Ein Gespräch mit GWUP-Geschäftsführer Amardeo Sarma über Skeptizismus zwischen Aufklärung und Aufwertung
Warum verwendet die GWUP so viel Zeit und Engagement darauf, über die Zaubertricks von Mentalisten aufzuklären? Ist nicht gerade die massive Kritik an „The Next Uri Geller" unfreiwillige Werbung dafür?
Uri Geller noch bekannter zu machen, als er es ohnehin schon ist, ist kaum möglich. Natürlich stürzt sich die GWUP nicht reflexartig auf jede noch so abseitige Behauptung. Aber wenn ein angeblich übersinnliches Phänomen in aller Munde ist, sollten auch die Skeptiker dazu nicht schweigen. Denn viele Zuschauer von „The Next Uri Geller" suchen durchaus nach kritischen Informationen. Da wäre es doch schade, wenn sie keine finden würden.
Als die GWUP gegründet wurde, war Uri Geller schon ein Star.
Eben. Ich habe mich vor 20, 30 Jahren selbst darüber geärgert, dass es keinerlei Pendant zu den Thesen von Bestseller-Autoren wie Däniken, Berlitz und Buttlar oder zu der Performance von Medienlieblingen wie Uri Geller gab. Deshalb ist 1987 die GWUP entstanden. Heute kann zumindest niemand mehr sagen, dass es keine kritischen Informationen zu Präastronautik, Bermuda-Dreieck, Ufos oder Telekinese gibt. Man mag unsere Argumente nicht teilen – aber sie sind öffentlich für jedermann verfügbar. Und zur Kritik an Parawissenschaften gehört auch, dass vorgetäuschte „Psi-Effekte" erklärt werden.
Viele Wissenschaftler beziehen keine Stellung zu Parapsychologie, Astrologie, Radiästhesie et cetera, weil sie solche Themen nicht aufwerten wollen. Wo sehen Sie die größere Gefahr: im Aufwerten oder im Totschweigen?
Parawissenschaften dürfen ganz eindeutig keinen Schweigeschutz genießen. Aus meiner Sicht haben Wissenschaftler die Verpflichtung, ihre Erkenntnisse auch der breiten Bevölkerung zu vermitteln. Für den Rückzug in den akademischen Elfenbeinturm habe ich überhaupt kein Verständnis – gerade wenn es um „Übersinnliches", Unsinniges, Abergläubisches geht. Dass die wahren Experten, wie Physiker, Psychologen, Biologen, Historiker und viele andere, sich hier wider besseres Wissen nicht engagieren, ist mit ein Grund dafür, weshalb Mystifizierer wie Uri Geller die öffentliche Diskussion beherrschen. Mein Appell an die Scientific Community ist: „Nehmen Sie sich ein Beispiel etwa an Carl Sagan und Richard Feynman!"
Gibt es eine taugliche, Erfolg versprechende skeptische Strategie für den Umgang mit Medien-Phänomenen à la Geller?
Die ist recht simpel: Informationen geben und zum kritischen Denken anregen. Konkret in diesem Fall: Was sind die alternativen Erklärungen zu dem, was Geller macht? Wie kann man solche „Wunder" auch anders herbeiführen als mit paranormalen Kräften, wie funktionieren entsprechende Zaubertricks? Und damit verbunden die Aufforderung an alle, die zum Zuhören bereit sind, die Plausibilität der „skeptischen" und der „magischen" Deutung des Gezeigten miteinander zu vergleichen.
Nicht nur „Psi-Stars", Para- und Pseudowissenschaftler, auch manche Politiker, Kirchenvertreter, Schauspieler und andere prominente Personen des öffentlichen Lebens geben mitunter Fragwürdiges von sich. Warum engagiert sich die GWUP dagegen nicht in gleichem Maße?
Wir beziehen da Stellung, wo wir die erforderliche Sachkompetenz besitzen und breiter aufgestellt sind als andere Organisationen. Außerdem hat sich die GWUP einen inhaltlichen Schwerpunkt gesetzt, den man ganz allgemein mit dem Stichwort „außergewöhnliche Behauptungen" umschreiben könnte. Nehmen wir als vielleicht bestes Beispiel für unsere Aufklärungsarbeit die Medizin: Hier verfügen wir über Wissen und Experten. Und die eigentlich dafür zuständigen Fachverbände nehmen ihre Verantwortung nicht oder nur unzureichend wahr.
