Moderne Mythen
Kennen Sie die Geschichte vom Kaufhaus, in dem kleine Kinder verschwinden? Haben Sie auch schon gehört, dass die GEZ demnächst Rundfunkgebühren zurückerstattet? Höchst wahrscheinlich. Denn moderne Wander-Sagen und Großstadt-Legenden haben wieder Hochkonjunktur. Nicht nur im Kino. Auch übers Internet.
Bernd Harder
Böses Erwachen: Nach einer durchtanzten Disko-Nacht kommt die attraktive Trysha in einer mit Eiswürfeln gefüllten Badewanne zu sich. Entsetzt stellt sie eine frische, schlecht vernähte Wunde an ihrem Rücken fest. Anscheinend ist die junge Frau mit einem starken Schlafmittel betäubt und dann ihrer rechten Niere beraubt worden.
So beginnt der Film „Düstere Legenden 2", der nach der Kino-Auswertung nun in die Videotheken kommt. In dem Teen-Horrorstreifen geht es um eine Regisseurin, die einen Psychothriller nach Motiven von so genannten urbanen Legenden drehen will. Das sind Sagen aus der modernen Welt - Geschichten oder Gerüchte, die man sich auf Dinnerpartys, am Arbeitsplatz und in der Kneipe erzählt oder wenn man bei Freunden übernachtet. Immer wieder taucht darin auf die Hundebesitzerin, die ihren Pudel nach einem Regen-Spaziergang in der Mikrowelle trocknet ... der Mann, der auf dem Boden der Schachtel mit fritiertem Hühnchen, das er gerade im dunklen Kino verspeist hat, ein Rattenskelett findet ... Und eben das junge Mädchen, das in einer Bar oder Diskothek - siehe oben.
Eine junge Frau wird in der Tiefgarage eines Kaufhauses von einer älteren Dame gebeten, sie mitzunehmen, da sie ihren Bus verpasst habe. Als die ältere Dame ins Auto steigt, bemerkt die junge Frau, dass sie an den Händen und Armen sehr behaart ist, und wird misstrauisch. Sie beschließt, die Dame zu bitten, noch einmal auszusteigen, um ihr beim Herausfahren aus der Parklücke behilflich zu sein. Als dies geschehen ist, hält die junge Frau jedoch nicht an, sondern fährt einfach davon. Zu Hause angekommen, entdeckt sie im Auto eine Plastiktasche, die der älteren Dame gehören muss. Als die junge Frau hineinschaut, findet sie ein Beil. Daraufhin beschließt sie, zur Polizei zu gehen, um diesen Vorfall zu melden, und erfährt, dass gerade ein Frauenmörder gesucht wird, der seine Opfer mit einem Beil tötet. - Diese bekannte urbane Legende ist auch in dem Film „Düstere Legenden" zu sehen.
Doch außer der unfreiwilligen Organspende setzt „Düstere Legenden 2" nur noch eine weitere „FOAF"-Story („Friend of a Friend" - „Ich habs vom Freund eines Freundes gehört") in Szene: Eine alleinstehende Frau hält sich einen Schäferhund. Der schläft auf dem Teppich neben ihrem Bett, und immer wenn die Frau nachts Geräusche hört, streckt sie den Arm aus und lässt sich von ihrem Hund die Hand lecken. Eines Nachts wird sie wieder einmal wach; aber sie spürt die Hundezunge und nimmt an, dass alles in Ordnung ist. Am nächsten Morgen findet sie den Schäferhund tot. Auf dem Schlafzimmerspiegel steht mit Lippenstift geschrieben: „Auch Diebe können lecken."
Die Geschichte bleibt im Kern immer dieselbe. Nur Handlungsort und Personen wechseln
Dass den Machern von „Düstere Legenden 2" nicht mehr einfällt, als diese beiden bekannten Uralt-Mythen aufzuwärmen, ist bezeichnend: „Der Kern einer Geschichte bleibt immer derselbe", analysiert der Göttinger Volkskundler Rolf Wilhelm Brednich. In Deutschland gilt als eine der neuesten Varianten der modernen Sagen die hartnäckig kolportierte Geschichte von den verschwundenen Kindern bei Ikea: Eine Mutter streift mit ihrem fünfjährigen Sohn durch die Kinderabteilung des schwedischen Möbelhauses in Hamburg. Als sie den Jungen kurz aus den Augen lässt, ist er plötzlich verschwunden. Die Geschäftsleitung sperrt alle Ausgänge, Mitarbeiter durchkämmen die Verkaufsräume und Toiletten. Schließlich finden sie das Kind. Es kauert verstört und mit teilweise abrasierten Haaren auf einem Klodeckel, hat einen anderen Anorak an und ist offenbar unter Drogen gesetzt worden.
