26.05.2010 (GWUP) - Steigt mit der häufigen Nutzung von Mobilfunktelefonen die Gefahr von Hirntumoren? Diese oft geäußerte Befürchtung scheint sich nicht zu bestätigen, wenn man die Ergebnisse der großen, von der Weltgesundheitsorganisation WHO betreuten ,,Interphone"-Studie liest, die in diesen Tagen veröffentlicht wurde. Dazu waren über einen Zeitraum von 10 Jahren in 13 Ländern die Daten von Patienten, die an Gehirntumoren litten, erhoben worden sowie von Menschen aus Kontrollgruppen. Ferner wurde ermittelt, wie wie oft und wie lange die Menschen telefoniert hatten.
Demnach gibt es nach derzeitigem Erkenntnisstand kein erhöhtes Risiko von Hirntumoren durch die Nutzung von Mobilfunktelefonen. Dies ist das von Christopher Wild von der International Agency for Research on Cancer (IARC) verkündete Ergebnis der Studie. Allerdings räumt er ein, dass sich das Nutzerverhalten vor allem bei jungen Menschen geändert habe, weshalb es sinnvoll sei, das Thema weiter zu untersuchen. Damit kommt er auch Kritikern zuvor, die die Ergebnisse eher vorsichtig interpretieren und weiteren Klärungsbedarf sehen, beispielsweise der Journalist Christopher Schrader in der ,,Süddeutschen Zeitung".Ganz anders äußert sich Maria Blettner von der Universität Mainz in einem Interview für ,,Spiegel-online". Die Statistikprofessorin, die an der Interphone-Studie mitgewirkt hat, würde nach eigener Aussage momentan kein Geld für die Klärung der Frage ausgeben, ob Handys Hirnkrebs auslösen. Es gebe wichtigere Probleme. Sollte es doch einen Effekt bei der dauerhaften Nutzung von Mobiltelefonen auf das Gehirn geben, wäre dieser wahrscheinlich so gering, dass durch weitere Untersuchungen keine neuen Erkenntnisse gewonnen würden.
Zwar gab es bei einer kleinen Gruppe von Menschen, die nach eigenen Angaben Dauertelefonierer waren, bei bestimmten Tumorarten eine höhere Anzahl von Erkrankungen. Allerdings war die Datenlage hier nicht eindeutig. So kritisierte die ,,Zeit" in einem Kommentar, dass die Daten zur Handynutzung erst rückwirkend ermittelt wurden. Subjektiv glaubten viele Nutzer möglicherweise mehr zu telefonieren, als es es tatsächlich der Fall war. Auf die Gesamtzahl der Studienteilnehmer ergab sich kein Zusammenhang zwischen der Handy-Nutzung und der Häufigkeit von Tumoren. Überdies ist noch kein Wirkmechanismus bekannt, wie die geringe von den Mobiltelefonen ausgehende Strahlung zu Krebs führen könnte, noch dazu telefonieren viele Menschen mit (die unmittelbare Erwärmung am Kopf vermeidenden) Headsets. Dem ,,Spiegel"-Artikel zufolge ist die Häufigkeit von Hirntumoren in nordeuropäischen Ländern seit Beginn des Handy-Booms gleich geblieben.
Ferner wird auf eine neue britische Langzeitstudie in Großbritannien hingewiesen, die 20 bis 30 Jahre dauern soll. Der an der Interphone-Studie beteiligte Krebsforscher Joachim Schütz sieht allerdings kein Langzeitrisiko für die Entstehung von Hirntumoren durch Mobiltelefone. Seine Meinung dazu ist klar: ,, Die Handy-Nutzung wird kein zweites Rauchen."
Holger von Rybinski
Quellen:
- Becker, Markus (2010) : Angst vor Mikrowellen: Mammutstudie bringt keine Hinweise auf Krebsgefahr durch Handys ; SPIEGEL-ONLINE, 17.05.2010
- Die Studienergebnisse als PDF-Datei: Brain tumor risk in relation to mobile telephone use: results of the INTERPHONE internatinal case-control study.
- Pressemitteilung des Mobile Manufacturers Forum mit weitern Links zur Studie