12.04.2014 (GWUP): An diesem Wochenende, in der Zeit um den Geburtstag des Homöopathie-Begründers Samuel Hahnemann am 10. April, haben Skeptiker in Wien und Traunstein wieder „homöopathische Selbstversuche" unternommen, um zu zeigen, dass hochpotenzierte (sprich: hochverdünnte) Homöopathika unwirksam sind. Wir haben Peter Biebl, Leiter der GWUP-Regionalgruppe Untersberg, dazu ein paar Fragen gestellt.
GWUP: Herr Biebl, Kritiker der 10:23-Aktionen entgegnen, es sei jedermanns Privatsache, ob man zu Homöopathika greift oder nicht. Warum haben sich die Untersberger Skeptiker für die Aktion entschieden?
Peter Biebl: Im Prinzip ist das ja auch jedermanns Privatsache. Jeder darf sich für oder gegen Homöopathie entscheiden, solange es um einen selbst geht. Ich würde es aber unbedingt ausschließen wollen, dass jemand anderes auf Basis irrationaler Beliebigkeit über meine Gesundheit entscheidet. Die Wege dorthin sind leider deutlich! Damit dies nicht passiert, muss man sicherstellen, dass Leute alle relevanten Informationen bekommen, um richtige Entscheidungen zu fällen. Nicht alles, was unter dem Etikett „sanft" daherkommt, verdient diese Bezeichnung. Informationen zu Homöopathie gibt es hier in der Gegend hauptsächlich in Form von Werbung. Auch sehr beliebt sind Verschwörungstheorien, etwa, die Pharmaindustrie wolle nur Geld mit Medikamenten verdienen; die Homöopathie sei dazu eine gute Alternative... Ich hab die Logik dieses Satzes nie verstanden, aber ich höre ihn ständig.
Erklärbar ist das nur auf psychologischer Basis: Mach Angst vor dem einen Produkt, um ein anderes zu verkaufen. Mach Angst vor Apparatemedizin, Pharmaindustrie und Impfungen, um Homöopathie zu verkaufen. Paranoia war nie ein guter Ratgeber. Kritisch informieren sollten dazu eigentlich der Staat, die Politik und die Schulen, genau das war in Traunstein zunächst leider gründlich schief gelaufen. Ich bin mir sicher, dass man nach dem Aus für die Homöo-Akademie einiges differenzierter betrachten wird.
GWUP. Der Stammtisch der Regionalgruppe findet im Wechsel in Salzburg und Freilassing statt. Warum haben Sie Traunstein für Ihre Aktion gewählt?
P.B.: Eigentlicher Grund war ja die geplante Hochschule in Traunstein. Die wurde ja, wie gerade schon erwähnt, mittlerweile abgeblasen, aber die Planung hier eine 10.23-Aktion durchzuführen, gab es vorher schon. Das Aus für die Hochschule bedeutet an diesem Ort auch ein gesteigertes mediales Interesse, das wir gerne auch etwas ausnützen.
GWUP: Welche Menschen sind in der Regionalgruppe aktiv und was motiviert sie?
P.B.: Unseren Stammtisch gibt´s jetzt bald seit zwei Jahren, die Mitglieder kommen aus praktisch allen Bereichen der Gesellschaft: Physiker, Architekten, Apotheker, Romanautoren, Künstler, Mediziner, Marketing-Fachleute etc. Leute, die sich eigentlich sehr viele Sorgen machen um unsere Gesellschaft. Mir persönlich geht´s auch ganz einfach um meine Heimat! Ich lebe lieber dort, wo Leute ihren Verstand walten lassen, anstatt ihr Handeln nach überholten Mythen auszurichten.
GWUP: Die „Homöo-Akademie" in Traunstein ist erst einmal vom Tisch, eine offizielle Begründung steht noch aus. Glauben Sie, dass die auch von Ihnen begleitete kritische Berichterstattung von Skeptikern wie Dr. Norbert Aust und der GWUP oder die gegen die Akademie gerichtete Online-Petition dazu beigetragen haben?
P.B.: Also, ich glaube, dass die Berichterstattung schon einen Teil dazu beigetragen hat. Genaueres werden wir wohl nicht erfahren. Die Hochschule befand sich ja noch im Akkreditierungsverfahren. Ob das endgültig positiv beschieden worden wäre, ist durchaus fraglich. Gerade durch die europäische Harmonisierung von Studiengängen gibt es da doch einige sehr strenge Regeln, zusammengefasst im sogenannten Bologna-Prozess. Mit so viel kritischer Berichterstattung hatte man hier in der Gegend natürlich auch nicht kalkuliert. Von der örtlichen Presse war man das nicht gewohnt. Hier hat sich etwas ganz Neues aufgetan: Leute bilden sich heute über Blogs und Social-Networks ihre Meinungen, teilweise (so wie hier) über die regionalen Medien hinweg! Für viele war das eine ganz neue Erfahrung! Und irgendwann wurde über die Blogs von Herrn Aust, der GWUP und anderen die Wichtigkeit des Themas auch von den großen Tageszeitungen und Zeitschriften erkannt. Die Online-Petition hat sicher auch ihren Teil dazu beigetragen. Letztendlich war es aber die Steinbeis-Uni, die das Projekt selbst gecancelt hat. Womöglich hat man einfach knallhart die wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Fakten geprüft, und dann die Konsequenzen gezogen.
GWUP: Wollen Sie die Aktion noch einmal wiederholen?
P.B::Wir werden sicher auch in Zukunft Aktionen in der Region veranstalten. Wie diese aussehen, wissen wir noch nicht. Wir sind ja auch nicht nur auf das Thema Homöopathie beschränkt und andere Themen gäbe es in der Region genug!
Herr Biebl, vielen Dank für dieses Gespräch!
Holger von Rybinski