Corona-Mythen A – D
E
Entschwörung
Eine allgemeingültige „Entschwörungsstrategie“ für den Umgang mit Verschwörungsgläubigen, die bei jeder Person und in jeder Situation funktioniert, gibt es nicht. Jeder muss seine individuelle Vorgehensweise finden, die abhängig ist von Zeit, Geduld, Temperament, Frustrationstoleranz, Wissen, Umfeld, Zielsetzung und anderem mehr.
In Kurzform haben sich folgende Eckpfeiler für eine Online-/Reallife-Diskussion mit Verschwörungsgläubigen bewährt:
- Freundlich und sachlich bleiben
- Resolutes Auftreten (Profil zeigen, die eigene Weltsicht klarmachen, Interessenehrlichkeit schaffen, Wahrheitskriterien benennen)
- Falschaussagen widerlegen („debunken“), an Fakten festhalten, eingängige persönliche Gegenerzählungen – auch emotionaler, „anekdotischer“ Art – liefern und die Lücke füllen, die eine korrigierte Fehlinformation bei Ihrem Diskussionspartner im Geist hinterlässt.
- Klare Botschaften mit kurzen, verständlichen Sätzen
- Schwerpunkt auf wenigen Kernargumenten, Überkomplexität vermeiden
- Verschwörungstheoretische Falschaussagen möglichst nicht wiederholen, und wenn, dann nur mit der expliziten Warnung, dass das, was jetzt kommt, falsch ist
- Valide Quellenbelege und genaue Erklärungen einfordern
- Nachfragen, Diskussionspartner in logische Widersprüche verwickeln
- Fakten von Meinungen trennen und erklären, was Meinungsfreiheit wirklich bedeutet
- Überlegen, was hinter der Überzeugung des Diskussionspartners stecken könnte
- Unbelehrbaren Diskussionspartnern Grenzen setzen („rote Linie“)
- Klarmachen, dass das Abrücken von einer falschen Annahme nicht bedeutet, die persönliche Weltanschauung aufgeben zu müssen.
Zweifel säen und zum Nachdenken anregen kann jeder. Diese Auffassung teilt auch die Journalistin Franzi von Kempis, die unter dem ironisierenden Namen „Besorgte Bürgerin“ bei Youtube, Twitter und Facebook unterwegs ist. In ihrem Buch „Anleitung zum Widerspruch – Klare Antworten auf populistische Parolen, Vorurteile und Verschwörungstheorien“ führt sie folgende Tipps aus:
- Den Kontext kennen und eigene Ziele definieren
- Eine konstruktive Haltung einnehmen
- Psychologische Effekte bedenken
- Zuhören und selbst sachlich bleiben
- (Offene) Fragen stellen und nicht moralisch werden
- Rhetorische Ausweichmanöver (er)kennen
- Grenzen ziehen und menschlich bleiben
Etwas weiter ausgeholt:
Am 13. Mai 2020 veröffentlichte Zeit-Online diesen Essay von Anselm Neft:
Darin schreibt Neft über einen Verschwörungsgläubigen in seinem Umfeld:
Ich fühle mich ohnmächtig, weil seine angeblichen Fragen („Es wurden also kaum 5G-Masten während des Lockdowns installiert?“) tatsächlich auf Gerüchte zurückgreifen, die sich leicht streuen und nur mühsam widerlegen lassen. Ich bin in diesem Austausch auf eine Statistenrolle in einem Schauspiel festgelegt.
Was ich auch sage, bietet nur die Bühne für die Selbstinszenierung meines Gegenübers, gerade wenn ich durch Widerspruch seine Besonderheit unterstreiche. Will ich das nicht mitmachen, bleibt mir nur der Kontaktabbruch.
Oder?
Gerade die Frage nach dem Umgang mit Verschwörungsgläubigen steht derzeit bei vielen Artikeln im Vordergrund. Eine unsystematische Zusammenschau:
Dr. Holm Hümmler warnt im HR-Magazin maintower zunächst einmal vor illusorischen Erwartungen:
Man darf nicht die Erwartung haben, man redet mit jemandem und überzeugt ihn – das wird nicht passieren. Man hat nicht das sofortige Erfolgserlebnis.
Trotzdem müsse man klarstellen, dass es Widerspruch gibt. Ein realistisches Ziel sei es, zum Nachdenken anzuregen:
Wenn ich zum Beispiel auf Faktenchecker-Seiten verweise und sachlich Informationen anbiete, die die kruden Konstrukte auseinandernehmen, erreiche ich womöglich diejenigen, die beginnen, die Widersprüche der Verschwörungstheoretiker wahrzunehmen, oder sich an ihren Gewaltfantasien stoßen.
Das bestätigt auch Saba-nur Cheema von der Bildungsstätte Anne Frank in einem Podcast der Bundeszentrale für politische Bildung (zirka 30 Minuten):
Die pädagogische Leiterin erklärt, dass Menschen durchaus ihre Überzeugung plötzlich ändern könnten, weil sie zum Beispiel …
… eine Info dann doch total absurd finden oder jemand in ihrer Gruppe sie stört. Und dann kommen sie zu den Bezugspersonen zurück, die sie nicht für komplett verrückt erklärt haben, sondern die weiterhin mit ihnen im Gespräch geblieben sind.
„Emotionale Verbindung“, „Respekt“ und „Wertschätzung“ sind auch drei von sechs Punkten, auf die Dana Buchzik bei Edition F fokussiert – aber auch das „Recht auf Selbstschutz“.
Der Psychologe Sebastian Bartoschek bekräftigt das:
Man sollte sich erst einmal ehrlich fragen: „Will ich überhaupt das Gespräch darüber suchen?“ Denn wenn ich das tue, muss ich das auch wertschätzend gestalten. Es bringt nichts loszupoltern – damit kann ich niemanden überzeugen und werde im Zweifelsfall nur noch mehr verlieren.
Wir nennen das den „Backfire-Effekt“ – je stärker jemand angegriffen wird, desto stärker ist seine Reaktion. Diese Tendenz kann man zwar menschlich sehr gut verstehen, aber sie bringt einen im Diskurs nicht weiter.
Man sollte sich immer wieder Zeit nehmen, die Faktenlage zu erklären und die Dinge gemeinsam und in Ruhe zu Ende zu denken. Das ist sehr zeit- und energieintensiv und sollte vorher gut bedacht sein. Auf jeden Fall sollte man an der Seite der Person bleiben und sie nicht fallen lassen.
Das ist ähnlich wie bei Sektenmitgliedern. Da würde man vielleicht auch nicht immer über die Sache diskutieren – aber signalisieren: „Ich bin für dich da, auch wenn ich von dem, was du sagst, nichts halte.“
Der Psychologe Alexander Waschau von Hoaxilla sieht es ähnlich:
Im privaten Umfeld ist es wichtig, Verschwörungsmythen zu widersprechen und falsche Behauptungen nicht stehen zu lassen. Ideal wäre es dabei, nicht direkt auf einen Konfrontationskurs zu gehen, damit das Gegenüber gewillt bleibt, im Diskurs zu bleiben.
Ist das verschwörerische Weltbild aber komplett geschlossen und gegen Kritik immunisiert, wird man diese Personen nicht mehr erreichen können.
Eine gute Einstiegsfrage lautet meiner Erfahrung nach: „Was muss geschehen, damit Du von Deiner Meinung abrückst?“ Mit dieser Frage kann man die grundsätzlich Bereitschaft, vom Verschwörungsmythos abrücken zu wollen, ausloten.
Das rät auch der Sozialpsychologe Roland Imhoff von der Gutenberg-Universität Mainz:
„Verschwörungstheoretiker haben entweder ein verstärktes Bedürfnis danach, Kontrolle über ihr Leben zu erlangen oder ein besonders hohes Bedürfnis, einzigartig zu sein“ – so beschreibt Imhoff Verschwörungstheoretiker.
In der Diskussion mit ihnen gehe es also nicht darum, sie zu überzeugen, dass sie einer Verschwörungstheorie glauben, sondern herauszufinden, ob die Theorie gerechtfertigt und plausibel ist oder nicht. Deshalb rät er dazu, auf einer Metaebene zu reden. „Beide Seiten sollten sich fragen: Was könnte denn gegen meine Theorie sprechen?“
„Mit Fakten kommt man nicht weiter, weil es wenige Möglichkeiten gibt, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.“ Es geht laut Imhoff darum, wer welcher Quelle glaubt und vertraut. Wenn das bei beiden Gesprächsteilnehmern verschiedene Quellen sind, werden sie sich niemals einigen.
Grundsätzlich gelte in der Diskussion mit Verschwörungstheoretikern: „Es bringt wenig, sich darüber lustig zu machen.“ Laut Imhoff sollte man „die Sorgen der Menschen ernst nehmen, ohne ihren Theorien zuzustimmen“. Nur dann könne ein Austausch gelingen.
Hinter Verschwörungstheorien stecken auch immer bestimmte Motivationen, Nöte, Sorgen oder Bedürfnisse, so Imhoff. „Wenn die Intention hinter der Verschwörungstheorie anderweitig befriedigt wird, dann braucht es vielleicht keine Verschwörungstheorie mehr.“
Vor allem in den sozialen Medien sei Widerspruch wichtig:
„In einem offenen Diskurs sollte man bestimmte Dinge nicht unwidersprochen lassen“, sonst entstehe ein verzerrtes Bild von Öffentlichkeit. Langwierige Diskussionen dagegen seien oft wenig sinnvoll, weil sie nur geringe Erfolgsaussichten hätten: Da könne man sich fragen, „wie wertvoll einem die eigene Lebenszeit ist.“
Die sieben häufigsten (Falsch-)Aussagen und was man ihnen entgegensetzen kann …
… hat dubito zusammengestellt, zum Beispiel „Corona ist weniger gefährlich als eine herkömmliche Grippe“ oder „Wir leben in einer Meinungsdiktatur“.
Bei netzpolitik.org schreibt Daniel Laufer von der Sehnsucht nach einem „Zauberwort“, mit dem man Verschwörungsgläubige wieder auf die rechte Bahn holen kann:
Aber so einfach ist es natürlich nicht.
Wer Angehörigen helfen will, muss herausfinden, warum sie Verschwörungserzählungen anhängen, was dieser Glaube ihnen bedeutet, und letztlich, was er ihnen bringt. Im Gespräch merkt man, ob es beispielsweise eine Angst vor Impfungen gibt oder ob sich jemand vor allem wichtig machen will.
Viel lasse sich zudem mit emotionalen Anekdoten erreichen, am besten mit Bezug zu einem selbst. Schauermärchen über die angeblichen Folgen von Impfungen könnte man zum Beispiel begegnen, indem man klar macht, wie wenig man sich selbst vor diesen fürchtet, und welche gefährlichen Konsequenzen das Coronavirus für viele Menschen hatte, die daran erkrankt sind, weil es noch keinen Impfstoff gibt.
Schlussendlich geht es darum, den Betroffenen ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, das sie sich andernfalls im Verschwörungsglauben verschaffen. Anteilnahme beruhigt einen Menschen mehr und löst ihn eher aus seinem Gedankengut als dagegen zu reden.
Aber auch diese Strategie kann scheitern. Oft geschehe dies, wenn man anfangs zu lange gezögert habe und die Betroffenen bereits zu tief in diese Welt abgerutscht seien, so Riede.
Darauf hat auch Katharina Nocun mehrfach hingewiesen, deren Buch „Fake Facts – Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen“ in der Corona-Krise erschienen ist (mit Pia Lamberty).
Dem rbb sagte die Netzaktivistin:
Nicht erst, wenn Menschen irgendwann bei Chemtrails und Echsenmenschen angelangt sind, sollte man eingreifen. Es hilft, Fragen zu stellen: Warum glaubst du das, wer behauptet das? Dabei sollte man sich in Diskussionen nicht im Klein-Klein verlieren, denn meist geht es um das grundlegende Narrativ: dass jemand den Medien, der Politik, der Wissenschaft als Ganzes misstraut.
Wenn jemand über „die Medien“ redet, sollte man einhaken und nachfragen: Wer sind „die Medien“? Die Bildzeitung, die taz? Ist es sinnvoll, derart unterschiedliche Akteure in einen Topf zu werfen?
Wir können auch schauen: Hat die Person finanzielle Schwierigkeiten, kriselt es in der Beziehung, im Job? Wenn man an zugrunde liegenden Problemen etwas ändert, dann ist manchmal die Verschwörungserzählung als Fluchtpunkt nicht mehr attraktiv.
Bei öffentlichen Diskussionen ist Gegenrede wichtig. Vor allem rassistische, antisemitische Verschwörungserzählungen sollte man nicht einfach so stehen lassen, schon um ein Zeichen zu setzen: Das glaubt nicht die Mehrheit.
Auch im Youtube-Kanal von Philippe Wampfler warnt Nocun (ab Minute 4:40) vor dem Impuls, es „wegzuschieben“, wenn bei einem Familientreffen Verschwörungsmythen geäußert werden:
Damit verpasst man möglicherweise den Zeitpunkt, zu dem die Leute noch erreichbar sind. Je früher man interveniert, desto besser.
Außerdem könne es eine gute Strategie sein, einfach Fragen zu stellen:
Es ist wichtig, Widerspruch zu zeigen. Im Internet oder in grossen Chatgruppen geht es dabei auch um die stillen Mitleser. Im Freundes- oder Familienumfeld ergibt es Sinn, die Person im Zwiegespräch darauf anzusprechen, in einem ruhigen und sachlichen Ton – auf gar keinen Fall herablassend.
Es kann auch eine gute Strategie sein, einfach Fragen zu stellen. Etwa: Wer steht denn hinter diesem Medium, auf das du dich beziehst? Hat diese Person eine politische Agenda? Wie finanziert sich diese Website?
Wie erklärst du dir, dass eine Million Wissenschaftler Teil dieser Verschwörung sein müssen – und kein Einziger das bisher enthüllt hat? Oder wie wahrscheinlich ist es denn, dass eine geheime globale Verschwörung von hochintelligenten Milliardären existiert, wenn das ein B-Promi auf Instagram aufdeckt?
Da lohnt es sich, an den kritischen Geist zu appellieren.
Dass das Sinn hat und funktionieren kann, zeigt dieser Twitter-Thread:
An einem Stück kann man das Ganze auch bei Plazeboalarm nachlesen.
Eine Zusammenfassung des Themas „Entschwörung“ in zehn Punkten ist am 2. Juni bei Zeit-Online erschienen:
- Halten Sie dagegen
- Intervenieren Sie früh
- Stellen Sie sich auf einen langen Prozess ein
- Passen Sie Ihre Strategie an
- Verlieren Sie sich nicht in Details
- Lassen Sie das Gespräch nicht eskalieren
- Stellen Sie Fragen
- Bleiben Sie empathisch
- Zeigen Sie klare Kante
- Wenden Sie sich an Beratungsstellen
- GWUP-Blog: Verschwörungstheorien: Wenn einem die Worte fehlen
- GWUP-Blog: Wie wird man eigentlich zum Verschwörungsgläubigen?
- GWUP-Blog: Der schwierige Umgang mit Verschwörungsgläubigen
- GWUP-Blog: „Auf dem Schlachtfeld“: Umgang mit Verschwörungsgläubigen
Esoterik
Isses jetzt weg?
Eigentlich dürfte es gar keine neuen Covid-19-Fälle mehr geben – schließlich hat doch am 5. April „die größte weltweite Meditation“ zur „endgültigen Auslöschung des Corona-Virus“ stattgefunden.
Sogar die Gesundheitssprecherin der Grazer FPÖ warb dafür (mittlerweile hat sie den Eintrag wieder gelöscht):
Zunächst wurde die kindliche Eso-Kaiserin Christina von Dreien als Urheberin der imaginären Desinfektionsreinigung kolportiert. Das „stets melancholisch wirkende Starlet der Szene“ (Stiftung Gurutest) verneinte dies in ihrem Newsletter, erteilte dem Anliegen aber seinen Segen:

Eigentlicher Initiator der kontaktlosen Virentötung ist eine esoterische „Widerstandsbewegung“, die sich „Cobra“ nennt und die Webseite „Transinformation“ betreibt.
