Claus Schwing
Inspiriert vom Siegeszug der Lasertechnik ersannen clevere Hersteller LaserApparaturen zur „sanften“ Heilung. Begierig nahmen Vertreter einer „alternativen“ Heilkunde die neue Methode an, ließen ihre Patienten an der Wunderdroge Laser teilhaben. Doch die angekündigten Erfolge blieben aus.
„In der Bundesrepublik können ungehindert Geräte mit den absurdesten medizinischen Wirkungsbehauptungen verkauft werden“, klagt der Münchener Arzt Peter Kröling, kritischer Beobachter einer wild wuchernden paramedizinischen Szene. Apparative Außenseitermethoden erfreuen sich wachsenden Zuspruchs.
Zuspruch unter Heilkundigen, allen voran Vertretern der „sanften“ Heilweisen, aber auch etlichen niedergelassenen Ärzten, fand ein Verfahren, das wahre Wunder verspricht: Die Behandlung mit Laserlicht. Von Augenärzten und Chirurgen in vielfältigen Formen als ideales schneidendes, Tumoren verdampfendes oder Blutungen stillendes Laserskalpell erfolgreich eingesetzt, gebar der Laser einen „biostimulierenden“ Ableger: Den „Soft-Laser“.
Dieser „weiche“, „sanfte“ Medizin-Laser versprach die Medizin zu revolutionieren. Inspiriert von dem beeindruckenden Siegeszug des chirurgischen Laserstrahls, wollte auch sein Ableger am Triumpf teilnehmen. Und der Schoß war fruchtbar, elektrisierte doch das magische Wort Laser weite Kreise, ließ diese Zukunftstechnologie Euphorie aufkommen. Im Gefolge der raschen Ausbreitung dieses athermischen Bestrahlungslasers, dessen Intensität der Leistungsdichte von Tageslicht bei leicht bewölktem Himmel entspricht, schwoll der medizinische Anwendungsbereich ins Unermeßliche an. Ob in Arztpraxis oder Kosmetiksalon, Kurklinik oder beim Heilpraktiker, „methodenrevolutionierende“ Bestrahlungslasertherapie erlebte einen Boom.
“Gibt es jetzt das Wundermittel, das Frauen länger jung und schön bleiben läßt?“ fragte einst die Zeitschrift „Quick“, die einen „großen Ansturm“ der Kunden auf die neue Lichttherapie ausgemacht hatte. „Wenn der Laserstrahl so in das Auge eintritt, daß er von Hornhaut und Linse auf die Stelle der höchsten Sehschärfe, die Fovea centralis, focussiert wird“, warnt der Arzt und Physiker Professor Jürgen Bernhardt vom Institut für Strahlenhygiene des Bundesgesundheitsamtes in Neuherberg, „besteht ein Gefährdungspotential für das Auge.“ Das Auge selbst fokussiert unter bestimmten Umständen die parallelen Laserstrahlen wie eine optische Linse in einem Brennpunkt, der die Augennetzhaut (Retina) durch die so erzeugte Wärmeenergie zerstören kann. So reicht eine Laserleistung von nur 1 bis 5 Milli-Watt im Wellenlängenbereich zwischen 400 und 1300 Nanometer und eine Einwirkzeit, die kürzer ist als der Lidschlußreflex (ca. 0,2 Sekunden) aus, um einen thermischen Schaden an der Retina zu setzen. Die Gefahr, die Netzhaut zu schädigen, kann entstehen, wenn der Laserstrahl aus geringem Abstand versehentlich den Augenbereich überstreicht oder der Behandelte aus Neugierde in den Laserstrahl schaut. Die als athermisch bezeichneten Laser sind also durchaus nicht so harmlos, wie sie dargestellt werden.
“Versuchen Sie es mal mit dem sanften Stimulator“, denn die „physiologischen Wirkungen der athermischen Laser niedriger Leistung sind tatsächlich verblüffend“, forderte das Mediziner-Blatt „Status“ seine akademische Leserschaft auf, endlich am Fortschritt zu partizipieren. Autor des mit der Überschrift „Zauberstab im Aufwind - Power is out, Soft is in“ war, wenn auch unbenannt, so doch unverkennbar, der gleiche Laser-Fabrikant, der sich auch in der „Zeitung des Arztes in Klinik und Praxis“, der „Ärztlichen Praxis“, in einer sechsteiligen Serie ungehemmt präsentieren durfte.
