Der so genannte Aggressionstrieb - Nachbetrachtung zu „Das sogenannte Böse" von Konrad Lorenz
Herbert Selg
Das Buch „Das sogenannte Böse" (1963), in dem der populäre Verhaltensforscher seine Theorie darstellte, wurde ein Bestseller. Dabei zeigt es schwere wissenschaftliche Mängel: Zu sehr stützte der Autor sich auf Anekdoten anstelle von Fakten; er ignorierte den Stand der Aggressionsforschung. Im folgenden Text wird die Argumentation des Buches kritisch überprüft; ein lernpsychologischer Ansatz wird skizziert, der soziale und kulturelle Einflüsse stärker berücksichtigt und in der Aggressionsforschung die Triebtheorien abgelöst hat.
Das Buch: Entstehung, Inhalt, Kritik
„Das sogenannte Böse", erschienen 1963, zeichnet sich durch einen hervorragenden, von Humor durchtränkten Stil aus. Das Buch enthält treffsichere Schilderungen, die den Autor als meisterlichen Tierbeobachter ausweisen. Dank der vielen Anekdoten über Tiere und Menschen löst der Text immer wieder ein zustimmendes Schmunzeln aus.
Es fällt nicht leicht, auf kritische Distanz zu gehen und zu erkennen, welch brisanter Text da eigentlich vorliegt: ein Text, der die großen Aggressionsneigungen des Menschen - die Weltkriege und den Holocaust eingeschlossen - auf das tierische Erbe in uns, d. h. auf einen Aggressionstrieb zurückführen will und die Einflüsse der Kultur stark vernachlässigt. Das Buch wurde schnell ein Bestseller und in viele Sprachen übersetzt. Seine Kenntnis gehörte um 1970 zu einer guten Allgemeinbildung.
Nach Lorenz verdankt das Buch seine Entstehung einem zufälligen Zusammentreffen zweier Umstände: Erstens brachte ihn seine Vortragstätigkeit in den USA mit Psychoanalytikern ins Gespräch. Im Zentrum dieser Diskussionen standen Freuds Aggressionslehre und sein Begriff des Todestriebes, den Lorenz ablehnte. Zweitens ergab sich für ihn die Gelegenheit, in den Korallenriffen Floridas eine Hypothese über Kampffische zu prüfen.
Lorenz erschloss aus seinen Beobachtungen von Aggressionen einen auf den Artgenossen gerichteten Kampftrieb bzw. Kampfinstinkt bei vielen Tierarten und dem Menschen. Ein Trieb, z. B. der Nahrungstrieb, muss in relativ periodischen Abständen befriedigt werden, sonst nimmt der Organismus Schaden. Solche Perioden werden von Lorenz für den Aggressionstrieb jedoch nicht angegeben.
Für das Tierreich bringt er eindrucksvoll erscheinende Beispiele, für den Menschen jedoch allenfalls Anekdoten. Die bereits vorhandene Aggressionsforschung (z. B. Scott 1958, Buss 1961) nimmt er dabei nicht zur Kenntnis. So findet man im Buch zwar ein Register mit Tiernamen, aber keine einzige Literaturangabe. Zitate aus Goethes und Schillers Werken und aus der Bibel scheinen an die Stelle von empirischen Befunden zu treten; Begriffserläuterungen finden nicht statt. Von Buntbarschen und Graugänsen werden Schlüsse auf den Menschen gezogen, nicht ohne sprachlich geschickte „Brücken": So schreibt Lorenz z. B. vom Abreagieren des „gesunden Ärgers" bei Fischen (Lorenz 1963).