Dort findet sich auch ein „vorläufiger Bericht zur Meditation“:

Was dieses „energetische Ereignis“ jetzt gebracht haben soll, ist für unsereiner nicht nachvollziehbar. Anscheinend wurde dadurch irgendeine „Schwingung“ erhöht. Oder sowas.
Die Esoterik bleibt sich also auch in der Corona-Krise treu. So wie die Verschwörungstheorien zu Corona umgehend in das Netz bestehender Verschwörungsideologien eingewoben worden sind, so versichern sich derzeit auch die Esoteriker vorwiegend der transzendenten Bedeutsamkeit ihrer eigenen Existenz.
Selbstaufwertung durch wirkungslose Ersatzhandlungen – viel mehr steckt wohl nicht hinter solchen Aufrufen zur Massenmeditation oder zur „21 Uhr Wohnzimmer-Revolution“:

Die globale Pandemie, um die es doch angeblich geht, wird dabei verharmlost oder bestenfalls zur „Lektion für die Menschheit“ verklärt – etwa von dem Schweizer „Channelmedium“ Nancy Holten.
Mit Verschwörungstheoretikern teilen Esoteriker dabei nicht nur die Vorliebe für Verschwörungstheorien, in denen es zum Beispiel um „Hintergrundmächte“ (Christina von Dreien) oder Virenleugnung (Christian Anders, Bruno Würtenberger) geht:


Sondern auch das Faible für einfache Antworten auf komplexe Sachverhalte.
Keine Lust mehr auf Hygienemaßnahmen und Ausgangsbeschränkungen? Kein Problem. Beherzigen wir doch einfach die Botschaft des Virus – dann geht er weg und alles wird wieder gut. Meint etwa der Baseler Esoterikverein „gaia media“:


Auch die Betreiberin der Seite „EnergieZentriert“ plaudert gerne mal mit dem geschwätzigen neuen Coronavirus:
Trotzdem Angst vor SARS-CoV-2?
Kein Problem.
Schließlich gibt es doch die „Zapper-Heilkarte, ein energetischer Schutzmantel gegen infektiöse Krankheitserreger, die es zu neutralisieren gilt. Das bedeutet: Sieg über den Corona-Virus.“
Oder das hier:
Oder man wählt einfach die 537354:

Schöner als mit diesen überall kursierenden „Heilzahlen“ kann man die magisch-kindliche Weltsicht vieler Esoteriker kaum illustrieren.
Also:
Wirkungslose Ersatzhandlungen, Komplexitätsreduktion durch Simplifizierung – fehlt eigentlich nur noch das dritte Kernelement von Esoterik, die Egozentrik beziehungsweise die Sakralisierung des Ichs.
Ah, da ist sie ja schon:
Klar, SARS-CoV-2 ist nur für solche Menschen gefährlich, die nicht das richtige Bewusstsein haben, nicht in der richtigen Schwingung leben. Und die Todesopfer von Covid-19 – die haben sich schon vorher bereit erklärt, zu gehen, sagt Nancy Holten in diesem Video (ab Minute 8:10).
Und dieses altbekannte Victim blaming rundet das Bild, das die Esoterik in der Coronakrise gibt, trefflich ab.
Denn im Moment passiere ja nichts weiter – heißt es in dem „spirituellen Blog“ amoralion –, als dass „der Schnupfen zum Katastrophenfall, der Husten zum Notstand erklärt“ werde:
Bis ein Virus in Form von Symptomen in unserer Körperhülle erscheint, hat es eine lange Reise hinter sich.
Zunächst konnte es als „fremdes Programm“ in Form von auf uns einprasselnden Leitbildern, Meinungsbildern und Überzeugungen über einen geschwächten, labilen Mentalkörper Eingang in uns finden.
Dann bahnte es sich seinen keimenden Weg durch die Feuchtgebiete der Emotionen, um schließlich an den Ufern des Festkörperlichen zu sprießen.
Was da tatsächlich sprießt, ist Zynismus, fehlende Mitmenschlichkeit und Anteilnahme sowie „Ablenkung von dem, was zum Schutz für andere und sich selbst gerade jetzt getan werden sollte“, analysiert der evangelische Weltanschauungsbeauftrage Matthias Pöhlmann.
Ob das in einer echten Krise tragfähig ist, bezweifelt auch die Neue Zürcher Zeitung:
Ich muss gestehen, dass mich eine entscheidende Nebenwirkung der Quarantäne nicht unfroh macht:
Die Esoteriker haben jetzt alle Zeit der Welt, das breite Nichts transzendenter Erfahrung in den eigenen vier Wänden auszukosten. Quarantäne muss eine Hölle der Achtsamkeit sein. Man hat Zeit, sich die Zutaten veganer Brotaufstriche hundertmal vorzulesen. Und man hat wochenlang Zeit, in sich hineinzuhorchen.
Ich glaube, wenn die Corona-Krise vorbei ist, wird es weniger Esoterik geben.
- GWUP-Blog: Die Crème de la Crème der Quacksalber beim „Coronavirus-Onlinekongress„
F
5G
Update vom September:
Spektrum: Der Ursprung von Corona, Verursacher von Krebs, eine chinesische Machtinstrument gegen den Westen – Wie gefährlich ist 5G?
Stand März – August:
Eine originelle Erklärung, was es mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G auf sich hat, wurde im Juni in der Facebook-Gruppe Nothing but The Truth gepostet (Orthografie originalgetreu):
Ein Bekannter der kontakt zum Geheimdienst hat, hat mir die Information zugespiehlt, das Bill Gates seine Pläne geändert hat! Gates ist beunruhikt das immer mehr Leute aufwache und ändert desshalb seine Stratehgie bezücklich der Impf-Chips! 5G wurde modufiziert!!! Wenn es aktifiert wird, werden nicht diejenigen vernichtet die sich von ihm chippen lassen. Sondern diejenigen die Keinen Chip tragen. Der Chip schützt dann die manipulierbaren Massen. Alle freien Menschen sollen ausgelöscht werden!!!
Offen blieb, ob das Ganze möglicherweise Satire oder ein Troll-Versuch sein könnte. Vom Duktus her passt dieses Posting in die Vorstellungswelt von Verschwörungsgläubigen.
Schon am 20. Januar war auf der französischen Konspirologen-Webseite „Les Moutons enrages“ („Die wütenden Schafe“) die Rede von einer zeitlichen Übereinstimmung des Coronavirus-Ausbruchs in Wuhan mit der Installation von 5G-Antennen in der chinesischen Millionenmetropole.
Obwohl das gar nicht stimmte (zum Zeitpunkt des ersten Auftretens von SARS-CoV-2 in Wuhan war 5G schon eineinhalb Jahre im Einsatz), griff zwei Tage später die belgische Zeitung The Laatste Nieuws diesen Gedanken auf. In einem Interview mit dem Blatt behauptete der Allgemeinmediziner Kris Van Kerckhoven aus Putte: „5G is levensgevaarlijk en niemand die het weet“ („5G ist lebensgefährlich und niemand weiß es“).
Von dem Journalisten explizit auf einen Zusammenhang zwischen dem 5G-Ausbau in Wuhan und Corona angesprochen („link met coronavirus?“), antwortete Kerckhoven zwar nur vage „maar het is mogelijk“ („Das ist möglich“) – aber sogleich rauschte seine Äußerung als Tatsachenbehauptung durch die sozialen Netzwerke.
Ähnlich wie bei
> Bill Gates
basiert auch dieser Verschwörungsmythos auf vorgeprägtem Misstrauen.Schon zum Jahresbeginn 2019 wies der Verschwörungskanal Klagemauer-TV seine Mitarbeiter an, 5G zum Schwerpunkt für die nächsten Monate zu machen. „Das Thema wurde als das beste angesehen, um möglichst viele Menschen mit Klagemauer-TV in Berührung zu bringen“, berichtet eine Aussteigerin in der GWUP-Zeitschrift Skeptiker.
Wunschgemäß eskalierte die Sache: „Wenn man auf Youtube das Stichwort ,5G Strahlung‘ in die Suchfunktion eingibt“, analysierte der Blog Relativer Quantenquark, „kann man gleich unter den ersten Suchergebnissen den Eindruck gewinnen, der zukünftige 5G-Mobilfunkstandard brächte eine Form von Killerstrahlung mit sich, die in der Lage sein müsste, ganze Landstriche zu entvölkern“.
Wie bei Verschwörungsmythen üblich, gibt es auch bei 5G nicht die einheitliche Erzählung, sondern dutzende unterschiedliche Erklärungen. Demnach verbreiten die neuen Sendemasten das Virus, oder sie aktivieren es. Andere Verschwörungsgläubige behaupten, die 5G-Strahlung bringe Menschen um und die Pandemie sei ein Ablenkungsmanöver, um die Krankheits- und Todesfälle zu vertuschen.
Dies sei auch in Wuhan geschehen. Andere gehen davon aus, die Strahlung schwäche das Immunsystem, was die Verbreitung des Virus erleichtere.
Natürlich verbreiten sich Viren weder über Radiowellen noch über Mobilfunknetze. Und die Krankheit Covid-19 tritt auch in Ländern auf, in denen es gar keine 5G-Mobilfunknetze gibt.
Experten sehen zudem keinen rationalen Grund, anzunehmen, dass Mobilfunkstrahlung gesundheitsschädlich ist. Sie rechnen den verwendenden Strahlentyp zur nicht ionisierenden Strahlung. Diese besitze viel zu wenig Energie, um die DNA zu schädigen und etwa Krebs auszulösen. 5G liefere neue Übertragungsprotokolle, nicht eine neue Sorte geheimnisvoller Strahlung.
5G werde eine größere Zahl von Sendeanlagen brauchen und etwas andere Frequenzen nutzen, aber die Abstrahlungsleistungen seien gering und weit unterhalb aller Grenzwerte, die aus medizinischer Sicht nötig erscheinen. „Wer bisher keine Angst vor Mobilfunk hatte, der muss sich auch vor 5G nicht fürchten“, schreibt der Physiker und Wissenschaftserklärer Florian Aigner.
In Gefahr sind eher die Mitarbeiter von Mobilfunkbetreibern. Vor allem in Großbritannien und in den Niederlanden mehren sich direkte Attacken gegen Menschen, etwa mit versteckten Rasierklingen und Nadeln in Handymasten. Mehr als 200 solcher Vorfälle seien seit Ende März registriert worden –zusätzlich zu 90 Brandanschlägen, die in diesem Zeitraum verübt wurden.
In Wilhelmshaven filmte sich Ende April ein Mann dabei, wie er die Kabel eines Mobilfunkmast zerschnitt und in die Kamera sagte:
Leute, ich will euch nur sagen: Diese Scheiße – ich lasse mich davon nicht mehr kaputtmachen. Und ich erwarte von euch, dass ihr auch rausgeht und diese Scheiße vernichtet.
Die WHO hat die angebliche Corona-Ausbreitung durch 5G in ihre Myth busters-Webseite aufgenommen:
- Correctiv: Nein, es gibt keine Studie, die einen Zusammenhang von 5G und Corona-Ausbrüchen belegt
- Futurezone: Woher die 5G-Coronavirus-Theorie ursprünglich stammt
- Redaktionsnetzwerk Deutschland: 5G und Corona: Woher kommt die Verschwörungstheorie?
- Belltower News: Der konstruierte Zusammenhang zwischen Covid-19 und 5G
- Alliance for Science: What’s behind the latest COVID conspiracy theory?
- Stern: Die „Chemtrails“ sind weg, nun haben Verschwörungsfans einen neuen Feind
- Tagesschau: Ist 5G gefährlich?
- Mimikama: 5G und der neue Coronavirus – Eine kombinierte Verschwörungstheorie
- Süddeutsche Zeitung: Die 5G-Verschwörung
- Medwatch: Wie Mobilfunkgegner Angst vor 5G verbreiten
- watson: Coronavirus und 5G – Youtube verliert den Kampf gegen die Verschwörungstheorien
- Futurezone: 5G – das Handynetz des Todes
- Relativer Quantenquark: 5G-Mobilfunk und die Party der Verschwörungs-Schwurbler
- Correctiv: 5G ist nicht schuld an Todesfällen durch das Coronavirus
- Snopes: Was a 5G Tower torn down in China to stop Covid-19?
- Alliance for Sciences: Anti-vaxxers and Russia behind viral 5G Covid conspiracy theory
- Mimikama: 5G und tote Vögel in Italien: Stimmt das?
Mehr dazu beim Stichwort „Verschwörungstheorien“
G
Gates, Bill
Wenn das mal mit rechten Dingen zugeht:
Sowohl Philipp Walulis als auch Oskar Lafontaine verteidigen Bill Gates gegen „krude Verschwörungstheorien“.
Natürlich verbindet Lafontaine das mit Kapitalismuskritik. Und selbstverständlich kann man Gates‘ Einfluss auf die WHO kritisch betrachten, wie zum Beispiel Die Welt und die Süddeutsche das getan haben (der Zeit-Redakteur Jakob Simmank verfasste schon vor drei Jahren einen entsprechenden Beitrag, bedauert aber heute, mit einigen stilistischen Zuspitzungen den Verschwörungsgläubigen zugearbeitet zu haben).
Gates selbst sagte bei einem Journalistengespräch am 3. Juni zu den Verschwörungsmythen über ihn:
Es fällt mir fast schon schwer, das zu leugnen, weil es so dumm und merkwürdig ist.
Vermutlich wird auch dieser Satz – verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen – künftig als Eingeständnis Gates‘ kursieren, dass er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht leugnen könne.
Denn Verschwörungserzählungen von unsichtbaren Eliten und sinistren Strippenziehern brauchen ein Gesicht. Eine Person, die sie verantwortlich machen können. Eine Figur, die die Situation absichtlich geschaffen hat.
Ein Virus kann man nicht hassen. Es ist ein sehr unbefriedigender Gegner für die menschliche Psyche. Aber Bill Gates, der das Virus angeblich absichtlich in Umlauf gebracht hat – den kann ich hassen,
erklärt die Kriminalpsychologin Lydia Benecke vom GWUP-Wissenschaftsrat.
Und weil es dabei um einen Bösewicht geht, den man schon immer im Blick hatte, verbreiteten sich die Anti-Gates-Ressentiments von Jordan Sathers auch so schnell. Laut dem Internet-Forschungsinstitut Zignal Labs war die These, Gates sei für die Verbreitung von Corona verantwortlich, im April weltweit die am häufigsten in sozialen Medien verbreitete Verschwörungstheorie über das Virus.
Jordan wer?
Jordan Sathers ist ein Verschwörungstheoretiker aus dem QAnon-Dunstkreis, der mit seinem Youtube-Kanal „Destroying the Illusion“ regelmäßig die neuesten „Q Drops“ verbreitet.
Am 22. Januar warnte er via Twitter seine Follower vor einer „new fad disease“ und behauptete:
Zu Deutsch: Gates soll schon vorher von der Pandemie gewusst haben. So hätte ein von ihm unterstütztes Institut in Großbritannien ein Patent erhalten, das mit dem Coronavirus in Verbindung stehe.
Nach QAnon griff die Seite „Infowars“ des Verschwörungsideologen Alex Jones die steile These auf. In den darauffolgenden Monaten entstand eine globale Welle von Gates-Verschwörungsmythen mit immer groteskeren und fantasievolleren Auswüchsen. Im Mai forderte die parteilose italienische Abgeordnete Sara Cunial (ehemals „Fünf-Sterne-Bewegung“) sogar die Verhaftung des Microsoft-Gründers: Gates sei der Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig.
In Deutschland bekam das Video „Gates kapert Deutschland“ des Verschwörungsideologen Ken Jebsen mehr als drei Millionen Klicks – allerdings auch fundierten Widerspruch von prominenten Influencern wie Philipp Walulis, Sophie Passmann und Louisa Dellert.
Tatsache ist:
– Das Pirbright Institute, das unter anderem von der Bill & Melinda Gates Foundation unterstützt wird, hat 2015 die abgeschwächte Version eines Erregers aus der Gruppe der Coronaviren patentieren lassen, und zwar im Zusammenhang mit der Impfstoffentwicklung gegen ein Geflügelvirus.
