Diät-Irrtümer - und wie Sie wirklich schlank bleiben
Felix Krusen
Trennkost
Die um 1900 von dem amerikanischen Arzt Dr. Hay erfundene und besonders in Deutschland weiterentwickelte Trennkost verspricht Wohlbefinden, Verhinderung und Heilung vieler Krankheiten, auch von Krebs und Diabetes, wenn in der Ernährung kohlenhydrathaltige und proteinhaltige Lebensmittel streng voneinander getrennt werden. Also keine Kartoffeln, Nudeln oder Reis zu Fleisch und Fisch und keine Wurst oder Käse auf dem Frühstücksbrot. Zwar ist das Konzept der Trennkost der Gesundheit nicht abträglich (weil ballaststoffreich, fett- und fleischarm und reich an Obst und Gemüse), aber eine ernährungsphysiologische Begründung für das Konzept lässt sich nicht finden - auch jedem Normalbürger sollte bekannt sein, dass schon die erste Nahrung des Menschen, die Muttermilch, ein Konglomerat aus Fett, Protein und Kohlenhydraten ist. Die Heilungsversprechen der Trennkost-Verfechter bei schweren Krankheiten sind unsinnig und unverantwortlich.
Fit for Life
Von dem amerikanischen Ehepaar Diamond wurde die Hay'sche Trennkost zum „Fit for Life"-Konzept weiterentwickelt. Es soll Gesundheit, Schönheit, eine gute Figur und ein energiegeladenes Leben sicherstellen. Grundlage ist eine obskure Theorie von natürlichen Körperzyklen, denen sich die Essensgewohnheiten anzupassen haben. Die Nahrung soll 70% Wasser enthalten, weil auch der menschliche Körper zu etwa 70% aus Wasser besteht. Als Trinkwasser sei destilliertes Wasser Mineralwasser vorzuziehen. Nahezu kriminell ist die Vorschrift, auf Milch und Milchprodukte vollständig zu verzichten, sind dies doch die Nahrungsmittel, die für die Calcium-Versorgung am wichtigsten sind.
Makrobiotik
Makrobiotische Ernährung geht zurück auf den Weimarer Mediziner Hufeland, der Leibarzt von Goethe und Schiller war. Er gab 1796 das Buch „Makrobiotik oder die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern" heraus. Japanische Philosophen verknüpften später die Hufeland'schen Thesen mit dem Zen-Buddhismus und entwickelten Ernährungsregeln, deren genaue Befolgung sehr kompliziert, dennoch aber unsinnig ist. Die Begründungen dafür sind zum Teil geradezu abenteuerlich. Makrobiotik steht im Range einer Weltanschauung - mit gesundheitsschädlichen Vorschriften: Sind doch auch hier Milch und Milchprodukte verboten.
Schnitzer-Diät
Der deutsche Zahnarzt Dr. Schnitzer entwickelte zwei Diätformen, durch die nicht nur Gebissschäden verhindert, sondern auch Zivilisationskrankheiten einschließlich Diabetes vorgebeugt und geheilt werden sollen.
Seinen Anhängern verspricht Schnitzer Glück und Zufriedenheit, gesunde Kinder und sogar Ansehen und Beliebtheit. In der so genannten Intensivphase sollen nur rohe pflanzliche Erzeugnisse (verboten sind auch Brot und Kartoffeln) verzehrt werden, ehe der Patient zur Schnitzer-Normalkost übergeht, gegen die im Prinzip nichts einzuwenden wäre, wenn nicht auch hier von Milch und Milchprodukten abgeraten werden würde.
Schroth-Kur
Diese auch heute noch in einigen Kurkliniken angewandte Diät geht zurück auf den Kutscher Johann Schroth, der sie Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte. Die Schroth-Kur dauert vier Wochen und besteht aus einem Wechsel von Heilfasten, Trocken- und Trinkfasten und feuchtwarmen Wickeln. Sie verspricht Gewichtabnahme und „Entschlackung". Lässt sich Ersteres problemlos objektivieren, entzieht sich die „Entschlackung" jeder wissenschaftlichen Begründung. Denn im menschlichen Körper lagern sich keine Schlacken ab wie in einem Ofen. Die für den Organismus unbrauchbaren oder gar schädlichen Stoffe aus der Verdauung und dem Stoffwechsel werden täglich über die Nieren und die Blase oder über den Darm ausgeschieden. Die „Entschlackung" findet also dauernd und ohne unser Zutun statt. Die hartnäckige Beliebtheit der Schroth-Kur ist wohl vor allem auch darin zu suchen, dass das regelmäßige Trinken von Wein zum Diät-Plan gehört. An den Tagen des Trinkfastens soll bis zu einem Liter Wein konsumiert werden.
Dr.-Atkins-Diät
Der amerikanische Arzt Robert Atkins hat mit seinem Buch „Dr. Atkins Diätrevolution" großes Aufsehen erregt, weil einerseits seine Empfehlungen allen ernährungswissenschaftlichen und medizinischen Erkenntnissen widersprechen und weil auf der anderen Seite seine Lehren dem Wunsch vieler Menschen entgegenkommen, mit möglichst wenig Aufwand große Erfolge zu erzielen. Dr. Atkins verheißt nämlich nicht nur Gewichtabnahme, sondern auch die Überwindung von Erschöpfung und Depressionen. Kern seiner Diät ist der weitgehende Verzicht auf alle Kohlenhydrate ohne jede Einschränkung bei Fett oder Eiweiß. Die moderne Ernährungswissenschaft empfiehlt genau das Gegenteil, nämlich mehr Kohlenhydrate in Form von Stärke und weniger Fett und Proteine. Atkins' Theorien entbehren nicht nur jeder wissenschaftlichen Grundlage, sie sind sogar auf längere Sicht gesundheitsschädlich, da sehr einseitig. Außerdem erhöhen protein- und fettreiche Nahrungsmittel wie Fleisch oder Eier die Blutfette.
Wie nimmt man ab?
Ernährungsmediziner halten wenig von Schlankheitsdiäten. Sie empfehlen statt dessen eine mäßig kalorienreduzierte Kost, um eine sichere und dauerhafte Gewichtsreduktion zu erreichen. Die Energiezufuhr sollte dabei für Männer unter 2000 und für Frauen unter 1800 kcal liegen. Eine exakte Festlegung unter Berücksichtigung des Körpergewichts und der körperlichen Aktivität sollte unter Zuziehung eines professionellen Ernährungsberaters erfolgen. In jedem Fall aber ist von besonderer Bedeutung die Reduzierung des Fettverbrauchs. Fett sollte nur 30 bis maximal 35% der täglichen Kalorien ausmachen. Derzeit liegt der Fettverbrauch der Deutschen bei über 40%.
Die Grundregeln einer schlank machenden und schlank erhaltenden Ernährung sind einfach und leicht zu merken:
- weniger Fett
- viel komplexe Kohlenhydrate (Stärke), aber wenig Zucker
- weniger Salz
- weniger Alkohol
- viel Obst und Gemüse
- mehr Fisch und weniger Fleisch
- regelmäßige körperliche Bewegung
Dieser Artikel erschien im "Skeptiker", Ausgabe 4/2000.