Sonnenhut in Buchenwald - Ergänzungen zum Artikel im Skeptiker 2/2001
auf der Basis der Mikrofiche-Edition „Der Nürnberger Ärzteprozess 1946/47" (Hrsg.: Klaus Dörner, Angelika Ebbinghaus und Karsten Linne) sowie des Schriftwechsels zwischen der Autorin und der Firma Madaus
Andrea Kamphuis
I. Ergänzung zum Sterilisationsvorhaben mit Caladium seguinum
II. Ergänzungen zu den Brandwunden-Experimenten mit Echinacea
III. Dr. Kamphuis ./. Madaus
Hinweis: Quellenangaben sind kursiv und farblich hinterlegt dargestellt.
I. Ergänzung zum Sterilisationsvorhaben mit Caladium seguinum: Madaus-Tierversuche zur medikamentösen Sterilisation
Im Dokumentenbuch I für Dr. Adolf Pokorny findet sich als „Pokorny Exhibit Nr. 27" ein Bericht über einen der Tierversuche zur medikamentösen Sterilisierung, die im Auftrag der SS bei der Firma Madaus durchgeführt wurden (Ärzteprozess, Mikrofiche 279, S. 4/06303-06306). Dies sind die Experimente, von denen Dr. Friedrich Koch im Ärzteprozess sagte, sie wären von ihm und seinen Mitarbeitern bewusst falsch angelegt worden, um die Absichten Himmlers zu sabotieren. Die im Bericht erwähnten Datentabellen fehlen leider in der Mikrofiche-Edition.
„Bericht über den Sterilitätsversuch V an Ratten.
Zur Prüfung gelangten folgende Präparate.
- Caladium (Typ II und III) (Schweigrohr)
- Nuphar luteum (gelbe Teichrose)
- Nymphea alba (weiße Seerose)
- 2%ige Lösung von Kupfersulfat und Eisenchlorid (je 1%)
- Lupulinum (Hopfen)
- 1%ige Aufschwemmung des Sulfonamids Prontosil
- Lactuca virosa (Giftlattich)
- Natrium bromatum
Der vorgesehene Sterilitätsversuch an Mäusen musste abgebrochen werden, da durch eine Stallinfektion bald nach Versuchsbeginn der größte Teil der Tiere starb.
Die oben bezeichneten Präparate konnten deshalb nur an Ratten geprüft werden. Teils war es eine Wiederholung der Prüfung von Präparaten, die im Sterilitätsversuch IV einen gewissen Einfluss auf die Deckfähigkeit männlicher Ratten gezeigt hatten (Nuphar luteum, Nymphea alba und 2%ige Lösung von Kupfersulfat und Eisenchlorid in Wasser), teils aber auch die Prüfung neuer Präparate, von denen, an Hand der Literatur, angenommen werden konnte, dass sie eine sterilisierende Wirkung besitzen (Lupulinum, Lactuca virosa und 1%ige Aufschwemmung von Prontosil). Neu war auch die Untersuchung von Caladium Typ II und III; Caladiumarten, deren Züchtung leichter gelingt als die von Typ I.
Der Nachweis einer sterilisierenden Wirkung wurde in der im Bericht über Sterilitätsversuch IV angegebenen Weise an 116 männlichen Ratten durchgeführt.
Die Behandlung der Tiere wurde teilweise bis zu ca. 1/2 Jahr ausgedehnt. Da nach den Untersuchungen von Stieve (H. Stieve, Zbl. Gynäk. 66, 1698, 1942, Der Einfluss von Angst und psych. Erregung auf den Bau und die Funktion der weiblichen Geschlechtsorgane; Zbl. Gynäk. 66, 1456, 1942, Die Wirkung von Gefangenschaft und Angst auf den Bau und die Funktion der weiblichen Geschlechtsorgane) Gefangenschaft, Erregung und Angst, also psychische Einflüsse degenerierend auf die Keimdrüsen wirken, tauchte die Frage auf, ob bei männlichen Ratten durch die lange Absonderung von ihren Artgenossen (jedes Versuchstier befand sich in einem Einzelkäfig) und durch die tägliche Schlundsondenbehandlung allein schon Unlust zur Kopulation und Schädigung der Spermiohistogenese eintritt. Um auch darüber Klarheit zu bekommen, wurden zur Kontrolle eine Anzahl männlicher Ratten ebenfalls in Einzelkäfige gesetzt und diesen Tieren täglich Wasser mit der Schlundsonde zugeführt.
Die in den folgenden Tabellen als ‘tot' angeführten Jungtiere setzen sich aus tot geworfenen und den während der auf den Wurf folgenden 3 Wochen gestorbenen zusammen. ‘Verworfen' bedeutet: das Weibchen mit nachgewiesenen Spermien im Vaginalekret hat nach anscheinend normalem Gewichtsanstieg plötzlichen Gewichtsabfall, meist mit Blutverlust verbunden.