– Gates hat nicht den Tod von 65 Millionen Menschen durch das neue Corona-Virus SARS-CoV-2 angekündigt.
Diese Verschwörungserzählung basiert auf einer „pandemic exercise“, also der Simulation eines globalen Pandemie-Szenarios, die im Oktober 2019 am Johns Hopkins Center for Health Security durchgespielt wurde und an der auch die Bill & Melinda Gates Foundation beteiligt war. Da Coronaviren zum einen recht zahlreich und zum anderen genetisch hochvariabel sind, ist es nicht allzu verwunderlich, für ein solches Gedankenspiel einen Coronavirus zu postulieren.
„Zwar hat unsere Übung ein fiktives Corona-Virus beinhaltet, aber die dafür genutzten Modelle waren nicht mit nCoV-2019 vergleichbar“, schreibt das Johns Hopkins Center in einer Stellungnahme. „Wir sagen auch jetzt nicht vorher, dass der Ausbruch 65 Millionen Menschen töten wird.“ Es handelte sich um ein Krisenszenario mit einer erfundenen Corona-Virus-Pandemie, nicht um eine Vorhersage oder Prognose.
– Gates „schwadroniert“ nicht „ungeniert über Bevölkerungsreduktion“, die er mit Impfstoffen erreichen wolle, wie Verschwörungsgläubige behaupten.
Die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung finanziert Impfprogramme in Entwicklungsländern, um die Kindersterblichkeit zu senken, was erwiesenermaßen auch die Bevölkerungsdynamik positiv beeinflusst:
Eine überraschende Erkenntnis für uns war es, dass eine Verringerung der Sterblichkeitsrate das Bevölkerungswachstum reduziert.
Eine hohe Kinderzahl sei bisher die einzige Garantie für die Eltern, im Alter unterstützt zu werden. Wenn die Zahl der Kinder, die bis zum Erwachsenenalter überleben, steige, können Eltern dieses Ziel erreichen, ohne so viele Kinder zu bekommen.
– Von der Gates-Stiftung finanzierte Impfstoffe haben weder Tausenden Kindern in Indien und Afrika geschadet noch in Kenia und anderen Ländern Millionen Frauen zwangssterilisiert. Diese Anschuldigungen gehen auf Impfgegner wie den US-Aktivisten Robert. F. Kennedy Jr. beziehungsweise auf eine Gruppe von katholischen Bischöfen in Afrika zurück und sind von Faktencheckern als „falsch“ oder „unbelegt“ entlarvt worden.
– Interviewpassagen, in denen Gates scheinbar von horrenden Gewinnen seines Impfengagements spricht, sind aus dem Zusammenhang gerissen. Gates verfolgt einen effektiven Altruismus und legt immer wieder dar, dass seine Spenden in Bezug auf Impfungen effektiver seien als jede andere vorstellbare Aufwendung.
Beispielsweise rechnete er vor, dass eine Investition von zehn Milliarden Dollar in Energieprojekte in den Entwicklungsländern eine Rendite von 150 Milliarden Dollar gebracht hätte. Eine Investition derselben Summe in Infrastruktur 170 Milliarden Dollar:
Durch Investitionen in globale Gesundheitsinstitutionen haben wir jedoch all diese Renditen übertroffen: Die zehn Milliarden Dollar, die wir für die Bereitstellung von Impfstoffen, Medikamenten, Moskitonetzen und anderen Hilfsgütern in den Entwicklungsländern zur Verfügung stellten, brachten einen geschätzten sozialen und wirtschaftlichen Nutzen von 200 Milliarden Dollar.
Gates‘ Zuwendungen an verschiedene Pharmaunternehmen, die Impfstoffe produzieren, sind ebenfalls nicht profitorientiert. Zudem gilt der Impfstoffmarkt allgemein als „unattraktiv und risikoreich“.
– Gates hat auch nicht davon gesprochen, zusammen mit einer möglichen Impfung gegen das Sars-CoV-2-Virus einen Mikrochip zu implantieren, um die „totale Kontrolle“ über die Menschheit zu erlangen.
Diese Falschbehauptung geht zurück auf eine Online-Fragestunde beim Internetportal Reddit. Dort konnten am 18. März 2020 User Fragen an Gates stellen. Eine davon drehte sich darum, wie Unternehmen in der Corona-Krise weiterarbeiten und trotzdem den Infektionsschutz aufrechterhalten könnten.
Gates erklärte, dass es eines Tages wohl „digitale Zertifikate“ geben werde, aus denen hervorgeht, wer Covid-19 bereits durchgemacht hat, wer getestet wurde oder – sobald verfügbar – einen Impfstoff erhalten hat.
Ein kleiner Blog namens Biohackinfo machte daraus einen Tag später den Artikel „Bill Gates will use microchip implants to fight coronavirus“ und vermischte Gates‘ Aussage über digitale Zertifikate mit anderen von ihm geförderten Forschungsprojekten – etwa zur digitalen Identität oder zu „Quantum Dot Tattoos“.
Dabei handelt es sich um biokompatible Kapseln im Mikrometerbereich, die einen Impfstoff und fluoreszierende Quantenpunkte enthalten, die im Infrarotlicht auf der Haut anzeigen, welche Impfungen verabreicht wurden. Also eine Art Tätowierung anstelle eines Impfausweises, die aber weder Daten der geimpften Person speichern kann noch etwas mit Mikrochips zu tun hat.
In einem TED-Talk hatte der Tech-Milliardär schon 2015 vor einem Virus-Ausbruch gewarnt und erklärt, es sei jetzt an der Zeit, „all unsere guten Ideen in die Tat umzusetzen“, angefangen von der Katastrophenplanung über die Erforschung von Impfstoffen bis hin zur Ausbildung für Gesundheitshelfer.
Laut den Belltower News wurde das achtminütige Video bislang über 26 Millionen Mal angeklickt – auch von zahllosen Verschwörungsgläubigen, die in seiner Rede den Beweis gefunden haben wollen, dass Gates es von langer Hand geplant habe, eine Pandemie zu kreieren, um so das weltweite Gesundheitssystem unter seine Kontrolle zu bringen. „In den Augen der Verschwörungstheoretiker besitzt er das, was sie Vorwissen nennen“, sagt der Tübinger Kulturwissenschaftler Michael Butter:
Das ist ganz wichtig für deren Argumentation. Sie schauen immer, wer vorher schon angeblich Bescheid wusste und das müssen dann die Leute sein, die in die Pläne involviert waren und deshalb dafür verantwortlich sind.
Bill Gates sei als Projektionsscheibe ideal, erklärt auch der Vorsitzende des GWUP-Wissenschaftsrats, Dr. Nikil Mukerji:
Gates hat viel Geld – was ihn per se für viele Menschen verdächtig macht – und er hat weit weniger unter der Pandemie zu leiden als wirtschaftlich schlechter Gestellte.
Viele hätten Angst um ihre wirtschaftliche Existenz oder bereits ernste Schwierigkeiten. Es sei psychologisch nachvollziehbar, so Mukerji, dass man das jemandem in die Schuhe schieben wolle und einen Schuldigen suche. Zudem ärgere wohl viele, dass private Philanthropen sich politisch einmischen und aufgrund ihres Geldes und Einflusses auch etwas bewegen können, ohne demokratisch gewählt zu sein.
Darin könne man zwar ein Demokratiedefizit sehen. Aber andererseits sei die Effektivität von privaten Hilfsgeldern belegbar und zum Beispiel von der Non-Profit-Organisation „GiveWell“ evaluiert worden.
Und gerade weil das Ausmaß an Macht, das Bill Gates hat, die Fantasie anregt und Verschwörungstheorien entstehen lässt, sei es umso wichtiger, begründete Einwände von wirren Ideologien zu trennen, schreibt Zeit-Redakteur Simmank.
Aber darum geht es den Verschwörungsgläubigen und Corona-Demonstranten mit ihren „Gib Gates keine Chance“-Plakaten gar nicht. Für sie ist Gates offenbar ein idealer Schnittpunkt für viele unterschiedliche Ängste:
Jene vor dem Virus selbst und vor Zwangsimpfungen genauso wie für jene vor einem digitalen Überwachungsstaat.
- Correctiv: „Ärzte für Aufklärung“ stellen unbelegte und falsche Behauptungen über Impfungen in Indien und Afrika auf
- Correctiv: Michael Spitzbart verbreitet falsche Behauptungen über Bill Gates
- Correctiv: Nein, Bill Gates hat nicht 700.000 Opfer durch eine Corona-Impfung angekündigt
siehe auch „Jebsen, Ken“ und „QAnon“
Geheimplan
Der Verschwörungstheoretiker Heiko Schrang will einen „Geheimplan der Regierung“ entdeckt haben, den er als „Masterplan bzw. Gebrauchsanweisung für alles, was gerade abläuft“ wertet.
Tatsächlich handelt es sich dabei um einen „Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz 2012“, der 2013 veröffentlicht wurde. Darin werden zwei Szenarien in der Theorie durchgespielt: ein extremes Schmelzhochwasser und eine „Pandemie durch Virus Modi-SARS“. Auf correctiv-Anfrage teilte Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit:
Die Risikoanalyse […] dient der vorsorglichen Beschäftigung mit möglichen bundesrelevanten Gefahren und den zu erwartenden Auswirkungen auf die Bevölkerung, ihre Lebensgrundlagen und die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Deutschland. Ihre Ergebnisse sollen als Informations- und Entscheidungsgrundlage dienen und somit eine risiko- und bedarfsorientierte Vorsorge- und Abwehrplanung im Zivil- und Katastrophenschutz ermöglichen.
Ein ähnliches Projekt war das Szenario „Die neue Pest“ des Zukunftsforschers Karlheinz Steinmüller von 2002.
2010 hatte sich der Bundestag mit der „Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften am Beispiel eines großräumigen und langandauernden Ausfalls der Stromversorgung“ befasst.
- Correctiv: Um was es bei dem angeblichen „Geheimplan der Regierung“ 2012 wirklich ging
- Correctiv: Nein, Angela Merkel wusste nicht schon 2013 von der aktuellen Coronavirus-Pandemie
- Spiegel-Online: Das Pandemie-Planspiel
- Correctiv: Nein, Videos von Panzern zeigen keine geheime Militäraktion, sondern unterbrochene NATO-Übung
- Mimikama: Faktencheck zum Sharepic „Angela Merkel errichtet gerade eine Diktatur“
- Spiegel-Online: Corona als Stresstest für die Demokratie: „Eine goldene Gelegenheit“
Götz, Sebastian
Ein Youtuber namens Sebastian Götz, nach eigenen Angaben Psychologiestudent in Ulm, glaubt, führende Virologinnen und Virologen liegen falsch: In einem Video auf Youtube hat er im Juni deshalb die „Zerstörung des Corona-Hypes“ gefordert.
- Einen Faktencheck gibt’s bei Correctiv.
Griesz-Brisson, Margareta
Das Video einer “Ärztin” namens Margareta Griesz-Brisson geht in Kreisen der Verschwörungsgläubigen und Pandemie-Leugner durch die Decke. Und erscheint in fast jeder „Diskussion“ als vermeintliches Totschlagargument. Mit Argumenten, Fakten oder gar gesundem Menschenverstand hat das aber wenig zu tun:
- Volksverpetzer: Griesz-Brisson zerlegt: Video voller Lügen, Verschwörungsmythen und Wahn
Grippe (im Vergleich mit Covid-19)
Update vom September:
- Welt-Online: 16-mal gefährlicher als Grippe – Drosten verweist auf alarmierende Studie
-
Medscape: 10 Mal tödlicher als die Grippe! Epidemiologe benennt 3 Fehler, durch die wir die Corona-Gefahr unterschätzen
-
Spiegel-Online: Was Covid-19 und die Grippe verbindet – und was sie unterscheidet
-
Correctiv: Nein, es ergibt keinen Sinn, aktuelle Todeszahlen von Covid-19 mit älteren Daten zur Grippe zu vergleichen
Die meisten Forscher gehen im Moment von einer Infektionssterblichkeit – also nicht nur bestätigte Fälle, sondern die Dunkelziffer mit eingerechnet – von 0,5 bis 1,0 Prozent aus. Bei den jährlichen Grippeepidemien liegt dieser Wert durchschnittlich bei 0,1 Prozent.
An der Grippe erkranken jährlich fünf bis 20 Prozent der Bevölkerung, bei Covid-19 kann dieser Wert ohne Gegenmaßnahmen bei 50 bis 60 Prozent liegen, wie beispielsweise in Bergamo, wodurch auch mehr Menschen insgesamt sterben.
Die Pandemie führt darüber hinaus kaum dazu, dass Nicht-Covid-19-Patienten schlechter versorgt werden
Dazu:
„Corona-Fehlalarm“: Faktencheck zu Bhakdi/Reiß- Zum Thema
Übersterblichkeit
: „Wie viele Menschen sterben an Corona?“ Medwatch:
Wie tödlich ist Covid-19?
Stand März – August
Es wird aktuell zu viel Aufhebens um das Coronavirus gemacht, ist es doch genauso wenig gefährlich wie herkömmliche Influenza-Viren.
Dazu erklärt der Virologe Dr. Martin Stürmer im Hessischen Rundfunk (hr3):
Ich möchte ungern immer diese Vergleiche hören, denn letztendlich sind es zwei unterschiedliche Viren. Die Influenza, das wissen wir aus der Erfahrung, hat sehr unterschiedliche Ausprägungen – mal ist die Grippewelle ziemlich stark, mal ist sie weniger stark. Der Unterschied bei dem neuen Coronavirus ist, dass es bis dato in der Menschheit noch gar nicht vertreten gewesen ist. Wir wissen über das Virus relativ wenig, wir kennen es erst seit etwa drei Monaten. Die Menschheit hat diesen Erreger noch nie gesehen, wir haben keine Immunität, keinen Impfstoff, keine Medikamente. Insofern ist es durchaus ein gefährliches Virus und ich scheue mich, es immer mit der Influenza zu vergleichen.
Über die Grippewelle wird nie so viel geredet.
Es stört mich tatsächlich auch, dass man über Grippewellen relativ wenig hört, denn wir können uns aktiv schützen und es gäbe so deutlich weniger Tote. Gegen das neue Coronavirus können wir uns aktuell nicht aktiv schützen. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Wir haben es mit einem neuen Erreger zu tun, deshalb ist es keine Hysterie, sondern Vorsicht, die wir walten lassen, weil wir diesen Erreger noch nicht kennen und nicht wissen, wie er sich in der Bevölkerung verhält. Ich möchte gar nicht wissen, wie die Situation aktuell aussehen würde, wenn auf der Welt nicht überall so rigide Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus ergriffen worden wären.
Das Virus ist ohnehin nur für fünf Prozent der Bevölkerung gefährlich, die Sorge ist übertrieben.
Die fünf Prozent beziehen sich auf Patienten, die schwerstkrank werden durch das Virus. 15 Prozent werden immerhin noch solche Verläufe haben, dass sie höchstwahrscheinlich ins Krankenhaus kommen und sogar intensivpflichtig behandelt werden müssen. Bei 80 Prozent der Bevölkerung verläuft das Ganze vergleichweise milde und harmlos. Wir reden aber im Umkehrschluss davon, dass ein Fünftel der Bevölkerung so krank wird, dass sie vermutlich alle ins Krankenhaus und auf die Intensivstationen gehen müssen.
In Italien und Spanien ist das Gesundheitssystem allgemein schlecht, dort sterben immer so viele Menschen.
Es ist etwas zu einfach, immer alles auf die sehr schlechten Gesundheitssysteme in den südeuropäischen Ländern zu schieben. Natürlich sind die Gesundheitssysteme dort nicht unbedingt vergleichbar, aber Norditalien, wo ja der Schwerpunkt der italienischen Infektionswelle liegt, hat ein vergleichsweise gutes Gesundheitssystem. Eine Kollegin von mir kommt aus Norditalien und hat dort noch Familie. Sie berichtet, dass das keinesfalls normale Zustände sind, so sieht es nicht jedes Jahr in Norditalien aus. Dementsprechend kann man das so nicht stehen lassen. Es gibt ja noch genügend andere Länder mit guten Gesundheitssystemen, in denen die Fallzahlen steigen und wenn die Maßnahmen nicht so rigide wären, würden sämtliche Systeme kollabieren.