So durch eine Flut dubioser Veröffentlichungen „wissenschaftlich“ legitimiert und bedrängt von einer erwartungsvollen Klientel, konvertierte so mancher gestandene Arzt von der Schul- zur Paramedizin und ließ seine Patienten teilhaben an der Wunderdroge Laser. Die propagierte medizinische Anwendungsvielfalt des angeblich krampflösenden, schmerzlindernden und stoffwechselstimulierenden Oberflächen-Bestrahlungslasers beeindruckte auch die Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Sie setzten 1985 den heilenden Lichtfinger auf die Liste der vergütungsfähigen kassenärztlichen Leistungen. Die Laser-Biostimulation wurde als Heilverfahren sanktioniert.
Statt von den Laser-Protagonisten klinische Studien zu verlangen, die die Wirksamkeit der Methode belegen, begnügte sich das oberste Kassenarzt-Gremium mit bloßen Erfahrungsberichten und Fallbeispielen. „Uns lagen“, so die nachträgliche Rechtfertigung, „keinerlei wissenschaftliche Arbeiten vor, die den therapeutischen Effekt von Soft- oder Mid-Lasern in Frage gestellt hätten.“ Welch seltsame Argumentation ließ sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung einfallen, wenn man zum Vergleich die Zulassungsbestimmungen des deutschen Arzneimittelgesetzes heranzieht. Danach darf ein Hersteller nur dann ein Medikament auf den Markt bringen, wenn er die Wirksamkeit der Arznei wissenschaftlich nachweisen kann.
Nun schlug die langersehnte Stunde der Hersteller. Gut vier Dutzend Laser-Anbieter, darunter etliche eilig ins Leben gerufene Garagenfirmen, drängten in den expandierenden Markt. Von der notdürftig ummäntelten Laser-Röhre für 3500 DM bis zur chromblitzenden, von viel blinkenden Armaturen überbordenden Laser-Kanone für 35 000 DM offerierte der Markt ein Sammelsurium an Apparaturen.
Die Laser-Apostel überboten sich mit immer abenteuerlicheren Behandlungserfolgen.
Einhergehend mit der Varianteninflation, gesellte sich zu dem Soft-Laser (Helium-NeonLaser im roten sichtbaren Spektralbereich) ein Middle Power Laser (Gallium-Arsenid-Laser, nahe dem Infrarotbereich). Die Laser-Apostel überboten sich mit immer abenteuerlicheren Behandlungserfolgen. Fern jeglicher biophysikalischer Grundlagen kursierten aberwitzige Wirkungsvorstellungen der Reaktion des Laserlichts im biologischen Substrat. So soll die „Immunverteidigung“ intensiviert, die Zellmembranpermeabilität und die „Zellenproduktionsgeschwindigkeit“ erhöht werden. Auch die „Funktionsfähigkeit bestimmter Organe“ und die „biologischen Grundfunktionen“ sollen verbessert werden. „Die Behandlung beruht auf einer Stimulation der gesamten Zellfunktion“, beschrieb ein Hersteller pauschal den Wirkmechanismus seiner Apparatur. Dabei fördere die Photonenenergie „die Ionisierung der Zellwände und der wesentlichsten Bestandteile der Zelle“. Daß Laserlicht geringer Leistungsdichte im Gegensatz zu hochenergetischer Röntgen- und Gamma-Strahlung Zellen nicht ionisieren kann, ist dem Laserfabrikanten offensichtlich entgangen.
Von derart rüden Geschäftsmethoden, dubiosen Heilerfolgen und krausen Wirkbehauptungen, die sich allesamt der wissenschaftlichen Beweisführung entzogen, aufgeschreckt, revidierte die Kassenärztliche Bundesvereinigung Ende 1986 ihren Beschluß. Begründung: „Es wurden Studien vorgelegt, die darauf hinwiesen, daß sich die Effekte von Laserlicht bei den in Anspruch genommenen Indikationen von den Wirkungen normalen Lichts nicht unterscheiden.“ “Den Protagonisten ist es bisher nicht gelungen, Doppelblindstudien auf die Beine zu stellen“, insistieren die beiden Laser-Experten vom Berliner Laser-Medizin-Zentrum“, der Ingenieur Professor Gerhard Müller und der Arzt Hans-Peter Berlien. Was da an Doppelblindstudien vorgelegt worden ist, waren keine.“ Nach wie vor fehlten klinisch sauber dokumentierte Wirkungsnachweise zur angewandten LaserBiostimulation. Was die beiden Laser-Experten fordern, ist eine in der Medizin gebräuchliche wissenschaftliche Versuchsanordnung, Doppelblindversuch genannt, wie sie zu klinischen Therapiestudien, meist zur Wirksamkeitsprüfung von Medikamenten eingesetzt wird. Bei dieser Versuchsanordnung weiß weder der Patient noch der behandelnde Arzt, welche der beiden Behandlungsmethoden eingesetzt wird, deren Wirksamkeit miteinander verglichen werden soll.
