08.08.2011 (GWUP): Bibeltreue Amerikaner versuchen seit Jahren, die Evolutionstheorie als unbelegt und als „nur eine Theorie“ unter vielen abzustempeln. Mit dieser Argumentation wird versucht, Einfluss auf die Lehrpläne in den Schulen und Universitäten zu nehmen, um beispielsweise die biblische Schöpfungsgeschichte gleichberechtigt neben der Evolutionstheorie lehren zu lassen. Nun werden Lehrer und Universitätsprofessoren mit hartnäckigen „Klimaskeptikern“ (eigentlich: Klimawandelleugner) konfrontiert, die den Einfluss des Menschen auf den derzeit zu beobachtenden Klimawandel leugnen.
Dies offenbart ein Bericht im Wissenschaftsmagazin Science, der vorab in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurde. Danach wollten die Lehrer einer südkalifornischen High School einen Leistungskurs für Umweltwissenschaften einführen. Als das für die Bewilligung zuständige Gremium entdeckte, dass hier auch das Thema „Klimawandel“ erörtert werden sollte, wurde dieser Punkt prompt als umstrittene Angelegenheit bezeichnet, die von den Lehrern offenbar als Dogma behandelt werde. Dagegen wehrten sich die Pädagogen mit dem Hinweis, beim Unterricht komme es schließlich vorrangig darauf an, die wissenschaftlichen Fakten zu präsentieren, nicht die Ausgewogenheit der Meinungen zu diesem Thema.
Eine derartige versuchte Einflussnahme beim Thema Klimawandel sei kein Einzelfall. Zwar träten die meisten Konflikte über die Behandlung von Unterrichtsinhalten noch immer bei der Evolutionsbiologie auf, die Klimatologie hole hier jedoch auf. Anders als bei den Kreationisten, die man mit Hinweis auf die strikte Trennung von Religion und Staat gemäß amerikanischer Verfassung halbwegs im Zaum halten könne, gebe es zum Thema Klimawandel in der energiehungrigen Ölnation USA keine rechtlichen Vorgaben. Damit die Lehrer weiterhin die besten verfügbaren wissenschaftlichen Fakten lehren können (und weil auch bei der begrenzten verfügbaren Stundenzahl nicht genug Zeit für Diskussionen ist), erhalten sie Unterstützung von NOAA, der Bundesbehörde für Ozeane und Atmosphäre, sowie von Lehrerverbänden, die ihnen Materialien zum Thema zu Verfügung stellen. Außerdem bekommen sie Tipps, wie man sich gegenüber Menschen mit ideologischen Scheuklappen verhalten könne (ähnliche Anweisungen erhielten vor einiger Zeit Museumsführer in naturkundlichen Museen, die immer wieder von Kreationisten gezielt in Diskussionen verwickelt wurden). Immerhin soll ein großer Ölkonzern 14.000 Mitgliedern von Schulausschüssen ein Handbuch mit Argumenten gegen den behaupteten Klimawandel geschickt haben.
Die Lehrer fürchten nun um die Qualität des Unterrichts, wenn beispielsweise Fakten bei Prüfungen nicht mehr abgefragt werden dürften, weil diese laut Lehrplan nur noch als abweichende Meinungen gelten könnten - und wehren sich.
Holger von Rybinski