Der Schweizer Facharzt für allgemeine Chirurgie, Herz- und Gefässchirurgie und Präsident von „EurAsia Heart“, Prof. Paul R. Vogt, hat am 7. April in der Mittelländischen Zeitung eine „Zwischenbilanz oder eine Analyse der Moral, der medizinischen Fakten sowie der aktuellen und zukünftigen politischen Entscheidungen“ veröffentlicht.
Ein Auszug:
Handelt es sich hier nur um „eine gewöhnliche Grippe“, die jedes Jahr vorüberzieht und gegen die wir üblicherweise „nichts“ unternehmen – oder um eine gefährliche Pandemie, welche rigide Massnahmen benötigt?
Um diese Frage zu klären, muss man bestimmt keine Statistiker fragen, die noch nie einen Patienten gesehen haben. Die reine, statistische Beurteilung dieser Pandemie ist sowieso unmoralisch. Fragen muss man die Leute an der Front.
Keiner meiner Kollegen – und ich natürlich auch nicht – und niemand vom Pflegepersonal kann sich erinnern, dass in den letzten 30 oder 40 Jahren folgende Zustände herrschten, nämlich dass:
- ganze Kliniken mit Patienten gefüllt sind, welche alle dieselbe Diagnose besitzen;
- ganze Intensivstationen mit Patienten gefüllt sind, welche alle dieselbe Diagnose aufweisen;
- 25 bis 30 Prozent der Pflegenden und der Ärzteschaft genau jene Krankheit auch erwerben, welche jene Patienten haben, die sie betreuen;
- zu wenig Beatmungsgeräte zur Verfügung standen;
- eine Patientenselektion durchgeführt werden musste, nicht aus medizinischen Gründen, sondern weil wegen der schieren Anzahl an Patienten schlicht das entsprechende Material gefehlt hat;
- die schwerer erkrankten Patienten alle dasselbe – ein uniformes – Krankheitsbild aufgewiesen haben;
- die Todesart jener, die auf der Intensivstationen verstorben sind, bei allen dieselbe ist;
- Medikamente und medizinisches Material auszugehen drohen.
Aufgrund von 1-8 ist es klar, dass es sich um einen gefährlichen Virus handelt, der dieser Pandemie zugrunde liegt.
Die Behauptungen, eine „Influenza“ sei genau gleich gefährlich und koste jedes Jahr gleich viele Opfer ist falsch. Zudem ist die Behauptung, man wisse nicht, wer „an“ und wer „wegen“ COVID-19 sterbe, ebenso aus der Luft gegriffen.
Vergleichen wir Influenza und COVID19:
Hat man das Gefühl, bei Influenza seien immer alle Patienten „wegen“ Influenza gestorben und nie einer „mit“? Sind wir Mediziner im Rahmen der COVID-19-Pandemie nun alle plötzlich so verblödet, dass wir nicht mehr unterscheiden können, ob jemand „mit“ oder „wegen“ COVID-19 stirbt, wenn diese Patienten eine typische Klinik, typische Laborbefunde und ein typisches Lungen-CT aufweisen? Aha, bei der Diagnose „Influenza“ waren natürlich alle immer hellwach und haben immer die ganze Diagnostik bemüht und waren immer sicher: nein, bei der Influenza sterben alle „wegen“ und nur bei COVID-19 viele „mit“ […]
Wir können glimpflich davonkommen, oder eine Katastrophe erleben. Rigide Massnahmen bewirken, dass die Kurve der Kranken flacher verläuft. Es geht aber nicht nur um die Höhe der Kurve, es geht auch um die Fläche unter der Kurve und diese repräsentiert am Ende die Anzahl Toter.
Update vom 24. April:
Die Todeszahlen durch Covid-19 und Influenza sind aktuell nicht vergleichbar. Auch zu einer Übersterblichkeit in Deutschland gibt es bisher keine Daten.
In anderen Ländern lassen sich bereits Trends beobachten. In Italien gab es laut dem italienischen Gesundheitsministerium seit Anfang März einen deutlichen Anstieg der durchschnittlichen Mortalität, insbesondere im Norden des Landes und besonders stark bei Menschen über 85 Jahren. Für England und Wales hat zudem das Office of National Statistics kürzlich Zahlen veröffentlicht, die einen Anstieg der wöchentlichen Todesfälle im Vergleich zum Fünf-Jahres-Durchschnitt aufweisen.
New York weist zwischen März und April bereits siebenmal mehr Corona- als Grippetote auf. Und in ganz USA:
Coronavirus Kills More Americans in One Month Than the Flu Kills in One Year
Update vom 27. April:
Jüngsten Angaben von EuroMomo (European Mortality Monitoring) zufolge sind in Europa innerhalb von vier Wochen etwa 100.000 Menschen mehr gestorben als sonst üblich in diesem Zeitraum. EuroMomo erfasst die sogenannte Übersterblichkeit in 24 europäischen Staaten.
Die Angaben zeigen, dass bereits in den ersten 16 Wochen 2020 die Zahl der erfassten übermäßigen Todesfälle die Gesamtwerte der Vorjahre übersteigt. Und dass, obwohl es 2017/18 eine schwere Grippewelle gegeben hatte und die jüngsten Angaben für 2020 durch Nachmeldungen noch weiter steigen könnten.
Der Infektiologe Jeremy Farrar sagte am 28. April in der Zeit zum Unterschied Grippe vs. Covid-19:
Auch wenn die Welt ähnliche Ausbrüche schon erlebt hat – die Spanische Grippe, Malaria oder die Pest im Mittelalter: Das wirklich einmalige und gleichzeitig die größte Herausforderung ist die dramatische Geschwindigkeit, mit der sich das Virus über die Welt verteilt. Etwas wirklich Vergleichbares hatten wir wohl noch nie […]
Es ist erstaunlich, wie lange Menschen mit Covid-19 die Krankheit übertragen können. Einige sind ansteckend, bevor sie Symptome haben und noch immer ansteckend, wenn sie zwei Wochen später auf die Intensivstation gebracht werden. Und es gibt eine große Bandbreite von klinischen Verläufen: von sehr mild bis sehr schwer. All das macht es so schwer, die Erkrankung zu kontrollieren.
Menschen werden bei Grippe dazu angehalten zu Hause zu bleiben, wenn sie sich krank fühlen. Wir haben Tests und ein paar Behandlungsmöglichkeiten, auch wenn die nicht perfekt sind. Und natürlich haben wir Impfungen. Bei Covid-19 haben wir all das noch nicht: Wir hatten zu Beginn keine guten Tests, wir haben noch immer keine Medikamente, von denen wir wissen, dass sie helfen, und wir haben keinen Impfstoff.
Und es gibt noch einen Unterschied zu Influenza: Bei der saisonalen Influenza gibt es normalerweise ein gewisses Maß an Immunität in der Bevölkerung. Einfach weil viele Menschen schon einmal eine Grippe durchgemacht haben. Der Körper beseitigt das Virus deshalb schneller, sodass man nicht so lange ansteckend bleibt.
Bei Sars-CoV-2 scheint niemand Immunität gehabt zu haben. Es sieht nicht danach aus, als gäbe es eine starke Kreuzimmunität, also einen Schutz, weil sich jemand vor Kurzem mit einem Coronavirus infiziert hat, das eine einfache Erkältung auslöst.
Update vom 30. April:
In Deutschland sind bis Anfang April sind mehr Menschen gestorben als sonst, vor allem unter den älteren Personen. Das sagen die aktuellen Sterbefalldaten für 2020.
Update vom 1. Mai
Stanford-Studie: Warum Corona definitiv tödlicher ist als die Influenza
Update vom 9. Mai
In Deutschland sind bis Mitte April offenbar etwas mehr Menschen gestorben als zu erwarten gewesen wäre. Besonders deutlich ist der Effekt regional zu erkennen – und bei Menschen über 80. In den Hotspot-Landkreisen ist die Übersterblichkeit teilweise drastisch höher.
Update vom 20. Mai:
„Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich“, schreibt die Süddeutsche Zeitung.
Und der Vergleich von Covid-19 mit der Grippe hinkt gewaltig.
Es gibt Unterschiede auf vielen Ebenen: Kommt es zu schweren Verläufen, ist die Infektion mit Sars-CoV-2 gefährlicher, beeinträchtigt mehr Organe und führt zu einer höheren Sterblichkeit als eine Infektion mit Influenza-Viren. Beide Erkrankungen befallen als erstes Organ nach dem Rachen die Lunge. Bei der Grippe bleibt es dabei. Zwar erleiden Patienten bei schwerer Virusgrippe auch häufiger Infarkte, oder eine Herzinsuffizienz verschlimmert sich, weil der Körper geschwächt ist und ein eventuell vorgeschädigtes Herz schneller versagt.
Doch bei Covid-19 werden fast alle Organe in Mitleidenschaft gezogen, buchstäblich von Kopf bis Fuß. Das Virus nutzt den ACE-2-Rezeptor als Eingangspforte in die Zellen, und der kommt fast überall im Körper vor.
Ärzte haben daher früh gefordert, neben Beatmungsgeräten auch Dialysegeräte anzuschaffen. Viele Covid-Patienten starben an Nierenversagen, gestörter Blutgerinnung oder Herzversagen. „Wir haben Patienten mit fulminanten Embolien gesehen“, sagt Intensivmediziner Stefan Kohlbrenner aus Freiburg. „Es kommt zum Multiorganversagen. Bei der Grippe muss man vom Ein-Organ-Versagen der Lunge sprechen.“
Kardiologen haben im Fachblatt Jama Cardiology gezeigt, dass akute Herzschäden bei 22 Prozent der Patienten mit Covid-19 beobachtet wurden. Bei der Grippe liegt der Anteil bei einem Prozent. Infarkte, Thrombosen, Embolien, Nierenversagen, aber auch Schlaganfälle und kognitive Ausfälle nach Infektionen mit Sars-CoV-2 wurden vielfach beschrieben. Deshalb ist die Sterblichkeit bei schweren Verläufen mit Covid-19 ungleich größer als bei der Grippe.
In der Diskussion um die Sterblichkeit kursiert oft die Zahl von 25 000 Toten in der besonders schlimmen Grippesaison 2017/18. Corona-Tote gibt es in Deutschland bisher knapp 8000, womöglich sind es bis Sommer 10 000. Die Zahl ist deswegen niedriger, weil von März an drastische Einschränkungen galten, sonst hätte es mehr Opfer gegeben.
Zudem wurden in der ungewöhnlich schweren Grippesaison 2017/18 tatsächlich „nur“ 1674 Todesfälle an Grippe im Labor bestätigt. Da in Jahren, in denen die Grippe stark wütet, mehr Menschen sterben als sonst („Übersterblichkeit“) und Influenza oft nicht als Todesursache angegeben wird, stellt das RKI jedoch Hochrechnungen an, wie hoch die tatsächliche Zahl der Opfer sein könnte.
So kommen die 25 000 Todesfälle für 2017/18 zustande. In der elfwöchigen Grippesaison 2019/20, die beendet ist, liegt die Zahl der Todesopfer bei 509.
- Tagesschau: Corona-Pandemie: Weniger gefährlich als die Grippe?
- BR24: Was ist gefährlicher – Corona oder Grippe?
- Welt-Online: Faktencheck: Warum die Corona-Krise keine Übertreibung ist
- Correctiv: Michael Spitzbart liegt falsch – das Coronavirus ist aktuell nicht mit dem Grippevirus vergleichbar
- Lars und die Welt: Und wenn Covid-19 doch viel harmloser wäre?
- Volksverpetzer: Abrechnung mit dem “Aber 25.000 Grippetote”-Argument der Corona-Verharmloser (25. August)
- Volksverpetzer: Ein Twitter-Thread zeigt, dass Corona wirklich nicht nur eine Grippe ist
Grippeimpfung
Der „Ganzheitsmediziner“ Ruediger Dahlke verbreitet via Facebook die Behauptung, dass „die normale Grippe-Impfung das Risiko für Corona-Covid-19 dramatisch“ erhöhe. Zugleich kritisiert er die „Impffreudigkeit und überhaupt Gläubigkeit an Schulmedizin“ in Italien.
Dahlke ist seit vielen Jahren für seine „zusammenfantasierten Ratschläge“ und seine Vorliebe für esoterische Behandlungsmethoden bekannt.
Sein Covid-19-Statement gründet auf der Misinterpretation eines Artikels in dem britischen Online-Medium Mirror:
Coronavirus: Top medic warns anyone who gets the flu jab should stay at home
In dem Beitrag wird aber mitnichten behauptet, dass eine Grippeimpfung das Risiko für eine Covid-19-Erkrankung erhöhe.
Sondern es geht darum, dass diejenigen Risikogruppen, die in Großbritannien kostenlos die Grippeschutzimpfung erhalten (älter als 65, Schwangere, bestimmte Vorerkrankungen, Pflegeheimbewohner etc.), auch stärker gefährdet sind, an Covid-19 zu erkranken.
Oder wie es im Faktencheck der Deutschen Presseagentur (dpa) heißt:
Der Influenza-Experte Jonathan Van-Tam bekleidet in England das Amt des „Deputy Chief Medical Officer“. Am 17. März wurde er in der Sendung „BBC Breakfast“ interviewt. Auf die Frage, welche Teile der Gesellschaft sich als Risikogruppen für Covid-19 ansehen sollten, antwortete Van-Tam: Es seien vor allem diejenigen, denen staatlicherseits eine Grippe-Impfung angeboten werde – mit Ausnahme von Kindern.
Van-Tam sagt ausdrücklich nicht, dass man aufgrund einer vorangegangenen Grippeimpfung eine höhere Gefahr habe, an Covid-19 zu erkranken.
- Mimikama: Dr. Ruediger Dahlke: „Grippeschutzimpfung erhöht COVID-19 Risiko“ – Faktencheck
- dpa-Faktencheck: Britische Regierung behauptete nicht, dass die Grippe-Impfung das Covid-19-Risiko erhöhe
- Ganzheitlich durchleuchtet: Ruediger Dahlke – Der sanfte Erlöser
H
Hildmann, Attila
- Watson: „Wie sich Attila Hildmann vom Vegan-Koch zum Verschwörungstheoretiker wandelte“
- GWUP-Blog: Schmierentheatraliker und Verschwörungsideologe Attila Hildmann hat Angst vor Wissenschaftlerinnen
- GWUP-Blog: Attila Hildmann und der Postillon: Wenn „Querdenker“ nicht mal geradeaus denken können
siehe „Widerstand 2020“
- RND: Corona-Verschwörungen: Warum drehen so viele Promis durch?
Hockertz, Stefan
Auch der Immunologe Stefan Hockertz bemüht den Vergleich mit der Grippe und kritisiert die Reaktion der Politik auf die Corona-Pandemie als „unverhältnismäßig, autoritär, rechthaberisch und maßlos“.
Ähnlich wie Sucharit Bhakdi behauptet auch Hockertz, dass die meisten Menschen, die jetzt als Corona-Todesfälle gezählt werden, “so oder so gestorben” wären. Sie seien mit Corona gestorben und nicht an Corona.
Update vom 21. April:
siehe dazu „An oder mit Covid-19 gestorben?“
Zu Hockertz‘ übrigen Aussagen gibt es folgende Fakten-Checks:
- Correctiv: Coronavirus nicht gefährlicher als Grippe? Warum Stefan Hockertz’ Behauptungen in die Irre führen
- BR24: Aussagen des Immunologen Hockertz im Faktencheck
- Welt-Online: Warum die Corona-Krise keine Übertreibung ist
- Mimikama: Nicht das Virus macht uns krank, sondern die Angst? – Irreführende Behauptungen
- Volksverpetzer: Faktencheck: “Gelten als Verschwörungstheoretiker”: So manipuliert dich dieser Kettenbrief
Mehr dazu bei „Bhakdi“ und „Grippe“
Homburg, Stefan
Der Finanzwissenschaftler behauptet in einem Youtube-Video, der Lockdown des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens in Deutschland sei völlig sinnlos gewesen. Die Reproduktionszahl des Virus, die angibt, wie oft ein Infizierter das Virus an andere weitergibt, sei bereit zuvor unter dem Wert 1 gelegen und habe sich durch den Lockdown praktisch nicht verbessert.
