Der Arzt und Mitbegründer der Frankfurter Sektion von Scientology, Franz Morell, und sein Schwiegersohn, der Elektro-Ingenieur Erich Rasche, haben 1977 das Bioresonanzgerät entwickelt, das angeblich zugleich diagnostizieren und therapieren kann. Pate gestanden hat das E-Meter der Scientologen, und auch für den Geräteverkauf sind zum Teil hochrangige Scientologen verantwortlich. Ursprünglich nannten die Erfinder das Verfahren nach ihren Initialen MORA. Im Lauf der Zeit wurde der Name - angeblich wegen der Weiterentwicklung der Geräte - unzählige Male geändert: in Biokommunikations-, Bicom-, Bioresonanz-Therapie (BRT), in Multicom- und Multiresonanztherapie; es gibt Geräte mit den klingenden Namen Vega-Select, Biophysikalische Informationstherapie (BIT), Mora-Color, Tricom, Audiocolor. Weitere Varianten sind: Diagnostische Resonanztherapie (DRT), Sequentielle Frequenzdiagnostik, Lykotronik-Therapie, SomaDyne, VegaSTT, Matrix-Regerationstherapie und andere mehr.
Die Entwicklung des Bioresonanzverfahrens beweist, dass das Motto der Scientologen "Macht Geld, macht mehr Geld!" erfolgreich ist: Die Geräte werden inzwischen von mehr als einem Dutzend Firmen erzeugt, von Tausenden Ärzten, Psychotherapeuten und Heilpraktikern angewendet. Viele von ihnen bekennen sich zur Mitgliedschaft in der Wirtschaftskultvereinigung. Das Konzept des Verfahrens ist so verführerisch plausibel wie unsinnig: Behauptet wird, das Gerät nehme "pathologische Schwingungen" des Körpers auf, wandle sie in harmonisierte, gesundmachende Schwingungen um und gebe diese wieder an den Körper zurück. Auf diese Weise sollen Krankheiten "gelöscht" und die körpereigenen Regulationskräfte gestärkt werden. Manche Geräte wollen zusätzlich "biologische Schwingungen" zur Heilung nutzen, die sie aus der Umwelt aufnehmen: Schwingungen von Farben, Spurenelementen, Edelsteinen und Metallen, und sie liefern zusätzlich Magnet-
felder, Laserlicht und Reizstrom.
Angeblich finden die Geräte genau die Schwingungen heraus, die den Heilungsprozess in Gang bringen können, daher sei eine Diagnose gar nicht nötig. Andererseits werden die Geräte zum Test auf Allergien oder Neurodermitis eingesetzt. Über Elektroden, die in der Hand gehalten werden, oder mittels Magnetfelder und ohne Kontakt, sollen die Geräte ihre Signale an den Körper senden. Etwa eine Viertelstunde dauert eine Sitzung, meist wird eine Serie von 6-10 solcher Behandlungen empfohlen. In den Stromkreislauf der Geräte können auch Waben gebracht werden, in die Fläschchen mit Medikamenten eingestellt werden: Deren heilsame "Schwingungen" sollen dann vom Körper aufgenommen werden. So genannte Bioresonanztropfen muss man dagegen einnehmen. Sie werden von den Schwingungen des Partners hergestellt und sollen missglückte Beziehungen kitten helfen. Behandelt wird alles und jedes: Organkrankheiten, Funktions- und Wundheilungsstörungen, Haut-, Kinder und orthopädische Krankheiten, Autoimmunkrankheiten
und Schmerzzustände. Es wird behauptet, die Methode eigne sich zur Vorbereitung und Nachbehandlung von Operationen, zum "Entgiften" des Körpers bei chronischen Leiden; insbesondere aber wird sie bei Allergien und Neurodermitis angewendet.
Kritische Einschätzung des Konzepts
Die grundlegende Idee widerspricht den Erkenntnissen der Physik: Die elektromagnetischen Signale sind Begleiterscheinungen biologischer Prozesse, aber nicht verantwortlich für die Lebensvorgänge im Organismus. Das Bioresonanzgerät ist - das wurde an der Universität
Innsbruck festgestellt - nicht anderes als ein Fourier-Frequenzanalysator, der keine Körperschwingungen sondern elektronisches Rauschen wiedergibt.