„Je gruseliger eine solche Geschichte ist, um so schneller verbreitet sie sich", hat der Forscher und Buchautor Rolf Wilhelm Brednich festgestellt. „Der Erzähler empfindet eine Art Angst-Lust, Schauer zu verbreiten. Er gewinnt mit einer aufregenden Geschichte Ansehen, kann sich aber auch davon distanzieren, da ja nicht er selbst, sondern der gute Freund die Geschichte erlebt hat."
Doch weil besorgte Eltern immer wieder bei Ikea nachfragen, hat die Firma mittlerweile Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verleumdung gestellt. Auch die Pressestelle der Hamburger Polizei erklärt, dass die Horror-Story nie stattgefunden hat: „Es gibt nämlich kein Opfer und keinen Täter." Ähnlich äußert sich das Polizeipräsidium München, das sich derzeit mit einer ebenso makaberen urbanen Legende konfrontiert sieht: Laut diversen Internet-Warnungen soll ein Verrückter durch die Diskotheken ziehen und wahllos Szene-Gänger mit einer „Aids-Spritze" infizieren.
Den amerikanischen Folklore-Experten Jan Harold Brunvand von der Universität Utah dagegen gibt es wirklich. Und der kann die Legende vom entführten, betäubten, neu eingekleideten und mit rasiertem Kopf wieder aufgefundenen Kind bis ins Jahr 1983 zurückverfolgen. Die Schauplätze sind mal Disneyland, mal die Spielzeug-Kette „Toys R Us" und ganz aktuell „Sam's Club", ein Tochterunternehmen des Wal-Mart-Konzerns.
Es sei „kriminell, wie hier mit den Grundängsten von Eltern gespielt wird", beklagt Ikea-Pressesprecher Christian Maaß. Und nicht nur er. Einer ganzen Reihe von Firmen und Prominenten bläst gegenwärtig heiße Luft ins Gesicht - in Form von üblen Unterstellungen und unwahren Behauptungen. Denn die überwiegend mündlich weitergegebenen urbanen Legenden bekommen Konkurrenz aus der virtuellen Realität: durch so genannte „Rumors", zu deutsch Internet-Gerüchte.
Das Internet hat sich zum idealen Medium entwickelt, um üble Gerüchte zu verbreiten
Es sieht aus wie Hühnerfleisch. Es schmeckt wie Hühnerfleisch. Aber das, was die Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken (KFC) ihren Kunden tatsächlich auftischt, sei gar kein Hühnerfleisch - sondern ein gen-manipuliertes, billiges Kunstprodukt. Das jedenfalls behaupten die anonymen Urheber des jüngsten Online-Gerüchts, das in den elektronischen Briefkästen zahlloser Internet-Benutzer weltweit aufläuft. Die Folge: Ernährungswissenschaftler wie Professor Colette Janson-Sand von der New Hampshire-Universität können sich vor „hysterischen" Anrufen verunsicherter Verbraucher kaum retten. Und auch KFC-Sprecher Michael Tierney kommt mit dem Dementieren nicht nach.
Das weltweite Datennetz Internet kombiniert die Wiedergabetreue des Schreibens und die Langlebigkeit der mündlichen Überlieferung mit der Geschwindigkeit des Telefons. Gerüchte, Klatsch und Wandersagen können auf der Festplatte eines Computers in Melbourne gespeichert und zu jeder Tages- und Nachtzeit ohne Fehler über Telefonleitungen oder Satellitenverbindungen auf einen Computer in Frankfurt, London, Florenz, Chicago oder Tokio kopiert werden. Außerdem ermöglicht das Internet „in sehr viel größerem Maße die Verbreitung von eigenen Beiträgen, als dies die klassischen Massenmedien wie Fernsehen, Zeitungen oder Hörfunk tun", erläutert der Kommunikationswissenschaftler Axel Becker von der Uni Mannheim: „Jeder Internetnutzer ist nicht nur Empfänger, sondern kann auch zum Sender werden. Was zählt, ist technisches Wissen und nicht publizistische Erfahrung oder Qualität."
