30.06.2013 (GWUP): Eine bemerkenswerte Schlagzeile findet sich unter den Pressemeldungen verschiedener Medien der letzten Woche. Demnach sind die von vielen ,,Alternativmedizinern" behaupteten Fußreflexzonen belegt. Wirklich?
So findet sich auf den Websiten von ,,WELT" und ,,Berliner Morgenpost" ein ,,dpa"-Artikel der Journalistin Nicola Menke mit der erstaunlichen Behauptung: ,,Studien belegen Existenz der Fußreflexzonen-Punkte". Wenn man dann aber weiterliest, wird die Aussage schon wieder relativiert: ,,Kleine Studien bestätigen positive Effekte auf einige Krankheitsbilder." Dazu gehört eine mit nur 30 Teilnehmern durchgeführte Studie des Universitätsklinikums Jena , die zeigen konnte, dass die Behandlung der angeblich mit dem Knie korrespondierenden Fußreflexzonen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen bei Kniearthrose lindern kann. Was nun? Davon mal abgesehen, dass die Jenaer Studie bereits aus dem Jahre 2006 stammt und nur 30 Teilnehmer hatte: Soll man als Patient nun zum Arzt gehen und diese Behandlung einfordern? Nach der Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA entwickelten Therapieform finden sich auf den Fußsohlen Bereiche, die Organen im Körper zugeordnet sind. Die Organe sollen dann durch Massieren der ,,Reflexzonen" genannten Stellen positiv beinflusst werden können. Unter anderem soll es zehn senkrechte Zonen geben, wobei jede Zehe in einer Zone ist. Wenn beim Massieren des Fußes ein Druckschmerz auftritt, so der Glaube der Anwender, könne dies eine Störung des in dieser Zone repräsentierten Organes sein. Anders, als man anhand der Überschrift der Meldung meinen könnte, konnte jedoch nie eine Verbindung zwischen den angeblichen Fußreflexzonen und den mit ihnen angeblich verbundenen Organen gefunden werden. Das wird auch im selben Artikel eingeräumt. ,,Fakt ist, dass es bisher lediglich Theorien zu der behaupteten reflektorischen Fuß-Körper-Verbindung gibt. So wird etwa spekuliert, dass sie durch Nervenbahnen oder Energieströme hergestellt werde oder mit einem elektromagnetischen Resonanzphänomen zu tun habe. Eindeutige wissenschaftliche oder anatomische Beweise für die Existenz der Fußreflexzonen und ihre Zuordnung zu bestimmten Organen fehlen bislang." wird ein Arzt eines Berliner Krankenhauses zitiert. Übrigens, auch die Verfasser der Jenaer Studie räumen ein: ,,Die Fußrexflexzonentherapie basiert auf der Annahme, dass alle inneren Organe und Strukturen des Bewegungssystems auf den Fußflächen eine so genannte "Repräsentation" haben - einen Bereich, dessen Stimulation auf das betreffende Organ oder den Körperteil indirekte Auswirkungen hat, indem durch die Massage die "Selbstheilungskräfte" im Sinne der Autoregulation aktiviert werden. Einen neurophysiologischen Beweis dafür gibt es allerdings nicht. " Dass eine Fußmassage völlig wirkungslos ist, ist, wie bei vielen anderen ,,alternativen" Behandlungsmethoden, kaum zu erwarten. Immerhin konnten Symptome der multiplen Sklerose, beispielsweise motorische Störungen, durch die Massage gelindert werden. Gleichwohl habe sich die Therapie in einigen Bereichen aber besonders bewährt, etwa bei Magen-Darm-Problemen, Stoffwechselstörungen, Gelenk-Erkrankungen oder Schmerzzuständen, wie ein Ausbilder für Reflexzonentherapie in dem Bericht erläutert.
Die Autoren des Buches ,, Die Andere Medizin" der ,,Stiftung Warentest" kamen im Jahre 2005 allerdings zu einer sehr viel ernüchternderen Bewertung: ,,Die Eignung der Fußreflexzonenmassage als Diagnosemethode ist nicht belegt." Zwar wurde ihre Wirksamkeit bei der symptomatischen Therapie der multiplen Sklerose anerkannt. Von möglichen Fehldiagnosen abgesehen, da der Zusammenhang zwischen den Fußsohlen und den einzelnen Organen ja gar nicht zu existieren scheint, ist für die überwiegende Mehrheit der damit auch behandelten Krankheiten wie Asthma, Kopfschmerzen oder gar Reizdarm jedoch keine Wirkung eindeutig belegt. ,,Die Fußreflexzonentherapie ist zur Behandlung dieser Krankheiten nicht geeignet."
So zumindest die ,,Stiftung Warentest". Die Diskussion zwischen Befürwortern der ,,alternativen" Therapie und Skeptikern wird sicher noch so lange andauern, bis die Vertreter der Methode eindeutige Belege dafür erbracht haben, dass Organe auf der Fußsohle repräsentiert sind. Vorher darf an der Existenz von Fußreflexzonen durchaus gezweifelt werden.
Die AOK hat auf ihrer Website einen Eintrag zum Thema, in dem sie darauf hinweist, dass die Behandlungsmethode nicht erstattungsfähig ist, da sie sich auf unbewiesene Behauptungen stütze und die Versichertengemeinschaft als Ganzes daher nicht belastet werden dürfe. Wer trotzdem daran glaubt, für den hält sie einen anderen Tipp bereit: ,,Wohltuende Massagen der Fußsohlen können auch selbst oder als Partnermassage durchgeführt werden."
Na dann - viel Spaß!
Holger von Rybinski