28.05.2016 (GWUP): Der „Deutsche Homöopathie-Kongress 2016" in Bremen wurde von zahlreichen Medien erstaunlich kritisch begleitet.
Noch bis zum Samstag tagen beim „Deutschen Homöopathie-Kongress" in Bremen Verfechter der „alternativmedizinischen" Heilslehre. Bereits im Vorfeld hatte
der Kongress Aufsehen erregt, weil die Bremer Wissenschafts- und Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) als Schirmherrin aufgetreten war. Diese hatte zwar klargestellt, dass sie sich nicht mit allen Inhalten des Kongresses identifiziere, die Übernahme der Schirmherrschaft habe jedoch auch in anderen Bundesländern Tradition. Ihre Schirmherrschaft hatte die Kritik zahlreicher Wissenschaftler und Verbraucherschützer zur Folge. Viele regionale und überregionale Medien schlugen erstaunlich kritische Töne an. So schrieb die „Augsburger Allgemeine" unter der Überschrift „Streit um Homöopathie: Placebo und Proftgier" von der Furcht vieler Mediziner um ihre Patienten, da bei einem Vortrag auf dem Kongress angeblich behauptet wurde, man könne mit Homöopathie sogar Tumore heilen. Wenn Patienten auf die „alternative" Methode statt auf herkömmliche Therapien vertrauten, könne sich ein Tumor verschlimmern. Aber auch Kreise, die man eher in der Nähe der Hahnemann-Jünger vermuten würde, äußerten sich äußert kritisch. „Heilpraxisnet", das „Fachportal für Naturheilkunde & Naturheilverfahren" titelte gar: „Homöopathie-Kongress: Senatorin für Wissenschaft und die Wunderheiler" . Der Autor Dr. Utz Anhalt machte auch klar, was die magisch-esoterische Homöopathie von einem Naturheilverfahren unterscheidet: „Auch die Pflanzenheilkunde als Teil der evidenzbasierten Medizin ist fernab der homöopathischen Behandlung. Heilkräuter enthalten starke Wirkstoffe – im Gegensatz zu den wirkungslosen Zuckerkugeln." Und er erörterte, was an der Homöopathie wirken kann: „Die Betroffenen, oft psychisch im Mitleidenschaft gezogene Menschen, die sich allein gelassen fühlen, sehen, dass ein Fachmann ihnen zuhört. Arzt bzw. Heilpraktiker und Patient vollführen also in Wirklichkeit eine Gesprächstherapie, in der die Zuckerkugeln symbolische Bedeutung haben." Und: „Diese Psychotherapie aktiviert die Selbstheilung, was die Behandlungserfolge erklären kann und deutlich macht, wieso nach wie vor vielen Menschen die fehlenden wissenschaftlichen Belege zur Wirkung der Homöopathie egal sind: Ihnen sind Erfahrungen wichtiger als Studien." Genau diese hat lt. der „Neuen Osnabrücker Zeitung" eine Vereinigung namens „Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie"(WissHom) auf der Tagung in einer Übersicht präsentiert, die angeblich belege, dass Homöopathika besser wirkten als Scheinmedikamente. So zeige sich bei Durchfall, Migräne oder Depression eine „gewisse Überlegenheit" der Homöopathie gegenüber Placebos. Immerhin räumen die WissHom-Leute ein, dass es für eine „deutliche Überlegenheit" noch nicht genug eindeutige Belege gebe.
„Radio Bremen" präsentierte Interviews mit Cornelia Bajic, der Vorsitzenden des „ Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte", und dem Gesundheitsökonomen Gerd Glaeske. Während sich Frau Bajic, wenig überraschend, von der Wirkung der Homöopathie überzeugt zeigte, die Placebo-Wirkung ausschloss und ein „Homöopathen-Bashing" beklagte, warnte Glaeske: „Finger weg" von der Homöopathie! Diese könne sogar unterlassene Therapie sein. Auf den Einwand des Moderators, er könne sich nicht vorstellen, dass Krankenkassen eine unwirksame Therapie erstatteten, meinte Glaeske, hier werde auf die Bedürfnisse von Patienten eingegangen, ohne eine kritische Begleitung anzubieten. Die Schirmherrschaft von Eva Quante-Brandt sei ein falsches Signal. Hier hätte man hingegen deutlich machen sollen, dass dies (die Homöopathie) ein Therapieansatz sei, den man nicht noch öffentlich unterstützen solle.
Holger von Rybinski