Konrad Lorenz wollte die innerartliche Aggression darstellen. Dabei ging er von dem Ansatz aus, Triebe bzw. Instinkte seien grundsätzlich lebenserhaltend, und stellte sich damit gegen Freuds Todestrieblehre. Wozu ist nun Aggression - „das Böse" - gut, fragte er. Die wichtigste Teilantwort: Durch den Aggressionstrieb werden die Tiere einer Art möglichst weit über den Lebensraum verteilt (Lorenz 1963, 48); doch gibt der Autor zu, dass dies bei manchen Tierarten auch anders erreicht werden kann, z. B. bei Fröschen (Lorenz 1963, 59). Durch Aggressionen kommen zudem die „besten und stärksten Tiere" zur Fortpflanzung; Klugheit scheint nach Lorenz nicht gefragt zu sein. Aggressionen schaffen auch eine Rangordnung unter Tieren. Jedes Tier wisse, „welches andere stärker und schwächer ist als es selbst" (Lorenz 1963, 67). Hier wird eine Art „Führerprinzip" als biologisch sinnvoll und gegeben unterstellt, und bald folgt auch ein Bekenntnis zu einer Altmännerherrschaft, das von Demokratie wenig „angekränkelt" ist (Lorenz 1963, 71).
Niemals sei das Ziel einer Aggression die Vernichtung eines Artgenossen, heißt es im Buch weiter (Lorenz 1963, 72). Da gibt es aber Gegenbeispiele, wenn Lorenz sie vielleicht auch noch nicht kannte: So töten Löwenmännchen den fremdem Nachwuchs, wenn sie einen „Harem" übernehmen und darin Babys vorfinden (Wickler und Seibt 1977).
Wenn Lorenz schließlich sehr suggestiv die Überzeugung ausdrückt, dass aus der Aggression schließlich Freundschaft und Liebe sprießen werden (Lorenz 1963, 73), verklärt er fürwahr Böses zum Quell des Guten. Die m. E. perverse Kernaussage des Buches, es gebe keine Liebe ohne Aggression, wird später noch mehrfach wiederholt (Lorenz 1963, 302, 306). Der Autor versucht, sie mit Imponiervokabeln wie „zweifellos" und „mit Sicherheit" gegen Kritik zu immunisieren (Lorenz 1963, 307), und je suggestiver seine Worte, desto weniger bemüht er sich um Belege. Was zu beweisen wäre, wird immer wieder vorausgesetzt: dass der Mensch einen Aggressionstrieb habe, der Befriedigung finden müsse, da es andernfalls zu einem Aggressionsstau und zu Leerlaufreaktionen komme, also zu Aggressionen, die ohne hinreichenden Reiz ablaufen. Eine bei seiner „verwitweten Tante" (Lorenz 1963, 85) alle acht bis zehn Monate erkennbare Aggressionsneigung gegen „Dienstmädchen" wird als hinreichend überzeugendes Beispiel für solch ein Verhalten beim Menschen gesehen.
Im Folgenden (Lorenz 1963, 116) legt der Autor dar, wie die tierische Aggression im Zaum gehalten wird: durch spezielle Hemmungsmechanismen, die ein moralanaloges Verhalten ermöglichen. Durch sie kommt es zu manchmal geradezu ritterlich erscheinenden Kämpfen, deren Verlierer keinen wesentlichen Schaden nehmen. So werde auch die Tötung von Artgenossen im Kampf verhindert.
Der Mensch als Spielball des Aggressionstriebs
Erst im zwölften Kapitel taucht offiziell die beiläufig schon oft angesprochene Frage auf, was von alledem „auf den Menschen anwendbar" sei. Nun heißt es zusammenfassend: Alles Behauptete gelte auch für den Menschen. Der habe von den ersten Werkzeugen an seine Intelligenz u. a. dazu genutzt, seinen „Bruder totzuschlagen und zu braten" (Lorenz 1963, 336). Dieser vom Autor so selbstverständlich unterstellte Kannibalismus sagt vielleicht mehr über ihn selbst aus als über unsere Vorfahren, denn wahrscheinlich stand nicht der Mord, sondern die Kooperation am Anfang der Kulturentwicklung (Leakey und Lewin 1978).
Schon der Faustkeil ermöglicht für Lorenz ein so leichtes und rasches Töten, dass unsere Aggressionshemmungen dagegen nicht mehr ausreichen. Der einmal schwer am Kopf getroffene Mensch kann nicht mehr schreien oder anderweitig Hemmungen beim Gegner wachrufen. Doch die Entwicklung blieb auf diesem Niveau nicht stehen: Extrem sei das Ungleichgewicht zwischen Tötungsfähigkeit und Hemmung durch die modernen Waffen geworden: „Familienväter haben Bombenteppiche gelegt" (Lorenz 1963, 340).