Zeichenerklärung zu den Tabellen
1. Zum histologischen Befund
a) Hodenkanälchen:
- : in allen Hodenkanälchen normale Spermiohistogenese,
x : in fast allen Hodenkanälchen normale Spermiohistogenese, nur in einzelnen reduzierte Spermiohistogenese,
xx : in den Hodenkanälchen meistens reduzierte Spermiohistogenese, manchmal degenerative Veränderungen an den Spermatiden und Präspermatiden,
xxx : in mehreren Hodenkanälchen Atrophie des Samenepithels, in den übrigen reduzierte Spermiohistogenese,
xxxx : vollständige Atrophie des Samenepithels, nur noch indifferente Epithelauskleidung der Hodenkanälchen vorhanden.
b) Spermienbefund:
x : Spermien in den Hodenkanälchen vorhanden,
- : keine Spermien in den Hodenkanälchen vorhanden,
0 : verklumpte Samenfäden in manchen Hodenkanälchen.
2. Weitere Zeichenerklärungen
M.S.B.K. : Makroskopischer Sektionsbefund der Keimdrüsen,
S.-B. : Allgemeiner Sektionsbefund.
Urteil und Kritik
Die Ergebnisse des Sterilitätsversuchs muss man, streng genommen, nach zwei Gesichtspunkten beurteilen: 1. nach dem Deckversuch und 2. nach dem histologischen Bild der Keimdrüsen. Dass diese beiden Gesichtspunkte durchaus nicht übereinstimmen, beweisen die vorliegenden Ergebisse des Sterilitätsversuchs V an männlichen Ratten. Die Kontrollen, die täglich 0,3 ccm aqua dest. erhielten und ebenso wie die anderen Tiere in Einzelgläsern gehalten wurden, zeigten bei völlig normalem histologischem Durchschnittsbefund, der sich so bei keiner Versuchsgruppe wiederholt, im Deckversuch unterschiedliche Ergebnisse, d.h. es kam nicht bei allen Böcken bei jedem Oestrus der normalen Partnerin zur Kopulation, wie es auch bei nachgewiesenen Spermien im Vaginalsekret der Weibchen nicht jedesmal zum Wurf kam. Unter den geworfenen Jungtieren befanden sich auch hier manchmal tote.
Eine deutlich sterilisierende Wirkung weist im Vergleich zu den Kontrollen im Deckversuch Caladium Typ II auf. Der histologische Durchschnittsbefund ist gegenüber dem der Kontrollen wesentlich schlechter als dieser - von eine schweren Schädigung des Keimdrüsengewebes kann aber auch hier nicht die Rede sein.
Die Deckversuchsergebnisse nach Behandlung mit 2%iger Lösung von Kupfersulfat und Eisenchlorid lassen einen schädigenden Einfluss auf die Keimdrüsentätigkeit der behandelten männlichen Raten vermuten; auch Prontosil deutet eine leicht hemmende Wirkung an. Lactuca virosa scheint hauptsächlich die Größe der Würfe und die Lebensfähigkeit der Jungtiere zu verringern. Letzteres trifft auch für Natrium bromatum zu.
Da die Kontrollen kein einheitlich normales Bild im Deckversuch zeigten, kann man die Präparate Caladium Typ III, Nuphar luteum, Nymphea alba und Lupulin als unwirksam im Deckversuch bezeichnen.
Die histologischen Durchschnittsbefunde zeigen nach Behandlung mit Nuphar luteum, Nymphea alba, 2%iger Kupfersulfat- und Eisenchlorid-Lösung und Prontosil das gleiche Bild wie Caladium Typ II. Die stärksten Veränderungen im histologischen Befund konnten wir bei Lupulin feststellen, dessen Deckungsversuchsergebnis ein durchaus normales war, während Caladium Typ III, Lactuca virosa (im Gegensatz zum Befund der Deckergebnisse) und Natrium bromatum (ebenfalls im Gegensatz zum Befund der Deckergebnisse) eine n[Zeilendende, abgeschnitten: ‘nur'?] unwesentliche Veränderung des histologischen Bildes gegenüber den Kontrollen aufwiesen.
Der Einwand, dass eventuell die negativen Wurfergebnisse nach nachgewiesener Kopulation nicht auf die behandelten männlichen Tiere, sondern auf die Weibchen zurückzuführen sind, kann dadurch weitgehend entkräftet werden, dass zu den Sterilitätsversuchen nur weibliche Tiere verwendet werden, deren Wurffähigkeit zuvor festgestellt war. Natürlich ist es trotzdem nicht ausgeschlossen, dass ein oder das andere Weibchen im Versuch aus nicht feststellbaren Gründen versagt hat.
Die Befunde an den Kontrollen im Deckversuch veranlassten uns, sofort einen neuen Versuch mit verschiedenen Abänderungen anzusetzen.
