1. Hintergrund
Skeptiker-Organisationen, wie die GWUP in Deutschland oder das amerikanische Committee for Skeptical Inquiry (CSI, heute: CSICOP), sind weltweit in den letzten Jahren verstärkt ins Kreuzfeuer von "Anti-Skeptikern" geraten, die den Slogan vor sich hertragen, man müsse "auch gegenüber den Skeptikern skeptisch" sein. Die Anwürfe richten sich auch gegen Einzelpersonen aus dem weiteren Umfeld von skeptischen Vereinigungen sowie gegen bestimmte Mitglieder und Funktionsträger, wie etwa den US-Trickexperten und Wissenschaftspreisträger James Randi, die Betreiber der Webseite "Quackwatch" oder hierzulande gegen die Medizinjournalistin und Buchautorin Krista Federspiel ("Handbuch Die andere Medizin") und den Physikprofessor und Homöpathie-Kritiker Martin Lambeck ("Irrt die Physik?").
Nicht zuletzt werden Journalisten, die in keiner näheren Verbindung zur GWUP stehen und kritisch über einzelne vermeintlich "paranormale" Phänomene berichten, mitunter in diese Auseinandersetzung hineingezogen, wie etwa der bekannte Wissenschaftsredakteur der ZEIT Christoph Droesser ([1]).
Bevor wir im Einzelnen auf die Protagonisten und die erhobenen Vorwürfe eingehen, erscheint es sinnvoll, deren Engagement gegen die Skeptiker zunächst in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen: Seit ihrer Gründung im Jahr 1987 hat sich die GWUP als Störfaktor im Milliardengeschäft mit den Parawissenschaften, der Außenseitermedizin, mit Esoterik und Okkultismus etabliert. Die vermeintliche "Machbarkeit" von Glück, Gesundheit und individuellem Wohlergehen induziert immer neue Angebote. Einen Verbraucherschutz im traditionellen Sinn gibt es in diesem Bereich nicht, etablierte wissenschaftliche Einrichtungen und Institutionen befassen sich aus verschiedenen Gründen mit "so etwas" nicht. Bildungs- und Gesundheitspolitiker aller Parteien beziehen aus falsch verstandenem Pluralismus kaum noch Position gegen abseitige Theorien und fragwürdige Methoden - oder begünstigen sie sogar.
Zweifler an der der schillernden Welt des "Paranormalen" stehen schnell auf verlorenem Posten, nicht selten sogar im eigenen Familien- und Freundeskreis. Kritik - selbst wenn sie sich "nur" gegen Inhalte und Methoden und noch nicht konkret gegen Personen oder Produkte richtet - wird da von der Szene als schmerzhafter Nadelstich empfunden. Und viele solcher Nadelstiche haben die GWUP in den vergangenen 20 Jahren anscheinend zu einer ernstzunehmenden Gefahr für die Anbieterseite werden lassen. Sicherlich ist es kein Zufall, dass in jüngster Zeit insbesondere die öffentlich verlaubarte Haltung der GWUP zur Homöopathie heftige Reaktionen hervorruft; sind doch zahlreiche Heilpraktiker, Homöopathieverbände, Ärzte, pharmazeutische Unternehmen, Apotheker etc. direkt betroffen, die ganz oder teilweise von homöopathischen Angeboten leben bzw. gut daran verdienen. Offenkundig zeigt die Aufklärungsarbeit der GWUP Wirkung und kann nicht mehr ignoriert werden.
Und gerade in diesem Bereich zeigt sich augenfällig, dass die Aufklärung der Patienten in der Außenseitermedizin nicht funktioniert. Schelten lassen muss die GWUP sich hier im Grunde für das, was eigentlich die Aufgabe und die Pflicht eines jeden homöopathischen Arztes, Heilpraktikers oder Apothekers wäre - nämlich seine Klienten über die Grundlagen, Möglichkeiten und vor allem die Grenzen der Homöpathie zu informieren. Tatsache ist aber, dass die wenigsten Patienten, die sich homöopathisch behandeln lassen, wissen, was Homöopathie eigentlich ist. Eine Umfrage eines Homöopathika-Herstellers und der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) von 2006 erbrachte, dass "die meisten Befragten" in der Homöopathie eine "natürliche und sanfte Heilmethode" sehen, die "die Selbstheilungskräfte des Körpers aktiviert. Sie denken bei homöopathischen Arzneimitteln an natürliche Inhaltsstoffe und das Fehlen von Nebenwirkungen."
Dass zum Beispiel der Verband klassischer Homöopathen Deutschlands e.V. diesen Wortlaut der Umfrage auf seiner Homepage zitiert, ist ein augenfälliger Beleg dafür, dass die Homöopathie vorwiegend über ein gut aufgebautes Image verkauft wird - nicht über Tatsachen. Ist die Vermutung zu gewagt, dass es vielen Anwendern/Verkäufern von Homöopathie selber peinlich wäre, ihren Patienten das verquaste Gedankengebäude der Homöpathie auseinanderzusetzen?
Wie dem auch sei: Wer einen Eindruck davon bekommen möchte, aus welchem Umfeld die Kritiker der GWUP unter anderem erwachsen, sei auf eine Recherche von HPD-Online verwiesen, die die Verflechtung von Anbietern "alternativer" Versicherungsleistungen und Vertretern der Homöopathie und der anthroposophischen Medizin mit Greenpeace und BUND (siehe Mitteilungen deren Vorsitzender Angelika Zahrndt) entwirrt.
2. Die Rhetorik der Gegenaufklärung
Unter den Kritikern der GWUP tut sich seit einiger Zeit insbesondere der Betriebswirt Claus Fritzsche hervor, der neben seiner Tätigkeit als "freiberuflicher Texter und Berater für Marketing und Verkauf" die Internetseite www.psychophysik.com betreibt, die er nach eigenen Angaben zum "führenden deutschsprachigen Internetportal für ganzheitliche Themen" ausbauen möchte.