Lorenz führt dies letztlich auf unseren Instinkt zurück, doch drängt sich gerade bei diesem Beispiel die Dressur zum Gehorsam als Erklärung auf. Menschen, die es so gelernt haben - und in der militärischen Ausbildung gibt es dafür den letzten Schliff - führen jeden Befehl aus. Nur eine Minderheit handelt anders; es gibt auch sie, doch ist ihr Verhalten eher aus ihrer Erziehung als aus ihren Genen ableitbar.
Nach Konrad Lorenz hat die Menschheit einen hypertrophierten, also übersteigerten Aggressionstrieb, da sich die Aggression innerhalb der Evolution der Art bewährt habe.
Bei der Erläuterung, wie gefährlich unausgelebte Aggressionsneigung werden könne, stützt er sich auf einen S. Margulin, der Studien an den hoch aggressiven Ute-Indianern angestellt haben soll. Laut Lorenz können die Angehörigen dieses Stammes ihren starken Trieb in den Reservaten nicht abreagieren. Deshalb sollen sie häufiger an Neurosen leiden als andere menschliche Gruppen und zu Autounfällen sowie Suiziden neigen. Das alles sei „objektiv überzeugend, ja beweisend", steht beschwörend im Text (Lorenz 1963, 343). Eine Literaturangabe dazu sucht der Leser vergebens. Und wie Montagu (1968) ausführt, gibt es keinen Ute-Forscher namens Margulin. Was man in der seriösen Wissenschaft über diesen Stamm weiß, passt nicht zu dem von Lorenz gemalten Bild. Verschiedene Ute-Kenner haben deshalb eine Erklärung unterzeichnet, die sich von seinen diffamierenden Beschreibungen distanziert; die Ute-Indianer sind weder in der Mord- und Selbstmordrate noch in Unfallneigungen und Neurosen auffällig (Montagu 1968, 107).
Es stimmt, die Menschheit hat viele moralische Regeln gegen die Gefahr von Aggressionen aufgestellt. Friedfertigkeit wird verlangt, sogar gegenüber Feinden. Dadurch bleiben - nach Lorenz - aggressive Triebe unausgelebt. Was tun? Zwar sei es nicht möglich, Aggressionen zu entschärfen, etwa durch Beseitigung von auslösenden Reizsituationen. Auch theoretisch denkbare Versuche, die Aggressionen wegzuzüchten, seien unratsam, da dann - nach der Überzeugung von Lorenz - auch das „Band", also Freundschaft und Liebe weggezüchtet würden.
Zum Glück gehe es aber einfacher: Katharsis, also „Reinigung" oder Befreiung von aggressiven Tendenzen, sei möglich durch sportliche Wettkämpfe, durch Bergsteigen, Tauchen, Expeditionen oder wissenschaftlichen Wettbewerb (Lorenz 1963, 374). Auch persönliche Bekanntschaften zwischen Menschen verschiedener Nationen sollen die Kriegsgefahr reduzieren; wichtig seien gemeinsame Begeisterung für eine Sache, z. B. für die Kunst, und gemeinsames Lachen. Denn Lachen schaffe „ein Gefühl brüderlicher Zusammengehörigkeit". „Menschen, welche lachen, schießen nie", heißt es da (Lorenz 1963, 384). Aber z. B. die Sonderkommandos des Naziregimes haben durchaus gelacht und das Leben genossen, als sie ihre blutige Spur durch eroberte Länder zogen (Browning 1996).
Das Buch endet mit einem Glaubensbekenntnis an die „Macht der Selektion": Sie werde eines Tages die „größte und schönste Forderung wahren Menschentums" (Lorenz 1963, 388) erfüllen und es uns ermöglichen, alle „Menschenbrüder" zu lieben (Lorenz 1963, 387); über die Schwestern schweigt Lorenz.
