(griech. anthropos, Mensch; sophia, Weisheit); von Rudolf Steiner (1861-1925) begründete Weltanschauung, die Elemente des Okkultismus mit verschiedenen Traditionen verbindet.
Steiner bezeichnete seine Lehre, die Anthroposophie, auch als „Geisteswissenschaft“, was jedoch nicht im modernen akademischen Sinn verstanden werden darf. Unter diesem Begriff wird vielmehr ein Erkenntnisweg verstanden, dessen elementare Vorstellungen sich der objektiven Bewertung entziehen. Dazu gehört etwa der Glaube an übersinnliche Kräfte, kosmische Rhythmen und geistige „Wirkprinizipien“. Kritiker haben in den letzten Jahren auf irrationale, rassistische und antisemitische Tendenzen in Steiners Werken hingewiesen.
Eine Reihe von Institutionen und Unternehmen ist durch anthroposophisches Gedankengut geprägt:
- Das pädagogische Konzept der Waldorfschulen (auch: Rudolf-Steiner-Schulen) beruht auf anthroposophischen Grundsätzen, in der Vergangenheit standen sie wegen rassistischer und ideologischer Lehrinhalte in der Kritik, weitere Kritikpunkte sind die absolute Autorität des Klassenlehrers und Weltfremdheit. In Deutschland haben Waldorfschulen den Status von staatlich anerkannten Ersatzschulen in freier Trägerschaft.
- Der so genannte biologisch-dynamische Landbau verwendet spezielle Präparate und orientiert sich an „kosmischen Rhythmen“. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen liegt außerhalb des messbaren Bereichs. Viele Produkte des biologisch-dynamischen Landbaus sind unter dem Markenzeichen „Demeter“ im Handel.
- Die anthroposophische Medizin unterteilt den Menschen in vier „Wesensglieder“: physischen Leib, Ätherleib, Astralleib und Ich-Organisation. Durch deren Zusammenwirken entstehen drei Funktionssysteme, das Nerven-Sinnes-System (Träger des Denkens), das rhythmische System (Träger des Fühlens) und das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System (Träger des Wollens). Krankheiten erklärt die anthroposophische Medizin durch ein Ungleichgewicht dieser Systeme.
Der Gesetzgeber stuft die anthroposophische Medizin als „besondere Therapierichtung“ ein, deren Arzneimittel gegenüber konventionellen Medikamenten ein vereinfachtes Zulassungsverfahren durchlaufen. Die bekanntesten Hersteller von anthroposophischen Arzneimitteln sind die Weleda AG, die auch Drogerieartikel vertreibt, und die WALA Heilmittel GmbH. Lediglich die Mistelpräparate haben weitere Verbreitung gefunden. Anthroposophische Ärzte geraten immer wieder durch ihre Vorbehalte gegen Schutzimpfungen in die Kritik.
Inge Hüsgen, Dr. Barbara Burkhard
Links:
- Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft Stuttgart
- Handbuch zum Vortragswerk Rudolf Steiners zum Downolad
- Anthroposophie und Rassismus: Materialsammlung der Aktion Kinder des Holocaust
Literatur:
- Bierl, P. (2005) Wurzelrassen, Erzengel und Volksgeister. Die Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik. Konkret Literatur Verlag, Hamburg.
- Burkhard, B. (2000) Anthroposophische Arzneimittel. Eine kritische Betrachtung. Govi Verlag, Eschborn.
- Jacob, S..-C.; Drewes, D. (2001) Aus der Waldorf- Schule geplaudert. Warum die Steiner- Pädagogik keine Alternative ist. Alibri, Aschaffenburg.
- Zander, H. (2007) Anthroposophie in Deutschland. Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884-1945. Vandenhoeck & Rupprecht, Göttingen.
Stand: 15.03.2009