Konsequenz ziehen. Ich persönlich gehe dann zu einem anderen Arzt.
GWUP: Sind Sie selber Arzt?
Stefan Birner:Nein, ich bin Physiker.
GWUP: Wieso engagieren Sie sich auf diese Weise?
Stefan Birner: Ich glaube, dass man als Wissenschaftler eine gewisse Verpflichtung hat, die in den letzten Jahrhunderten gewonnenen Erkenntnisse zu kommunizieren, um überholte Vorstellungen aufgeben zu können. Das ist wohl auch die Motivation Ihrer Organisation - der GWUP. In den vergangenen Jahren ist mir aufgefallen, dass in einigen Medien zunehmend suggeriert wird, die Homöopathie sei eine sanfte Alternative. Wenn in Apotheken dafür Werbung gemacht wird, z.B. durch das Verkaufspersonal, kann man schon nachvollziehen, dass viele Kunden die Homöopathie als plausibel wahrnehmen müssen. Insbesondere bei Müttern mit kleinen Kindern scheint die Homöopathie momentan gut anzukommen. Aus eigenen Erfahrungen mit Bekannten - auch akademisch gebildeten - muss ich zunehmend feststellen, dass Argumente und Fakten über die Homöopathie zwar zur Kenntnis genommen werden, aber oft nach dem Motto ,,Vielleicht hilft's ja doch" verfahren wird.
GWUP: Warum sollten Apotheken Ihrer Meinung nach keine Homöopathika verkaufen?
Stefan Birner: Gesetzlicher Auftrag der Apotheke als Teil des Gesundheitssystems ist es, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Zudem ist es eine Hauptaufgabe des Apothekers, den Patienten zu beraten und ihn z.B. über Nebenwirkungen aufzuklären. Persönlich verbinde ich daher mit einer Apotheke Seriosität ähnlich wie bei einem Arztbesuch.
Es ist verständlich, dass Apotheken sogenannte Zusatzprodukte wie Drogerieartikel verkaufen. Sicherlich gibt es auch einen Graubereich bei Präparaten mit unklarer Wirksamkeit. Wenn jemand unbedingt homöopathische Produkte haben will, wird vermutlich jeder Apotheker diesem Wunsch nachkommen, wofür ich auch Verständnis aufbringe. Andererseits habe ich aber auch keinen sinnvollen Vorschlag, wo man hömoopathische Mittel stattdessen verkaufen sollte. Unter einem bestimmten Verdünnungsgrad, der kein Risiko für Patienten darstellt, könnten sie theoretisch überallverkauft werden. Bei solchen Verdünnungen sind ja auch keine Medikamententests vorgeschrieben.
GWUP: Wenn Apotheker keine Homöopathika verkaufen, müssen sie dann nicht auch andere ,,alternativmedizinische" Medikamente aus ihrem Sortiment nehmen? Schließlich verlangen viele Kunden nach solchen Präparaten!
Stefan Birner: Es wäre konsequent, wenn ein Apotheker keine Mittel, von denen er nicht überzeugt ist, an Kunden verkaufen würde, es sei denn, er wird durch ein Rezept explizit darum gebeten. Es könnte durchaus sein, dass Kunden dies schätzen würden.
GWUP: Die meisten Apotheken werden trotz Ihrer Aktion weiterhin Homöopathika und andere Präparate von zweifelhaftem Nutzen verkaufen. Möglicherweise müssen sie diese ja auch bereitstellen ( § 15 der Apothekenbetriebsordnung sieht eine Vorratshaltung der Apotheken von Medikamenten, die ,,zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendig sind", ausdrücklich vor). Wie könnte ein Apotheker bei Nachfragen von Kunden Ihrer Meinung nach richtig reagieren?
Stefan Birner: Wenn ein Apotheker von der Wirkungslosigkeit homöopathischer Mittel überzeugt ist, dann sollte er den Kunden darauf hinweisen und ihm gegebenenfalls eine Alternative anbieten. Der Apotheker könnte den Kunden auch an eine andere Apotheke verweisen.
GWUP: Herr Dr. Birner, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!
Das Gespräch führte Holger von Rybinski.
Dieser Beitrag wurde am 28.09.2013 aktualisiert.