Frühe Rezeption
Das Buch wurde rasch zum Bestseller in aller Welt; sein Stil kam an. Gut lesbare Tiergeschichten finden viele Liebhaber. Ein Buch hat großen Erfolg, wenn es Bedürfnisse in hohem Maße befriedigen kann. Welche sind und waren dies hier? Der Wunsch nach guter Unterhaltung reicht zur Erklärung kaum aus. Folgender Gedankengang ist erlaubt: Im Erscheinungsjahr des Buches schwiegen große Teile der Welt immer noch zu den Schrecken der NS-Diktatur und des Zweiten Weltkriegs. Es herrschte eine „Unfähigkeit zu trauern" (A. und M. Mitscherlich 1967).
Die Psychologie hatte von 1939 (Dollard et al.) bis 1961 (Buss) keine überzeugende Arbeit mehr über die menschliche Aggressivität hervorgebracht, sich also mehr als 20 Jahre der dringenden Frage nach der furchtbaren Gewalt nicht gestellt. Dank des Buches von Lorenz konnten sich die Leser nun ein Stück weit für ihre eigenen Aggressionen entschuldigt fühlen. Vor allem den Beteiligten an nationalsozialistischen Verbrechen bot es Entlastung, denn solche Täter durften sich von Lorenz in ihrer besonderen „Menschlichkeit" bestätigt sehen. Auch die Amerikaner, die als Ankläger gegen deutsche Kriegsverbrecher auftraten, waren von ihm begeistert - genau zu der Zeit, als viele Angehörige ihres Volkes in Vietnam übelste Kriegsverbrechen begingen. Diese zu entschuldigen, war sicher nicht die Absicht des Autors, aber sein Text war dafür dienlich.
Vielleicht wollte Lorenz sich auch selbst entlasten? Nun, er war als Soldat kein Kriegsverbrecher. Doch 1940, als sich der deutsche Antisemitismus dem Holocaust näherte, schrieb er ohne Not, ein Volk müsse sich in „rassehygienischer Abwehr" mit einfachen Maßnahmen gegen Ausfallserscheinungen wehren - wie gegen Krebs; die asozialen Elemente könnten nicht durch Erziehung gebessert werden. „Zum Glück ist ihre Ausmerzung für den Volksarzt leichter" als eine chirurgische Operation, heißt es dort (Lorenz 1940, 69f). „Ausmerzung" ist ein deutliches Wort. Wollte also Lorenz mit seiner Lehre vom Aggressionstrieb, den man befriedigen muss, eigene Schuldgefühle reduzieren? Vielleicht - wir werden es nie genau erfahren.
Lorenz befürchtete bei der Veröffentlichung wohl den Vorwurf der Banalität, aber keinen begründeten Widerspruch. Er irrte sich.
Als der Siegeszug des Buches erkennbar wurde, kam es vielerorts auch zu heftiger Kritik, z. B. aus der Verhaltensforschung und aus der Psychologie (Roth 1974, Schmidt-Mummendey und Schmidt 1971, Selg 1971). Psychologische Aggressionsforscher sahen es als wichtige Aufgabe an, die Triebtheorien von Freud und Lorenz zurückzuweisen - z. B. zugunsten einer lernpsychologischen Sicht.
Dieser Ansatz soll hier kurz dargestellt werden:
Der lernpsychologische Erklärungsansatz
Aggressionen werden gelernt wie andere komplexe Verhaltensweisen (z. B. Maschinenschreiben oder die Beherrschung der Muttersprache), und sie können auch wieder verlernt bzw. gehemmt werden. Dabei spielt das Lernen am Erfolg eine Rolle, d. h. was genügend oft zu einem Erfolg führt, wird behalten. Noch wichtiger ist das Lernen am Modell: Man lernt Verhalten, das man bei anderen wahrnimmt. Das bedeutet aber nicht immer, dass man das Gelernte auch im offenen Verhalten zeigt. So wissen viele Menschen relativ gut, wie man einen Bankraub durchführen kann, ohne je einen zu begehen. Das Gelernte bleibt in solchen Fällen latent.