Vor vier Jahren war Uri Geller bei „Stern TV" zu Gast und begeisterte ein Millionenpublikum. Eine Woche später sollte in derselben Sendung über seine angeblich übersinnlichen Fähigkeiten aufgeklärt werden. Sie waren auch dazu eingeladen.
Ja, bei der Sendung mit Uri Geller selbst waren weder sachkundige Kritiker zugegen noch hatte die Produktionsfirma Vorkehrungen getroffen, um Gellers sattsam bekannte Tricksereien zu verhindern. Vielmehr war es ihm wieder einmal gelungen, dem Sender seine Bedingungen zu diktieren, und RTL hatte alles akzeptiert, um den Auftritt dieses Weltstars nicht zu gefährden.
Ärgerlich, wenn man bedenkt, dass verschiedenen Umfragen zufolge Günther Jauch für viele Menschen der „klügste Deutsche" ist.
In der Tat, denn auch im sich kritisch gebenden Nachklapp in der darauf folgenden Sendung fielen alle Demonstrationen aus, die Gellers Fähigkeiten in einem anderen Licht hätten erscheinen lassen können. Den Skeptikern blieb wieder einmal nur, rein theoretisch und verbal zu argumentieren – was bei den Zuschauern natürlich bei weitem nicht denselben Eindruck hinterlässt wie ein Geller-Auftritt.
Ende 2004 kam dann die „Uri Geller Show", wieder bei RTL und wieder mit Günther Jauch als Moderator. Und erneut gab es kurz darauf eine vorgebliche Aufklärungssendung bei „Stern TV".
Genau, mit „Experten" wie der Ehefrau von Norbert Blüm, die Geller-Fan ist und die meine Äußerungen recht missbilligend verfolgte. Diesmal konnte ich wenigstens vorführen, dass einige kaputte Uhren tatsächlich wieder zu laufen anfangen, wenn man sie in die Hand nimmt. Dennoch hatte ich auch da den Eindruck, dass die Aufklärung vom Sender nicht wirklich gewünscht war. Aber immerhin steht die GWUP heute bei Google ganz weit vorne, wenn man „Uri Geller" eingibt.
Interview: Bernd Harder
Das Interview erschien im "Skeptiker" 1/2008.
Warum verwendet die GWUP so viel Zeit und Engagement darauf, über die Zaubertricks von Mentalisten aufzuklären? Ist nicht gerade die massive Kritik an „The Next Uri Geller“ unfreiwillige Werbung dafür?
Uri Geller noch bekannter zu machen, als er es ohnehin schon ist, ist kaum möglich. Natürlich stürzt sich die GWUP nicht reflexartig auf jede noch so abseitige Behauptung. Aber wenn ein angeblich übersinnliches Phänomen in aller Munde ist, sollten auch die Skeptiker dazu nicht schweigen. Denn viele Zuschauer von „The Next Uri Geller“ suchen durchaus nach kritischen Informationen. Da wäre es doch schade, wenn sie keine finden würden.
Als die GWUP gegründet wurde, war Uri Geller schon ein Star.
Eben. Ich habe mich vor 20, 30 Jahren selbst darüber geärgert, dass es keinerlei Pendant zu den Thesen von Bestseller-Autoren wie Däniken, Berlitz und Buttlar oder zu der Performance von Medienlieblingen wie Uri Geller gab. Deshalb ist 1987 die GWUP entstanden. Heute kann zumindest niemand mehr sagen, dass es keine kritischen Informationen zu Präastronautik, Bermuda-Dreieck, Ufos oder Telekinese gibt. Man mag unsere Argumente nicht teilen – aber sie sind öffentlich für jedermann verfügbar. Und zur Kritik an Parawissenschaften gehört auch, dass vorgetäuschte „Psi-Effekte“ erklärt werden.
Viele Wissenschaftler beziehen keine Stellung zu Parapsychologie, Astrologie, Radiästhesie et cetera, weil sie solche Themen nicht aufwerten wollen. Wo sehen Sie die größere Gefahr: im Aufwerten oder im Totschweigen?