Homburg übersieht wissentlich oder unwissentlich wesentliche Fakten, die zum Verständnis der Reproduktionszahl und ihrer Entwicklung notwendig sind. Erstens lässt sie sich in der Regel nur mit einem Verzug von zehn bis elf Tagen sicher festlegen. Alles andere – insbesondere aktuelle Werte – sind Prognosen oder Hochrechnungen.
Zweitens gab es bereits vor dem weitgehenden Lockdown über Wochen schrittweise verschärfte Maßnahmen wie das Verbot von Großveranstaltungen und später von Schulen und Kitas. Auch diese Maßnahmen haben wahrscheinlich Effekte gezeigt. Viele Menschen haben außerdem bereits Restaurants gemieden, im Home-Office gearbeitet oder anderweitig Kontakte eingeschränkt – wie der Tagesspiegel herausgearbeitet hat.
Die Süddeutsche Zeitung hielt Homburg seinen Auftritt bei den Corona-Protesten am 9. Mai in Stuttgart vor.
Keine drei Wochen nach Veröffentlichung [eines beschwichtigenden Videos] trat Homburg in Stuttgart auf, vor den Tausenden Menschen auf dem Wasen, viele von ihnen kamen mit Verschwörungsplakaten und Anti-Impf-Zeichen – und Homburg sprach auf derselben Bühne wie ein anderer Redner nach ihm, der die Corona-Pandemie mit Auschwitz verglichen hatte.
Auch in einem fast zweistündigen Gespräch mit den SZ-Journalisten beantwortete Homburg entscheidende Fragen nicht. Er könne auf Nachfragen keine Begründungen für seine Behauptungen nennen und bleibe Erklärungen schuldig. Entscheidende Stellen „für sein ganzes Konstrukt“ blieben damit offen.
Homburgs Reaktion auf die verschiedenen Kritikpunkte war eher irritierend als souverän:
Zu Homburgs Hauptargument, die am 22. März beschlossenen Kontaktbeschränkungen hätten keinerlei Auswirkungen auf die Verbreitung des Virus gehabt, gibt es mittlerweile verschiedene Untersuchungen.
Eine Studie, die in Science veröffentlicht wurde, zeigt, dass sich anhand der gemeldeten Infektionszahlen in Deutschland drei Zeitpunkte erkennen lassen, an denen die Ausbreitung von SARS-CoV-2 jeweils wirksam reduziert wurde:
- Zeitpunkt um den
7. März
: Zu diesem Zeitpunkt wurden Großveranstaltungen wie Messen und Fußballspiele verboten. (In NRW z.B. am 10.3.). Die Wachstumsrate der Virusverbreitung sank von 30 auf 12 %. - Zeitpunkt um den
16. März
: Fast alle Schulen, Kindergärten und die meisten Geschäfte wurden am 16.3. auf Anordnung geschlossen. Die Ausbreitungsrate sank weiter auf 2 %. - Zeitpunkt um den
24. März
. In dieser Phase wurden die Kontaktbeschränkungen eingeführt (konkret am 22.3.). Die Wachstumsrate der Virusverbreitung sank auf -3 %
Auch die Wissensredaktion der Süddeutschen Zeitung hat herausgearbeitet, dass es „nicht das eine entscheidende Datum“ gab, sondern ein Bündel an Maßnahmen dazu beitrug, die Epidemie einzudämmen und auf einem niedrigem Niveau zu halten. Dazu gehören auch die weitreichenden Kontaktverbote vom 22. März.
Kollegen von Homburg erklärten auf Anfrage, der Ökonom sei „inhaltlich abgedriftet“ und mache grobe Fehler.
- Tagesspiegel: Der Fall des Stefan Homburg: Ein Wirtschaftsprofessor als raunender Corona-Kritiker
- Ruhrbarone: „Professor Humbug“ dreht durch: „Das hier IST 1933“
- Correctiv: Faktencheck zu Stefan Homburg – Warum seine Argumente zur Reproduktionszahl des Virus zu kurz greifen
- Correctiv: Ist der Lockdown unwirksam? Die Behauptungen über die Reproduktionszahl im Fakten-Check
- Tagesspiegel: Der „überflüssige“ Lockdown? Ja, der R-Wert sank schon vor der Kontaktsperre – aber…
- Tagesspiegel: War das alles wirklich nötig? Die Corona-Maßnahmen im Check
- Welt: Was Sie über die Grafik wissen sollten, über die ganz Deutschland spricht
- Welt: Covid-19-Reproduktionszahl: Der große Streit um eine scheinbar simple Formel
Homöopathie
Dass „das indische Gesundheitsministerium“ ein homöopathisches Präparat zur Corona-Prävention empfohlen habe, war bereits eine Fake-News.
Nachdem solche anfänglich haarsträubenden Statements aus vielen Quellen die Runde machten, bei denen homöopathische Mittel zu Prophylaxe und Behandlung von Covid-19 „empfohlen“ wurden, gab es eine Reihe von Kurskorrekturen,
rekapituliert der Blog Keine Ahnung von Garnix.
Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) hat eine Pressemitteilung herausgegeben:
Der DZVhÄ betont, dass auch für homöopathische Ärzte in Deutschland die Empfehlungen der zuständigen nationalen Gesundheitsbehörden die maßgebliche Orientierung beim medizinischen Umgang mit dem Corona-Virus ist.
Der Verband klassischer Homöopathen Deutschlands e.V. rät …
… allen Kolleginnen und Kollegen dringend, sich an die Vorgaben der offiziellen Stellen des RKI und BMG zu halten. Insbesondere von der Verbreitung von Ratschlägen zur Verwendung einzelner Arzneien zur Prophylaxe oder Behandlung der Erkrankung ist Abstand zu nehmen.
Verschiedene Kommentatoren kritisieren diese Aussage sogar noch als unvollständig:
Homöopathie kann bei ALLEN Indikationen auf keine validen Daten verweisen, die auf eine zuverlässig zu erzielende Heilung mit potenzierten Arzneimitteln hinweisen.
Zudem sei der Aufruf vom VKHD „alles andere als einsichtig“ und diene wohl eher dem Selbstschutz als dem Schutz der Öffentlichkeit.
Tatsächlich scheinen einige „Selbstberufene bar jeglicher Einsicht“ (Keine Ahnung von Garnix) auch weiterhin „homöopathische Arzneien, die bei einer Corona-Ansteckung helfen können“, zu propagieren. Einen aktuellen Fall schildert die Verbraucherzentrale Brandenburg, die zugleich vor Homöopathika warnt, die angeblich vor einer Corona-Ansteckung schützen.
Denn auch in den Stellungnahmen einiger homöopathischer Vereinigungen wird das VKHD-Statement erkennbar relativiert.

Deshalb noch einmal:
Finger weg!!
von Globuli.
Die Zentrale zur Bekämpfung Unlauteren Wettbewerbs hat einen Apotheker abgemahnt, der für „Corona Komplex Z Globuli“ warb.
- GWUP-Blog: Homöopathen und Corona
- Super.Markt-Video: Heilmittel: gefährliche Geschäfte mit Corona
- SWR3: Anti-Corona-Globuli: Vorsicht vor Homöopathie gegen das Coronavirus
- dpa: Covid-19: Zustimmung zu Homöopathie-Einsatz gilt nur eingeschränkt
- GWUP-Blog: Homöopathen wollen mal wieder Relevanz vorgaukeln – mit einer Corona-Umfrage
Homöopathie / Spanische Grippe / Cholera
Zu den Versuchen, die Wirkungslosigkeit von Homöopathie zu relativieren, gehört der Verweis auf „Erfahrungen mit homöopathischen Maßnahmen in epidemiologischen Situationen“. In jüngerer Zeit hatte zum Beispiel die Organisation „Homöopathen ohne Grenzen“ versucht, Ebola-Patienten in Liberia zu behandeln, was ihr von den Behörden untersagt wurde. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte in diesem Zusammenhang im August 2014 vor nicht konventionellen Therapieversuchen.
- Tagesspiegel: Der grenzenlose Irrglaube der Homöopathie
- FAZ: Homöopathen gegen Ebola – „Je tödlicher die Krankheit, desto mehr Quacksalberei“
Erfolge des Homöopathie-Erfinders Samuel Hahnemann gegen die Cholera müssen sehr differenziert betrachtet werden:
- Onkel Michael: Samuel Hahnemann und die Cholera
- Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie: Homöopathie bei der Bekämpfung von Epidemien
- Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie: Homöopathie und die Cholera in Wien 1831/32
Auch angebliche Erfolge homöopathischer Behandlungen bei der „Spanischen Grippe“ vor rund 100 Jahren sind seit jeher Gegenstand homöopathischer Narrative. In der aktuellen Situation beginnen sie erneut verbreitet zu werden. So schreibt eine „staatlich anerkannte Heilpraktikerin“ auf einer der großen sogenannten „Nachbarschaftsseiten“:
Guten Morgen liebe Nachbarn, lassen Sie mich Ihnen zum Zeitvertreib eine wahre Geschichte erzählen. Im Jahr 1918 wütete die spanische Grippe. Ein Amerikaner, Dean Pearson, untersuchte hinterher 26 795 Grippefälle, die schulmedizinisch behandelt wurden und 24 000 Grippefälle, die homöopathisch behandelt wurden. Von den 26 795 Grippeerkrankten starben 6 768 und von den 24 000 homöopathisch behandelten starben gerade mal 273 Menschen. Dies alles können Sie nachlesen in dem Buch „Das kann Homöopathie“ von Aleksander Stefanovic. Ich finde, das sind Zahlen, die eine deutliche Sprache sprechen. Und dennoch versucht man immer wieder die Homöopathie schlecht zu reden.“
Dazu erklärt Udo Endruscheit vom Informationsnetzwerk Homöopathie:
Es ist längst klar, dass man den Zahlen aus den Jahren nach 1920 keine Beweiskraft zubilligen kann. Es sind viele, sehr unterschiedliche partielle Ergebnisse, mal aus dieser, mal aus jener Region, mal ambulant, mal stationär behandelte Patienten und auch darüber hinaus ohne jede Grundlage, die Rückschlüsse auf die Vergleichbarkeit der Fälle zuließen (z.B. Angaben zu Behandlungsformen).
Auch zeigten sich durchaus nicht überall Abweichungen von den normalen Sterberaten. Insgesamt sind die Zahlen nicht im Mindesten belastbar und zumindest teilweise auf Legendenbildung zurückzuführen. Man weiß ja nicht einmal, wie viele Menschen überhaupt an der Spanischen Grippe gestorben sind (die Schätzungen schwanken immerhin zwischen 27 und 50 Millionen – wie will man da verlässliche Zahlen für eine bestimmte Behandlungsform belegen? Eine Illusion – wie auch Homöopathen letztlich einräumen).
Aleksander Stefanovic ist Autor des Buches „Das kann die Homöopathie“ (Narayana-Verlag), das glänzende Erfolge vom Schnupfen bis zu jeglicher Krebsart und eben auch bei Epidemien, „wissenschaftlich dokumentiert“. Der darin genannte Dean Pearson ist einer der vielen, die über „Erfolge“ der Homöopathie bei der Spanischen Grippe berichtet haben. Er hat keine über 26.000 Fälle „untersucht“, sondern Berichte von etlichen homöopathischen Ärzten zusammengetragen, wie viele andere auch. Stefanovic hat seine Weisheiten wahrscheinlich aus dem Artikel “Homeopathy In Influenza- A Chorus Of Fifty In Harmony” von W. A. Dewey, das 1920 im Journal of the American Institute of Homeopathy erschienen ist. Dort steht in einer langen rein quantitativen Aufzählung solcher Einzelberichte von etlichen Ärzten und Kliniken u.a.:
Dean W. A. Pearson of Philadelphia collected 26,795 cases of influenza treated by homeopathic physicians with a mortality of 1.05%, while the average old school mortality is 30%.
Also ist Pearsons Zahl selbst schon eine Kompilation von Einzelberichten etlicher Ärzte, deren Validität schon damals niemand beurteilen konnte. Gerade Pearson wird wohl aus zwei Gründen als Zeuge angerufen:
Einmal, weil die Letalitätsrate mit 1,05 % sensationell niedrig zu sein scheint (andererseits die Rate von 30 % bei konventionell Versorgten nicht weniger sensationell ist) und zum anderen, weil Pearson mit der Autorität des damaligen Dekans des damaligen Hahnemann Medical College of Philadelphia aufwarten konnte. Die Zahlen muss man – auch die anderer von Dewey angeführter Meldungen – als weitestgehend invalide ansehen, zumal auch die Gesamtletalität nicht bekannt ist, sie wird allgemein auf etwa 2,5 Prozent der Erkrankten geschätzt (was ein Bild von der Gesamtzahl der weltweit Erkrankten vermittelt).
Die Invalidität der Zahlen und Berichte wird gelegentlich auch von Homöopathen eingeräumt. Zum homöopathischen LMHI Homeopathic World Congress 2017 in Leipzig wurde ein Paper veröffentlicht, das zu dem Schluss kommt:
Es existierte keine einheitliche konventionelle Therapie zur Behandlung der Spanischen Grippe. Ebenfalls existieren keine validen Daten zur Mortalität. Erfolge traten womöglich bereits durch den Verzicht auf konventionelle Medikamente auf. Es wurden vergleichsweise wenig Patienten von Homöopathen behandelt. Auch diese wandten keine einheitliche Therapie an. Die Behandlung durch Homöopathen war nicht eindimensional, sondern es handelte sich um ein komplexes polytherapeutisches Vorgehen. Die Behandlungsresultate differierten sehr (Schwerstkranke/Kliniken versus früher Behandlungsbeginn/ambulant sowie abhängig von Zeit und Ort). Einige Auswertungen deuten darauf hin, dass es beeindruckende Erfolge gab. In Frage gestellt werden muss, ob diese als Belege taugen. Generell waren Forschungsbegriff/-kriterien weniger stringent als heute.
Das Paper ist nicht unterzeichnet, es ist jedoch anzunehmen, dass es von Stefanie Jahn stammt, die in der Schriftenreihe „Quellen und Studien zur Homöopathiegeschichte“ als Band 21 die Arbeit „Spanische Grippe und Homöopathie: die Behandlung der Pandemie im internationalen Vergleich“ veröffentlicht hat. Jahn war auch Vortragende beim Kongress.
Fazit: Eine Berufung auf angebliche bessere Erfolge homöopathischer gegenüber konventioneller Behandlung bei der Spanischen Grippe 1918/19 hat aus vielerlei Gründen keine valide Grundlage.
Hygiene-/Corona-Demos
Update September:
- GWUP-Blog: Corona-Demos: Der „Rebell“ als traurige, abstoßende Gestalt
- GWUP-Blog: Corona-Verschwörungsmythen: Phantastereien von „dunklen Mächten“ statt sachlicher Kritik
- GWUP-Blog: Corona-Demos in Berlin: GWUP-Interview bei TV Bayern Live
- GWUP-Blog: Corona-Demo in Berlin: Traurige Verschwendung von Engagement
Seit dem 28. März demonstriert jeden Samstag auf dem Rosa-Luxemburg-Platz an der Volksbühne in Berlin ein Sammelsurium aus linken und rechten Aktivisten gegen eine angebliche „Corona-Diktatur“. Experten sprechen von einer „breiten verschwörungsideologischen Querfront“.
Am 2. Mai gab der Journalist und GWUP-Pressesprecher Bernd Harder im Deutschlandfunk ein Interview dazu:
Harder sieht im einträchtigen Demonstrieren gegen die Coronramaßnahmen „ein neues Phänomen“. Man könne es als „eine Art Querfront“ bezeichnen, sagt er: „Da marschieren Leute von ganz links bis ganz rechts. Und der große gemeinsame Faktor, der sie alle eint, ist der Glaube an die ganz große Verschwörung.“
Etwa dass der Staat die umstrittene Mobilfunktechnologie G5 etablieren wolle, um seine Bürger zu überwachen und eine Diktatur zu etablieren. Oder dass die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus nur ein Ablenkungsmanöver seien, während im Hintergrund die Versklavung der Bevölkerung vorbereitet werde.