Das Lernen am Modell steht seit 1963 (Bandura und Walters) in einem Brennpunkt psychologischer Aggressionsforschung. Seine Relevanz zeigt sich nicht zuletzt bei Untersuchungen der Wirkungen von Gewaltdarstellungen in Massenmedien (Übersicht in Selg, Mees und Berg 1997): Sie steigern bei moralisch noch ungefestigten Menschen wahrscheinlich die Aggressionsbereitschaften; zur offenen Aggression tendieren vor allem solche Kinder und Jugendliche, die neben dieser fiktionalen Gewalt in ihrer Herkunftsfamilie direkte Gewalt erfahren.
Bedeutung des Buches heute
Es ist relativ still geworden um „Das sogenannte Böse"; so still, dass eine 1992 erschienene Lorenz-Würdigung, „Die vermessene Theorie" von Zippelius, das Buch im Literaturverzeichnis zwar noch nennt, im Text aber die Lehre von der menschlichen Aggressivität absolut unerwähnt lässt. Und 1996 schrieb auch Lehrman eine Kritik der Instinkttheorie von Lorenz, ohne das Buch anzuführen - so unglaublich das auch klingen mag. Mit anderen Worten: Die Biologie und andere Wissenschaften beachten es nicht mehr. Das ist gut so, denn das Buch lenkte für lange Zeit die Aufmerksamkeit auf eine für den Menschen schwache Aggressionstheorie.
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Die ethologische Triebtheorie wird hier nicht abgelehnt, weil sie den Menschen in eine evolutionäre Reihe mit den Tieren stellt, sondern weil sie das spezifisch Menschliche verzerrt und den Unterschied zwischen dem Biss eines Buntbarsches und dem Abschlachten von Menschen in einem Krieg nicht genügend reflektiert. Wer den Menschen auf Triebe und Instinkte reduziert, gefährdet Kultur und Ethik (Schweitzer 1923). Triebtheorien sind einfache Theorien, daher werden sie schnell populär und bleiben es dann auch. Selbst wenn es nicht ihre Absicht ist, geben sie all denen eine pseudowissenschaftliche Rechtfertigung, die Kriege vorbereiten bzw. an Auf- und Nachrüstungen verdienen wollen. „Ich glaube, dass es einfach in der Natur des Menschen liegt, das Kämpfen", rechtfertigt beispielweise Samuel Cohen, der Konstrukteur der Neutronenwaffe, sein Lebenswerk (Cohen 1981).
Anders als es Bischof (1991) empfiehlt, sollte man das Buch durchaus noch mit Studierenden lesen. Es gibt vielfältige Einsichten in die Tatsache, wie leicht sich wissenschaftlich interessierte Menschen jahrelang verblenden lassen. Die Kritik gegen Lorenz tat sich wegen seines hohen Ansehens zunächst sehr schwer, vor allem als er 1973 den Nobelpreis erhielt. Heute aber kann man sagen, es macht wieder intellektuellen Spaß, das Buch mit neuer „Brille" zu lesen. Aus welchen Gründen auch immer: Zu schmunzeln gibt es dabei viel.
Die Zeit ist über die Aggressionstheorie von Konrad Lorenz hinweggegangen. Geistesverwandte Lehren werden jedoch - z. B. im Rahmen der Soziobiologie - immer wieder erstehen. Vielleicht werden sie aber nicht mehr ganz so ernst genommen.