Parawissenschaften dürfen ganz eindeutig keinen Schweigeschutz genießen. Aus meiner Sicht haben Wissenschaftler die Verpflichtung, ihre Erkenntnisse auch der breiten Bevölkerung zu vermitteln. Für den Rückzug in den akademischen Elfenbeinturm habe ich überhaupt kein Verständnis – gerade wenn es um „Übersinnliches“, Unsinniges, Abergläubisches geht. Dass die wahren Experten, wie Physiker, Psychologen, Biologen, Historiker und viele andere, sich hier wider besseres Wissen nicht engagieren, ist mit ein Grund dafür, weshalb Mystifizierer wie Uri Geller die öffentliche Diskussion beherrschen. Mein Appell an die Scientific Community ist: „Nehmen Sie sich ein Beispiel etwa an Carl Sagan und Richard Feynman!“
Gibt es eine taugliche, Erfolg versprechende skeptische Strategie für den Umgang mit Medien-Phänomenen à la Geller?
Die ist recht simpel: Informationen geben und zum kritischen Denken anregen. Konkret in diesem Fall: Was sind die alternativen Erklärungen zu dem, was Geller macht? Wie kann man solche „Wunder“ auch anders herbeiführen als mit paranormalen Kräften, wie funktionieren entsprechende Zaubertricks? Und damit verbunden die Aufforderung an alle, die zum Zuhören bereit sind, die Plausibilität der „skeptischen“ und der „magischen“ Deutung des Gezeigten miteinander zu vergleichen.
Nicht nur „Psi-Stars“, Para- und Pseudowissenschaftler, auch manche Politiker, Kirchenvertreter, Schauspieler und andere prominente Personen des öffentlichen Lebens geben mitunter Fragwürdiges von sich. Warum engagiert sich die GWUP dagegen nicht in gleichem Maße?
Wir beziehen da Stellung, wo wir die erforderliche Sachkompetenz besitzen und breiter aufgestellt sind als andere Organisationen. Außerdem hat sich die GWUP einen inhaltlichen Schwerpunkt gesetzt, den man ganz allgemein mit dem Stichwort „außergewöhnliche Behauptungen“ umschreiben könnte. Nehmen wir als vielleicht bestes Beispiel für unsere Aufklärungsarbeit die Medizin: Hier verfügen wir über Wissen und Experten. Und die eigentlich dafür zuständigen Fachverbände nehmen ihre Verantwortung nicht oder nur unzureichend wahr.
Vor vier Jahren war Uri Geller bei „Stern TV“ zu Gast und begeisterte ein Millionenpublikum. Eine Woche später sollte in derselben Sendung über seine angeblich übersinnlichen Fähigkeiten aufgeklärt werden. Sie waren auch dazu eingeladen.
Ja, bei der Sendung mit Uri Geller selbst waren weder sachkundige Kritiker zugegen noch hatte die Produktionsfirma Vorkehrungen getroffen, um Gellers sattsam bekannte Tricksereien zu verhindern. Vielmehr war es ihm wieder einmal gelungen, dem Sender seine Bedingungen zu diktieren, und RTL hatte alles akzeptiert, um den Auftritt dieses Weltstars nicht zu gefährden.
Ärgerlich, wenn man bedenkt, dass verschiedenen Umfragen zufolge Günther Jauch für viele Menschen der „klügste Deutsche“ ist.
In der Tat, denn auch im sich kritisch gebenden Nachklapp in der darauf folgenden Sendung fielen alle Demonstrationen aus, die Gellers Fähigkeiten in einem anderen Licht hätten erscheinen lassen können. Den Skeptikern blieb wieder einmal nur, rein theoretisch und verbal zu argumentieren – was bei den Zuschauern natürlich bei weitem nicht denselben Eindruck hinterlässt wie ein Geller-Auftritt.
Ende 2004 kam dann die „Uri Geller Show“, wieder bei RTL und wieder mit Günther Jauch als Moderator. Und erneut gab es kurz darauf eine vorgebliche Aufklärungssendung bei „Stern TV“.
Genau, mit „Experten“ wie der Ehefrau von Norbert Blüm, die Geller-Fan ist und die meine Äußerungen recht missbilligend verfolgte. Diesmal konnte ich wenigstens vorführen, dass einige kaputte Uhren tatsächlich wieder zu laufen anfangen, wenn man sie in die Hand nimmt. Dennoch hatte ich auch da den Eindruck, dass die Aufklärung vom Sender nicht wirklich gewünscht war. Aber immerhin steht die GWUP heute bei Google ganz weit vorne, wenn man „Uri Geller“ eingibt. Interview: Bernd Harder