Ist der US-Modedesigner Tommy Hilfiger ein Rassist? Hat Barbara Streisand in einem Porno mitgespielt? Unterhält der Weltkonzern Procter & Gamble enge Verbindungen zu Satanisten? Für Millionen von Cyber-Freaks steht das außer Frage. Für sie ist das Daten-Netz am Anfang des 21. Jahrhunderts das, was im 19. Jahrhundert Hinterzimmer und Flugblatt waren: Versammlungsort und Publikationsmittel zugleich. Hier forschen sie nach jener „Ausdeutung" von Geschehnissen und Prominenten-Biografien, die ihnen die offiziellen Versionen angeblich verweigern. Beispiel Procter & Gamble: Der Präsident des Konzerns habe in einer amerikanischen Talkshow erklärt, ein Großteil des Gewinns seiner Firma fließe der Satanskirche zu, informiert eine weitverbreitete E-Mail aus den USA. Aus diesem Grund rufen christliche Organisationen immer wieder zu einem Boykott von Procter & Gamble-Produkten auf - unbeeindruckt von der Tatsache, dass der Procter & Gamble-Chef nie in besagter TV-Sendung aufgetreten ist. Sogar die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) in Berlin sah sich zu einer Stellungnahme veranlasst: „Leichtgläubige können einer böswilligen Unterstellung aufsitzen und durch Weitergabe dieser erwiesenermaßen falschen Behauptungen zu aktiven Unterstützern einer Verleumdungskampagne werden."
„Gegen anonyme Informationen im Internet gibt es keine rechtliche Handhabe", klagt Filmstar Harrison Ford mit vielen seiner Kollegen. Jedes noch so üble Cyber-Gerücht wird blitzschnell weltweit verbreitet. Und niemand kennt Urheber, Quellen oder Fakten. Als Gegenmaßnahme bieten in Amerika so genannte Monitoring-Services ihre Dienste an, die wenigstens einschlägige Newsgroups und Chatrooms überwachen - also quasi die Korridore der virtuellen Welt, wo etwa darüber spekuliert wird, ob Sängerin Whitney Houston Drogen nimmt oder Hillary Clinton heimlich die „Black Panthers"-Bewegung unterstützt. Und das auch noch ganz ernsthaft - im Unterschied zu jenen Witzbolden, die diverse Juxgeschichten (englisch: Hoaxes) in die Online-Welt setzen. In diese Kategorie gehören die meisten Viren-Warnungen. Aber auch E-Mail-Botschaften, dass Jesus geklont werden soll oder die GEZ Rundfunkgebühren zurück erstattet.
Viren-Warnungen sind mit Vorsicht zu genießen. Sie nutzen oft lediglich unsere Ängste aus
ARD und ZDF haben im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinn von über einer Milliarde Mark erzielt, der über die GEZ anteilig den Gebührenzahlern zurück erstattet wird. Microsoft und AOL wollen fusionieren und zahlen jedem Internet-Nutzer, der diese Nachricht weiter verbreitet, pro E-Mail eine kleine Gebühr. Die Firma Siemens verschenkt hochwertige Mobiltelefone. Was haben diese drei Meldungen gemeinsam? Sie kursieren im Web. Und sie sind frei erfunden. Von wem, weiß niemand. „Wir sind bemüht, den oder die Verfasser zu ermitteln", teilt die GEZ-Pressestelle mit. Und die Kollegen bei Siemens: „Der Kettenbrief, den Sie erhalten haben, ist ein Schwindel. Wir sind zwar immer auf der Suche nach neuen Marketing-Ideen; das Versenden von Ketten-E-Mails gehört jedoch nicht dazu."