Welche persönliche Motivation und Qualifikation Herr Fritzsche für dieses Engagement mitbringt, wird nirgendwo so recht ersichtlich. Augenfällig ist dagegen, dass Herr Fritzsche sein Portal als Plattform für alle "Anti-Skeptiker" positioniert - auch und gerade für jene, die mangels eines eigenen Profils sich nahezu ausschließlich über ihre Gegnerschaft gegenüber der Skeptikerbewegung im Allgemeinen und der GWUP im Besonderen definieren.
2.1. psychophysik.com
Dabei lässt schon die Wortverwendung "Psychophysik" aufhorchen. Denn offenkundig betreibt Herr Fritzsche, der in seinem "Online-Magazin für ganzheitliches Denken" mit zuverlässiger Regelmäßigkeit "Zweifel an der Seriosität der Skeptiker" anmeldet, einen veritablen Etikettenschwindel, indem er den klassischen (und positiv/seriös besetzten) Begriff "Psychophysik" falsch benutzt.
Wie der Leser seinem Text "Psychophysik: Die große Macht Ihres Unterbewusstseins" entnehmen kann, versteht Herr Fritzsche unter "Psychophysik" die (kausale) Wechselwirkung zwischen Psyche und Physis, und zwar im dualistischen Sinn. Diese Sichtweise ist mit der regulären Verwendung des Begriffs "Psychophysik" in der Wissenschaft nicht einmal entfernt in Einklang zu bringen. Wahrnehmungspsychologisch ist Psychophysik definiert als - vereinfacht ausgedrückt - die Wissenschaft von der quantitativen Korrelation physikalischer Reize mit den subjektiven Wahrnehmungen, die durch sie ausgelöst werden. Ein Beispiel dafür ist etwa das Weber-Fechner'sche Gesetz: Die subjektiv wahrgenommene Stärke von Sinneseindrücken verhält sich logarithmisch zur objektiven Intensität des physikalischen Reizes. Mit obskuren "psychophysischen Wechselwirkungen" oder gar einer "Betriebsanleitung für den Umgang mit Ihrem Unterbewusstsein" im Sinne von Herrn Fritzsches psychophysik.com hat das nichts zu tun. Auch Nicht-Fachleute können sich zum Beispiel bei [Psychophysik] über die reguläre Psychophysik informieren. Ausgesprochen interessant ist, dass Herr Fritzsche sein eigenwilliges und abseits von wissenschaftlichen Erkenntnissen frei schwebendes "psychophysikalische Realitätsmodell" mitnichten bloß als eine Art Philosophie oder Gedankenspielerei betrachtet. Vielmehr bindet Herr Fritzsche seine Pseudo-Psychophysik in ein kommerzielles Dienstleistungsangebot im Bereich der "Verkaufs- und Kommunikationspsychologie" ein.
So wirbt Herr Fritzsche auf seiner Seite sales-and-marketing.biz für sein Unternehmen "sales&marketing" mit dem Slogan "Gehirngerechte Texte für Marketing und Verkauf". Was darunter zu verstehen sei, erklärt Herr Fritzsche so:
"Gehirngerechte Kommunikation nutzt die Einflussfaktoren Sprache, Visualisierung, emotionale bzw. kognitive Aktivierung, Kommunikations- Kanal und Wiederholung. Nutzen Sie mein Know-how für Ihren Erfolg!"
Ein Schuft, der Schlechtes dabei denkt.
2.2. Kritik der Pressearbeit der GWUP
Enthalten wir uns denn auch jedweder Spekulation über die tieferen Hintergründe und Absichten der "Anti-Skeptiker"-Plattform psychophysik.com und greifen stattdessen exemplarisch einen konkreten Vorwurf von Herrn Fritzsche heraus:
„Die GWUP äußert sich regelmäßig zu Fragen der Komplementär- und Alternativmedizin. Die Verfasser entsprechender Publikationen und Pressemeldungen verfügen jedoch in der Regel über keinerlei themennahe wissenschaftliche Qualifikation“.
So äußert sich Herr Fritzsche ausdrücklich als "Chefredakteur des Online-Magazins psychophysik.com".
Wollte die GWUP auf diesem Niveau antworten, müsste sie zunächst einmal umgekehrt die Frage aufwerfen, was Herrn Fritzsche eigentlich zum „Chefredakteur“ qualifiziert? „Redakteur“ ist in Deutschland zwar nicht geschützt, aber ein Ausbildungsberuf, und diese Berufsbezeichnung wird in Tarifverträgen benutzt und gilt etwa im Tarifvertrag für Redakteure an Tageszeitungen oder Zeitschriften für fest angestellte Redaktionsmitglieder. Zum "Chefredakteur" wird ein langjähriger Redakteur üblicherweise vom Herausgeber oder von der Verlagsleitung ernannt. Nun ist zwar eine von Herrn Fritzsches bis zum Überdruss strapazierten Lieblingsvokabeln die Redewendung "selbst ernannt" - aber natürlich stets nur im Zusammenhang mit den verschiedenen Experten der GWUP und der Skeptikerbewegung.
Sollte Herr Fritzsche hier etwa tatsächlich einmal "sich" selbst ernannt haben, und zwar zum Chefredakteur? Im Impressum seines „Online-Magazins für ganzheitliches Denken“ firmiert Herr Fritzsche jedenfalls als solcher, obwohl der Link zu seinen „Informationen zur Person“ nichts ausweist, was diesem Anspruch gerecht wird. Dort bezeichnet Herr Fritzsche sich ganz allgemein als „Freier Texter“, eine journalistische Berufslaufbahn ist bei seinen Tätigkeitsnachweisen nirgendwo auszumachen.
