Die ,,Kleine Anfrage 17/14262" der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag ist ein immerhin 31 Punkte langer Fragenkatalog mit der Überschrift ,,Komplementärmedizin - Forschung und Anwendung in Deutschland". Als ,,Komplementärmedizin" werden darin alle ,,Behandlungsmethoden und Konzepte" bezeichnet, die sich als ,,,Ergänzung zu schulmedizinischen Ansätzen verstehen." Weiter heißt es, dass diese Verfahren eine stetige Nachfrage erfahren, obwohl, so das Papier, ,,ein wissenschaftlicher Nachweis ihrer Wirksamkeit regelmäßig nicht vorliegt". Daher wollen die Sozialdemokraten unter anderem wissen, wie hoch der Anteil der ,,alternativmedizinischen" Medikamente auf dem deutschen Markt ist, wie viele Menschen komplementärmedizinische Angebote wahrnehmen und - in diesem Zusammenhang natürlich interessant - wie hoch nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten waren, die von den Krankenkassen in den Jahren 2009-2012 erstattet wurden.
Informationsbedarf besteht auch bei Erkenntnissen aus der Forschung zu Therapiesicherheit und Kosteneffektivität derartiger Methoden (Frage 24) sowie, möglicherweise besteht hier ja ein Interessenkonflikt, der Antwort auf Frage 27: ,,Wie viele Mitglieder im Gesundheitsforschungsrat der Bundesregierung haben ihren Arbeitsschwerpunkt im Bereich der Komplementärmedizin?". Für den gleichen Zeitraum wird nach von der Bundesregierung geförderten Forschungsprojekten zur Wirksamkeit komplementärmedizinischer Angebote gefragt, und ob Forschungsprojekte zur Wirksamkeit von Placeboverfahren gefördert wurden. Danach folgen Fragen zu Einsatz und Verbreitung und Erforschung von Komplementärmedizin in anderen Ländern sowie zur Forschung hierzu auf europäischer Ebene. Die ,,Kleine Anfrage 17/14262" schließt mit dem Wunsch nach Auskunft, ob die Bundesregierung plant, Forschungsmaßnahmen im Bereich der Komplementärmedizin in absehbarer Zukunft auszubauen.
Insgesamt spricht die Anfrage der SPD einige wichtige, auch für Skeptiker relevante Punkte an. Eine Tendenz, ob die Sozialdemokraten die ,,Alternativmedizin" für förderungswürdig halten, oder ob sie deren Förderung eher drosseln wollen, ist dem sachlich gehaltenen Papier nicht zu entnehmen. Zum einen gibt es bei den Sozialdemokraten engagierte Kritiker der ,,Alternativmedizin", wie den Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, der sich schon vor einigen Jahren gegen die Erstattung von Homöopathie durch die gesetzlichen Krankenkassen stark gemacht hat (und der bei dieser aktuellen Anfrage nicht als Mitunterzeichner auftritt).
Zum anderen fanden und finden sich, und zwar quer durch alle im Bundestag vertretenen Parteien, sehr viele Anhänger oder zumindest moderate Befürworter ,,alternativmedizinischer" Verfahren, wie Bernd Harder im GWUP-Blog schon ausführlich dargestellt hat. Auch hat die GWUP anlässlich früherer Bundestagswahlen schon mehrfach die Haltung der Parteien zum Thema ,,alternative" Heilmethoden erfragt. Tatsächlich werden komplementärmedizinische Methoden wie die Homöopathie und die anthroposophische Medizin durch den oft kritisierten Binnenkonsens geschützt, d. h. sie können und müssen trotz fehlender Wirkungsnachweise innerhalb eines begrenzten Rahmens auch von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden, sofern sie nach Ansicht von Experten der Behandlungsmethoden zum Therapiestandard gehören. Berücksichtigt sind diese Regelungen im Sozialgesetzbuch, sie sind also amtlich.
Holger von Rybinski
Kleine Anfrage 17/14262 vom 26.06.2013, elektronische Vorabfassung
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/142/1714262.pdf