Unter Mondglaube versteht man den Glauben an einen Einfluss des Mondes auf die Häufigkeit von Geburten und Unfällen, Verbrechen und Selbsttötungen, körperliche Vorgänge aller Art sowie das Wachstum von Pflanzen, die sich nicht durch Gravitation bzw. Mondlicht erklären lassen.
Derartige Wirkungen des Erdtrabanten sind empirisch nicht nachgewiesen. Weder sind Kräfte bekannt, die in der Lage wären, sie auszulösen, noch zeigen Statistiken einen Zusammenhang zwischen bestimmten Mondphasen und Ereignisse wie Geburten, Unfällen oder Verbrechen.
Der moderne Mondglaube, wie er in populären Ratgebern („Mondkalender“) verbreitet wird, beruft sich meist auf ein „uraltes Erfahrungswissen“. Ein Großteil der Regeln folgt einfachen Analogien, so wird beispielsweise empfohlen, eine Diät bei abnehmendem Mond zu beginnen oder Pflanzenbei zunehmendem Mond zu säen. Beim Vergleich unterschiedlicher Mondkalender (historisch wie gegenwärtig) fallen widersprüchliche Regeln auf.
Tatsächlich ist ein kohärentes System von Mondregeln in historischen Quellen nicht nachweisbar. Vielmehr spricht die Volkskunde von Versatzstücken ehemals elitekultureller Welterklärungssysteme (v.a. der Iatromathematik, der mittelalterlichen Medizin), die mehrmals aus ihren Zusammenhängen genommen, rekontextualisiert und schließlich in den Mondkalendern neu zusammengefügt wurden.
Aus wissenschaftlicher Sicht besteht auch kein Zusammenhang zwischen den Mondphasen und dem Menstruationszyklus, wie er in der esoterisch-feministischen Literatur behauptet wird. In der Natur stellt der durchschnittlich 28-tägige Zyklus des Menschen eine Ausnahme dar und ist individuell wie lebensgeschichtlich variierend. Bei anderen Säugetieren kommen Zyklen zwischen elf Tagen (Meerschweinchen) und 37 Tagen (Schimpansen) vor.
Ein anderes, häufig für den Mondeinfluss angeführtes Argument verweist auf die Gezeitenkräfte. Wenn der Mond ganze Ozeane bewegen könne, so die Argumentation, dann wirke er umso mehr den menschlichen Körper ein, denn dieser besteht bei Normalgewichtigen zu 50 bis 75 Prozent aus Wasser. In Wahrheit aber ist die Anziehungskraft des Mondes umso kleiner, je kleiner das Objekt ist. Die Weltmeere werden also um ein Vielfaches stärker beeinflusst als kleine Gewässer oder gar Lebewesen; zudem ist die Meerestopographie entscheidend für den konkreten Ablauf der Gezeiten. Vor allem aber stimmen die Rhythmen der Gezeiten und die Rhythmen der Mondkalender nicht überein.
Inge Hüsgen, Dr. Helmut Groschwitz
Literatur
- Groschwitz, H. (2007): Moderne Mondkalender aus Sicht der Volkskunde. Skeptiker 2/2007, S. 48-54.
- Groschwitz, H.: Mondzeiten. Zu Genese und Praxis moderner Mondkalender. (zugl. Univ.-Diss. Regensburg) Münster 2008.
- Wunder, E.; Schardtmüller, M. (2002): Moduliert der Mond die perioperative Blutungsgefahr und andere Komplikationsrisiken im Umfeld von chirurgischen Eingriffen?(PDF), Kommentare (PDF) Zeitschrift für Anomalistik 2, 91-108.
- Endres, K.-P.; Schad, W. (1997): Biologie des Mondes. Mondperiodik und Lebensrhythmen. Hirzel, Leipzig.
Stand: 15.03.2009