13.01.2013 (GWUP): Während sich die Aufregung um den nicht stattgefundenen Weltuntergang derzeit auf Rechtsstreitigkeiten wegen der Verwendung von Partybezeichnungen verlagert hat ,sind andere Themen aus dem Bereich ,,Alternativmedizin"/Esoterik nach wie vor hoch im Kurs. Neben dem Dauerbrenner Homöopathie stößt man beim Thema ,,Schamanen" derzeit auf etliche Presseveröffentlichungen, mit teils widersprüchlichen Darstellungen.
So schreibt die ,,Hörzu" in einer sachlichen Zusammenfassung vom ,,Heilwissen der Schamanen", die ,,Kölnische Rundschau" berichtet von einer ,,Schamanin", die mittels Beschwörung von vermeintlichen Wassergeistern die Errichtung eines Pumpspeicherkraftwerkes zu verhindern und den Ort ,,energetisch zu stärken" versucht. Eine Afrikareisende berichtet begeistert von einem ihr offenbar unerklärlichen Heilungserfolg ihres verletzten Beines durch einen Heiler. Und das ,,Zeitjung"-Magazin berichtet mit ironisch-witzigem Unterton von einem Kurs in München, bei dem man sich zum Schamanen ausbilden lassen kann. Interessant bei all diesen Berichten ist die unterschiedliche Darstellung dessen, was als ,,Schamanismus" bezeichnet wird. In einem Buch und seinerzeit auch in einem Vortrag auf einer GWUP-Konferenz , die nächste übrigens vom 09.- 11. Mai in Köln, hatte sich der Ethnologe Prof. Dr. Klaus E. Müller ausführlich mit dem historischen Phänomen und seiner Darstellung in der heutigen Zeit befasst. Dabei verweist er auf die lange kulturelle Tradition des ursprünglich aus nomadischen Kulturen Nordeurasiens und der Himalajaregion sowie aus einigen indianischen Völkern stammenden frühen Heilberufs. Seiner Meinung nach stehen Selbstdarstellung und Kommerzialisierung der modernen Schamanen in eklatantem Widerspruch zu ihren historischen Vorbildern. Einer jüngeren Meldung zufolge sollen in Russland bis zu 1000 ,,Schamanen" tätig sein, die oft leider auch negativ auffallen. Während heute Anbieter aus dem ,,alternativmedizinischen" Bereich mit - oft in keiner historischen Tradition stehenden - Therapien Geld verdienen, durften sich traditionelle Schamanen, so die Erkenntnisse des Ethnologen, nicht entlohnen lassen. Sie hatten in Zeiten, als es noch keine evidenz-basierte Medizin und moderne Psychotherapie gab, innerhalb eines engen Gruppengefüges eine soziale Rolle, für die sie große Opfer bringen mussten. Zitat Prof. Müller: ,,Die Lebenswelten, in denen die Schamanen von ehedem gebraucht wurden und notwendige Funktionen erfüllten, gehören der Vergangenheit an. Ihre heutigen Nachtreter stehen nicht im Herzen ihrer Gemeinschaft, leiden und sterben nicht mehr für sie. Sie maßen sich an, was sie weder verstehen noch wozu sie die selbstlose Hingabebereitschaft und moralische Größe aufbringen könnten, wohl auch nicht die Einsamkeit auf sich zu nehmen bereit wären."
Der junge Reporter von ,,Zeitjung" scheint derlei geahnt zu haben. Nach dem Besuch des Schamanenkurses, wo man ihm unter anderem zeigen wollte, wie man verschmutzte Chakren reinigt, kommt er zu dem Schluss:,,Mein Basischakra ist zwar immer noch nicht auf dem Niveau von meinem Stirnchakra, aber das Pendel dreht sich nun wesentlich schneller als zu Beginn." Und: ,,Meine Behandlung kann noch nicht abgeschlossen sein, denn die Basis des Schamanismus ist sowieso viel mehr der Glaube als das Wissen." Treffend formuliert.
Wenn sie sich mehr auf Wissen als auf Glauben verlassen wollen, seien Sie auf den vollständigen Artikel von Prof. Klaus E. Müller auf unserer Themenseite verwiesen.
Holger von Rybinski