08.03.2013 (GWUP): Der Cancer Council Australia hat in einer Stellungnahme vor alternativmedizinischen Anwendungen gewarnt. Außerdem fordern die Wissenschaftler die ,,Therapeutic Goods Adminstration" (die australischen Behörde, die medizinische Anwendungen reguliert) auf, Konsumenten vor falschen Behauptungen über angebliche Vorzüge komplementärmedizinischer Behandlungen zu warnen.
Die Wissenschaftler unterscheiden in ihrer Stellungnahme zwischen komplementären Methoden, die zusätzlich zur evidenz-basierten Verfahren in der Krebstherapie verwendet werden und ,,alternativmedizinischen" Verfahren, die anstelle wissenschaftlicher Medizin verwendet werden. So gibt es derzeit viele Patienten, die ihre Krebserkrankungen mit Diäten, Vitaminzusätzen oder gar Geistheilung lindern oder zum Verschwinden bringen wollen. Auch die (wissenschaftlich widerlegte) Homöopathie sowie Reiki und ,,Heilung" mit Magneten finden Anwendung. Dem Council zufolge hat sich die Verwendung derartiger Therapien von 1970 bis 2000 in Europa, Austalien und Nordamerika bei Krebspatienten fast verdoppelt. Die Wissensschaftler sehen eine große Lücke zwischen dem Glauben vieler Konsumenten und der tatsächlichen Wirksamkeit und Sicherheit von komplementären und ,,alternativmedizinischen" Anwendungen. Viele Patienten halten diese für sicher, obwohl sie nie wissenschaftlich getestet wurden. Während es offenbar Hinweise gibt, dass einzelne komplementäre Therapien helfen könnten, sind ,,alternativmedizinsche" Verahren in der Regel unbewiesen oder nachweislich unwirksam und können, vielfältig und leicht verfügbar, Schaden anrichten. Der Complementary Healthcare Council of Australia (CHCCA) hingegen hält die Stellungnahme für Bangemache. Stattdessen unterstütze man das Recht der Verbraucher zur ,,informierten Wahl" solcher Behandlungen. Dabei sieht der Cancer Council Australia vernünftige Dinge vor:
- Es soll die Anwendung von Krebstherapien gefördert werden, die wissenschaftlich getestet und die sich als sicher und wirksam erwiesen haben
- Verbraucher sollen durchaus in ihrem Recht unterstützt werden, sich über komplementäre und ,,alternativmedizinische" Behandlungsmethoden zu informieren und diese auch anzuwenden - sofern sie dabei nicht Gefahr laufen, Schaden zu nehmen.
Vor allem aber soll die Therapeutic Goods Administration dafür Sorge tragen, dass Patienten nicht auf falsche Versprechungen der Pseudo-Medizin hereinfallen. Außerdem sollen weitere wissenschaftliche Studien gefördert werden, die Sicherheit und Wirksamkeit der gängigsten ,,alternativen" Verfahren ermitteln, damit die Patienten unterscheiden können zwischen gefährlichen, nutzlosen Therapien und solchen, von deren Anwendung sie möglicherweise profitieren könnten.
Die Warnung der Krebsmediziner hat auch einen Grund: Die Anwendung der umstrittenen Verfahren ist keine Nebensächlichkeit. Allein in Australien sollen jährlich 4,1 Milliarden Dollar für ,,Alternativmedizin" ausgegeben werden, jeder zweite Krebspatient hat derlei schon ausprobiert.
Der Chef des Cancer Council, Professor Ian Olver warnt daher auch vor Nebenwirkungen derartiger Präparate. Diese könnten die Wirkung konventioneller Krebsmittel negativ beeinflussen. Für ihn sei es unzweifelhaft, dass einige ,,Charaktere" mit verzweifelten Krebskranken das schnelle Geld machten. Viele der Alternativheiler hätten mangels ausreichender gesetzlicher Regelungen keine ausreichende Qualifikation, weshalb Krebspatienten potentiell Schaden nehmen könnten. Eines der größten Risiken sei die Möglichkeit, dass Krebskranke mit den ,,alternativen" Therapien konventionelle Behandlungen abschwächen oder ganz vermeiden.
Bereits vor einiger Zeit hatte eine Gruppe von australischen Wissenschaftlern, die Friends of Science in Medicine, in einer Stellungnahme gefordert, ,,Alternativmedizin" von den australischen Universitäten zu verbannen, weil teils widerlegte Verfahren durch eine Vermittlung an staatlichen Hochschulen eine unverdiente Legitimation erführen. Vielleicht gelingt es ja dem Cancer Council Australia mit seiner Stellungnahme, die oft leichtfertige Anwendung gefährlicher, unsinniger Heilmethoden zu reduzieren. Und vielleicht macht dieses Beispiel in anderen Ländern Schule.
Holger von Rybinski