Die weltweite Kritik an fragwürdigen Heilmethoden reißt nicht ab. Nach britischem Vorbild planen auch australische Wissenschaftler, etliche alternativmedizinische Verfahren von den Universitäten zu verbannen.
Zu diesem Zweck haben sich über 400 Wissenschaftler zu der Gruppe „Friends of Science in Medicine“ zusammengeschlossen und an jeden der stellvertretenden Universitätsleiter in Australien geschrieben mit der Bitte, ihr Angebot an Studiengängen im Gesundheitsbereich zu überprüfen und sicherzustellen, dass wissenschaftliche Prinzipien und experimentell belegte Verfahren Vorrang eingeräumt wird. Nach Meinung der Gruppe legitimieren viele Hochschulen mit ihren Studienangeboten in Alternativmedizin, wie Reflextherapie, Homöopathie und Aromatherapie, Verfahren, die als Quacksalberei bezeichnet werden müssten. Diese Verfahren würden gelehrt, als ob sie Wissenschaft seien. Außerdem ruinierten die Studienstätten ihren Ruf als, so Kelly Burke in „Melbourne Weekly", „Horte der wissenschaftlichen Strenge". Einer der Gründer der Gruppe, Professor John Dwyer, zählt 19 australische Universitäten, an denen „Abschlüsse in Pseudo-Wissenschaften" angeboten werden. Es sei außergewöhnlich, dass derart undisziplinierter Nonsens an australischen Universitäten gelehrt werde. Er bedauert diese Entwicklung und fordert, dass keine Steuergelder mehr für derartige Studienangebote ausgegeben werden, noch dazu in Zeiten, in denen die australische Regierung versucht, strengere Kriterien für Wirksamkeitsnachweise von alternativmedizinischen Verfahren festzulegen.
Und schon melden sich erste Kritiker von „Friends of Science in Medicine". So wehrte sich Dr. Ray Myers von der RMIT University`s School of Health Sciences in einem „The Conversation"-Artikel gegen die erhobenen Vorwürfe. An der RMIT (Royal Melbourne Institute of Technology) würde die alternativen Heilverfahren auf sorgfältige wissenschaftliche Weise erforscht, klinische Untersuchungen gar vom National Health and Medical Research Council (NHMRC) bezuschusst, darunter eine Studie zur Schmerzbehandlung mit Akupunktur in Notaufnahmen. Dr. Myers räumt zwar ein, dass Verfahren wie Chirotherapie und Osteopathie Gebiete seien, auf denen die klinische Forschung begrenzt sei, die wissenschaftliche Vorgehensweise des RMIT bei derartigen Verfahren sieht er jedoch darin bestätigt, dass die Ausbildungsgänge der Hochschule die beste verfügbaren Wirkungsnachweise berücksichtige und gleichzeitig weitere klinische Forschung bei derartigen Verfahren propagiere.
Die kritischen „Friends of Science in Medicine" kann so eine Argumentation nicht überzeugen. Gerade die scheinbare Legitimation der Alternativmedizin durch ihre Präsenz an den Hochschulen sehen sie kritisch. John Dwyer sieht stattdessen die Gefahr, dass Menschen mit chronischen Gesundheitsproblemen eine sachgemäße Untersuchung und Behandlung verzögerten, weil sie stattdessen womöglich zu Alternativmedizinern gingen. Wenn diese Mediziner sich auch noch mit akademischen Abschlüssen zu umstrittenen Behandlungsmethoden schmücken können, ist diese Befürchtung sicher berechtigt.
Holger von Rybinski