Im Falle der Bestrahlungslasertherapie müßte eine Patientengruppe dem Laserlicht (Verum) ausgesetzt, die andere beispielsweise mit einem technisch modifizierten Lasergerät behandelt werden, das lediglich Glühlampenlicht aussendet (Placebo). Die Indikation, also der Anlaß der Behandlung, wäre bei beiden Gruppen gleich. “Man stolpert ständig drüber, da stößt einem so manches auf“, beschreibt der Münchener LaserChirurg Werner Siebert die Flut der penetranten Laser-Heilsbotschaften. In Ermangelung wissenschaftlich fundierter Studien gingen der Arzt Siebert und sein Arbeitskollege, der Medizinphysiker Niclas Seichert vom Klinikum Großhadern, in die Offensive. Sie wollten es genau wissen und starteten eine klinisch kontrollierte Studie, einen Doppelblindversuch. Das Resultat der Untersuchung an zwei Patientengruppen, die alle unter Schmerzzuständen an den Sehnen (Tendopathien), wie der Tennisellenbogenschmerz, litten: Rund ein Drittel der mit Soft-Laser behandelten Patienten berichtete über eine mehrere Wochen anhaltende deutliche Schmerzlinderung. Doch unter den Patienten der Plazebo-Gruppe, die lediglich durch die flackernden Kontrolllichter der abgeschalteten Laser-Kanone der Illusion einer Laser-Behandlung ausgesetzt waren, war die Erfolgsquote völlig identisch.
Die erzielte Linderung der Beschwerden, resümiert Siebert, „steht in keinem kausalen Zusammenhang mit der Laserbestrahlung“, die „keinerlei Wirkung hat“, während „der Placebo-Effekt hoch einzuschätzen ist.“ Die „suggestive Komponente“ habe den Ausschlag gegeben. Suggestion war vermutlich auch im Spiel, als sich die Münchener Arbeitsgruppe Patienten mit weichteilrheumatischen Beschwerden annahmen. Der von ihnen durchgeführte Doppelblindversuch mit Soft-Lasern, diesmal wurden die beiden Patientengruppen zusätzlich vertauscht (Cross-over-Vergleich), sodaß alle Patienten sowohl behandelt als auch scheinbehandelt wurden, ergab: Eine den Placeboeffekt übersteigende Wirkung des Infrarot-Lasers“, betont Seichert, „ist nicht, auch nicht tendenziell, erkennbar.“ Laut einer Mitteilung des Bundesgesundheitsamtes, veröffentlicht im Bundesgesundheitsblatt (1/1987), sind nichtthermische Wirkungsmechanismen von Soft- und MID-Lasern in Biosystemen „wissenschaftlich noch nicht gesichert nachgewiesen“. Ist der einzige Effekt, den der Laser zur Biostimulation hervorruft, ein Scheineffekt?
Aus der Flut der Publikationen hat der Berliner Laser-Spezialist Müller etwa 40 Dokumente gesichtet, die „eine solide Arbeitshypothese“ ergeben. Darunter befinden sich einige wenige reproduzierbare Wirkungen des athermischen Laserlichts geringer Intensität an Zellkulturen. Diese wenigen Reagenzglasversuche stützen das hypothetische Gebäude der „Biostimulation“, die in die Kategorie der photochemischen Reaktionen eingeordnet wird. Kein Naturwissenschaftler würde jedoch jemals aus diesen Reagenzröhrchen-Versuchen Aussagen oder gar Rückschlüsse auf eine therapeutische Wirksamkeit mit Laserlicht ziehen, zumal der Wirkungsmechanismus noch völlig unbekannt ist. Berlien: „Inwieweit diese Ergebnisse von Studien auf zellulärer Ebene auf den Menschen als Gesamtorganismus übertragbar sind, ist noch nicht erwiesen.“ Grundlagenforschung tue not.
