04.11.2010 (GWUP): Ein deutsches Amtsgericht hat entschieden, dass ein Mann, der Heilung mittels Gebeten verspricht, keine unerlaubte Heilkunde ausübt. Während Wahrsager mittlerweile ziemliche Schwierigkeiten haben, sich gegen Kläger durchzusetzen, die von ihnen Geld zurückfordern, und Gerichte sogar Haftstrafen wegen Betrugs verhängen, kam ein Geistheiler, der auf einem Wochenmarkt angeboten hatte, mit erhobenen Händen zu beten und mit heilenden Kräften auf seine Kunden einzuwirken, ohne Strafe davon.
Da der Mann keine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz besaß, hatte der Staatsanwalt ihm vorgeworfen, verbotenerweise eine Heilkunde auszuüben. Der zweite Punkt der Anklage ist noch interessanter: Es liege, so die Staatsanwaltschaft, außerdem irreführende Heilmittelwerbung vor, da die Wirkung der angebotenen Leistungen nicht gegeben sei. Dieser Punkt ist relevant, da sich die Urteile bei Wahrsagern häufig darauf beziehen, dass jene objektiv unmögliche Leistungen erbringen wollen. Das Amtsgericht Meldorf sah die von der Staatsanwalt vorgebrachten Vorwürfe jedoch als nicht gegeben, da es rituelles oder geistiges Heilen nicht als Ausübung einer genehmigungspflichtigen Heilkunde oder eines ärztlichen Berufes wertete (Az.: 29 DS 315 Js 27580/09). Weil außerdem nicht mehr nachzuvollziehen war, was der Mann bei seinem Stand auf dem Wochenmarkt plakatiert hatte, wurde auch von einer Bestrafung wegen irreführender Werbung abgesehen, wenngleich diese Möglichkeit grundsätzlich bestehe.
Mit seinem Urteil bezog sich das Gericht auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2004 zu einem ähnlichen Fall, wonach es sich bei einem Verbot solcher Tätigkeiten um eine unzulässige Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit handele. Dass „geistiges Heilen" als Beruf dennoch keineswegs ohne Einschränkungen erlaubt ist, wird in einem Überblick der Sekten-Info NRW deutlich. Der wichtige Unterschied bestehe darin, ob das Geistheilen lediglich auf eine spirituelle Aktivierung von Selbstheilungskräften abziele (zulässig ohne Genehmigung nach dem Heilpraktikergesetz) oder auf die direkte kausale Heilung einer Krankheit (genehmigungspflichtig).
Bleibt zu hoffen, dass dies den Patienten, die bei Geistheilern Rat suchen, auch klar ist…
Holger von Rybinski
o.V/eb(2010): Gericht: Geistheilen ist keine Ausübung von Heilkunde. In: Ärztezeitung.de, 02.11.2010
o.V. (2010): Wunderheiler macht sich nicht wegen unerlaubter Ausübung der Heilkunde strafbar. In: Heilmittel & Recht, 2010