Wir haben auf die bereits früher von uns geübte Methode der Spermienmobilitätsprüfung auf elektrischem Wege zurückgegriffen und lassen vorläufig die Prüfung der Deckfähigkeit außer Acht. Da, wie sich früher gezeigt hatte, Ratten wegen großer Empfindlichkeit gegenüber elektrischen Strömen für diese Sterilitätstests ungeeignet sind, verwenden wir Meerschweinchen. Während des Versuchs wird von den Tieren alle 4 Wochen auf elektrischem Wege ein Ejakulat gewonnen. Dadurch haben wir folgende Möglichkeiten zur Feststellung einer Schädigung der Keimdrüsen und der Beobachtung des Verlaufs der Sterilisation:
Es kann festgstellt werden
- die Veränderung der Konsistenz des gewonnenen Ejakulats,
- die gewichtsmäßige Abnahme der Ejakulatsmenge,
- die Spermienanwesenheit und -mobilität,
- der histologische Befund der Keimdrüsen am Versuchsende."
Die Ergebnisse des Versuchs waren also uneinheitlich und für den Auftraggeber vermutlich unbefriedigend. Es wird deutlich, dass man bei Madaus Himmlers Wunsch* nachkam, neben Caladium seguinum auch andere, besser zu beschaffende oder zu züchtende Pflanzen auf ihre sterilisierende Wirkung zu überprüfen. Außerdem war die Zahl der Versuchstiere mit 116 Ratten offenbar deutlich höher, als Dr. Koch im Ärzteprozess ausgesagt hat (26. 6. 1947: ca. 60 Ratten).
* Aktenvermerk Rudolf Brandt, 22. 6. 1942: „Der Reichsführer-SS wollte gern festgestellt wissen, ob allenfalls ähnlich wirkende Stoffe in anderen Pflanzen, die bei uns oder in dem uns in Europa zugänglichen Raum vorkommen, sich befinden. Die zurzeit laufende Unterstützung der Arbeiten des Herrn Dr. Koch vom Madaus-Institut soll weitestgehend fortgesetzt werden."
II. Ergänzungen zu den Brandwunden-Experimenten mit Echinacea
1. Bericht über den Menschenversuch in Buchenwald
Während der Autorin beim Verfassen des Skeptiker-Artikels nur das Protokoll der Buchenwald-Tierversuche bekannt war, liegt nun auch der Bericht von Dr. Ding über die entsprechenden Verbrennungsversuche an Lagerinsassen vor (Mikrofiche 155, Dokument NO-579, S. 3/03000-03003). Die im Skeptiker 2/01 auf S. 56 reproduzierten Fotografien stammen aus diesem Bericht:
„Menschenversuche.
I. Auftragen des Phosphor-Kautschuk-Gemisches und sofortige Entfernung.
1. Mit R 17.
19.11.: Das Gemisch wurde auf eine glatte Hautstelle am Unterarm geträufelt und sofort anschließend mit einem in R 17 getauchten Tupfer abgewischt. R 17 löste den Phosphor und den Kautschuk rasch auf. Nachfolgende Kontrolle in der Dunkelkammer zeigte vollständiges Aufhören der Phosphoreszenz. Die Hautstelle wies bis zum 14.12., wie drei Prüfer durch Auflegen des Handrückens feststellten, erhöhte Temperatur auf.
1 Bild folgt.
2. Mit CuSO4.
19.11.: Das auf eine glatte Hautstelle des Unterarms aufgetragene Gemisch wurde mit 2%iger Kupfersulfatlösung entfernt. Es zeigte sich eine schwärzlich-bräunliche, metallisch-glänzende, stark schmierende Masse, die sich beim Abreiben über das gesamte Operationsfeld verteilte. Nach anfänglicher schwarzer Rauchbildung (Phosphordämpfe) und starkem Aufleuchten kam es infolge Bildung eines Kupferphosphor-Überzugs zu fast sofortigem Aufhören der Phosphoreszenz. Bei Zusammentreffen mit kleineren Hautverletzungen scheint die Möglichkeit sich zu ergeben, dass Phosphor durch Resorption in den Körper aufgenommen wird. Die Hautstelle zeigte ebenfalls bis zum 14.12. erhöhte Temperatur.
(kein Foto)
3. Mit Wasser.
19.11. Auch Wasser ermöglichte die Entfernung des Gemisches von der Haut. Doch war dabei ein mehrere Minuten anhaltendes, starkes Phosphoreszieren und das Auftreten von Phosphordämpfen zu beobachten.
1 Bild folgt.
II. Inbrandsetzung des Phosphor-Kautschuk-Gemisches und Behandlung mit 1. R 17.
a.) Sofortige Inbrandsetzung.
aa) 25.11.: Das Gemisch wurde auf einer Hautfläche von 6 x 3 cm aufgetragen und sofort entzündet, nach 20 Sekunden Brenndauer mit Wasser erstickt und sodann mit R 17 abgewischt. Es zeigte sich eine Verbrennung mit gelblicher Verhärtung der Haut. Später bildete sich ein dünner Schorf. Nach 3 Tagen wurde die Wunde mit Echinacin-flüssig behandelt. Am 11.12. fiel der Schorf ab, die Wundfläche war trocken und rosarot. Sie epithelisierte sich sehr rasch, am 21.12. verblieb lediglich 1/5 der Fläche ohne Epithel. Am 29.12. war auch diese Fläche fast abgeheilt.