Selbstverständlich darf hierzulande jeder eine Zeitung oder ein Online-Magazin ins Leben rufen und leiten; im Falle von Herrn Fritzsche wäre allerdings – in Ermangelung einer entsprechenden Qualifikation/Ausbildung – redlicherweise die Bezeichnung „Redaktionsleiter“ o.ä. vorzuziehen - gleichwohl "Chefredakteur" natürlich erheblich besser klingt. Eine unwichtige Kleinigkeit, sicher. Aber sie passt trefflich ins Bild, das Herr Fritzsche selbst von sich vermittelt. Bei seinen „Informationen zur Person“ empfiehlt sich Herr Fritzsche unter anderem als „Marketingberater“ und „externe Marketingabteilung“ für kleinere und mittlere Unternehmen. Dies eingedenk, sollte man davon ausgehen, dass Herr Fritzsche, wenn schon kein echter Chefredakteur, so doch zumindest ein Medienprofi ist. Um so merkwürdiger muss sich daher seine obige Äußerung zur Pressearbeit der GWUP ausnehmen. Benötigt der „Marketingberater“ Klaus Fritzsche tatsächlich Nachhilfe über den Sinn und Zweck von Pressearbeit und über die Funktion und Aufgaben des Geschäftsführers einer Institution oder eines Vereins? In seinem Aufsatz „Die GWUP und Homöopathie: Zwischen Wissenschaft und Agitation“ lässt Herr Fritzsche sich über den GWUP-Geschäftsführer Amardeo Sarma wie folgt aus:
„Amardeo Sarma ist Geschäftsführer der GWUP. Er absolvierte ein Studium der Elektrotechnik mit dem Abschluss Diplom-Ingenieur und zeichnet sich durch eine berufliche Laufbahn in der IT-Industrie aus. Auf der Homepage der GWUP wird er als Experte für Homöopathie vorgestellt. Sarma verfügt NICHT über eine themennahe Qualifikation (z.B. ein abgeschlossenes Medizin-Studium). Er kann keinerlei wissenschaftliche Forschungstätigkeit in themennahen Gebieten vorweisen. Es gibt von Sarma keinerlei geprüfte wissenschaftliche Publikationen zur Homöopathie oder zu themennahen Fachgebieten in anerkannten Wissenschafts-Medien.“
Mit dieser Auflistung will Herr Fritzsche Herrn Sarma die Legitimation absprechen, sich öffentlich zu „fachfremden“ Themen wie Homöopathie et cetera zu äußern. In seinem „digitalen Poesiealbum Birne Helene“ ergeht sich Herr Fritzsche zudem über alles, was die GWUP seiner Ansicht nach in ihrer Pressemitteilung „Medikamente ohne Wirksamkeitsnachweis nicht auf Kosten der Allgemeinheit“ vom 14. Februar 2007 „verschweigt“.
Einmal ganz davon abgesehen, dass Herrn Sarmas "berufliche Laufbahn" hier in wesentlichen Details unzutreffend dargestellt wird: In erster Linie ist Herrn Fritzsche offenkundig der Unterschied zwischen einer wissenschaftlichen Studie und einer Pressemitteilung nicht recht geläufig.
Letztere hat zum Beispiel den Zweck, die Medien in Kurzform über einen bestimmten Sachverhalt zu informieren und/oder in Form einer Stellungnahme die Haltung/Meinung des Herausgebers zu einer aktuellen Entwicklung oder öffentlichen Entscheidung zum Ausdruck zu bringen. Nicht selten geht es auch lediglich darum, eine Thematik „anzustoßen“, also ins Bewusstsein der Medien und der breiten Öffentlichkeit zu rücken. Der Vorstand der Institution, welche die Pressemitteilung herausgibt, fungiert dabei als wenig mehr als das Sprachrohr der Gesamt-Organisation. In unserem konkreten Fall heißt das, dass Herr Sarma als Geschäftsführer der GWUP den Verein in allen Belangen nach außen vertritt. Und somit natürlich auch die Untersuchungsergebnisse und Erkenntnisse der GWUP öffentlich verlautbart.
Schon mit der Formulierung „Die Verfasser entsprechender Publikationen und Pressemeldungen verfügen jedoch in der Regel über keinerlei themennahe wissenschaftliche Qualifikation“ zeigt Herr Fritzsche, dass ihm die Grundlagen von Öffentlichkeitsarbeit anscheinend nicht bekannt sind. Wenn Herr Sarma sich zum Beispiel zur Homöopathie äußert, so tut er dies als Sprecher aller in der GWUP mit dem Thema befassten Experten - konsolidiert mit seinem eigenen Wissen. Entscheidend ist, dass die Grundlagen seiner Äußerungen korrekte und im Kontext richtig dargestellte aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse sind.
Herr Fritzsche beschließt seinen Blog-Eintrag „GWUP: Zwischen Wissenschaft und Demagogie“ mit einer wohlmeinenden Empfehlung an die Zeitungs-, Radio- und Fernsehleute:
„Journalisten sind daher gut beraten, die einfach gestrickten Botschaften sowie die Schwarz-Weiß-Malerei selbst ernannter Experten aus dem Hause GWUP sorgfältig zu hinterfragen.“
Echten Medienprofis und Redakteuren wird diese Pseudo-Provokation bloß ein mildes Lächeln abnötigen (ebenso wie es sie gewiss amüsiert, in Herrn Fritzsches Verlautbarungen als "ahnungslos" tituliert zu werden) - denn selbstverständlich fragen Journalisten bei den Herausgebern von Pressemitteilungen nach, bevor sie einen entsprechenden Artikel/Bericht schreiben oder senden. Das „Zentrum für Wissenschaft und kritisches Denken“ der GWUP in Roßdorf ist täglich besetzt und steht für vertiefende Fragen und Auskünfte gerne zur Verfügung. Und wird auch nahezu täglich von Medienvertretern in Anspruch genommen.
2.3. Die Vorwürfe im Einzelnen
Implizit und explizit erheben Claus Fritzsche und andere folgende Vorwürfe:
1. Die GWUP akzeptiert einseitig nur negative Studien und Resultate, die ihre eigene Auffassung bestätigen.
Dieser Vorwurf wird zumeist dann erhoben, wenn die GWUP auf eine neue Studie, die angeblich "endlich den Durchbruch" in einem bestimmten Segment der Para-/Pseudowissenschaften oder der Außenseitermedizin erbracht haben soll, zurückhaltend reagiert. Doch diese skeptische Haltung gegenüber vermeintlichen "Sensationsstudien" hat ihren guten Grund. Denn erfahrungsgemäß halten die "unwiderlegbaren Beweise" einer kritischen Überprüfung nicht lange stand und die einstigen Verfechter rudern - freiwillig oder gezwungenermaßen - Stück für Stück wieder zurück. Üblicherweise geschieht dies sehr leise und von Medien und Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. Als Beispiele aus verschiedenen Bereichen kann man die "Leipziger Homöpathiestudie" aus dem Jahr 2003, die Münchner Kopfschmerzstudie (ebenfalls Homöopathie), die "Akte Astrologie" von Gunther Sachs oder auch sämtliche "Vorzeige-Experimente" der Parapsychologie nennen, von den Würfelversuchsreihen des Joseph Banks Rhine über die Experimente mit Zufallsgeneratoren und radioaktivem Zerfall bis hin zu den automatisierten Ganzfeld-Tests der Gegenwart. Es spricht also nichts dagegen, erst einmal die Diskurse und Replikationen der jeweiligen Studie oder Veröffentlichung abzuwarten und/oder sich aktiv daran zu beteiligen und erst auf dieser Basis zu einem fundierten Urteil zu gelangen.
