09.06.2013 (GWUP): Dass der Mond (zusammen mit der Sonne) durch seine Gravitationskraft auf die Erde einwirkt und Ebbe und Flut auslöst, ist bekannt. Als ebenso bekannt wird vorausgesetzt, dass der Vollmond gravierende Auswirkungen auf den Schlaf des Menschen hat, wie eine aktuelle Umfrage wieder bestätigt.
Glaubt man einer Erhebung, die die ,,Apotheken-Umschau" an knapp 2000 Männern und Frauen über 14 Jahren in Auftrag gegeben hat, schlafen 35,6 Prozent der Befragten nach eigenen Angaben bei Vollmond schlechter. In einer ergänzenden Umfrage zur Meldung kreuzten sogar 66 Prozent die Frage: ,,Schlafen Sie bei Vollmond schlecht" mit ,,ja" an. 57,2 Prozent glauben, dass bei Vollmond mehr Menschen schlafwandeln. Auch der Glaube, in Vollmondnächten geschähen mehr Unfälle und Gewalttaten, hält sich hartnäckig. Vor einigen Jahren geisterte sogar die Meldung durch die Medien, dass bei Vollmond mehr Menschen von Hunden gebissen werden - ein Fehler in der Wiedergabe der Statistik, wie sich später herausstellte. Das Interessante diesen Ergebnissen ist, dass sie sich wissenschaftlich nicht bestätigen lassen -und dass sie sich trotzdem so hartnäckig halten. Dabei wird meist das Argument vorgebracht: ,,Wenn der Mond schon so gravierende Auswirkungen wie Ebbe und Flut verursacht, muss er ja auf den Menschen erst recht wirken." Genau darin liegt der Denkfehler. Eben weil wir Menschen viel weniger Masse als die Erde und als die Meere haben, ist auch die Anziehungskraft des Mondes auf uns viel kleiner. Deswegen sind, wie Spötter hierzu gerne anmerken, in der Badewanne auch weder Ebbe noch Flut bemerkbar. In Bezug auf das ernstzunehmende und weit verbreitete Phänomen der Schlaflosigkeit im Zusammenhang mit dem Vollmond haben österreichische Forscher vor einigen Jahren die Aufzeichnungen von Gesunden und von Menschen, die an Schlafstörungen litten, verglichen (ASRA-Newsletter, S. 10). Dabei konnte kein Zusammenhang zwischen schlechtem Schlaf und Vollmondphasen gefunden werden.
Der Regensburger Psychologe und Schlafforscher Prof. Jürgen Zulley, ehemaliger Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums am Universitäts- und Bezirksklinikum Regensburg und gefragter Experte zu diesem Sujet, hat dem Thema Vollmond auf seiner Website einen eigenen Eintrag gewidmet. Darin heißt es unter anderem: ,,Zum Thema Schlaf gibt es genügend Untersuchungen die belegen, dass die Mondphase keinen Einfluss auf Schlaf und Schlafstörungen hat." Und: ,,Die selbsterfüllende Prophezeiung bei Vollmond schlechter zu schlafen, lässt uns dann auch wirklich schlechter schlafen. Dazu müssen wir aber wissen, dass Vollmond ist. Das brauchen wir nicht bei der selektiven Wahrnehmung. Nach einer schlechten Nacht wird nach Erklärungen gesucht und wenn gerade Vollmond war, dann haben wir die Erklärung."
Immerhin, trotz der relativ geringen Menge an Befragten, vorsichtiger Optimismus, dass sich der Mondaberglaube schon gebessert haben könnte, ist angebracht. In einer Umfrage der Zeitschrift ,,GEO-Special- Der Mond" aus dem Jahre 2003 glaubten noch 88 Prozent der Befragten an einen Einfluss des Mondes auf den Schlaf. Da die aktuelle Umfrage lt. der Pressemeldung bei einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung erhoben wurde, könnte man also den Schluss ziehen, dass dieser Irrglaube nicht mehr ganz so verbreitet ist, wie noch vor 10 Jahren. Zu den vielen anderen Mondmythen präsentiert der Wiener ,,Verein Kuffner-Sternwarte" eine anschaulich gestaltete Website zum Thema ,,Mondphasen" mit zahlreichen Links zu weiterführender wissenschaftlicher Literatur.
Wir wissen nicht, was die ,,Apotheken-Umschau" bei Schlaflosigkeit in Vollmondnächten empfiehlt. Wir raten jedem, der bei Vollmond schlecht schlafen kann: Vorhänge zu - oder einfach den schönen Anblick genießen!
Holger von Rybinski
o. V(2013): Schlafprobleme bei Vollmond. In: ,,www.apotheken-umschau.de", 07.06.2013.