3 Bilder folgen.
bb) 25.11.: Das Gemisch wurde auf gleich großer Hautfläche (6 x 3 cm) aufgetragen und sofort entzündet. Es brannte bis zum Selbsterlöschen 55 Sekunden. Die Brandstelle wurde mit R 17 abgewischt. Es zeigte sich eine braun-gelbliche Verbrennung, die am cranialen Ende eine Vertiefung, am distalen Ende eine Blase aufwies. Es bildete sich ein elastischer Schorf. Am 4. Tage wurde die Wunde mit Echinacin-Salbe behandelt. Am 3.12. begann hierauf das Abstoßen des Schorfes, am 10.12. war die Wunde trocken und geschlossen, am 13.12. wies nur mehr der Wundrand Schorf auf und die Wundbasis war mit feiner Granulation bedeckt. Bis zum 29.12. hatte sich die Wunde weiter verkleinert, ohne abgeheilt zu sein.
3 Bilder folgen.
b.) Inbrandsetzung nach 30 Sekunden.
aa) 19.11.: Das Gemisch wurde auf 2 qcm Hautfläche aufgetragen, nach 30 Sekunden in Brand gesetzt und nach 40 Sekunden Brenndauer mit R 17 abgewischt. Es zeigte sich eine trockene Brandverletzung. In den nächsten Tagen bildete sich eine kleine ödematöse Schwellung aus. Die Wunde wurde mit Echinacin-flüssig behandelt. Die Schwellung ging daraufhin rasch zurück, sodass am 1.12. eine reine, trockene Wunde ohne Nekrose verblieb. Im Anschluss hieran bildete sich eine breite Epithelisationszone und bis zum 29.12. heilte die Wunde mit Ausnahme von 0,5 qcm Epitheldefekt ab.
3 Bilder folgen.
bb) 19.11.: Das Gemisch wurde ebenfalls auf 2 qcm Hautfläche aufgetragen, nach 30 Sekunden in Brand gesetzt, aber erst nach 60 Sekunden Branddauer mit R 17 behandelt. Es zeigte sich gleichfalls eine trockene Brandverletzung, jedoch mit starker Rötung und Schmerzhaftigkeit der Umgebung. Die Wunde bildete einen nekrotischen Belag aus. Am 3. Tag wurde sie mit 10%iger Lebertransalbe behandelt. Am 19.12. war sie begrenzt und trocken. Es begann eine langsame Epithelisation. Später glich sich die verletzte Hautstelle der glatten Umgebung an. Am 29.12. war die Wunde noch nicht abgeheilt.
3 Bilder folgen.
c.) Auftragung auf ein die Haut bedeckendes Stoffstück.
25.11.: Das Phosphor-Kautschuk-Gemisch, auf ein die Haut bedeckenes Stoffstück gebracht, wurde entzündet. Bis zum Ausbrennen vergingen 67 Sekunden. Das Stoffstück verkohlte bis auf kleine Reste. Nach Abwischen mit R 17 zeigte sich auf der Haut eine Verbennung mit zentraler Blase, die sich später zu einem dünnen, elastischen Schorf ausbildete. Nach 3 Tagen wurde die Wunde mit Echinacin-Salbe behandelt. Bis zum 3.12. trat Reinigung der Wunde ein, sie war zu diesem Datum trocken, rosarot gefärbt und geschlossen; eine feine Granulation bedeckte sie. Anschließend begann rasche Epithelisation. Am 29.12. war sie noch nicht abgeheilt.
3 Bilder folgen.
2. Mit CuSO4.
a.) Sofortige Inbrandsetzung.
aa.) 25.11.: Auf eine Hautfläche von 6 x 3 cm wurde das Gemisch aufgetragen und sofort entflammt. Nach 20 Sekunden Brenndauer wurde es mit Wasser erstickt, sodann mit Kupfersulfatlösung abgewischt. Dabei löste sich die gesamte Epidermis von der Wundfläche. Es bildete sich eine ödematöse Schwellung der Umgebung im Ausmaße von 12 x 13 cm und ein dicker Schorf. Behandlung erfolgte mit Echinacin-flüssig. Am 7.12. begann die Nekrose sich abzustoßen, und es kam zu langsamer Epithelisation. Am 21.12. war noch immer 1/3 der Wundfläche epithellos (Vergl. II/1/a/aa!). Am 29.12. war die Wunde abgeheilt.
