UFO-Konferenz 1999 in Cröffelbach
Ulrich Magin
Am 30. und 31. 10.1999 veranstalteten die deutschen UFO-Forscher ihr traditionelles Herbsttreffen. Zu den 35 Teilnehmern zählten Mitglieder der Gruppen CENAP, GEP, Forum Parawissenschaften, SOS OVNI und der Forschungsgesellschaft Kornkreise sowie unabhängige Forscher wie der Roswell-Experte Uli Thieme.
Im ersten Referat untersuchte Rudolf Henke vom Forum Parawissenschaften die 13 von dem amerikanischen Psychiater John Mack beschriebenen UFO-Entführungsopfer auf auswertbare biographische Informationen. Henke fand verblüffende Übereinstimmungen bei mehreren Variablen zu Familie, Phantasien und Drogenerfahrungen. Allen „Entführten" gemeinsam waren Minderwertigkeitsgefühle, negative Kindheitserlebnisse und Verhaltensweisen, die auf Psychosen hinweisen könnten. Diese Übereinstimmungen könnten durchaus ein Artefakt aus Macks Selektionsmethode sein, der seine „Entführten" allesamt aus der Esoterik-Szene rekrutiert. Auffällig war, wie wenig die Erzählungen von Macks Opfern mit den Klischees zu vereinbaren sind, die aus der Literatur bekannt sind; so finden sich unter den 13 Fällen kaum klassische Entführungen (Macks Opfer werden stattdessen z. B. in Höhlen verschleppt); UFOs und typische „Graue", also die dem modernen, populären Bild entsprechenden kleinen, grauen Außerirdischen, gab es nur in einem Drittel der Fälle. Die Erlebnisse sind deutlich als Gegenentwürfe zur als trist empfundenen Wirklichkeit zu erkennen: Die Außerirdischen vermitteln den Entführten Liebe, die Opfer fühlen sich auserwählt, und bei allen überwogen positive Gefühle.
Der Testpsychologe Gerd Höchsmann stellte seine psychologische Auswertung von Entführungsopfern vor. Höchsmann erhielt von den deutschen Präastronautik-Autoren Fiebag, Langbein und Hausdorf 400 Adressen von „Entführten", die sich beim Herbig-Verlag gemeldet hatten. Er schickte ihnen Standard-Fragebögen, 137 Fragebögen kamen zurück, von denen Höchsmann 17 als notorische Lügner aussonderte. Von den verbliebenen 120 „Entführten" wurden dann die Persönlichkeitsmerkmale, nicht jedoch die Erlebnisinhalte ihrer Entführungserfahrung analysiert. Sie zeigen im Wesentlichen keine Auffälligkeiten und sind ein repräsentativer Querschnitt durch die Bevölkerung. Die Analyse der Daten ergab keinen einzigen Fall von Neurose oder Schizophrenie. Allerdings sei signifikant auffällig gewesen, so Höchsmann, dass viele der Entführungsmelder sich in einer beruflicher Krise befunden hätten, bedeutsam sei auch, dass sie signifikant oft aus der Kirche ausgetreten seien und „sich ein eigenes Gottesbild gebastelt" hätten. Da auf Seite der Skeptiker nach wie vor die Tendenz besteht, abweichende Erfahrungen zu pathologisieren, wurden Höchsmanns Befunde sehr kontrovers diskutiert.
In einem Kurzreferat bekräftigte Uli Thieme, dass beim angeblichen UFO-Absturz von Roswell alle Zeugen, die tatsächlich mit dem Fundstück in Kontakt gekommen sind, von einem Ballon sprechen.