2. Die GWUP hat eine vorgefasste Meinung zu paranormalen Phänomenen, die da lautet: Es kann nicht sein, was nicht sein darf!
Gegenfrage: Was ist dieses "Es" - und warum sollte "es" nicht sein dürfen? Setzen wir also für "Es" einige konkrete Phänomene ein:
- Homöopathie: Auch Skeptiker und ihnen nahe stehende Personen werden krank. Warum also sollten die Skeptiker so kurzsichtig oder verbohrt sein, eine wirksame, effektive und kostengünstige Heilmethode zu verwerfen - wenn denn die Homöopathie diese Eigenschaften tatsächlich hätte?
- Ufos: Wohl für jeden Wissenschaftler wäre es das Highlight seiner Laufbahn, ein abgestürztes außerirdisches Raumschiff beziehungsweise ein Alien zu untersuchen und Erkenntnise über fremdartige Lebensformen und Technologien zu gewinnen. Oder mit einer weit fortentwickelten Zivilisation außerhalb unseres Sonnensystems zu kommunizieren und Wissen auszutauschen. wenn es denn auch nur den kleinsten erstzunehmenden Hinweis darauf geben würde, dass die Erde tatsächlich regelmäßig von Außerirdischen besucht wird.
- Parapsychologie: Was sollten die Skeptiker gegen paranormale Kräfte haben, die das Leben und den Alltag erheblich erleichtern würden, von nützlichem Vorherwissen bis hin zu rein mentaler Kommunikation ohne kostspielige und umständliche Hilfsmittel - wenn denn solche Fähigkeiten tatsächlich existieren würden?
Natürlich kommt es immer wieder vor, dass neue Theorien erst einmal heftig angefeindet werden und sich später dennoch als richtig erweisen. Als Beispiel mag der Wiener Arzt Ignaz Philipp Semmelweis gelten, der 1847 entdeckte, dass das Kindbettfieber eine Schmutzinfektion ist, die über die ungewaschenen Hände von Geburtshelfern übertragen wird. Und vermutlich wäre jeder milde belächelt worden, der vor 200 Jahren etwas von „Fernsehen“ oder „Telefonieren“ erzählt hätte. Nur: Ab dem Zeitpunkt, da elektrischer Strom oder Magnetismus bekannt waren, konnte man die Phänomene, die auf diesen Kräften beruhen, zuverlässig erzeugen – und ein kontrollierter Einsatz war von da an möglich.
Die Parapsychologen - um zunächst bei diesem Beispiel zu bleiben - behaupten dagegen Phänomene, deren Existenz nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist, die man nicht positiv definieren kann und die darüber hinaus nicht mit normalwissenschaftlichen Mitteln erklärbar sind.
Ähnlich sieht es bei der Homöopathie aus:
- Es gibt keine theoretische Begründung, warum sie funktionieren sollte. Alle diesbezüglichen Ansätze haben sich als nicht stichhaltig herausgestellt.
- Es gibt eine theoretische Begründung, warum sie nicht funktionieren sollte.
- Es gibt etliche gescheiterte (weil fehlerhafte) theoretische Begründungen, warum sie funktionieren sollte.
- Es gibt keinen empirischen Beleg dafür, dass sie funktioniert. Je besser die Studie, desto ungünstiger fällt sie in der Regel für die Homöopathie aus.
- Es gibt empirische Belege dafür, dass sie nicht funktioniert.
- Es gibt etliche gescheiterte (fehlerhafte) empirische Belege dafür, dass sie funktioniert.
Schlechter kann die argumentative Lage (empirisch wie theoretisch) für ein Weltbild kaum aussehen. An diesen und einigen weiteren konkreten Punkten macht die GWUP ihre Kritik fest - und nicht an einem ominösen "Es". Und was speziell die Homöopathie angeht: Die GWUP vertritt zu diesem Thema eine klare Argumentationslinie, mit der jeder Interessierte (ob "Befürworter" oder "Gegner") sich auseinandersetzen kann. Welche Argumente führt eigentlich Herr Fritzsche ins Feld - außer mit verbalen Nebelkerzen zu werfen?
3. Die GWUP hat ein dogmatisches Wissenschaftsverständnis.
Dieser Vorwurf stellt die Realität einigermaßen auf den Kopf. Denn Wissenschaft ist per se ein Unternehmen, das Dogmatismus vermeiden hilft, indem es Hypothesen der empirischen Prüfung aussetzt. Wenn Wissenschaftler daher auf theoretischer wie empirischer Rechtfertigung von Aussagen über die Welt bestehen, dann ist dies kein Dogmatismus, sondern das einzige Mittel, Beliebigkeit, Wunschdenken und blinden Glauben von halbwegs gesicherter Erkenntnis zu unterscheiden.
Die in den Wissenschaften bei der Prüfung von Hypothesen angewandte Methodik (wie etwa die verschiedenen experimentellen und statistischen Verfahren) wurde über Jahre und Jahrzehnte entwickelt und hat sich als erfolgreich bewährt. Diese Methodik ist sozusagen die Sammlung der Spielregeln der Wissenschaft. Es nimmt daher nicht wunder, wenn alle, die bei Einhaltung der üblichen Spielregeln keine Ergebnisse vorzuweisen haben, ganz einfach diese Spielregeln ändern wollen. Da die Wissenschaftler jedoch an ihren bewährten Spielregeln festhalten, werden sie von Anti-Skeptikern des Dogmatismus bezichtigt. Das ist in etwa so überzeugend, wie wenn jemand, der nicht fit genug ist, eine längere Strecke zu laufen, den Veranstaltern eines Marathonlaufes Dogmatismus vorwirft, weil sie nicht bereit sind, die Regeln zu ändern, um ihn die Strecke mit dem Auto zurücklegen zu lassen.