Der Text ist die überarbeitete Form eines Beitrags zu dem Buch „Klassiker der Psychologie", hrsg. von Lück, H. E., Müller, R. und Sewz-Vosshenrich, G., Kohlhammer, Stuttgart 2000
Literatur
- Bandura, A., Walters, R. H. (1963): Social learning and personality development. Rinehart & Winston, NY
- Bischof, N. (1991): Gescheiter als alle die Laffen. Rasch & Röhring, Hamburg
- Browning, C. R. (1994): Ganz normale Männer. Rowohlt, Reinbek
- Buss, A. H. (1961): The psychology of aggression. Wiley & Sons, New York
- Cohen, S. (1981) in: Der Spiegel 38/1981
- Dollard, J., Doob, L. W., Miller, N. E., Mowrer, O. H.; Sears, R. R. (1939): Frustration and aggression. Yale University Press, New Haven
- Leakey, R., Lewin, R. (1978): Wie der Mensch zum Menschen wurde. Hoffmann und Campe, Hamburg
- Lehrman, D. S. (1996): A critique of Konrad Lorenz' theory of instinctive behavior. In: Houck, L. D., Dirckamer, L. C. (Hrsg.): Foundations of animal behavior. University of Chicago Press, Chicago
- Lorenz, K. (1940): Durch Domestikation verursachte Störungen arteigenen Verhaltens. Zeitschrift für angewandte Psychologie und Charakterkunde, 59, 2-81
- Lorenz, K. (1963): Das sogenannte Böse. Borotha-Schoeler, Wien
- Mitscherlich, A., Mitscherlich, M. (1967): Die Unfähigkeit zu trauern. Piper, München
- Montagu, M. F. A. (1968): Man and aggression. Oxford University Press, New York
- Roth, G. (Hrsg.) (1974): Kritik der Verhaltensforschung. Beck, München
- Schmidt-Mummendey, A., Schmidt, H. D. (1971): Aggressives Verhalten. Juventa, München
- Schweitzer, A. (1923): Kulturphilosophie. Beck, München
- Scott, J. P. (1958): Aggression. University of Chicago Press, Chicago
- Selg, H. (Hrsg.)(1971): Zur Aggression verdammt? Kohlhammer, Stuttgart
- Selg, H., Mees, U., Berg, D. (1997): Psychologie der Aggressivität (2. Aufl.). Hogrefe, Göttingen
- Wickler, W., Seibt, U. (1977): Das Prinzip Eigennutz. Hoffmann und Campe, Hamburg
- Zippelius, H. N. (1992): Die vermessene Theorie. Vieweg & Sohn, Braunschweig
Herbert Selg, geb. 1935 in Oberhausen, Professor für Psychologie an der Universität Bamberg. Hauptarbeitsgebiete: Aggressivität und Sexualität; zzt. Projekt über Prävention sexueller Misshandlung von Kindern. Mitherausgeber der Taschenbuchreihe „Grundriss der Psychologie" (22 Bände, Suttgart: Kohlhammer). Anschrift: Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Postfach 1549, 96045 Bamberg
Tipps zum Weiterlesen
- Nolting, Hans-Peter: Lernfall Aggression,Wie sie entsteht, wie sie zu vermindern ist. Ein Überblick mit Praxisschwerpunkt Alltag und Erziehung. rororo, Reinbek 1997, DM 16,90.Leicht verständlicher, anwendungsbezogener Überblick über den aktuellen Stand der Aggressionsforschung.
- Selg, Herbert, Mees, Ulrich, Berg, Detlef: Psychologie der Aggressivität,Hogrefe, Göttingen 1997, DM 69,-. Ein aktuelles Lehrbuch der psychologischen Aggressionsforschung; grundsätzliche Diskussion des Begriffs Aggression, dazu ein Überblick über Aggressionstheorien. Ferner geht es auf die Entwicklung aggressiven Verhaltens und seine Diagnostik ein, zeigt Möglichkeiten der Intervention u. a. m.
- Bandura, Albert: Aggression. Eine sozial-lerntheoretische Analyse. Stuttgart, Klett-Cotta 1979, DM 58,-.Bandura entwickelt hier die bis heute überzeugendste Theorie aggressiven Verhaltens.
- Selg, Herbert (Hrsg.): Zur Aggression verdammt? Ein Überblick über die Psychologie der Aggression. Stuttgart, Kohlhammer 1971 (nicht mehr lieferbar)
- Dieses Buch ging bereits Anfang der siebziger Jahre auf die Schwächen trieb- und instinkttheoretischer Erklärungen von Aggression ein und machte die deutschsprachigen Leser mit dem lerntheoretischen Ansatz bekannt. Wichtig ist das Fragezeichen im Titel - denn Selg zeigt hier, dass wir eben nicht zur Aggression „verdammt" sind.
Christoph Bördlein
Dieser Artikel erschien im "Skeptiker", Ausgabe 3/2000.