25.10.2019 (GWUP): Mit einer scharfen Kritik an einem zweifelhaften Wissenschaftverständnis in Bezug auf die Homöopathie wartet die „ZEIT" diese Woche auf.
Die Kritik von Verbraucherschützern und von an evidenzbasierter Medizin orientierten Ärzten zeigt offenbar Wirkung: In einigen Bereichen des deutschen Gesundheits-
wesens verliert die Homöopathie an Boden. Allerdings, so kritisiert der Journalist Jan Schweitzer in der aktuellen Print-Ausgabe der „ZEIT", gebe es bei diesem
Thema einen eigentümlichen Widerspruch: Menschen, die sich zum einen auf die Erkenntnisse der Naturwissenschaften beriefen, diese gerne
nutzten und scharfe Maßnahmen beispielsweise beim Klimaschutz forderten, ließen genau diese Erkenntnisse außer acht, wenn
es um das Thema Homöopathie gehe. Als Beispiel nennt er die derzeit laufende Debatte bei den Grünen, die sich auf ihrer Bundesdelegiertenkonferenz
im November dazu neu positionieren wollen. Zumindest gibt es Forderungen aus den eigenen Reihen, der „alternativmedizinischen" Behandlungsmethode
keine Unterstützung mehr zu gewähren. Derzeit ist noch unklar, ob dieser Antrag wirklich diskutiert wird. Dies ist laut Schweitzer jedoch kein Dilemma einer einzelnen
Partei.: „Es ist schon erstaunlich: Gebildete, aufgeklärte Menschen zweifeln auf einmal die Erkenntnisse der Wissenschaft an." Und: „An der Homöopathie zeigt sich eine fast schon unglaubliche Inkonsequenz im Umgang mit wissenschaftlicher Erkenntnis - in einer Gesellschaft, die von Wissenschaft und Bildung durchdrungen ist wie keine vor ihr."
Und während man sich beim Bau von Gebäuden gerne auf die Berechnungen von Ingenieuren und Statikern verlasse, bei Krankheiten wie Lungenentzündungen
natürlich auf Antiobiotika zurückgreife, verteufele man auf der anderen Seite Impfungen, habe Angst vor Elektrosmog feiere eben die Homöopathie als eine vermeintlich
sanfte und ganzheitliche Heilmethode. Letztere sei jedoch bestenfalls als eine Form von Wellness zu betrachten, ersetze aber auf keinen Fall echte Medizin und wirksame Therapien.
„Wissenschaft erfordert Konsequenz. Man kann sich nicht einfach bei ihr bedienen, wenn es einem gerade passt." Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen. Den glänzend geschriebenen Artikel „Süße Versuchung" lesen Sie bitte in der aktuellen Ausgabe der ZEIT (44/2019) vom 24.10.19.
Holger von Rybinski