3 Bilder folgen.
bb.) 25.11.: Das Gemisch wurde wiederum auf eine Hautfläche von 6 x 3 cm aufgetragen und sofort entflammt. Nachdem es in 60 Sekunden ausgebrannt war, wurde die Brandstelle mit Kupfersulfatlösung abgewischt. Es zeigte sich eine braungelbe Verbrennung mit Verdickung der Haut. Die Verdickung entwickelte sich zu einem kräftigen Schorf. Sie wurde mit 10%iger Lebertransalbe behandelt. Die Umgebung blieb stark gerötet und schmerzhaft. Am 10.12. zeigte sich am Wundrand eine subcutane Eiterung. Es wurde daher die Behandlung mit Lebertransalbe durch Ecinacin-flüssig ersetzt. Am 13.12. löste sich der Schorf vom größten Teil der Wunde ab, die Umgebung blieb aber stärker entzündet als bei dem entsprechenden Versuch mit R 17 (vergl. II/1/a/bb). Die Granulation war grob und höckerig. Am 29.12. war die Wunde noch nicht abgeheilt, die Epithelisation machte nur langsame Fortschritte.
3 Bilder folgen.
b.) Inbrandsetzung nach 30 Sekunden.
19.11.: Das Phosphor-Kautschuk-Gemisch wurde auf 2 qcm Hautfläche aufgetragen und dort 3 Sekunden belassen, sodann in Brand gesetzt und nach 60 Sekunden Brenndauer mit Kupfersulfatlösung abgewischt. Es bildete sich eine bräunlich-schwarze Schmiermasse, die trockene Wunde färbte sich grau-schwärzlich. Anschließend bildete sich eine dicke Kruste und eine bedeutende ödematöse Schwellung der Wundumgebung. Behandlung erfolgte mit Echinacin-Salbe. Die Schwellung ging langsamer zurück als bei der Behandlung mit R 17 (vergl. II/1/b/aa). Am 5.12. war die Wunde ohne Nekrose mit breiter Epithelisationszone. Am 29.12. war sie bis auf 1 qcm Epitheldefekt (vergl. II/1/b/aa) abgeheilt.
3 Bilder folgen.
c.) Auftragung auf ein die Haut bedeckendes Stoffstück.
25.11.: Die Haut wurde mit einem 6 x 3 cm großen Stoffstück bedeckt und sodann entzündet. Nachdem es in 57 Sekunden ausgebrannt war, blieben von dem Stoffstück nur kleine verkohlte Reste. Nach Abwischen mit Kupfersulfatlösung zeigte sich eine gelbliche, ziemlich starke Hautverdickung. Die Wunde ewurde mit 10%iger Lebertransalbe behandelt. Einige Tage später traten Bläschen auf, die dann am 5.12. eintrockneten. Am 9.12. begannen sich verdickte, fetzenartige Nekrosen abzulösen, es entstand eine dunkelrote Fläche mit grober, höckeriger Granulation. Die Epithelisation schritt nur langsam vorwärts. Am 29.12. war die Wunde noch nicht abgeheilt.
3 Bilder folgen.
3. Mit Wasser.
19.11.: Das Gemisch wurde auf 2 qcm Hautfläche aufgetragen und 30 Sekunden später entzündet. Nach 45 Sekunden wurde der Brand mit einem feuchten Lappen erstickt und die Brandstelle mit Wasser abgewaschen. Es zeigte sich eine Verbrennung von pergamentartigem, trockenem, grünlich-bräunlichem Aussehen. Die Wunde wurde mit Echinacin-Salbe behandelt. Am 3.12. war sie rein, trocken und ohne Nekrose. Am 5.12. begann die Epithelisation, die dann rasche Fortschritte machte, sodass die Wunde am 23.12. im Vergleich zur Behandlung mit 10%iger Lebertransalbe bedeutend kleiner war. Am 29.12. war sie noch nicht abgeheilt, aber nur halb so groß wie die, welche mit 10%iger Lebertransalbe behandelt worden war.
3 Bilder folgen."
2. Wie kam es zu den Buchenwald-Versuchen?
Wie die SS überhaupt auf die Madaus-Tierversuche zur Behandlung von Phosphorbomben-Brandwunden aufmerksam wurde, lag beim Verfassen des Skeptiker-Beitrags noch im Dunkeln. Udo von Woyrsch gab darüber beim Nürnberger Ärzteprozess eine Eidesstattliche Erklärung ab (Mikrofiche 270, S. 4/05477ff., Dokument Mrugowsky 115). Er war vom 20. 4. 1940 bis zum 12. 2. 1944 als höherer SS- und Polizeiführer im Wehrkreis V und Oberabschnittsführer in Dresden unter anderem für die Bekämpfung von Luftkriegsschäden zuständig.
„Ich war in Dresden mit dem Mitinhaber der Firma Dr. Madaus & Co., Dr. Hans Madaus bekannt. Er erzählte mir, dass in seinem Laboratorium Versuche über die Bekämpfung von Phosphorbrandbombenschäden an Kaninchen gemacht würden. Auf seine Veranlassung habe ich mir anlässlich einer Besichtigung der gesamten pharmazeutischen Anlage der Firma, insbesondere zahlreiche Treibhäuser angesehen und dabei auch die erwähnten Versuche besichtigt. Soweit ich mich erinnere, habe ich mir die Versuche später noch einmal anngesehen und dabei Dr. Kirchert als medizinischen Sachverständigen zugezogen, der bei mir als Arzt des höheren SS- und Polizeiführers tätig war.