Dies erschließt sich rasch bei einem Online-Streifzug durch diverse Homöopathie-Foren, um auf dieses Beispiel zurückzukommen:
"Die klassische Homöopathie hat ein völlig anderes Wissenschaftsverständnis als die experimentell und statistisch ausgerichtete Medizin, besser bekannt als Schulmedizin", liest man beiwww.anthrosana.ch: www.anthrosana.ch/dokumente/brief_deutsch_05.pdf.
Oder:
"Wie stehen wir zur Frage der naturwissenschaftlichen Validisierung mittels physikalischer Experimente?", heißt es bei www.form-homoeopathie.de/inform/homoeopathie_informalia_2001_cg.htm: "Gibt es da Substanzielles zu finden oder biedern wir uns nur dem herrschenden (und seitens der Homöopathie seit jeher kritisierten) Wissenschaftsverständnis einer medizinischen Oligarchie an?"
Oder:
"Die Forderung, die Homöopathie müsste ihre Wirksamkeit unter Forschungsmethoden, die üblicherweise in der Schulmedizin angewandt werden erbringen, läßt völlig außer Acht, dass die Homöopathie eine eigenständige Medizinwissenschaft ist, die nicht unter dem Blickwinkel eines ihr fremden Denk- und Forschungssystems beurteilt werden kann ... Diesem Denken liegt ein streng materialistisches, mechanisches Weltbild zugrunde, was auf die Homöopathie schwer übertragbar ist." (www.homoeopathieforum.de; Menüpunkt: Wissenschaft)
Das heißt übersetzt nichts anderes als: "Wenn die Homöopathie mit der Wissenschaft nicht in Einklang zu bringen ist, dann brauchen wir eben eine andere Wissenschaft." Rund heraus gesagt: DAS ist dogmatisch - und nicht das Wissenschaftsverständnis der GWUP, das lediglich an bewährten wissenschaftlichen Standards wie etwa randomisierten Doppelblindstudien und an Methoden festhält, die das subjektive Wunschdenken weitestgehend ausschalten.
Was die "Anti-Skeptiker" in Wahrheit aufbringt, ist die Tatsache, dass wissenschaftlich kontrollierte Versuchsreihen zu "alternativen" bzw. parawissenschaftlichen Verfahren in aller Regel keinen soliden positiven Ergebnisse hervorbringen. Vor diesem Hintergrund verfällt die Szene auf eine dreiste Strategie: Ihre Protagonisten leugnen grundsätzlich die Notwendigkeit von Studien, Folgeabschätzung und Nutzenüberprüfung, weil sie sich darüber erhaben glauben, oder sie behaupten, die von ihnen behaupteten Effekte seien mit wissenschaftlicher Methodik "nicht vollständig erfassbar".
Während die Parawissenschaftler also gern die Spielregeln des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns ändern wollen, um ihren beliebigen Behauptungen Anerkennung zu verschaffen, tut die GWUP nichts anderes, als zu fordern, sich an die Spielregeln zu halten.
4. Die GWUP hat keine Homöopathie-Experten und kann sich daher zu diesem Thema gar nicht qualifiziert äußern.
Etwa ein Viertel der rund 780 GWUP-Mitglieder sind Mediziner (vom niedergelassenen Hausarzt bis zum Medizinwissenschaftler) die allesamt nicht in der Lage sind, die „besondere Therapierichtung“ Homöopathie zu beurteilen?
Dieser Vorwurf gibt allenfalls einen Einblick in das Wunschdenken der Anti-Skeptiker, die sich von solchen Ad-Hominem-Angriffen implizit zu erhoffen scheinen, dass die Verleumdungstaktik das Publikum erfolgreich vom eigentlichen Thema der Auseinandersetzung ablenkt. Auf seiner Anti-Skeptiker-Plattform "Psychophysik.com" gibt Herr Fritzsche forsch "den Weg" vor, alternative Heilverfahren "mit etablierten wissenschaftlichen Methoden" zu untersuchen:
Wer sich "für diese Variante" interessiere, der werde laut Fritzsche "bei einer Gesellschaft wie z.B. der International Society for Complementary Medicine Research" fündig. Hier finde er Forscher, "welche die Alternativ- und Komplementärmedizin nach wissenschaftlichen Kriterien untersuchen und ihre Ergebnisse in Fachzeitschriften wie z.B. Forschende Komplementärmedizin, Homeopathy, Complementary Therapies in Medicine oder Natural Standard publizieren und zur Diskussion stellen."
Der GWUP dagegen unterstellt Herr Fritzsche "zu großen Teilen Pseudowissenschaft und ein negatives Glaubenssystem".
Was hat nun auf einmal "Glaube" mit Wissenschaft zu tun?
Hier entlarvt Herr Fritzsche einmal mehr ungewollt selbst eines der vielen Grundprobleme seiner Argumentation: nämlich dass diese kein Ziel weiß.
Ohne sein eigenes Wissenschaftsverständnis und seine persönliche Qualifikation auch nur im Ansatz darzulegen, polemisiert Herr Fritzsche gegen alles und jeden, der nicht seiner (welchen?) individuellen Auffassung von Wissenschaftlichkeit entspricht. Sogar international renommierte Forscher und ausgewiesene Experten für den Bereich der Alternativmedizin, wie etwa Prof. Edzard Ernst vom Lehrstuhl für Komplementärmedizin an der Universität Exeter, werden von Herrn Fritzsche hochfahrend abgewatscht, wenn deren Ergebnisse die Homöopathie nicht bestätigen. Umgekehrt hebt Herr Fritzsche jeden noch so entfernten Unterstützer aufs Podest.