Der amerikanische Folklore-Forscher David Emery führt eine Liste mit derzeit mehr als 600 so genannten Internet-Hoaxes. Ihre meist jugendlichen Verfasser sind hauptsächlich fasziniert von der weltweiten Verbreitung und der ungeheueren Zahl an Kopien, die ihre kurzen Fantasiegeschichten erreichen. Der neueste Ulk (englisch „Fake")-Hit: Das „Second Coming Project" (SCP), eine nicht profitorientierte Organisation in Berkeley/Kalifornien, will die Wiederkunft Jesu Christi selbst herbeiführen. Absicht der SCP sei es, das Turiner Grabtuch auf Erbmaterial zu untersuchen und daraus einen zweiten Erlöser zu klonen. Das ist zwar albern, liest sich aber wenigstens noch leidlich amüsant - im Gegensatz zu gefakten Viren-Warnungen, die etwa so daherkommen:
Virus WOBBLER trifft per E-Mail mit Titel „CALIFORNIA" ein! IBM und AOL haben mitgeteilt, dass dieser Virus praktisch „tödlich" ist, schlimmer als mit Virus MELISSA. Virus CALIFORNIA löscht alle in der Festplatte gespeicherten Informationen, zerstört Netscape Navigator und Microsoft Internet Explorer. Keine Post mit diesem Titel öffnen. Bitte diese Information auch an alle Bekannten, Mitarbeiter usw. weitergeben, die per E-Mail arbeiten. Bisher sind wenige über diesen Virus informiert; daher bitte so schnell wie möglich alle anderen auch informieren.
In Wirklichkeit handelt es sich bei solchen Mitteilungen „mehr um ein soziologisches Phänomen", weiß der Computer-Experte Frank Ziemann von der Technischen Universität (TU) Berlin: Das eigentliche „Virus" stellt die Warnung selbst dar, „denn sie richtet erheblichen Schaden an, indem sie Menschen verunsichert und Arbeitszeit bindet." Beschäftigen sich zum Beispiel 1000 Angestellte einer Firma nur zwei Minuten lang mit besagter E-Mail, gehen dem Unternehmen 2000 Arbeitsminuten verloren. Geschätzte Kosten des Produktionsausfalls: 144 000 Mark. Ein weiteres Ziel solcher Falschmeldungen besteht darin, Lawinen von Mails auszulösen und so den Mail-Server zu überlasten. Einen ernst zu nehmenden Hintergrund haben Viren-Hoaxes nicht. Kurz gesagt: Eine reine Textnachricht hat noch niemals etwas gelöscht oder gar eine Festplatte zerstört. Die vermeintlichen „E-Mail-Viren" befallen allenfalls Menschen und nutzen deren Ängste aus. Und sie vervielfältigen sich über psychologische Mechanismen. Das gilt ebenso ebenso für eine weitere sehr populäre Form der modernen Mythen: für die Kettenbriefe nämlich.
Alle Kettenbriefe am besten ignorieren. Egal, wie seriös das Anliegen auch immer zu sein scheint
Kaum gingen die Benzinpreise nach oben, verstopfte vielen Computer-Benutzern folgender elektronischer Kettenbrief die Mailbox:
Dies ist eine Protestaktion gegen die ständig steigenden Treibstoffpreise! Sie betrifft einen allgemeinen Aufruf, um 30. April nicht zu tanken! Diese Aktion ist notwendig, um zu zeigen, dass ein paar Millionen Menschen genug davon haben, sich von den Ölmultis das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen ...
Ob es sich dabei um einen echten Aufruf handelte und wer dahinter steckt, konnte bis heute noch nicht geklärt werden. Allerdings geht die Idee wohl auf eine ähnliche Aktion in den USA zurück, die 1999 mit geringem Errolg versucht wurde und in einem Archiv für „urbane Legenden" dokumentiert ist (siehe Kasten „Internet-Tipps"). Bei Licht besehen, ist das Ganze völlig witzlos: Die Leute tanken eben vorher voll, und nach dem Tag des Boykotts tanken sie auch wieder wie bisher. „Kettenbriefe sind kein adäquates Medium zur Kommunikation seriöser Anliegen!", warnt die TU Berlin - egal, ob sie per Post oder neuerdings via Internet versendet werden. Das zeigt das Beispiel des berühmten „Kettenbriefjungen" Craig Shergold aus England. Der erkrankte mit neun Jahren an einem Gehirntumor und wünschte sich von überall auf der Welt Postkarten, um ins „Guinness Buch der Rekorde" zu kommen. Heute ist Craig 21 und längst wieder gesund - trotzdem erhält er noch immer bis zu 10 000 Briefe am Tag, die ihn und seine Eltern zur Verzweiflung treiben.