Dass es derzeit Kritik gebe, sei absolut nachvollziehbar, sagt Harder, denn: „Politiker treffen weitreichende Entscheidungen auf der Basis relativ geringer Informationen.“ Und diese Informationen müssten teils innerhalb kurzer Zeit wieder relativiert werden.
Aber: „Es gibt einen Unterschied zwischen kritischer Wachsamkeit und destruktiver Pseudoskepsis.“
Welt-Online schrieb zum selben Thema:
Seit Ende März versammeln sie sich, die Corona-Skeptiker. Eigentlich gelten strenge Abstandsregeln, doch das hindert eine kuriose Truppe nicht daran, sich jeden Samstagnachmittag vor der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz zu treffen. Die sogenannten Hygienedemos wenden sich gegen die Maßnahmen der Regierung, das „Terrorregime“ und seine gleichgeschaltete Presse.
Organisiert wird das Ganze von der „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“, einem Verein in Gründung um den Theaterdramaturgen und Journalisten Anselm Lenz.
Kommen kann jeder, deshalb ist es schwer zu sagen, was für ein Milieu sich hier zusammenfindet und ob es überhaupt eines ist. Bekannte Neonazis wurden gesichtet, andere Teilnehmer wirken wie besorgte Erdkundelehrer. Es gibt ältere Damen und aggressive Hooligans, die „Wir sind das Volk“ rufen. Viele meditieren stundenlang auf Laken, gewaltlos, stumm. Die Szenerie ist bizarr, man hat das Gefühl, dass sie jederzeit in alle Richtungen kippen könnte […]
Viele auf der Hygienedemo wären offensichtlich gerne Räuber, unabhängige Geister, unverbogene Trotzköpfe gegen die Gleichschaltung der Naiven. Lauter moderne Räuber Hotzenplotze laufen hier herum, die sich von keinem Alois Dimpfelmoser mit Pickelhaube sagen lassen, was sie zu tun und zu denken haben. Und von einer Großmutter auch nicht, oder von der Kanzlerin.
„Ich möchte mir von Frau Merkel nicht sagen lassen, dass ich mir die Hände waschen muss“, sagte Frank Castorf im Wochenmagazin Der Spiegel. Das Zitat ging einmal durch die Republik. Auch Castorf will sich nicht den Virologen unterwerfen. Gibt es also doch eine Wahlverwandtschaft zwischen der Bühne und den Bommeln? […]
Noch lassen sich die Vernünftigen den Wahnsinn gefallen. Aber nicht ohne Kommentar. „Wir sind nicht eure Kulisse“ schreiben die Anwohner der Rosa-Luxemburg-Straße auf Transparente und hängen sie vor ihre Fenster, auch die Geschäfte machen das. Die Volksbühne selbst hat ihr Rad und ihren Namenszug schwarz verhängt. Aber nur weil man etwas verbirgt, verschwindet es ja nicht.
Man kann dem kulturellen Resonanzraum, den man über so viele Jahre mit aufgebaut hat, eben nicht mit ein paar Überziehern und Distanzierungen loswerden […]
Wie lange wird sich diese simple Idee im Herzen Berlins halten? Wohl nicht mehr lange. Die Menschen hier sind aufmüpfig, aber auch anspruchsvoll. Schlechte Stücke werden hier rasch abgesetzt.
Update vom 10. Mai
Am Wochenende 9./10. Mai kam es zu zahlreichen Protestveranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen bundesweit.
- In Nürnberg:
Um 14 Uhr folgten Demonstranten, die gegen eine Impfpflicht zu Felde zogen. Mit Schildern wie „Gegen Mundschutz-Pflicht“ und „Nein zur Zwangsimpfung“ waren mehr als 2000 Menschen erschienen. Immer wieder skandierte die Menge „Wir sind das Volk“.
Einige Teilnehmer gaben sich zudem deutlich als Anhänger von Verschwörungstheorien zu erkennen: „Über meinen Körper bestimme ich und nicht Bill Gates“ war auf einem der Schilder zu lesen. Ein anderer Teilnehmer hatte auf sein T-Shirt geschrieben: „Ich habe in meinem Leben die Grünen, die Linken gewählt. Ich bin kein Rechtsextremist.“
Aber es hatten sich mehrere bekannte Rechtsextreme unter die Menge gemischt. Vertreter der Hooligan-Szene und der Gelbwesten-Vereinigung waren ebenfalls anwesend, einige Teilnehmer warben außerdem für die neue Gruppierung „Widerstand 2020“, unter anderem mit Schriftzügen auf ihrer Kleidung.
- In München:
- In Stuttgart:
- In Berlin:
Und in mehreren anderen Städten, wo die Demos teilweise „aus dem Ruder“ liefen:
- BR24: Tausende Leute, kein Abstand: Corona-Demos laufen aus dem Ruder
- nordbayern.de: Corona-Demo läuft aus dem Ruder: Jetzt spricht Nürnbergs OB
- BR24: „Rücksichtslos“: Kommunalpolitiker empört über Corona-Demos
- Merkur: Streit um Corona-Demos: Schluss mit „gefährlicher Rücksichtslosigkeit“? – Herrmann reagiert
- RND: Polizei zu Corona-Demos: “Unbegreiflich, wie man so etwas fordern kann”
- Passauer Neue Presse: Corona-Demo: Polizei lässt gewähren, erstattet jedoch Anzeige
- Welt-Online: „Unbeteiligte wurden aufgefordert, den Mundschutz abzunehmen“
- Frankfurter Neue Presse: Sogenannte „Hygiene“-Demo in Limburg gestoppt – Corona-Regeln missachtet
Bei Twitter trendete der Hashtag #Covidioten, mit scharfer Kritik an den Demonstranten:
Politiker und Verfassungsschutz zeigten sich „beunruhigt“.
Was war da los?
In der Ausgabe (Nr. 20/2020) berichtete auch Der Spiegel über „Deutschlands neue Wutbürger“. Nach Einschätzung der Autoren vereine das neue Coronavirus Menschen im Protest, die bislang wenig gemeinsam und kaum etwas miteinander zu tun hatten:
Rechtsextremisten, Impfgegner, Antisemiten, Verschwörungsideologen, Linksradikale, Alt-Autonome und Esoteriker. Und ganz normale Bürger, denen politisches Engagement bislang eher fremd war.
Die Proteste sind auch den Politikern nicht entgangen – und beeinflussen deren Handeln. Dass in dieser Woche die bislang weitgehendsten Lockerungen beschlossen wurden, hängt auch mit der Angst vor den Corona-Wutbürgern zusammen.
Natürlich seien bei den Demos nicht nur „chronische Merkel-Hasser oder Impfgegner“ anzutreffen, sondern auch Menschen, die während der Krise ihren Job verloren haben:
Alleinerziehende Mütter sind gekommen oder Gastronomen, die ihr Restaurant schließen mussten. Sie halten die Einschränkungen für unverhältnismäßig, protestieren „gegen staatliche Willkür“.
Das ist selbstverständlich ihr gutes Recht. Alarmierend sei indes der Versuch von Extremisten, die „wilde Mischung aus besorgten Bürgern und Verschwörungsideologen fast aller politischen Schattierungen“ (taz) zu kapern.
So warnt auch der Zentralrat der Juden in Deutschland:
Miro Dittrich von der Amadeu-Antonio-Stiftung sieht das Problem vor allem bei den sogenannten Accelerationists, also Leuten, die den Untergang beschleunigen wollten:
Jetzt müsse man gerade das Chaos, diesen Ausnahmezustand, noch mehr ins Extreme treiben, um noch mehr Unruhe auszulösen, um einen instabileren Staat zu haben, den man dann durch einen Bürgerkrieg stürzen kann.
Aber neu ist das nicht, die Probleme haben wir seit Langem in unserer Gesellschaft. Leider wurden sie viel zu sehr belächelt. Das holt uns jetzt in der Krise ein.
Dass die Coronakrise Verschwörungstheorien massiv triggert, sollte keine große Überraschung sein. In einer aktuellen Studie der Technischen Universität Ilmenau und der Universität Bern (Jens Wolling und Dorothee Arlt) geben 85 Prozent der Befragten an, dass sie davon ausgehen, in der Coronakrise keinen Einfluss auf das Handeln der Regierung zu haben.
Und Kontrollverlust ist einer der Hauptgründe, warum sich Menschen zu Verschwörungsmythen hingezogen fühlen, erklären die Autorinnen Pia Lamberty und Katharina Nocun („Fake Facts“) in verschiedenen Interviews:
- Tagesspiegel: „Die Pandemie ist ein Paradebeispiel für Kontrollverlust“
- Deutschlandfunk: Der Boom der Corona-Verschwörungstheorien
- Deutschlandfunk Kultur: #82 Bill Gates war’s! – Warum eskalieren die Verschwörungstheorien?
- Video: Verschwörungstheorien – Gespräch mit Katharina Nocun
- WDR: Corona-Verschwörungstheorien – „Viele suchen einen Schuldigen“
Die Unsichtbarkeit und die den ganzen Erdball umspannende, alles durchdringende Totalität des Virus mache ihn zu einer Art Urbild jeglichen Verschwörungsdenkens (FAZ):
Zu einer Metapher und zugleich dem Beweis dafür, dass die gesamte Realität, wie die Macht sie uns vorstellt, eine Lüge sein könnte.
Dass die „Hygiene-Demos“, die seit Ende März vor sich hin dümpelten, gerade jetzt eskalieren, war vorhersehbar:
Es ist kein Zufall, dass die Paranoiker in dem Moment, in dem die Gesellschaft in eine fragile Normalität zurückkehrt, versuchen die Bühne zu entern.
Der Konsens des Lockdowns löst sich auf. Gleichzeitig brechen stillgelegte soziale Kämpfe auf, welche Branche zuerst wieder öffnen darf. Beides ist nötig. Denn Demokratie heißt nicht Konsens von oben, sondern geregelter Kampf der Interessengruppen.
Für manchen Restaurantbesitzer, der Angst vor dem Bankrott hat und sich benachteiligt fühlt, scheint die Idee, dass alles Lüge ist, anziehend zu sein.
Man sollte sich von der Konjunktur des Irrsinns aber nicht irre machen lassen. Denn all das ist auch ein flüchtiger Effekt der Aufmerksamkeitsökonomie. Selten war es leichter, die Scheinwerfer auf sich zu richten.
Ein Autor von Kochbüchern hat es mit der Idee, als Samurai im Kampf gegen die Weltverschwörung zu sterben, zu einer gewissen Bekanntheit gebracht.
Diese neue Querfront ist nicht so einflussreich, wie sie es in ihren Filterblasen suggeriert. Weniger als zehn Prozent lehnen, laut einer ARD-Umfrage, das Krisenmanagement der Regierung rundheraus ab. Die Allianz von Impfgegnern bis zu Rechtsextremen ist laut und schrill – stabil schon weniger.
Bislang haben wir es eher mit einem ästhetisch strapaziösen als demokratiegefährdenden Phänomen zu tun.
Ist das wirklich so?
Auch der Protestforscher Simon Teune sieht nur ein begrenztes Mobilisierungspotenzial für eine neue Bewegung:
Auch tun sich ja heute schon erste Brüche auf. Und je mehr die Demonstrationen von Verschwörungsglauben und Rechtsextremen geprägt werden, desto abschreckender werden sie für Menschen, die die Corona-Maßnahmen kritisieren.
Das kann sein – muss aber nicht.
Andere Experten befürchten, dass …
… je länger die Corona-Pandemie die Gesellschaft im Griff hat, umso mehr könnten sich Verschwörungstheoretiker radikalisieren.
Die Daten der genannten Studie von Wolling/Arlt geben darauf „derzeit keine Antwort“. Auch der Tübinger Kommunikationsforscher Olaf Kramer schwankt in einem Spiegel-Interview recht unsicher zwischen Wunsch und Wirklichkeit:
Wir brauchen neue Kommunikationsformen. Denn auch unabhängig von der Coronakrise erleben wir die Tendenz zur Polarisierung.
Eine Gesellschaft beruht darauf, dass es eine Art Wertekonsens geben muss. In der Rhetorik sprechen wir von einem „common ground“, also einem gemeinsamen Boden, auf dessen Basis man Argumente entwickeln und über politische Maßnahmen entscheiden kann.
Wenn sich dieser gemeinsame Boden aber durch eine Teilung in zwei Lager [Befürworter und Gegner der Corona-Maßnahmen] auflöst, dann ist Verständigung schwierig […] Zum einen sind wir alle gefragt, mehr „einladende Rhetorik“ zu praktizieren.
Die Motive der Gegenseite zu verstehen, ist auch im Internet wichtig. Zum anderen kann es gerade in den sozialen Medien technische Antworten geben.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, weist darauf hin, dass es „die unterschiedlichsten Möglichkeiten“ gebe, sich in der Coronakrise „zu Wort zu melden, seine Meinung zu äußern und Aufmerksamkeit für sein Anliegen zu bekommen“ – sagt aber nicht konkret, welche.
Völlig zu Recht warnt die FAZ davor, kritische „Ökonomen, Politiker, Rechtsprofessoren, Lobbyisten, die gerade noch die Mitte der Gesellschaft behaupteten und verteidigten“, durch den Virus-Diskurs an den Rand und in die Defensive zu drängen.
Dennoch sieht das Blatt auch den entscheidenden Unterschied zwischen kritischen Fragen und Verschwörungsmythen:
Die Wirtschaft ist sehr belastet, aber weit von einem Zusammenbruch entfernt. Es könnte schnell ein Modus vivendi für eine Übergangszeit gefunden sein, wenn die Menschen besonnen blieben.
Das sind diese Demonstranten aber nicht. Manchen geht es um einen Systemwechsel. Normale Bürger, die in diesen Sog geraten, sollten ihre kritischen Antennen in diese Richtung ausfahren.
Viele Menschen fühlen sich zu wenig informiert. Informationen darf man einfordern, muss sie aber auch in den richtigen Quellen suchen.
Man findet sie nicht auf der Straße, nicht bei den Menschen mit Aluhut – und nicht bei Rednern mit Schaum vor dem Mund.
Möglicherweise müssen wir uns vorerst mit dem Minimalerfolg abfinden, dass Politik, Behörden und Medien das Problem überhaupt mal wahrnehmen.
Dann könnte man allmählich zu dem kommen, was Lamberty/Nocun in einem noch nicht veröffentlichten Interview für den Skeptiker (2/2020) anregen:
Es ist längst überfällig, dass die Politik dieses Problem erkennt und auch angeht. Insbesondere bei der Förderung von Projekten, die sich seit Jahren mit dem Thema auseinandersetzen, braucht es eine bessere und vor allem nachhaltigere Finanzierung.
Die Vermittlung von Wissen rund um den richtigen Umgang mit Verschwörungsmythen sollte in Schulen gelehrt werden.
Und schlussendlich bleibt auch das, was der SPON-Kolumnist Christian Stöcker zum Ausdruck bringt:
– Umgekehrt steht es der deutschen Mehrheitsgesellschaft frei, die Verschwörungserzählungen als Schwachsinn zu betrachten, die Tanzlehrer, Köche, Sängerinnen, YouTuber und Unterwäschemodels verbreiten. Und das tut sie ja auch überwiegend.
– Bei manchen der Verschwörungsweitererzähler könnte man die Hoffnung haben, dass sie vielleicht doch nicht ganz glücklich mit ihren neuen Fans sind. Damit, dass sie jetzt eine Klientel anfeuern, zu der Leute gehören, die Kamerateams mit Totschlägern angreifen.
Am 16. Mai schrieb die Welt:
Das Infektionsschutzgesetz ist ein scharfes Schwert. Jetzt kommt es zum Einsatz. Sehr viele Menschen sind darüber irritiert, um es vorsichtig auszudrücken. Unternehmer, die ihre Mitarbeiter kündigen müssen. Familien, die in kleinen Wohnungen verzweifeln. Angestellte, die ihr Einkommen verlieren. Ein Teil davon geht auf die Straße. Diese Menschen protestieren friedlich.
