Werner Walter
Seit einigen Jahren betreibt GWUP-Gründungsmitglied Werner Walter eine „Ufo-Hotline". Nur die wenigsten Anrufer berichten indes von „Fliegenden Untertassen".
Ufos - unidentifizierte Flugobjekte. Jeder hat dazu bestimmte Vorstellungen und Ansichten. Die meisten Menschen aber fragen sich rund um die Ufo-Diskussion, ob außerirdische Besucher in „Fliegenden Untertassen" am Himmel beziehungsweise über unseren Köpfen kreisen. Hollywood, die Klatschpresse und die so genannte Ufologie sind hier eine unheimliche Allianz eingegangen, um „Akte X" scheinbar Wirklichkeit werden zu lassen. Mit jeweils eigenen Interessen, aber gemeinsamer Stoßrichtung hat diese ufologische Fördergruppe weltweit meinungsbildend gewirkt. Die Ufo-Wirklichkeit schaut dagegen ganz und gar anders aus. Sicher, gelegentlich kann man wahrhaft seltsame Dinge am (meistens nächtlichen) Himmel sehen. Dinge, die einem merkwürdig und rätselhaft vorkommen. Ihnen kann dies jederzeit unerwartet passieren, und auch wenn Sie bisher über Ufo-Berichte aus der Tagespresse gelächelt haben - spätestens dann runzeln Sie die Stirn und sind baff. So jedenfalls geht es in der Regel jedem zufälligen Ufo-Beobachter.
Ich weiß, wovon ich hier berichte. Als Amateurastronom und Science-Fiction-Fan fand ich meinen Zugang zum Ufo-Phänomen, und zwar vor mehr als 30 Jahren. Irgendwann fing ich an, diesen Meldungen mal nachzugehen, durchaus auch in der Hoffnung/Erwartung, wirklich exotischen Erscheinungen (was und woher auch immer) auf die Spur zu kommen. Gebe ich gerne zu. So gründete ich anno 1976 das „Centrale Erforschungs-Netz außergewöhnlicher Himmelsphänomene" (CENAP). Doch binnen eines Jahrzehnts war mein Alien-Enthusiasmus verflogen, und ich wurde vom Ufo-Fan zum Skeptiker und damit auch zum Kritiker der so genannten Ufologie und ihrer spekulativen Literatur, die es mehr als reichlich gab. Ich und meine Kollegen beim CENAP gehen trotzdem nach wie vor den „Ufo- Meldungen" nach. Und zwar um festzustellen, was tatsächlich vorgeht, was also die Ufo-Sichtung auslöste. Kurzum: Es ist falsch, Ufo-Beobachtungen als Halluzination oder „Spinnerei" abzutun. Eigentlich nie berichten die Augenzeugen von „Fliegende Untertassen" und den sprichwörtlichen „kleinen grünen Männchen" - dies wird lediglich von einem bestimmten Zweig der Medienwelt suggestiv so rübergebracht. Aber es stimmt nicht, und diese Begriffe und Formulierungen sind nur das Produkt einer Rhetorik, um die Leser/ Zuschauer spannend zu unterhalten. "Vor etwa 15 Jahren informierte ich eine Presseagentur über die Gründung der deutschen „Ufo-Meldestelle" unter dem Dach des CENAP. Die daraus resultierende Meldung machte meine „Ufo-Hotline" bundesweit bekannt. Der Einrichtung unserer „Ufo-Meldestelle" war die Erfahrung vorausgegangen, dass es zunehmend problematischer wurde, Zeitungsmeldungen nachzugehen und durch sie bis zu den ursprünglichen Zeugen einer Ufo-Story vorzudringen.Dafür hatte ein neues Pressegesetz zum Schutz der Persönlichkeitsrechte gesorgt. Die Situation war folgende: Wir hatten einen Zeitungsausschnittsdienst abonniert, der uns kostenpflichtig mit allen Ufo-Meldungen versorgte, die durch die Presselandschaft geisterten - wenn auch teilweise mit vier bis sechs Wochen Verzögerung. Aber in den Meldungen hieß es dann nur, dass „ein Herr aus der Steinbachstraße in Schönwald" dieses oder jenes Ufologische gesehen haben wollte. Fragte ich dann mit diesem zeitlichen Abstand in der Redaktion nach, wer denn nun konkret jener Zeuge sei, wusste niemand mehr Bescheid, beziehungsweise man durfte keine Auskunft über die Person geben. Außerdem gaben die wenigen handfesten Informationen in der Zeitung zur jeweiligen Sichtung wenig bis gar nichts her - vor allem der stilisierende „Kicherfaktor" in den Berichten hielt das Ganze absichtsvoll eher schwammig.
