Gibt es einen Resonanzeffekt zwischen eigenen paranormalen Erlebnissen und dem entsprechenden Fernsehangebot?
Seit Jahren untersucht der amerikanische Kommunikationswissenschaftler Glenn G. Sparks mögliche Zusammenhänge zwischen dem TV-Konsum - insbesondere dem Verfolgen von Mystery-Serien und anderen „paranormalen" Sendungen - und der Einstellung der Zuschauer zum Paranormalen. Zweimal hat er dazu im Skeptical Inquirer geschrieben (Sparks et al. 1994, Sparks 1998); die Ergebnisse seiner jüngsten Umfrage hat er im Internet veröffentlicht (Sparks u. Miller 2000).
Ausgangspunkt der Untersuchungen ist die so genannte Resonanz-Hypothese der Kultivierungstheorie. Die Kultivierungstheorie besagt, dass dem Zuschauer im Fernsehen zwar gewiss kein Eins-zu-eins-Abbild der Realität geboten wird, aber doch ein Modell der Welt, das eine eigene Realität gewinnt und vom Zuschauer nach und nach als adäquates Welt-Bild akzeptiert wird. In der radikalsten Fassung dieser Theorie spielen der Wahrheitsgehalt und die Wirklichkeitsnähe einer wiederholt im Fernsehen präsentierten Behauptung überhaupt keine Rolle mehr: Je häufiger etwas wiederholt werde, desto stärker werde es als wahr akzeptiert.
Der Resonanz-Hypothese zufolge sollte der Zusammenhang zwischen dem Konsum von Fernsehsendungen zu bestimmten (hier: paranormalen) Themen und entsprechenden Überzeugungen (hier: dem Glauben an Paranormales) bei solchen Menschen stärker ausgeprägt sein, die angeben, selbst bereits entsprechende (hier: als paranormal interpretierbare) Erlebnisse gehabt zu haben. Dahinter steht die Idee, dass sich bei einem Zuschauer, der dieselbe Botschaft aus zwei Quellen erhält - einmal aus seiner persönlichen Erfahrung, einmal aus den Medien -, ein Resonanz-Effekt einstellt: Die Botschaft wird verstärkt. Um diese Hypothese zu prüfen, hat Sparks' Team 1994 Telefon-Interviews mit 120 Einwohnern einer mittelgroßen Stadt im mittleren Westen der USA durchgeführt. Zwar stellte man tatsächlich fest, dass die Korrelation zwischen TV-Konsum und paranormalen Überzeugungen mit der persönlichen paranormalen Erfahrungen zusammenhing; überraschenderweise war die Korrelation aber nur bei derjenigen Teilmenge der Befragten vorhanden, die angegeben hatten, selbst nie etwas Paranormales erlebt zu haben.
1997 führte das Team in derselben Stadt eine weitere, ähnlich aufgebaute Befragung mit 200 Einwohnern durch. Im Rahmen der etwa viertelstündigen Telefonate wurde - neben demographischen Daten und dem Ausmaß des TV-Konsums - die Einstellung zu paranormalen Überzeugungen erfasst: Den Teilnehmern wurden 20 Aussagen vorgelesen, zu denen sie zustimmend, ablehnend oder unentschieden Stellung nehmen sollten (Bsp.: „Das Horoskop in der Tageszeitung sagt nichts Wichtiges über das Leben einer Person aus", „Ich glaube, dass manche Leute eine besondere Gabe haben, andere zu heilen", „Ich glaube nicht, dass man aus Handlinien etwas über das Schicksal eines Menschen erfahren kann"). Außerdem wurde die Vertrautheit mit Sendungen paranormalen Inhalts erfragt, z. B. „Akte X", „Unsolved Mysteries" und „Profiler".
In dieser Stichprobe sind paranormale Überzeugungen weit verbreitet; so gaben knapp 50% der Befragten an, an Geister zu glauben, was gut mit einer Gallup-Umfrage von 1991 übereinstimmt. Die Zeit, die die Befragten im Mittel vor dem Fernseher verbringen, korreliert signifikant mit ihren paranormalen Überzeugungen; die Korrelation zwischen den Konsum paranormaler Formate und dem Glauben an das Paranormale ist - erwartungsgemäß - noch stärker ausgeprägt. Die demographischen Variablen Alter, Einkommen und Religiosität korrelierten nicht mit paranormalen Überzeugungen. Hingegen bestätigten sich Ergebnisse früherer Untersuchungen, denen zufolge der Anteil Para-Gläubiger unter den Frauen höher ist als unter den Männern. Und: Je geringer der Bildungsgrad, desto stärker waren paranormale Überzeugungen ausgeprägt. Im Gegensatz zur vorigen Studie zeigte sich nun, dass TV-Konsum und Para-Gläubigkeit nur bei jener Gruppe von Teilnehmern korrelierten, die angaben, selbst schon einmal Paranormales erlebt zu haben. Diesmal wurde die Resonanz-Hypothese also bestätigt.
Mutmaßungen über die Ursachen dieses Widerspruchs stellt Sparks nicht an; vielmehr meint er, dass zu seiner Aufklärung weitere Daten erhoben werden müssen. Auch betont er, dass die nachgewiesenen Korrelationen keine Schlüsse über Kausalzusammenhänge zulassen: Womöglich bewirkt eine unbekannte dritte Größe sowohl den starken TV-Konsum als auch die paranormalen Überzeugungen bestimmter Menschen. Darüber hinaus bemängelt Sparks, dass die paranormalen Medienangebote, die in den bisherigen Studien abgefragt wurden, nicht weiter nach ihrer subjektiv wahrgenommenen Wirklichkeitsnähe aufgeschlüsselt worden seien: Es sei doch zu vermuten, dass der Medien-Einfluss auf die Überzeugungen der Zuschauer auch von ihrer Einschätzung des Realismus der Sendungen abhänge.
Literatur
- Sparks, G. G. (1998): Paranormal depictions in the media: How do they affect what people believe. Skeptical Inquirer 22(4), 35-39
- Sparks, G. G., Hansen, T. und Shah, R. (1994): Do televised depictions of paranormal events influence viewers' paranormal beliefs? Skeptical Inquirer 18, 386-395
- Sparks, G. G., Miller, W. (2000): Investigating the relationship between exposure to television programs that depict paranormal phenomena and beliefs in the paranormal. Broadcast Education Association.
Dieser Artikel erschien im "Skeptiker", Ausgabe 1/2001.