Es gab Kundgebungen von Pflegern für bessere Arbeitsbedingungen. Auch Gastronomen, Schausteller, Menschen aus dem Tourismus und anderen stillgelegten Branchen haben in den vergangenen Wochen immer wieder friedlich und ohne Verschwörungsmythen auf ihre Anliegen aufmerksam gemacht.
Und dann sind da jene, die solche Gründe nicht brauchen, oder die diese Gründe einfach vorschieben. Sie haben ihre Ideologie. Bizarre Visionen von Verschwörungen, heimlichen Weltherrschern, gern was mit Kinderblut und Untergrundarmeen unter der Erde. Wie aus dem Nichts rollt die Demo-Welle durchs Land, nicht mehr nur in Metropolen.
Politiker, Verfassungsschützer und Wissenschaftler sehen beide Seiten der jungen Bewegung – ihre teils begründeten Sorgen, aber auch die Verschwörungsideologien.
Manche Veranstalter setzten sich rational mit den Corona-Maßnahmen auseinander, die meisten Organisatoren hätten jedoch „entweder kein Problem mit Extremisten, Demokratiehassern, Antisemiten, Impfgegnern und Verschwörungsmythologen – oder aber sie teilen Fantasien von einer ‚Corona-Lüge‘ und einer gegen ‚das deutsche Volk‘ gerichteten ‚Weltverschwörung‘“, sagt der Politikwissenschaftler Lars Rensmann von der Universität Groningen. Die Bewegung, einschließlich der neuen Partei „Widerstand 2020“, habe mindestens eine „offene Flanke in die Welt der Verschwörungsfantasien und einer antidemokratischen Querfront“.
Die Corona-Krise sei ein so wirksamer Treiber, weil es sich nicht um eine imaginierte Gesellschaftskrise handele, sondern um eine reale. „Sie betrifft alle und hat enorme Ausmaße in allen Gesellschaftsbereichen“, stellt Rensmann fest. „So kann sich die Bewegung über die ‚üblichen Verdächtigen‘ und harten Ideologen hinaus verbreitern. Das Fundament bilden aber teils ideologisch Überzeugte, die sich auch unabhängig von der Corona-Krise vernetzen und in Teilen schon lange vorher organisiert haben.“
Es sei fraglich, ob sich hier wirklich eine neue Kraft bilde, oder ob ein im Kern bereits bestehendes Konglomerat verschwörungsmythischer und anti-demokratischer Querfront-Unterstützer nur mittels der Corona-Krise eine neue Öffentlichkeit finde.
Das ganze Problem mit den Corona-Demos brachte am 19. Mai dieser kurze Videoclip auf den Punkt:
Ein 84-jähriger Rentner, der auf die Straße geht, weil er seit acht Wochen seine Frau im Pflegeheim nicht mehr besuchen darf, wird von einem Verschwörungsideologen niedergebrüllt.
Statt sich provozieren zu lassen, antwortet der aggressiv bedrängte Alfons Blum aus Gera nur:
Den ganzen 20-minütigen Beitrag von Report Mainz gibt’s hier zu sehen, die entsprechende Szene ab Minute 1:20.
Das Problem nicht erst seit Donald Trump ist: Die Lauten, Dummen und Aggressiven geben den Ton an,
schrieb dazu Die Zeit:
Derzeit, bei sogenannten Corona-Protesten, sind das zum Beispiel Leute, die behaupten, das Virus sei ein Mythos, in Wahrheit steckten wahlweise irgendwelche bösen Staaten, Bill Gates oder die Pharmaindustrie dahinter. Diese Leute prägen das Bild, sie bestimmen die Richtung. Vernünftig vorgetragene, nachvollziehbare Kritik wird überlagert von Verschwörungsmythen und Ideologie […]
Legitime, konstruktive, fruchtbare Kritik ist plötzlich diskreditiert durch das Geschrei von Populisten, Verschwörungserzählern, Impfgegnern und sonstigen merkwürdigen Gestalten […]
Distanzierung ist nötig. Es genügt nicht, zu schweigen oder sich nur leise abzugrenzen von den Irren. Einem Menschen, der auf einer „Corona-Demo“ vernünftige Kritik anbringt und sagt: „Aber ich habe mit den Extremisten hier doch nichts zu tun!“, muss man entgegenhalten: Mag sein, aber indem du Seite an Seite mit ihnen gehst, wirst du wahrgenommen als jemand, der sich mit ihnen gemeinmacht.
Die radikale Minderheit prägt das Bild, weil die vernünftige Mehrheit zu leise ist. Es muss also im eigenen Interesse eines jeden Anständigen sein, sich laut und deutlich von den Unanständigen abzugrenzen. Das funktioniert nur, indem man ihnen zunächst mit Argumenten und Fakten begegnet – und sie, wenn sie sich partout jedem vernünftigen Austausch widersetzen, ächtet, ausgrenzt, zur Verantwortung zieht.
Hier ist Social Distancing im eigentlichen Sinne des Wortes angebracht. Dort, wo sie Räume besetzen wie bei den „Corona-Demonstrationen“, müssen die Vernünftigen sich abgrenzen – und sich andere Räume, Bühnen, Plattformen suchen.
„Man muss auch vernünftig bleiben“, hat der 84-jährige Blum gesagt, ein heldenhafter Satz in diesen Zeiten. Vor allem aber: Die anständige Mehrheit muss lauter werden. Viel, viel lauter. Damit alle Aufmerksamkeit Herr Blum bekommt, nicht der Brüllheini.
GWUP-Blog: „Dunning Kruger Blues – Corona Edition 2020“ von Tommy Krappweis
GWUP-Blog:
Verschwörungsmythen und Corona-Demos: Widersprechen? Zuhören? Oder auslachen?
GWUP-Blog: Spiegel-TV bei der Corona-Demo: „Vom Schwindelarzt aus Sinsheim bis zum gescheiterten Journalisten Ken Jebsen“
GWUP-Blog:
Corona-Proteste: Impfgegner, Verschwörungsideologen – und ganz normale Bürger
GWUP-Blog: Verschwörungsideologe brüllt berechtigte Anliegen bei Corona-Demo nieder
- Tagesspiegel: Seit an Seite mit Extremisten: Wen ziehen die Corona-Proteste an?
- Tagesschau: „Hygienedemos“: Jahrmarkt der kruden Ideen
- Correctiv: „Hygiene-Demos“: Russland-Freunde gegen Corona
- JFDA: Dokumentation und Analyse der „Hygienedemo“ am 18. April 2020
- Zeit-Online: Die Stunde der Pseudo-Opposition
- BR24: Wie Corona Verschwörungstheorien sprießen lässt
- Volksverpetzer: Hey, ihr Corona-Schwurbler: Ihr seid nicht “kritisch”, ihr seid peinlich
- Süddeutsche Zeitung: Die Allianz des Unsinns
- Panorama: „Hygiene-Demo“ in Berlin: Juden angeblich Schuld an Corona
- Zeit-Online: Sie wollen sich anstecken dürfen
- Taz: Köpfe der Corona-Relativierer
siehe dazu auch „Widerstand 2020“ und „Impfgegner“
Hydroxychloroquin
- siehe „Malaria“
Ibuprofen
Bloß kein Ibuprofen mehr nehmen
Zunächst verbreitete sich in den soziale Netzwerken das Gerücht, Ibuprofen verstärke die Symptome von Covid-19 beziehungsweise beschleunige die Vermehrung des Virus. In der Kettennachricht wurde die Uni Wien als Quelle genannt, die diese Fake News jedoch dementierte.
Dennoch riet die WHO kurze Zeit später davon ab, bei Verdacht auf eine Infektion mit dem neuartigen Virus ohne ärztlichen Rat das Medikament Ibuprofen einzunehmen. Dann nahm sie die Warnung aber wieder zurück.
Das arznei-telegramm ordnet den ganzen Vorgang fachlich ein:
Belastbare wissenschaftliche Belege für einen spezifischen negativen Effekt von Ibuprofen auf Infektionsrisiko und Krankheitsverlauf von COVID-19 gibt es derzeit nicht. Es gibt aber gute Gründe, bei schweren Atemwegsinfektionen und bei der in ihrem Verlauf noch wenig bekannten COVID-19-Infektion auf nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) zu verzichten und – falls eine Fiebersenkung überhaupt geboten ist – Parazetamol vorzuziehen.
Praktische Tipps zum Thema „Ibuprofen bei Coronavirus-Infektion“ gibt’s auch bei der Apotheken-Umschau.
Immunsystem
Kann Personen, die ein starkes Immunsystem haben, auch das neuartige Coronavirus nicht ernsthaft krank machen?
„Ein wichtiges Wort ist hier, wie so oft derzeit, das Wort neuartig. Nach allem, was bekannt ist, ist Sars-CoV-2 für Menschen und damit auch für ihr Immunsystem, neu“, erklärt der Tagesspiegel in einem Fakten-Check.
Über die ganz konkrete Reaktion des Immunsystems auf Sars-CoV-2 weiß man, weil es eben neu ist, noch nicht sehr viel. Auch Leute mit per se gut funktionierendem Immunsystem können möglicherweise schwer erkranken, dann nämlich, wenn viele Viren direkt in die Lunge gelangen, anstatt sich zunächst im Rachenraum zu vermehren und dort auch schon eine Reaktion der Immunzellen auszulösen.
Zu diversen „Immunboostern“, die vor Corona schützen sollen, hat die Süddeutsche Zeitung den Ernährungsmediziner Prof. Hans Hauner von der TU München befragt. Es gebe seit Jahren immer wieder Versuche, immunstimulierende Wirkungen von Lebensmitteln zu belegen, erklärt Hauner. Daraus ergebe sich bis heute kein stimmiges Bild, denn oft handele es sich um In-vitro-Studien, etwa in Zellkulturen, die sich nicht auf den Alltag übertragen lassen. Daneben existierten etliche Studien mit Menschen, die aber bisher auch keine brauchbaren Ergebnisse geliefert hätten:
So wird von Polyphenolen und Carotinoiden, die in Äpfeln, Gewürzen, Karotten, Nüssen – aber auch dunkler Schokolade – enthalten sind, behauptet, dass sie „wesentlich zur Immunsteuerung beitragen“, wie Mitarbeiter der Uni Graz kürzlich verkündeten.
Das sei „nicht wirklich belegbar“, wundert sich Hans Hauner. Ähnliches gelte für Eisen, das „in der Ausprägung des Immunsystems eine große Rolle“ spielen würde. Auch hier mahnt Hauner zur Vorsicht. Was im Labor beobachtete Befunde für die Gesundheit bedeuten, sei „völlig unklar“.
Zink wird ebenfalls gerne zur Stärkung der körpereigenen Abwehr empfohlen, bei Defiziten kann es zu Veränderungen im Immunsystem kommen. „Zinkmangel kommt bei uns so gut wie nicht vor, sodass eine Zinkgabe nicht sinnvoll ist“, sagt Hauner. „Ähnliches gilt für Selen, der häufig für Deutschland postulierte Selen-Mangel ist ein Märchen, erst kürzlich verliefen Studien mit Selen auf Intensivstationen erfolglos.“
Das gilt auch für Granulate, Elixiere und andere Vitaminpräparate, mit denen ein Riesenmarkt bedient wird, die allenfalls das Gewissen beruhigen, aber nicht der Gesundheit dienen.
Ein paar natürliche Immunbooster gebe es allerdings. An erster Stelle seien Bewegung, wenig Stress sowie ausreichend Schlaf zu nennen.
- Tagesspiegel: 12 Fragen von „Knoblauch“ bis „Kalte Dusche“
- Süddeutsche Zeitung: Die Kraft des Körpers
Welt-Online schrieb am 11. April:
Die Vorstellung, die Körperabwehr ließe sich durch Pillen, Pülverchen oder Gewürze zu Höchstleistungen animieren, ist falsch.
Die Greifswalder Professorin Barbara Bröker ist Spezialistin für Infektionsimmunologie. Sie leitet die Abteilung für Immunologie an der Universitätsmedizin der Hansestadt. „Unsere Immunabwehr ist ein faszinierendes und komplexes System. Eine von zehn Zellen des Körpers ist eine Immunzelle“, sagt Bröker. „Es wäre etwas naiv zu glauben, dass man dieses hochspezialisierte System durch Pillen oder Superfood verbessern könnte.“
Auch ein weiterer Umstand verringert die Chance, dass wirksame Bestandteile der Nahrung, wie das Gingerol des Ingwers oder das Allicin des Knoblauchs, tatsächlich einen positiven Effekt auf das Immunsystem haben. Die Menge der Stoffe, die letztendlich an der richtigen Stelle im Körper ankommt, ist oft viel zu gering.
Die Infektionsimmunologin Barbara Bröker erklärt das an einem anderen Beispiel: „Dem grünen Tee wird ja auch eine sehr positive Wirkung nachgesagt. Wenn man aber nachrechnet, welche Menge der pharmakologisch wirksamen Substanzen aufgenommen werden müssten, stellt man fest: So viel Tee kann kein Mensch trinken.“
Auch bei den Corona-Demos sind Aussagen zu hören wie „“Gesundes Essen, guter Schlaf, frische Luft, weniger Stress, und den Nächsten einfach mal umarmen“, wie [ein Teilnehmer] sagt. „Ich verstehe nicht, warum die Regierung nicht lieber sowas fördert.“
Dazu erklärt die Wissensredaktion der Süddeutschen:
In zahlreichen Youtube-Videos ist zu hören, dass ein „gesundes“ Immunsystem der beste Schutz sei vor einer Infektion mit Sars-CoV-2 und anschließender Erkrankung. Diese Aussage ist nicht eindeutig falsch oder richtig – und stiftet so schnell Verwirrung.
Richtig ist, dass Patienten, deren Immunsystem nicht in vollem Umfang arbeitet, etwa aufgrund einer chronischen Erkrankung oder durch Behandlung mit sogenannten Immunsuppressiva, ein besonders hohes Risiko haben, selbst an eigentlich harmlosen Erregern wie einem Erkältungsvirus schwer zu erkranken. Diese Menschen zählen daher auch in der Corona-Pandemie zur Hochrisikogruppe.
Als wissenschaftlich belegt gilt auch, dass etwa chronischer Stress das Immunsystem beeinflussen kann, weshalb es – völlig unabhängig von Sars-CoV-2 – immer gut ist, möglichst gesund zu leben.
Der Umkehrschluss allerdings ist nicht grundsätzlich korrekt. So suggeriert die oft verwendete Formulierung des „gesunden“ Immunsystems, dass jeder sich mit einem entsprechenden Lebensstil vor einer Infektion und einem anschließend schweren Verlauf von Covid-19 schützen kann. Jeder müsse nur, so die These, gesund leben – und schon verliert das Virus an Bedrohung.
Doch so einfach ist es nicht.
Denn die üblichen Empfehlungen wie Teetrinken oder Wechselduschen, schützen weder vor einer Sars-CoV-2-Infektion, noch helfen sie bei einer schweren Covid-19-Erkrankung, sagt Christine Falk vom Institut für Transplantationsimmunologie der Medizinischen Hochschule Hannover […]
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Wer sich schützen möchte, muss eine Infektion nach aller Möglichkeit verhindern.
Mehr dazu (zum Beispiel zu den Nahrungsergänzungsmitteln Vitalpilze, Cystus, Dr. Feil Immunpakt und Algovir-Erkältungsspray bei „Nahrungsergänzungsmittel“.
Impfgegner
Häufige Presseanfrage an die GWUP: Wie verhalten sich eigentlich die Impfgegner in der Coronakrise?
Dazu ein FAQ (angelehnt an ein Interview mit der Augsburger Allgemeinen):
Ist die Coronakrise für Impfgegner nicht ein heilsames Besinnungserlebnis?
Der Kultur-Korrespondent der Welt hat kürzlich darüber geschrieben, welche Weltanschauungen nach der Corona-Krise wohl keine Anhänger mehr haben werden. Dabei nannte er auch die Impfgegner. Der eigentlich naheliegende Gedanke dabei war: Jetzt müssten Impfgegner doch sehen, was in einer Welt passieren würde, in der es keine Impfungen gibt, in der sie jedem gefährlichen Erreger ausgeliefert und der einzige Schutz davor ein permanenter Lockdown wäre. Aber das ist leider eine naive Vorstellung.