Das einzige Kriterium, nach welchem Herr Fritzsche "gute" und "schlechte" Wissenschaftler etikettiert, scheint für ihn zu sein: Sind diese für oder gegen Homöopathie? Mit dieser kruden Haltung permanent an die Öffentlichkeit zu gehen, ist gewiss ein Ausweis ausgeprägten Selbstbewusstseins – aber was darüber hinaus? Wie wenig Herr Fritzsche tatsächlich etwas von Wissenschaft hält und versteht, kann man exemplarisch an einigen wenigen Punkten aufzeigen:
- Der vielleicht bedeutendste Aspekt der Homöopathie ist: Es besteht keinerlei Mangel an Daten und an soliden Studien dazu (erst recht nicht an unsoliden). Und jeder, der Zugang zu wissenschaftlicher Literatur hat, kann diese lesen, sich seine Meinung bilden und sich in eine öffentliche Diskussion einschalten – ob das nun Herrn Fritzsche als Homöopathie-Verfechter gefällt oder nicht.Die Aussagen der GWUP zu diesem Thema beruhen auf aktuellen und fundierten Erkenntnissen, die unter anderem von Medizinern stammen, die die aktuelle Studienlage sehr gut kennen und bewerten können, wie beispielsweise Prof. Dr. Jürgen Windeler.
- Herr Fritzsche befindet sich schlichtweg im Irrtum, wenn er glaubt, man könne hochkomplexe Bereiche wie Homöopathie, Akupunktur oder gar Komplementärmedizin im Allgemeinen unter Einbeziehung, Berücksichtigung und gleichwertiger Erwähnung jeglicher „Pro“- und „Contra“-Argumente behandeln. Gerade bei den Tausenden Aufsätzen und Studien zur Homöopathie muss man auswählen, da gute und gelinde gesagt weniger gute Studien existieren.
Bei den meisten gut erforschten Wissenschaftsthemen (oder ihren verschiedenen Teilaspekten) gibt es einen Konsens der Fachleute oder wenigstens einen Trend in den Studienergebnissen – auch bei der Homöopathie, und der ist nun einmal eindeutig negativ. Es ist richtig: Die GWUP ignoriert in ihren Stellungnahmen zur Hömöopathie bewusst überholte, falsche, widerlegte und irrelevante Argumente. Wenn Herr Fritzsche dagegen meint, seinen „Psychophysik“-Lesern eine Pseudo-Ausgewogenheit vorgaukeln zu müssen (und auch von anderen vehement einzufordern), ist das seine Sache. Nicht die der GWUP.
Die Stärke der GWUP liegt unter anderem gerade in der Unabhängigkeit von akademischen Hierarchien, Verbänden, Interessengruppen, Klienten, Forschungsgeldern oder Subventionen – um die „hauptberufliche“ Homöopathen, Parapsychologen, "Psychophysiker" etc. unentwegt kämpfen – und dafür entsprechende „Ergebnisse“ produzieren müssen.
- Die GWUP ist eine multidisziplinäre Vereinigung mit Experten aus nahezu allen Bereichen der Wissenschaft und Forschung. Die Homöopathie wiederum ist mitnichten ein rein medizinisches Phänomen, wie der Nicht-Mediziner Claus Fritzsche interessanterweise immer wieder insistiert. Die Gefahr also, dass es bei der kritischen Beurteilung der Homöopathie durch verschiedene GWUP-Experten einen
„großen blinden Bereich gibt, dessen wissenschaftliche Erschließung medizinische Fachkenntnisse voraussetzt“
(Zitat Fritzsche in seiner Kritik des Artikels von Prof. Lambeck in ZEITWissen), ist daher außerordentlich gering.Denn zahlreiche Wissenschaftsdisziplinen spielen zwingend in eine objektive Beurteilung der Homöopathie und ihres behaupteten Wirkmechanismus hinein – darunter Psychologie, Wahrnehmungsforschung, Chemie und Physik. Siehe dazu auch die gemeinsame Erklärung des GWUP-Physikers Phillipe Leick und des "para-freundlichen" Freiburger Physikers Hartmann Römer im "Skeptiker" 4/2006. Diese Interdisziplinarität der GWUP ermöglicht ihr die Betrachung eines bestimmten Phänomens aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln heraus - und unter Vermeidung des Tunnelblicks hochspezialisierter Teilbereiche der Wissenschaft.
5. Die GWUP forscht nicht.
Das Kürzel GWUP steht für „Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften“. Aus dieser Namensgebung und dem kritischen Engagement der GWUP in Sachen Alternativmedizin versucht Herrn Fritzsche nun eine „Gesellschaft zur Erforschung der Homöopathie“ zu konstruieren – um diesen selbst gebastelten Strohmann dann zurechtstutzen zu können.
Auch das ist kaum mehr als der lahme Versuch, unbequeme Kritiker zu diskreditieren und mit rhetorischen Verrenkungen aus der öffentlichen Diskussion herauszudrängen. Dabei vermeidet Herr Fritzsche sorgsam jedwede inhaltliche Auseinandersetzung mit den Argumenten der GWUP – denn dazu müsste er konkret Position beziehen und damit auch Rechenschaft über seine Qualifikation und Beweggründe geben.
Ganz allgemein ist zu diesem Vorwurf zu sagen:
Die GWUP hat in den vergangenen 3 Jahren "Psi-Tests" mit ca. 20 Personen durchgeführt, die mit Fug und Recht unter der Bezeichnung "Grundlagenforschung" subsumiert werden können. Die GWUP forscht nur in Ausnahmefällen als Organisation - aber ihre im akademischen Bereich arbeitenden Mitglieder forschen. Das bedeutet zum Beispiel konkret:
- Mediziner, die der GWUP angehören, initiieren oder begleiten in ihrem jeweiligen Forschungs- oder Tätigkeitsbereich Untersuchungen und Studien zu Themen wie Komplementärmedizin, Elektrosmog, Amalgam, Placebo-Effekt, Erdstrahlen etc.
- Lebensmittelchemiker, die der GWUP angehören, forschen an ihrer Universität/an ihrem Institut speziell zum Thema Nahrungsergänzungsmittel o.ä.
- Psychologen, die der GWUP angehören, vergeben an ihre Studenten Diplom- oder Magisterarbeiten mit einer Fragestellung aus dem Bereich der Parapsychologie.
- Volkskundler, die der GWUP angehören, promovieren zu Themen im Bereich Magie- und Aberglaubenforschung.