Die Versuche schienen mir so erfolgreich zu sein, dass ich dem Reichsarzt-SS und Polizei Dr. Grawitz darüber berichtet habe, bezw. ihn auf diese nach meiner Auffassung besonders erfolgreichen Versuche zur Phosphorbrandbombenbekämpfung hingewiesen habe."
Daraufhin besuchte Dr. Ding im November 1943 die Firma Madaus und führte kurz darauf in Buchenwald die unter 1. dokumentierten Versuche durch.
3. Reaktion von Dr. Friedrich Koch auf den unter 1. wiedergegebenen Bericht
Beim Verfassen des Skeptiker-Artikels war noch unklar, ob Dr. Dings Bericht über die Buchenwald-Experimente, den er laut Stationstagebuch im Januar 1944 an die Firma Madaus schicken ließ, dort tatsächlich eintraf und - wenn ja - wie man dort auf die Menschenversuche reagierte. Die Eidesstattliche Erklärung, die Dr. Friedrich Koch (Leiter des Madaus'schen „Biologischen Instituts) im Rahmen des Ärzteprozesses abgab (Mikrofiche 269, Dokument Mrugowsky 103, S. 4/05376ff.) beantwortet diese Fragen:
„Während des Krieges habe ich als Leiter des Biologischen Instituts der Firma Dr. Madaus & Co. in Radebeul eine wissenschaftliche Arbeit mit dem Thema: ‘Beitrag zur Frage der schnellen Entfernung phosphorhaltiger Brandmassen von der Haut' verfasst, die am 19.8.44 der Zeitschrift für die gesamte experimentelle Medizin zur Veröffentlichung zugegangen ist. [...]
Eines Tages erschien bei mir im Institut ein Bote des Dr. Ding mit einem versiegelten Paket, welches er sofort wieder zurück nehmen musste, nachdem ich vorher von dem Inhalt Kenntnis genommen hatte. Ich habe das Paket geöffnet und diesem entnommen, dass unsere Versuche an Kaninchen überprüft worden waren und dass Phosphorbrandschäden beim Menschen mit diesem Mittel behandelt worden waren. Dies ergab sich jedenfalls aus den in diesem Paket befindlichen photographischen Aufnahmen sowie dem beigefügten Text. Ob die Phosphorbrandschäden beim Menschen auf künstlichem Weg durch Zwang herbeigeführt waren, konnte ich nicht wissen sondern nur vermuten. Die Annahme lag nahe, dass es sich um systematische Versuche handelte, weil ausweislich der Photographien die Phosporbrandwunden alle gleich groß waren und sich durchweg auf dem Unterarm befanden. Die Zahl der behandelten Personen kann ich mit Sicherheit nicht angeben, ich meine mich aber zu erinnern, dass es sich um 4 oder 5 Personen gehandelt haben kann.
Ich meine mich im übrigen an eine Mitteilung Dings zu entsinnen, derzufolge er das Ergebnis seiner Versuche zur Veröffentlichung zusammengestellt haben wollte. Meine Arbeit, die ich, wie bereits erwähnt, der Zeitschrift für die gesamte experimentelle Medizin im August 1944 übersandt habe, hatte nur einen wissenschaftlichen und ärztlich praktischen Hintergrund. Für die Firma Dr. Madaus & Co - oder um es anders auszudrücken, vom gesellschaftlichen Standpunkt war es uninteressant, da, wie erwähnt, der Tetrachlorkohlenstoff in jeder beliebigen Menge von jeder Apotheke oder einschlägigen Chemikalienhandlung gekauft werden konnte.
Von Verhandlungen oder Schriftwechsel zwischen Dr. Ding uns seinen vorgesetzten Dienststellen habe ich damals keinerlei Kenntnis erhalten. Der Name eines Herrn Poppendiek [sic] ist mir damals in diese Zusammenhang nicht bekannt geworden und ich habe m.W. mit ihm auch nie Schreiben gewechselt. Ich glaube diesen Namen erst nach Kriegsende erstmalig gehört zu haben. Ebensowenig ist mir m.W. damals in diesem Zusammenhang der Name Mrugowsky bekannt geworden. In meiner Arbeit, die ich unter dem Titel: ‘Beitrag zur Frage der schnellen Entfernung phosphorhaltiger Brandmassen von der Haut' in der Zeitschrift für die gesamte experimentelle Medizin veröffentlichen wollte, habe ich mit keinem Wort auf die Arbeit des Dr. Ding Bezug genommen."
Die einzige nachweisliche Reaktion seitens eines Madaus-Mitarbeiters auf die kriminellen Menschenversuche in Buchenwald bestand also im Einreichen einer Facharbeit bei einer medizinischen Zeitschrift, um sich die wissenschaftliche Priorität zu sichern.
