08.07.2017 (GWUP): Ist Impfverweigerung ein Wohlstandsproblem? Zumindest liegt die Vermutung nahe, wenn man sieht, wo in Deutschland die meisten Impfverweigerer zu finden sind.
Laut einer Meldung des „Ärzteblatts" zeigt der aktuelle „Versorgungsatlas", eine von Wissenschaftlern erstellte Übersicht zu Impfquoten in den Bundesländern, dass in wohlhabenden Landkreisen in Süddeutschland weniger geimpft wird als in anderen Teilen des Landes. Bei Masern beispielsweise fehlt fast zwei Dritteln der Kinder in den Landkreisen Bad Tölz, Rosenheim und Garmisch-Partenkirchen die zweite Impfung. Neben Bayern gibt es auch in Baden-Württemberg Landkreise mit signifikant niedrigeren Impfquoten. In Gegenden mit geringen Arbeitslosenquoten, geringer gesundheitlicher Belastung und hohem Einkommen gehen weniger Menschen zur Impfung. Neben anderen Gründen, die dabei eine Rolle spielen können, vermuten auch die Verfasser des „Versorgungsatlasses 2017" einen Zusammenhang zwischen geringen Impfquoten und den persönlichen Überzeugungen derjenigen, die sich oder ihre Kinder einer Immunisierung verweigern: „Die derzeitige Studienlage deutet darauf hin, dass es teilweise deutliche regionale Unterschiede der Impfquoten gibt. Dabei fallen u. a. auch Regionen auf, in denen sich die Impfquoten gegen unterschiedliche Infektionskrankheiten ähnlich verhalten, also z. B. besonders hoch oder besonders niedrig ausfallen. Dies deutet darauf hin, dass die regionale Variation der Impfquoten zumindest teilweise durch grundsätzliche regional vorherrschende Einstellungen gegenüber Impfungen bzw. unterschiedliches Impfverhalten bedingt sein kann." Außerdem zitieren sie eine Studie der „Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung" (BZgA), die den Zusammenhang zwischen den persönlichen Einstellungen und Masernimpfungen untersucht hatte: „Nicht geimpft wurden Kinder häufig von den Eltern, die ein Misstrauen gegenüber den Impfempfehlungen hegten, Erkrankungsrisiken verharmlosten und gleichzeitig eine hohe Wahrnehmung gegenüber den Impfrisiken hatten sowie sich unzureichend informiert fühlten." Demnach wurden Impfschäden in der Regel mehr gefürchtet als die Schäden durch die Krankheit selbst. Dem Bericht zufolge dienen neben dem sozialen Umfeld das Internet und das Gespräch mit dem Arzt als Entscheidung zu Immunisierungen. Und auch hier scheint es eine Tendenz zu geben, wonach Ärzte in Südbayern dem Impfen kritischer gegenüberstehen als im Rest Deutschlands. Die Folge scheint eine impfkritische Einstellung zu sein, die häufig im Gegensatz zu den Empfehlungen der „Ständigen Impfkommission" (STIKO) des Robert-Koch-Institutes stehen. Letzteres hat angesichts der in den letzten Jahren zunehmend heftiger geführten Diskussion Antworten zu den 20 am häufigsten genannten Einwänden gegen das Impfen zusammengestellt.
Einen ausührlichen Bericht von unserem Wissenschaftsratsmitglied Dr. Natalie Grams zu diesem Thema finden Sie im SKEPTIKER 3/2017 (erscheint im September).
Holger von Rybinski