Aufgrund dieser Umstände wollte ich mit Ufo-Beobachtern direkt in Kontakt kommen, um gleich die richtigen Fragen zu stellen und ohne Verzug zu erfahren, was geschehen war. Inzwischen ist - auch dank des Medienechos und meines persönlichen Engagements in der astronomischen Welt - recht gut bekannt, dass es in Deutschland eine Ufo-Meldestelle gibt. Tatsächlich bin ich immer wieder überrascht, welchen Aufwand Ufo-Zeugen betreiben, um mich zu erreichen - meistens unter dem heftigen Eindruck der aktuell gemachten Erfahrung. Selbst aus dem deutschsprachigen Ausland, wie Österreich und der Schweiz, kommen Anrufe, und zum Teil haben die Anrufer bereits mehrere Stunden am Hörer verbracht, um einen Ansprechpartner zu finden und Antworten zu bekommen. Das ist das Hauptmotiv - und nicht einfach nur Meldung machen, und fertig. Das gibt es zwar auch, aber fast immer sind das dann Leute, die seltsame Geschichten wie aus Science-Fiction-Filmen erzählen und darüber auch nicht groß diskutieren wollen. Ich mache meine Aufklärungs- und Ermittlungsarbeit natürlich ehrenamtlich und betreue die „Ufo-Hotline" neben meinem normalen Tagewerk. Meistens aber klingelt es gar nicht. Auf Anrufe zu warten ist sinnlos. Unvorhersehbar kommen die Meldungen rein. Ich bin dabei immer wieder selbst wie elektrisiert, auch wenn ich oft sogar aus dem Bett gerissen werde. Denn natürlich sind zum Beispiel Polarlichter oder spektakuläre Feuerball-Boliden (= Mega-Sternschnuppen) am besten nachts zu sehen, und prompt fragen sich viele Menschen, was da am Firmament vor sich geht. Erklärungen werden sofort erbeten, ohne Rücksicht auf die Uhrzeit. Spätestens aber nach der zehnten Meldung zu ein und dem selben Himmelsphänomen lässt auch bei mir die innere Anspannung wieder nach, wenn aufgrund der Sichtungsmerkmale (Parameter) klar ist, um was es sich handelt. Die „Ufo-Hotline" läuft natürlich trotzdem noch einige Zeit heiß, wenn immer mehr Augenzeugen aus dem ganzen deutschen Sprachraum durchklingeln, um - teilweise völlig aufgelöst - zu berichten, was sie da gerade „Unglaubliches" und „Anormales" gesehen haben. Ich muss gestehen: Irgendwann geht das aufregende Prickeln dann in Langweile über. Kurios: Obwohl das öffentliche Interesse am Ufo-Phänomen seit Jahren stark rückläufig ist, verzeichnet das CENAP trotzdem einen Anstieg der Sichtungsberichte, und zwar aufgrund des wachsenden Bekanntheitsgrads der „Ufo- Meldestelle". Was mich persönlich bei allen „Ufo"-Meldungen nach wie vor wirklich verblüfft, ist eigentlich nur dieses: wie wenig der moderne Mensch sich mit ganz normalen Himmelserscheinungen.
Dieser Artikel erschien im "Skeptiker", Ausgabe 1/2005.