1. Abmahnung und Unterlassungserklärung
Auf Wunsch eines Redakteurs habe ich für eine große deutsche Wochenzeitung einen Artikel über das Caladium-Sterilisationsprojekt und die Echinacea-Brandbomben-Versuche geschrieben. Die Redaktion fürchtete eine rechtliche Auseinandersetzung mit Madaus und forderte mich auf, der Firma das Manuskript mit Bitte um Stellungnahme zukommen zu lassen, was ich am 7. August tat. Am 9. August verlangte der Firmenjustiziar eine Unterlassungserklärung. Um ihm zu demonstrieren, dass die Tatsachenbehauptungen im Manuskript allesamt durch öffentlich zugängliche Quellen belegbar sind, habe ich ihm unter anderem auch den Skeptiker-Text mit seinen ausführlichen Quellenverweisen vorgelegt. Daraufhin wurde das Verlangen auf Unterlassung auch auf diesen Text ausgeweitet. Im Folgenden sind die Abmahnung und das Formular der Unterlassungserklärung dokumentiert:
„Dr. Kamphuis ./. Madaus (Abmahnung)
9. August 2001
Sehr geehrte Frau Dr. Kamphuis,
unter Bezugnahme auf die Unterredung mit dem Unterzeichner am heutigen Tag, erhalten Sie der Anlage beigefügt eine Unterlassungserklärung mit der Aufforderung, diese bis zum 09.08.01, 12.00 Uhr, uns von Ihnen unterzeichnet zukommen zu lassen (ein Eingang vorab per Fernkopie, unter einer fernmündlichen Bestätigung, ist zur Fristwahrung ausreichend). Anlass für diese Aufforderung bieten die von Ihnen verfassten Berichte ‘Sonnenhut in Buchenwald' und ‘Das Schweigrohr', welche Sie der Madaus AG zukommen ließen und die Sie in Zeitschriften zu publizieren beabsichtigen. Wie Ihnen der Unterzeichner heute erläuterte, zielen verschiedene Äußerungen in den vorgenannten Berichten deutlich darauf ab, die Firma Madaus bzw. Herrn Dr. Gerhard Madaus in der Weise zu verunglimpfen, diese bzw. Herr Dr. Gerhard Madaus hätten an Forschungsprojekten der Nationalsozialisten bewusst mitgewirkt. Sie werden verstehen, dass wir derartige Äußerungen, die jeglicher Grundlage entbehren und der Familie Madaus, wie auch dem Unternehmen einen schweren Schaden zufügen würden, nicht dulden können. Gleichzeitig möchten wir jedoch nicht versäumen, Ihnen unsere Unterstützung bei Ihrem Vorhaben einer objektiven Berichterstattung anzubieten. Insbesondere könnte ein Gespräch mit Herrn Dr. Udo Madaus ermöglichen Missverständnisse auszuräumen, die letztlich zu solchen, von uns beanstandeten Äußerungen führen.
Mit freundlichem Gruß
MADAUS AG
Rechtsabteilung
i.V. Hasso Thun"
„Unterlassungs - und Verpflichtungserklärung
1. Frau Dr. Andrea Kamphuis verpflichtet sich gegenüber der Madaus AG, Ostmerheimer Straße 198, 51109 Köln, gesetzlich vertreten durch den Vorstand, es zu unterlassen, in Wort und / oder Schrift sinngemäß gegenüber Dritten zu äußern,
- die Firma Madaus und / oder Dr. Gerhard Madaus, hätten im Zeitraum von 1933 bis 1945 zum Zwecke der Erforschung der Wirkweise der Präparate der Firma Madaus an Menschenversuchen, insbesondere an Häftlingen von Konzentrationslagern, mitgewirkt, derartige Versuche gefördert oder wissentlich geduldet,
und / oder
- Dr. Gerhard Madaus habe das nationalsozialistische Gedankengut befürwortet und / oder habe seine wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne des nationalsozialistischen Gedankenguts ausgerichtet.
2. Frau Dr. Andrea Kamphuis verpflichtet sich, die anliegend beigefügten Berichte ‘Das Schweigrohr' und ‘Sonnenhut in Buchenwald' nicht zu verbreiten und / oder zu veröffentlichen.
3. Frau Dr. Andrea Kamphuis verpflichtet sich, für jeden schuldhaften Fall einer Zuwiderhandlung gegen Äußerungen gem. Ziff. 1 und / oder gegen Ziff. 2 gegenüber der Madaus AG zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 10.100,00 DM.
Bergisch Gladbach, den .....................
.....................................................