Aus dem Stadium der zellulären Ebene hinaus, hinein in den komplexen Organismus, ist Diether Haina, Arzt von der Münchener „Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung“ (GSF) vorgedrungen. Zwar „gibt es noch keine statistisch abgesicherten Ergebnisse“. Doch bei sorgfältig ausgewählter Leistungsdichte und Energiemenge sei ein „deutlicher Wundreinigungseffekt“ mit Laserlicht bei der Behandlung von Beingeschwüren (Ulzerationen) bei jedem zweiten Patienten zu beobachten. Die Wunden müßten jedoch immer wieder sorgfältig bandagiert werden.
Als sehr schwierig, aber nicht hoffnungslos, bezeichnet Haina den Einsatz des athermischen Lasers zur beschleunigten und somit vermehrten Bildung von gefäßreichem Bindegewebe (Granulationsgewebe) zum Wundverschluß. Tierversuche, die er zusammen mit der Münchener Hautklinik derzeit durchführt, scheinen seine Annahme zu bestätigen. Doch was bisher an Ergebnissen vorliege, reiche nicht aus, eine eindeutige Aussage zu machen.
Professor Michael Landthaler, Dermatologe aus der Münchener Hautklinik, widerspricht Hainas optimistischen Annahmen. „Wir haben viel experimentiert“, und was dabei herausgekommen ist, „hat nichts Wesentliches“ zur Therapie von Beinulzerationen beigetragen. Und da alle Versuche „nie ordentlich reproduzierbar“ waren, habe er den Einsatz von Laserlicht geringer Leistungsdichte wegen eklatanter Wirkungslosigkeit in seinem Fachgebiet endgültig aufgegeben. Aufgegeben wurde auch ein langjähriges Projekt der GSF, „Biostimulation durch Licht“ unter Leitung von Professor Wilhelm Waidelich. Ob Akne, die am häufigsten propagierte LaserIndikation, Beinulzera oder Talgdrüsen, Spermien oder Bakterienkulturen dem Laserlicht ausgesetzt worden sind, die Effekte waren stets gleich: nichts. Eine Untersuchung der Großhaderner Arbeitsgruppe an Patienten nach Knie- und Hüftgelenksoperationen kannte weder eine beschleunigte Wundheilung noch einen günstigen Einfluß auf die Narbenbildung unter Soft-Laserbehandlung bestätigen. Doch festlegen will man sich noch nicht. Der Arzt für Psychotherapie, Josef Wagensommer, macht sich für den Kompagnon der „Droge Arzt“ stark. „Die bewußte Verordnung eines Placebos“, so wußte Wagensommer in einem Medizinerfachblatt zu berichten, „kann in mancher Hinsicht sinnvoll sein.“
Literatur:
Richard. P.: Laser in der Praxis. Ärztliche Praxis 1985.
Pierchalla, P., Anders, A., Tronnier, H.,: Klinische Untersuchungen zum Einfluß von Laserlicht niedriger Leistungsdichte auf die Wundheilung beim Ulcus cruris. Dermatol. 1986 / H. 12.
Seichert, N., Siebert, W., Schöps, P.: Die „Soft“- und „Mid“-Lasertherapie in der Physikalischen Medizin. Phys. Med. Bal. Med. Klim. 1986 / H. 15.
Seichert N.. Schöps, P., Siebert W., Schnizer, W., Liebermeister, R.: Wirkung einer Infrarot-Laser-Therapie bei weichteilrhematischen Beschwerden im Doppelblindversuch. Therapiewoche 1987 / H. 37.
Berlien, H. P.: Biostimulation - Was ist Hypothese? Was ist gesichert?. Biotronic Laser Medizin. Sonderausgabe 1987.
Berlien. H., Müller, G.:. Handbuch der Lasermedizin in Praxis und Klinik. Eco med Verlag/Landsberg 1988.