- Astronomen, die der GWUP angehören, widmen sich an ihren Einrichtungen, wie etwa Volkssternwarten, speziell dem Thema Astrologie.
- Geowissenschaftler, die der GWUP angehören, gehen angeblichen "Erdstrahlen" oder verwandten Phänomenen auf den Grund und akkumulieren umfangreiches Wissen darüber.
- Und auch Journalisten, die der GWUP angehören, recherchieren für ihr jeweiliges Medium zu para- und pseudowissenschaftlichen Themen.
Alle diese so gewonnenen Erkenntnisse werden in der GWUP gesammelt, diskutiert, bewertet und mit dem aktuellen Forschungsstand abgeglichen. Und hinzu kommt noch das Fachwissen vieler nahestehender Experten sowie die Untersuchungs- und Studienergebnisse sämtlicher Skeptiker-Organisationen auf der ganzen Welt, die im Zentrum für Wissenschaft und kritisches Denken der GWUP in Roßdorf auflaufen.
Die GWUP ist insofern einzigartig, als dass in ihr Fachleute und wissenschaftlich Interessierte mitdiskutieren können, ohne mit Totschlag-Argumenten im Stil von Herrn Fritzsche ausgeschlossen zu werden. Als Mischung aus Untersuchern, Verbraucherschutzvereinigung und Wissenschaftspopularisierern ohne kommerzielle Interessen, parteipolitische oder weltanschauliche Ausrichtung schließt die GWUP hier eine Lücke, die von potenteren Einrichtungen nicht besetzt wird.
Über das Gesagte hinaus gilt grundsätzlich in allen Bereichen (nicht nur) der Wissenschaft: Das Argument zählt, nicht der Argumentierende.
Etwas wissenschaftlich zu untersuchen, kann auch heißen, wissenschaftliche Methoden auf einen bestimmten Bereich anzuwenden, also Studien, Theorien, Methoden, Weltbilder auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse zu analysieren und zu bewerten. Umgekehrt kreidet die GWUP ihren inhaltlichen Kontrahenten nicht an, dass diese über keine einschlägige Qualifikation verfügen; sondern dass sie die übliche Terminologie missbrauchen oder umdeuten, logische Fehlschlüsse ziehen, widersprechende Belege ignorieren und so weiter - dass sie also unsolide argumentieren. Womit wir wieder bei Herrn Fritzsche und seiner "Psychophysik" wären.
6. Die GWUP ist nicht in der Scientific Community verankert.
Auch hier gilt dasselbe: Die GWUP ist nicht als Organisation selbst in der Scientific Community verankert - dennoch sind ihre an Universitäten und Forschungsinstituten tätigen Mitglieder beziehungsweise die wissenschaftlich publizierenden darin verankert. Es steht jedem frei, den "Science Citation Index" nach den Namen von GWUP-Mitgliedern zu durchforsten.
2.4. Claus Fritzsche und die Paramedizin
Im Folgenden werden wir exemplarisch einige weitere Anwürfe kommentieren, die als Reaktion auf eine Pressemitteilung der GWUP] entstanden sind und in Herrn Fritzsches "digitalem Poesiealbum Birne Helene" nachzulesen sind:
a) Die GWUP verschweige, so lesen wir,
"konsequent jene wissenschaftlichen Arbeiten, welche für die (gemäß Gesundheitsreform) so genannten Besonderen Therapierichtungen zu einem positiven Ergebnis kommen."
Was soll dieser Satz bedeuten?
Die "Besonderen Therapierichtungen" segeln ja unter dieser Flagge, weil sie die damit verbundenen Sonderrechte und Ausnahmeregelungen dringend brauchen - mangels vorzeigbarer Ergebnisse. Wäre dies anders, bräuchten sie nicht als "Besondere Therapierichtungen" zu firmieren. Anders ausgedrückt: Unstrittige wissenschaftliche Arbeiten mit einem belegbar positiven und replizierten Ergebnis gibt es zu den so genannten "Besonderen Therapierichtungen" gar nicht - denn das wäre automatisch gleichbedeutend mit der Aufnahme in die wissenschaftlich begründete Medizin.
b) Nach Herrn Fritzsches Meinung pauschaliert die GWUP in unstatthafter Weise, indem sie
- jene Therapierichtungen, die einer strengen wissenschaftlichen Prüfung nicht standhalten konnten,
- mit solchen, die eine Wirkung noch nicht nachweisen können oder umstritten sind, in einen Topf wirft.
Nun, auch hier stellt Herr Fritzsche die Dinge auf den Kopf. Um es noch einmal zu wiederholen: Sicher belegte Heilverfahren können per se keine "Besonderen Therapierichtungen" sein. Wir halten es aber für legitim, dass unsere Pressemitteilung zur Gesundheitsreform auch auf die umstrittenen Verfahren - beziehungsweise die noch ohne Wirknachweis sind - bezogen wird, eben weil wir der Meinung sind, dass mit den Kosten für solche Verfahren (solange der Wirknachweis nicht erbracht wird), ausschließlich diejenigen belastet werden sollten, die sie dessen ungeachtet wünschen.
c) Die GWUP desinformiere, indem sie verschweige, dass nicht der Wirknachweis wesentlich sei, sondern die Heilwirkung. Das halten wir nun für eine besonders eigenwillige Ansicht von Herrn Fritzsche. Es gebe, so schreibt er,
" ... speziell bei chronischen Leiden und Allergien auffallend große Erfolge von Therapieformen, welche über keinen Wirksamkeitsnachweis verfügen."
Also das gute alte Wer-heilt-hat-Recht-Argument - das Credo all derer, denen die Argumente ausgegangen sind und die womöglich guten Grund haben, Wirknachweise zu scheuen. Es sei noch mal klar gesagt, entweder ist eine Wirkung belegt oder nicht, egal ob Medikament, Händeauflegen oder Ähnliches. Denn um die Frage zu beantworten, ob Recht hat, wer heilt, müsste erst einmal aufwändig geklärt werden, ob der Patient tatsächlich von einer (wirklich vorhandenen) Krankheit geheilt wurde. Oder sich nur besser fühlt. Und ob das etwas mit der Therapie zu tun hatte oder mit anderen Faktoren.