Christian Morgenthaler von der Sektion Ost der französischen Gruppe SOS OVNI beschrieb die Gruppe als ein gut funktionierendes, überregionales Netz, dessen Hochglanzzeitschrift sogar am Kiosk verkauft wird. Erstaunlicherweise bemühen die französischen UFO-Forscher zur Erklärung von UFO-Sichtungen Identifizierungen, die in Deutschland als ebenso exotisch gelten wie fliegenden Untertassen. So werden UFO-Sichtungen etwa durch den sicherlich imaginären Plasma-Vortex des britischen Außenseiter-Meteorologen T. Meaden erklärt. Dagegen spielen Modell-Heißluftballone als Auslöser von Sichtungen in Frankreich kaum eine Rolle - oder sie werden nicht erkannt. Auch die unidentifizierten Fälle haben im Nachbarland eine andere Qualität als in Deutschland, die Fälle dort sind - wohl auch aufgrund der langen UFO-Tradition - um einiges bizarrer.
Hans-Werner Peiniger von der Lüdenscheider „Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens" (GEP) und Hans-Jürgen Kohler vom Mannheimer „Centralen Erforschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene" (CENAP) gaben eine Übersicht über ihre bislang ungeklärten Fälle. Von den rund 700 vom CENAP untersuchten Fällen sind 50 noch nicht eindeutig identifiziert, bei der GEP gelten 2 % von insgesamt 630 Fällen als „Good UFOs". Der Anteil der Unidentifizierten war bei beiden Gruppen in der Vergangenheit höher als heute, als Erklärung dafür bot Peiniger an, dass die Sichtungsermittler damals unerfahrener waren. Potentiell seien die meisten Unidentifizierten identifizierbar, doch liegen die Beobachtungen so weit zurück, dass eine erneute Untersuchung nicht möglich oder gerechtfertigt erscheint. Verschiedene Videoaufnahmen von mutmaßlichen UFOs schlossen die Vorstellung ab, darunter scheinen zwei Fälle (aus Hamburg und Brasilien) besonders vielversprechend.
Bei Windstille wurde in der Nacht noch ein Modell-Heißluftballon gestartet - ein Objekt, das bis heute einer der Hauptverursacher von UFO-Meldungen ist.
Am Sonntag faszinierten zwei Vorträge von Mitgliedern der „Vereinigung der Sternfreunde" (VdS). Mark Vornhusen referierte mit eindrucksvollem Bildmaterial Halos von Sonne und Mond - bis zu 30 Haloarten kennt man, und das Zusammenspiel verschiedener Halos kann zu hochkomplexen Figuren am Himmel führen. Die Halofotos sind auch auf CD-ROM erhältlich (siehe auch unter www.meteoros.de). Vornhusens These, die Visionen der Hildegard von Bingen oder des Johannes von Patmos könnten auf solche Haloerscheinungen zurückzuführen sein, scheint jedoch überzogen. André Kröfel zeigte Videos von Rauchspuren von Feuerkugeln, die er während des Leoniden-Meteoritenschwarms in der Mongolei aufgenommen hatte. Eindrucksvolle Bilder von Boliden-Überwachungskameras machten deutlich, welch imposante und lichtstarke Erscheinungen Boliden sind - kein Wunder, dass sie immer wieder für Raumschiffe aus dem All gehalten werden.
Zum Abschluss skizzierte Edgar Wunder die bisher durchgeführten sozialwissenschaftlichen Studien zum UFO-Phänomen. Es gibt - wie zu erwarten war in einem Gebiet, in dem sowohl Anhänger wie Skeptiker häufig mit Vorurteilen operieren - nur wenige empirische Untersuchungen. Wunder führte dann in die Ergebnisse seiner eigenen Analyse einer Befragung unter Besuchern von UFO-Vorträgen an Sternwarten ein, die - vielleicht nicht unerwartet - viele Erfahrungsvermutungen der UFO-Forscher bestätigt hat. So gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Kenntnis der UFO-Literatur und dem Glauben an außerirdische Besucher; ein ähnlicher Zusammenhang zwischen eigener UFO-Erfahrung und dem Glauben an ETs ist jedoch nicht nachweisbar.
Dieser Artikel erschien im "Skeptiker", Ausgabe 1/2000.