„Laser in der Medizin“
In der Medizin werden die Wirkungsmechanismen der Loserstrohlung mit den verschiedenen Gewebeorten im wesentlichen durch zwei Größen bestimmt: Die Einwirkzeit und die Leistungsdichte des Lasers (die Wellenlange geht hier als gewebespezifische Absorption mit ein). Drei Klassen von Wirkprinzipien des Laser-Lichts in der Wechselbeziehung mit dem biologischen Substrat sind derzeit bekannt: Photochemische Reaktionen, thermische Wirkungen und sogenannte nichtlineare Effekte.
PHOTOCHEMISCHE REAKTIONEN:
Laser-Licht niedriger Leistungsdichte und langer Einwirkzeit last durch Absorption von Lichtquanten, die nicht primär zu einer Erwärmung führen, in körpereigenen oder körperfremden Farbstoffen oder chromophoren Gruppen an Biomolekülen photochemische Reaktionen aus. Der Effekt wird auch photoinduzierte Dissoziation genannt.
Anwendungsbereiche: Die photodynamische Krebstherapie und die gezielte Zerstörung von Tumorgewebe durch laserinduzierte Bildung von toxischen Sauerstoffradikalen. Dem Begriff der photochemischen Reaktion werden einige weitere Reaktionstypen zugeordnet, die auch durch normales, nicht-kohärentes Licht erzeugt werden können. Darunter fallt unter anderem der lichtinduzierte physiologische Sehvorgang und die pflanzliche Photosynthese.
Die Biostimulation schließlich, der Außenseiter wahre Wunderwirkungen andichten, ist ein äußerst kurzlebiger Effekt, der noch nicht hinreichend aufgeklärt ist und bisher nur in ganz wenigen Fällen im Reagenzglas beobachtet wurde. Dies sind: Eine verbesserte Glukoseverwertung in Hefekulturen und eine Suppression von Fibroblastenaktivitaten in Zellkulturen durch lnfrarotlicht geringer Leistungsdichte in Abhängigkeit von der eingesetzten Wellenlänge im infraroten Spektralbereich.
THERMISCHE WIRKUNGEN:
Mit abnehmender Wirkungszeit und zunehmender Leistungsdichte beginnt der Bereich der photothermisch induzierten Effekte. In diesem Bereich hat sich der thermische Laser einen festen Platz erobert. Einem Siegeszug gleich dringt er in immer mehr medizinische Fachgebiete vor.
Durch Absorption von Laser-Licht im Gewebe wird die Laser-Energie am Wirkungsort in Wärme zwischen 40 und 60 Grad Celsius umgesetzt. Dieser photothermische Effekt wird zum Gewebeschweißen, Wundverschluß und zur Blutstillung eingesetzt. Wird das Gewebe über 60 Grad Celsius aufgeheizt, kommt es zur Koagulation (Eiweißfällung), und im nächsten Schritt zur Vaporisation (Verdampfung), wie es bei der Vernichtung von Tumoren angezeigt ist.
NICHTLINEARE EFFEKTE:
Das dritte und letzte Wirkprinzip sind die nichtlinearen Effekte. Bei extrem hoher Leistungsdichte und extrem kurzer Einwirkzeit entstehen starke elektrische Felder, die Molekülverbindungen aufbrechen und ionisieren. Dieser Effekt, der nur mit hochenergetisch gepulsten Lasern erreicht wird, vermag eine athermische Ätzung hervorzurufen, auch Photoablation genannt.
Bei weiterer Steigerung der Energiedichte kommt es zum optischen Durchbruch. Durch spontane Ionisation entsteht ein Plasma, das sich explosionsartig ausdehnt. Es entsteht eine mechanische Stoßwelle, die Gewebestrukturen zerreißt (Photodisruption).
In der Medizin werden nichtlineare Effekte mit Laserlicht zur Behandlung des Nachstars, zur radialen Keratotomie, einer umstrittenen Behandlungsmethode der Kurzsichtigkeit, und zukünftig möglicherweise zur Zertrümmerung von Nieren- oder Gallensteinen eingesetzt.
Weiterhin ist ein nichtlinearer Effekt bekannt, der mit photoakustischer Wirkung beschrieben wird, und der eine kombinierte Anregung von akustischen (Schallwellen) und thermischen Dichteänderungen im Gewebe hervorruft. Diese nichtlinearen Effekte können nicht mehr allein durch die lineare Absorption der Photonenstrahlung erklärt werden.
(Claus Schwing)
Dieser Artikel erschien im Skeptiker 2/1989.