Sicherlich: Wer heilt, hat ein positives Ergebnis hervorgebracht. Aber wer oder was hat im konkreten Fall tatsächlich die Heilung bewirkt? Das lässt sich oft eben nicht mit der gleichen Sicherheit sagen. Und daher muss hier zum Wohle der Patienten genau hingeschaut werden. Denn wer an "alternative" Heilverfahren glaubt, wird bewusst oder unbewusst skeptisch gegenüber der "Schulmedizin". Bewährte Arzneien wirken aber weniger gut, wenn der Patient Angst hat vor "schädlicher Chemie" oder wenn er dem Arzt misstraut. Dieser Nocebo-Effekt, der Antagonist des heilsamen Placebo-Effekts, wird bei der Diskussion regelmäßig übersehen. Anders gesagt: Wer Außenseiterverfahren wie Homöopathie nach dem Motto "Wer heilt, hat Recht" beurteilen will, verwischt den Unterschied zwischen geprüften und ungeprüften Methoden. Und er ignoriert den Nocebo-Effekt, der zu Lasten von Patienten geht, die man schulmedizinisch behandelt.
d) Ebenso ins Leere geht aus medizinischer Sicht auch diese Bemerkung Herrn Fritzsches:
"Fakt ist jedoch, dass es sehr viele pharmazeutische Präparate gibt, welche über einen Wirksamkeitsnachweis verfügen, jedoch keinen nennenswerten Beitrag zur Heilung von Krankheiten leisten. Sie unterdrücken Krankheitssymptome temporär, bis das Medikament wieder abgesetzt wird."
Das mag ja sein, aber ein Argument gegen pharmazeutische Medikamente ist per se kein Argument für die Alternative Medizin. Denn die Behauptung oben schließt mitnichten aus, dass diese Medikamente dennoch wirken! Herr Fritzsche verwechselt hier womöglich die Effekte "Heilung" und "Beschwerdelinderung". Beides sind aber gut definierte Therapieffekte, die ihre Daseinsberechtigung haben.
e) Abschließend wirft Herr Fritzsche der GWUP vor, sie fungiere als Stichwortgeber für solche Zeitgenossen, die paranoide Ideen ausleben, und zitiert sogar diverse diesbezügliche Abstrusitäten. Dass unsere Äußerungen - auch ganz bewusst - fehlinterpretiert werden können, beweist Herr Fritzsche ja selbst mit seinen eigenen Äußerungen. Und was darüber hinaus noch an missbräuchlich verwendeten Zitaten oder schiefen Bezugnahmen auf die GWUP kursiert: Dafür kann man nun nicht die GWUP verantwortlich machen. Ob die GWUP "Ideologien" verbreitet oder aber sich satzungsgemäß mit der wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften und der Aufklärung der breiten Bevölkerung in Sachen Pseudowissenschaften/Außenseitermedizin/Esoterik/Okkultismus befasst, kann der objektive Betrachter beurteilen, indem er sich unsere Aktivitäten im Einzelnen anschaut. Die Meinungsäußerung eines eingetragenen Vereins zu einer aktuellen politischen Angelegenheit wie der Gesundheitsreform, die tief ins öffentliche Leben hineinwirkt, wird nicht dadurch schon zur Ideologie. Sie entspricht aber einem Grundrecht der Verfassung.
2.5. Die "GWUP-Aussteiger"
In seinen Artikeln zur GWUP ruft Herr Fritzsche gewohnheitsmäßig "ehemals führende Mitglieder" der GWUP in den Zeugenstand, die sich nach ihrem Austritt aus dem Verein kritisch zur GWUP geäußert haben. Deren "Insiderberichte" sollen Herrn Fritzsches beachtlich verzerrte Außenwahrnehmung der GWUP authentisch legitimieren, was er üblicherweise gegen Ende seiner Texte mit "Dazu passend ..." oder ähnlichen Formulierungen einleitet. Als Service für seine Leser setzt Herr Fritzsche selbstverständlich auch Links zu den entsprechenden Webseiten. Auch in den Foren der Wikipedia werden die Berichte und "Erlebnisse" dieser GWUP-"Aussteiger" immer wieder in die Diskussion um die Skeptiker eingeworfen. Aus diesem Grund seien abschließend einige erhellende Schlaglichter auf die tatsächlichen Begebenheiten und Zusammenhänge geworfen.
Lesen hier den Punkt 2.5.2: Dr. Edgar Wunder und sein "Rauswurf" aus der GWUP
3. Fazit
Es bleibt Herrn Fritzsche unbenommen, sich aus Gründen, in die wir keinen Einblick haben, als eine Art Anwalt der Gegenaufklärung zu gerieren; je lautstarker und massiver er das tut, desto mehr konterkariert er seine - tatsächlichen oder auch nur vorgeschobenen - Anliegen. Die "Szene", auf die Herr Fritzsche mit seinen Profilierungsversuchen schielt, wird ihm sein hingebungsvolles anti-skeptisches Engagement gewiss danken. Für die GWUP hat sich Herr Fritzsche als ernsthafter Gesprächspartner längst selbst disqualifiziert.
Seit kurzem beklagt sich Herr Fritzsche auf seiner "Psychophysik"-Seite einmal mehr darüber, dass Prof. Dr. Martin Lambeck vom GWUP-Wissenschaftsrat eine öffentliche Diskussion mit ihm (die von Herrn Matthiesen hätte moderiert werden sollen) "ohne Angabe von Gründen" abgelehnt habe.
Es sollte ihm zu denken geben.
Hinweis: Diese Kritik stammt aus dem Jahr 2008, seitdem haben sich Fritzsches Aktivitäten noch ausgeweitet. Neben zahlreichen "anonymen" Seiten gegen die GWUP, bloggt er auch für verschiedene Homöopathieanbieter/-anhänger. Am 30. Juli 2012 berichtet sogar die SZ über Fritzsche: Homöopathie-Lobby im Netz - Schmutzige Methoden der sanften Medizin.
25. Februar 2014: Claus Fritzsche ist im Januar 2014 verstorben. Nachruf "Claus Fritzsche 1964 - 2014 bei Scienceblogs.de