Dr. Andrea Kamphuis"
Das in der Abmahnung erwähnte Gesprächsangebot von Dr. Udo Madaus kommt ziemlich spät - immerhin habe ich mich bereits im Mai mit konkreten Fragen zu den Caladium- und Echinacea-Forschungsprojekten an die Firma Madaus gewandt. In der Antwort eines langjährigen Madaus-Mitarbeiters hieß es damals: „Dabei muss ich darauf hinweisen, dass Sie aus Ihren Recherchen über Informationen und Unterlagen verfügen, die auch für befragte Senioren der Familie nicht bekannt sind. Außerdem gilt natürlich Ihre Befürchtung, dass Archivmaterial aus den früheren Jahren mit der seinerzeitigen Enteignung und Gesamtkonfiszierung des Unternehmens in Radebeul und Abtransport nach Russland dem Hause verloren gegangen ist. Ferner haben Flucht aus der damaligen SBZ und Zerstreuung von Familie sowie Mitarbeitern zusätzlich zum Verlust von restlichen Unterlagen und Erinnerungen beigetragen." Eine Woche vor der Abmahnung hatte ich nochmals an Madaus geschrieben, der Firma meine gesamten Quellen-Exzerpte angeboten, meine wissenschaftshistorische Motivation erläutert und vorgeschlagen, dass die Firma die damaligen Vorgänge einmal von einem unabhängigen Universitätsinstitut aufarbeiten lässt. Auf diesen Brief vom 1. August habe ich bis heute (21. August) keine Antwort erhalten.
Die Unterlassungserklärung habe ich nicht unterzeichnet. Sie geht an der Sache vorbei, da ich die unter 1. genannten Behauptungen größtenteils gar nicht aufgestellt habe; nur an einer Stelle im Skeptiker-Artikel geht es um eine mögliche Befürwortung des nationalsozialistischen Gedankenguts (siehe unten).
2. Der Arzt als Staatsmann: Das umstrittene Madaus-Zitat und sein Hintergrund
Die Aufforderung der Madaus AG, „es zu unterlassen, in Wort und 1 oder Schrift sinngemäß gegenüber Dritten zu äußern, [...] Dr. Gerhard Madaus habe das nationalsozialistische Gedankengut befürwortet", bezieht sich wohl auf eine Passage auf S. 55 des Skeptiker-Artikels, in der Dr. Gerhard Madaus zitiert wird. Er bekannte sich 1938 in seinem Lehrbuch - Henry E. Sigerist zitierend - zum Ideal des „Arztes als Staatsmann" oder „Asklepios politikos Platons", was ich wie folgt kommentierte: „[...] die man in diesem Kontext [...] durchaus als Anbiederung Madaus' an die neuen Herren oder gar als Begeisterung über die neuen Verhältnisse verstehen kann." Um zu demonstrieren, dass diese Meinungsäußerung nicht völlig aus der Luft gegriffen ist, folgt hier ein Auszug aus dem dritten Buch von Platons Werk „Der Staat" (Politeia), das in aller Deutlichkeit belegt, was mit dem Asklepios politikos gemeint ist: ein Eugeniker.
„Wollen wir nun nicht annehmen, dass auch Asklepios dies erkannt und daher diejenigen, die in bezug auf Natur und Lebensweise gesunden Leibes sind, nur aber eine Krankheit abgesondert in sich haben, - für diese und für eine solche Beschaffenheit die Heilkunst gelehrt, durch Arzneimittel und Schneiden die Krankheiten auszutreiben und ihnen ihre gewöhnliche Lebensweise zu verordnen, um ihnen nicht in bürgerlicher Hinsicht Nachteil zu bringen; dass er dagegen nicht versucht, Leiber, die innerlich durch und durch krank sind, durch diätetische Behandlung allmählich abzuschöpfen und wieder aufzugießen und so dem Menschen ein langes und schlechtes Leben zu bereiten und Kindern von ihnen zur Welt zu helfen, die natürlich von derselben Beschaffenheit sind; sondern solche, die nicht imstande wären, in der Welt, wie sie ist, zu leben, nicht heilen zu dürfen glaubt, da es weder ihnen noch einem Staate fromme?
Als einen rechten Staatsmann beschreibst du da den Asklepios, bemerkte er.[...]
Dass aber ein von Natur Kränklicher und Zügelloser am Leben bleibe, das, glaubten sie, fromme weder diesen selbst noch den übrigen, und für diese dürfe ihre Kunst nicht sein und sie nicht heilen, auch wenn sie reicher wären als Midas. Als sehr feine Köpfe beschreibst du da die Söhne des Asklepios, bemerkte er.[...]
Also auch die Heilkunst, wie wir sie beschrieben haben, wirst du mit einer derartigen Richterkunst im Staate einführen, die dir die wohlgearteten Bürger an Leib und Seele heilen werden, die entgegengesetzten aber, wenn sie in bezug auf den Leib so sind, sterben lassen, und die in bezug auf die Seele schlechtgearteten und unheilbaren selbst töten werden?
Wenigstens wäre das, meinte er, offenbar das Beste, sowohl für die selbst, die es erleiden, als für den Staat."
(Zitiert aus: Platon, Sämtliche Werke. Lambert Schneider, Berlin 1940. In: Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie, S. 1375)