Auch in Deutschland geht der „Shergold"-Kettenbrief nach wie vor um - in der Skeptiker-Redaktion landete er erst unlängst wieder über ein katholisches Jugendbüro. Merkwürdigerweise ist der Adressat, an die die Genesungskarten geschickt werden sollen, nicht immer mit Craig Shergold identisch. Vermutlich halten auch findige Briefmarkensammler die Aktion am Laufen. Oder aber Kriminelle gelangen mit der Tränendrüsen-Masche an Anschriften und Telefonnummern, um damit im professionellen Adressenhandel mitzumischen. Sogar Kettenbriefe, in denen für ein an Leukämie erkranktes Mädchen Knochmarkspender gesucht wird, sind schlechte Scherze ohne realen Hintergrund. Nicht selten behaupten die anonymen Urheber, durch die Weiterleitung des Kettenbriefs werde Geld für die Behandlung eines kranken Kindes gesammelt. Fakt ist jedoch, dass es gar keine technische Möglichkeit gibt, die Weiterleitung von E-Mails zu zählen.
Eine andere Kettenbrief-Variante richtet sich an Kinder und verspricht ihnen eine Flut von Bilderbüchern (oder auch Geld), wenn sie den Schrieb innerhalb von drei Tagen an sechs Kinder weiterschicken: „Auf der Namensliste lässt du den ersten Namen weg und setzt deinen Namen an die letzte Stelle. Dem ersten Namen sendest du ein kleines Kinderbüchlein (oder eine Ansichtskarte oder einen Geldbetrag). In cirka drei Wochen wirst du dann selbst 36 Bücher erhalten."
Kleiner Schönheitsfehler: Wenn die ersten sechs Kinder gehorsam mitgespielt haben, dann landete die Aufforderung bei 36 anderen Kindern. Und wenn die auch mitmachten, bei 216 Kindern. Langer Rechnung kurzer Sinn: Schon der 20. auf der Liste spielt mit 3 656 158 440 062 975 Jungen und Mädchen. So viele Menschen gibt es aber gar nicht auf der Welt. Auf ihre Bilderbücher werden die Teilnehmer also lange warten.
- das Subject (Betreff) enthält oft den Hinweis „Virus-Warnung" oder ähnliches.
- Der Adressat wird aufgefordert, die „Warnung" schnell an möglichst viele Menschen weiterzuleiten.
- Die Wirkung des Virus wird sehr drastisch dargestellt und beinhaltet Dinge, die ein Computer-Virus gar nicht kann (zum Beispiel Hardware beschädigen).
- Häufig wird als Quelle eine namenhafte Firma oder Organisation genannt, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen.
Ist dies alles der Fall, rät der Viren-Experte Frank Ziemann von der TU Berlin: „Leiten Sie die Mail auf keinen Fall weiter. Löschen Sie sie oder speichern Sie das Ganze ab, falls Sie Kuriositäten sammeln. Vergessen Sie dann die Sache. Verschwenden Sie keine wertvolle Zeit damit."
Internet-Tipps: Hoax- und Kettenbrief-Info-Service und Urbane Legenden/Rumours (engl.)
Meme statt Gene: Trachten auch Informationen danach, sich zu vermehren?
Oder steckt am Ende viel mehr hinter Kettenbriefen, Hoaxes und urbanen Legenden? Pünktlich zur Jahrtausendwende hat die englische Psychologin Susan Blackmore eine schon ältere (keineswegs unumstrittene) Theorie für das Informations- und Kommunikationszeitalter wieder aufgewärmt: die von den Memen. Diese launige Wortschöpfung klingt keineswegs zufällig nach „Genen". Denn ähnlich wie Gene sind Meme laut Blackmore Informationen, die danach trachten, sich zu verbreiten und zu vermehren. „Menschen sind dazu veranlagt zu klatschen und zu tratschen und wollen Neuigkeiten und Ansichten austauschen", ist die Wissenschaftlerin überzeugt: „Meme wetteifern darum, in so viele Gehirne wie möglich zu gelangen und sich dort zu behaupten."
Als Beispiel führt Blackmore die Wandersage von der Amerikanerin an, die ihren Pudel in der Mikrowelle zu Tode getrocknet haben soll: „Diese Geschichte ist so bekannt, dass Millionen Menschen weltweit davon gehört haben - aber sie haben vielleicht eine andere Version gehört, wie die mit der Katze oder dem Chihuahua. Das Ganze ist wahrscheinlich unwahr, aber Wahrheit ist nicht unbedingt ein Kriterium für ein erfolgreiches Mem." Ihr Fazit: Wenn sich ein Mem ausbreiten kann, wird es das tun. Auch über Kino und Video. Dort läuft jetzt ein Film über eine junge Frau, die nach einer durchtanzten Disko-Nacht in einer mit Eiswürfeln gefüllten Badewanne zu sich kommt ...