Die Begleittexte der Gerätehersteller sind gespickt mit physikalisch falschen Aussagen
(Cap 1993) - so ist von einer "Invertierung" von Wellen die Rede, wenn Interferenz gemeint ist, es wird ständig elektrischer Strom mit elektromagnetischen Schwingungen verwechselt
und behauptet, dass Elektronen ein Gedächtnis haben. Die Texte schmücken sich mit pseudowissenschaftlichen Ausdrücken, etwa "sechsdimensionale Hyperwellen", "Elektronen-Plasma-Strom" oder "Supraleitung bei Körpertemperatur". Es finden sich auch Vokabel, die
bei Scientologen üblich sind, wie z. B. "Engramm" und "Löschung". Das Löschen von "krankhaften" Körpersignalen ist technisch jedoch nicht möglich.
Der Gedanke, dass jedes Element eine spezielle Schwingung habe, ist mystisch, die Theorie nimmt Anleihen an esoterischen und altchinesischen Vorstellungen. Die vermuteten geopathischen Strahlen, die durch das Gerät gebannt werden sollen, sind eine Erfindung des Mittelalters und bis heute unbewiesen.
Kritische Einschätzung der Wirksamkeit
Die Erklärung der Wirkung ist spekulativ. Es fehlt eine Dokumentation der Anbieter. Kontrollierte Studien haben ergeben, dass das Gerät zur Diagnostik allergischer Erkrankungen ungeeignet ist - es erreicht eine Trefferquote wie ein Würfelspiel -, und dass es auch keinen Effekt hat, der größer als ein Placebo ist (Warnke et al. 1993; Kofler et al. 1996; Schöni et al. 1997). Die Wissenschaftler stufen Bioresonanz als Suggestivverfahren und "ideales Placebo" ein. Die Anwendung mag harmlos sein, aber Kranke, die sich auf seine Wirkung verlassen, können eine notwendige Behandlung versäumen. Gefährlich ist die Behauptung, eine Behandlung mit Bioresonanz könne Medikamente einsparen helfen: Es sind zwei Todesfälle dokumentiert, weil Heiler bei insulinpflichtigen Kindern mit Diabetes I das Insulin abgesetzt hatten: Eine Heilpraktikerin wurde zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt. Das Urteil ist seit 1995 rechtskräftig.
Bioresonanztherapie muss als Irreführung der Kunden gelten. "Ärzte, die Bioresonanz (anwenden), sollten sich bewusst sein, dass sie eine weltweit operierende Finanzmafia stützen", meint die Aktion Bildungsinformation (Anonymus 1999). Die Schweizerische Gesellschaft für
Allergologie und Immunologie warnt Ärzte und Patienten vor dem Einsatz dieses Verfahrens; in den USA wurde es bereits 1986 verboten, in Deutschland 1995 aus der Kostenübernahme durch Krankenkassen oder Beihilfe ausgeschlossen.
Dr. Krista Federspiel
Literatur
- Anonymus (1999) Scientology in der Medizin. Münchner Medizinische Wochenschrift 141(1-2): 7
- Cap F (1993) Bioresonanz: Diagnostik und Therapie. Vortrag im Rahmen einer Sitzung der Arbeitsgemeinschaft Allergologie, ÖGD, Innsbruck (2.12.1993)
- Cap F (1995) Bemerkungen eines Physikers zur Bioresonanz. Allergologie 18: 253-257
- Dorsch W, Kolt, A (2019) Einfache Testverfahren zur Überprüfung der Aussagekraft von Bioresonanz-basierten medizinischen Befunden - der Leberkäse-Test. Allergo Journal 28(4): 22-30.
- Federspiel K, Herbst V (1996) Handbuch Die Andere Medizin. Stiftung Warentest: Berlin
- Hörner M (1995) Bioresonanz: Anspruch einer Methode und Ergebnis einer technischen Überprüfung. Allergologie 18: 302-303
- Kofler H, Ulmer H, Mechtler D, Falk M, Fritsch PO (1996) Bioresonanz bei Pollinose. Allergologie 19: 114-122 Ostendorf G-M (1990) Die "Bioresonanz-Therapie" (MORA-
- Therapie): Eine medizinische Außenseitermethode. Skeptiker 3(1): 19-20
- Ostendorf G-M (1995) Unkonventionelle apparative Methoden in der Allergiediagnostik. Allergologie 18: 221-227
- Püschel K, Lockemann U, Saukko P, Klöppel A, W. Eisenmenger M (1996): Scharlatanerie mit tödlichem Ausgang. Münchner Medizinische Wochenschrift 138(16):287-290
- Schöni MH, Nikolaizik WH, Schöni-Affolter F (1997) Efficacy trial of bioresonance in children with atopic dermatitis. International Archives of Allergy and Immunology 112: 238-46
- Warnke F, Stanek KW, Götz M, Jarisch R (1993) Bioresonanz-Allergietest versus Prick-Test und RAST. Allergologie 16: 144-145
- Ziegler R (1998) Bioresonanz. Verlag Roland Ziegler. Weiskirchen