Bei den überzeugten Impfgegnern in Deutschland passiert derzeit eher das Gegenteil: Sie radikalisieren sich weiter. Das sieht man zum Beispiel in Berlin, bei den sogenannten Hygiene-Demos, die dort samstags stattfinden. Da sind auffallend viele Impfgegner mit dabei. Einer der Szene-Größen, der gelernte Milchwirt Hans Tolzin, hat gleich zu Beginn der Corona-Krise einen Preis von 100.000 Euro ausgelobt, wenn ihm jemand beweisen könne, dass das neue Coronavirus SARS-CoV-2 wirklich existiert.
Warum nehmen die Skeptiker diese Herausforderung nicht an?
Wir kennen solche Auslobungen nur allzu gut von dem „Masern-Prozess“ 2016. Auch damals hatte ein Virenleugner 100.000 Euro für einen Existenznachweis des Masernvirus versprochen. Ein junger Arzt legte ihm daraufhin sechs anerkannt beweiskräftige Studien vor. Trotzdem verlor der Mediziner den Prozess aus rein formaljuristischen Gründen, weil der Auslober „einen“ Beweis gefordert hatte und nicht sechs, und das Gericht die Auffassung vertrat, dass der Impfgegner die Bedingungen für die Auslobung selbst bestimmen dürfe – und somit auch, welchen Beweis er akzeptiert.
Da es solchen Leuten ja nicht wirklich um Erkenntnis, Wissenschaft und Fakten geht, sondern um eine unerschütterliche Grundüberzeugung, die mit allen Mitteln verteidigt wird, finden die immer einen Weg, sich aus der Affäre zu ziehen. Es ist daher völlig sinnlos, Herrn Tolzin die hunderten Studien von Forschern verschiedener Länder zum Aufbau, Verhalten und den Auswirkungen des neuartigen Coronavirus zu zeigen.
Wie reagieren Impfgegner und Virenleugner auf das Auftauchen des neuartigen Coronavirus?
Dazu kursieren verschiedene, auch widersprüchliche Auffassungen. Einige behaupten, es gebe gar kein Virus, das Ganze sei ein Fake beziehungsweise eine große Verschwörung, um beispielsweise eine Impfpflicht durchzusetzen oder um die Pharmaindustrie reich zu machen.
Andere anerkennen zwar, dass da wohl gerade etwas umgeht, sind aber davon überzeugt, dass der Erreger total überschätzt werde und allenfalls mit einer Grippe vergleichbar sei. Als „Beweis“ dafür werden zum Beispiel Fotos von „leeren Corona-Ambulanzen unserer Krankenhäuser“ gepostet. Diese Bilder sind aber gar nicht aktuell in Corona-Stationen aufgenommen worden. Und außerdem dienen die derzeitigen Maßnahmen ja gerade dazu, eine Überlastung des Gesundheitssystems und speziell der Krankenhäuser beziehungdweise Intensivstationen und Beamtmungsplätze zu verhindern. Umso besser, wenn das zu klappen scheint (Präventionsparadox).
Auch in Corona-Zeiten ist eine Impfung für erklärte Impfgegner also keine Option?
Nein. Wir alle warten auf einen Impfstoff, weil erst dann, bei einer umfassenden Immunität der Bevölkerung, die Pandemie zum Ende gebracht werden kann. Bei Impfgegnern ist das aber ganz anders. Sie laufen in ihren Social-Media-Filterblasen heute schon Sturm gegen die angeblich drohende „Zwangsimpfung“ gegen Covid-19, weil sie ihre früheren Befürchtungen jetzt erst recht bestätigt sehen – nämlich dass die ganze Impferei eine einzige große Verschwörung sei, mit der dunkle Hintergrundmächte sinistre Ziele erreichen wollen, wie zum Beispiel Krankheiten zu erzeugen, an denen dann die Pharmaindustrie verdienen kann, oder aber uns die Grundrechte wegzunehmen.
Wenn man der Vorstellung anhängt, böse Mächte wollen auf uns zugreifen“, erklärt der Religionsphilosoph Ansgar Martins, „dann ist die Angst vor Impfungen naheliegend, weil die Spritze einen Direktangriff auf die leibliche Unversehrtheit darstellt“.
Gegen wen oder was richteten Impfgegner ganz konkret ihren Widerstand? Bill Gates?
Bill Gates ist in der Tat das ganz große Feindbild der Impfgegner, weil er schon vor Jahren vor einer möglichen Pandemie gewarnt hat und die Entwicklung von Impfstoffen vorantreibt und finanziell fördert. Deshalb werfen Verschwörungsgläubige ihm mit Slogans wie „Gib Gates keine Chance“ vor, er wolle mit seinen Impf-Aktivitäten noch reicher werden oder aber die Weltbevökerung reduzieren. Hier wird auch nochmal deutlich, dass viele Impfgegner von einem abgrundtiefen Misstrauen gegenüber den sogenannten „Eliten“ und staatlichen Institutionen angetrieben werden.
Das ist zum Teil verständlich – natürlich sollten wir alle darauf achten, dass die Maßnahmen in der Coronakrise angemessen und zeitlich begrenzt bleiben. Bei Impfgegnern schlägt diese kritische Wachsamkeit aber um in eine destruktive Pseudo-Skepsis, bei der es nur noch um die angeblichen geheimen „Pläne“ hinter den Corona-Maßnahmen und um die vermeintlichen „Profiteure“ geht. In einem viel geteilten Internet-Meme heißt es etwa, die Mundschutzmasken würden „symbolisieren, dass wir Sklaven sind“.
Professor Schwurbelstein nennt das einen „plumpen, horizontbeschränkten, aber auch gefährlichen zivilen Ungehorsam der infantilen Art“.
Wie groß ist das Problem mit den Impfgegnern zahlenmäßig?
Da muss man differenzieren. Es gibt eine aktuelle Erhebung, nach der in Deutschland rund drei Prozent der Eltern jede Impfung ihrer Kinder ablehnen – egal gegen welche Krankheit. Das sind praktisch die harten Impfgegner, also eher Impfverweigerer. Und diese Menschen sind die treibende Kraft hinter dem, was wir aktuell an Radikalisierung beobachten. Darüber hinaus gibt es etwa zehn Prozent „Impfskeptiker“, die Vorbehalte verschiedener Art gegen Impfungen haben, aber vermutlich mit guten Argumenten noch zu erreichen wären.
Und wie wird das Virus von dieser Gruppe der „weichen“ Impfgegner gesehen?
Da könnte die Corona-Krise möglicherweise ein Umdenken bewirken. Es setzt ja niemand einfach so leichtfertig die Gesundheit und das Leben seiner Kinder aufs Spiel.
Wie sind Impfgegner organisiert?
Der Organisationsgrad ist eher gering. An physischen Kontakten soll es rund 200 sogenannte „impfkritische Elternstammtische“ in Deutschland geben. Ort und Termine werden aber nur auf Anfrage mitgeteilt. Dann gibt es Demonstrationen, so hätte zum Beispiel am 21. März in München eine „Demo für die Impffreiheit“ stattfinden sollen, die aber wegen der Coronakrise ausfiel. Das meiste findet aber im Internet statt, in geschlossenen Gruppen, wo man sich gegenseitig bestärkt und keinerlei Kritik erwünscht ist oder geduldet wird.
Wie wird man zum Impfgegner?
Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal genügt schon ein Arzt, der keine Zeit oder keine Lust hat, sich mit den Fragen und Unsicherheiten von an sich impfwilligen Patienten auseinanderzusetzen. Das weckt natürlich Misstrauen, und wenn man dann anfängt, im Internet nach Informationen zu suchen, landet man sehr schnell auf den impfkritischen Seiten und wird dann über die Suchmaschinen-Algorithmen immer tiefer hineingezogen.
Oft spielt auch die Weltanschauung eine Rolle. Nicht von ungefähr gelten zum Beispiel Murnau in Bayern und der Prenzlauer Berg in Berlin als Impfgegner-Hochburgen. Die Menschen, die dort leben, sind gebildet und gut situiert und vermutlich aufrichtig auf der Suche nach den richtigen Antworten – aber so manches durchdringt man dann doch nicht bis zur notwendigen Tiefe und verlässt sich am Ende dann lieber auf sein Gefühl oder die weltanschauliche Sozialisation.
Viele Anhänger von „alternativen“ Weltanschauungen glauben, dass „natürlich“ grundsätzlich „gut“ sei. Und dass ihre Kinder deshalb Krankheiten besser „durchmachen“ und auf „natürliche“ Weise immun werden sollten, als sich impfen zu lassen. Das Problem ist nur: Giftpflanzen, Skorpione und Erdbeben sind auch „natürlich“.
Die Natur ist nicht nett. Noch 1870 starben in Deutschland 250 von 1000 Kindern. Dass das heute anders ist, verdanken wir eben nicht „besserer Hygiene“ und „sauberem Wasser“, wie radikale Impfgegner behaupten. Wenn das stimmen würde, wären ja alle Erkrankungen, an denen die Leute früher gestorben sind, nahezu gleichzeitig zurückgegangen.
Man kann aber ganz klar nachvollziehen, dass erst die Einführung der verschiedenen Impfungen dafür gesorgt hat.
- Correctiv: Bill Gates‘ angebliche „Impfverbrechen“ im Faktencheck
- Spiegel-Online: „Verschwörungstheorien und Impfgegnertum hingen schon vor Corona zusammen“
- Mimikama: Den Impfwahn STOPPEN!? Das möchten wir auch
- Tagesspiegel: Warum Corona-Leugner zur Gefahr werden können
- Correctiv: Irreführendes Video: Xavier Naidoo zweifelt Existenz des Coronavirus an und verlangt „Beweise“
- Volksverpetzer: Dieses Glossar an Impf-Fakes solltest du teilen, um Impfgegner zu ärgern
- Mimikama: Testperson an neuem Corona-Impfstoff gestorben: stimmt das?
- GWUP-Blog: Was Impfgegner und Gegner von Impfgegnern wissen sollten
- GWUP-Blog: Wer verdient wieviel mit Impfstoffen? Und was ist drin?
- Volksverpetzer: Impf-Verschwörungsmythos geprüft: Lohnt sich die Corona-Pandemie überhaupt finanziell?
Impfzwang
Update vom September:
- Spiegel-Online: Ethikrat sieht keine Grundlage für Immunitätsausweis
- tagesschau.de: Immunitätsausweis – Ethikrat lehnt ab
Stand März – August:
Viel Verschwörungsgetöse um nichts. Weder hat die Bundesregierung einen Corona-„Impfzwang“ (respektive „Zwangsimpfung“) beschlossen noch wird es absehbar einen Immunitätsnachweis geben.
Letzteres gab Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am 5. Mai bekannt:
Das Überkochen der einschlägigen Internetforen ist also nur mal wieder gezielte Empörungsprovokation, mit der die neuen Bündnisreihen geschlossen werden sollen:
Worum ging’s überhaupt?
Kurz gesagt um einen Vorschlag von Spahn, der darauf abzielte, das Infektionsschutzgesetz an zwei Stellen (Paragraph § 22 und Paragraph §28) zu ergänzen beziehungsweise zu reformieren.
Das Gesundheitsministerium wollte zum einen, dass eine Immunität gegenüber Covid-19 durch eine separate Dokumentation oder einen Eintrag im Impfpass nachgewiesen werden kann, analog zu den bisherigen individuellen Impfdokumentationen (Paragraph 22).
Das hätte auch Auswirkungen auf den Paragraphen 28 gehabt, in dem die „Anordnung und Durchführung von Schutzmaßnahmen“ geregelt ist: Wer nachweisen kann, immun zu sein (durch Impfung oder durchgemachte Erkrankung), könnte dann nämlich von einschränkenden Maßnahmen ausgenommen werden.
Impfgegner und Verschwörungsgläubige machten aus dieser harmlosen Ankündigung das:
In einem guten Erklärvideo für den Youtube-Kanal Kanzlei WBS brachte der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke die Sachlage allgemeinverständlich rüber:
Am 29. April, hat die Bundesregierung diesen Gesetzesentwurf, der jetzt viele Menschen aufregt, erst mal eingebracht.
Der Bundestag wird am 8. Mai darüber beraten und schon am 14. Mai soll das Gesetz verabschiedet werden, sodass es Mitte Juni in Kraft treten kann.
Hintergrund ist, dass wir künftig Immunitätsdokumentationen bekommen sollen, und es soll dann klar werden, dass von bestimmten Personen keine Infektionsgefahr mehr ausgeht. Das soll nicht nur für Covid-19-Erkrankte gelten, sondern für alle Arten von Krankheiten.
Bürger sollen ihre Immunität durch ein Dokument oder durch eine Chipkarte nachweisen können. Und ein Arzt soll das Ganze entsprechend ausstellen. Hintergrund der ganzen Geschichte ist, dass man bestimmte Berufsgruppen entlasten will, die sollen dann unbeschwerter, mit mehr Sicherheit, ihren Tätigkeiten nachgehen können, zum Beispiel im Gesundheitswesen. Wenn man wüsste, diese und jene Ärzte sind immun, dann können diese vielleicht auch kritischere Operationen durchführen, weil von ihnen keine Ansteckungsgefahr mehr ausgeht.
Wie will man das nun anstellen?
Man will Paragraph 22 des Infektionsschutzgesetzes ändern und dort zusätzlich noch die Immunitätsdokumentation einführen. Was es da schon jetzt gibt, und deswegen kommen vielleicht auch diese Gerüchte auf, ist die Impfdokumentation. Und in gleicher Weise wie eine Impfdokumentation soll es künftig auch eine Immunitätsdokumentation geben. Es soll also dokumentiert werden, ob Ihr gegen gewisse ansteckende Krankheiten entweder geimpft oder immun seid.
Das ist erst mal der grundsätzliche Plan. Es sollen dort folgende Daten stehen: der Name der Krankheit, was wäre jetzt aktuell Covid-19, das Datum der Feststellung der Immunität und die voraussichtliche Dauer der Immunität. Dann die Testmethode, also wie ist diese Immunität getestet worden, und der Name des Arztes, der die Immunität festgestellt hat.
Das soll nach Paragraph 22 Infektionsschutzgesetz in einer neuen Immunitätsdokumentation stehen, die künftig die Bürger erhalten sollen.

Bezogen auf Covid-19 allerdings kann da noch gar nichts reingeschrieben werden, weil wir noch gar nicht wissen, wie lange derjenige überhaupt immun ist. Spahn spricht daher von einer vorsorglichen Regelung […]
Fakt ist jedenfalls: Es ist jetzt nicht so, dass da eine Impfpflicht gegen Covid-19 drinsteht. Sondern da, wo festgehalten wird, dass man geimpft worden ist, soll künftig auch festgehalten werden, dass man immun ist. Das ist das, was in den Paragraph 22 Infektionsschutzgesetz reinkommen kann. Das ist jetzt erst mal relativ langweilig, da steht dann einfach nur: „Ich bin immun gegen Covid-19.“
Jetzt erst wird’s spannend, jetzt kommt nämlich die große Frage: Wozu führt das, wenn in meinem Immunitätspass oder in meiner Immunitätsdokumentation drinsteht, dass ich immun gegen irgendetwas bin?
Das führt dazu, dass ich nach dem Infektionsschutzgesetz möglicherweise mehr Freiheiten haben könnte als jemand, der nicht immun ist.
Schauen wir also mal, was in den Paragraphen 28 Infektionsschutzgesetz rein soll:
Da wird gesagt, dass bei der Anordnung von Schutzmaßnahmen berücksichtigt werden soll, ob jemand eine Krankheit wegen eines Impfschutzes oder einer bestehenden Immunität nicht oder nicht mehr übertragen kann. Wenn man so einen Immunitätsausweis hat, kann es also sein, dass man zu seiner Zweitwohnung am Meer fahren darf. Es kann sein, dass man wieder zur Arbeit gehen darf, als Friseurin zum Beispiel.
Niemand aber sagt, Ihr müsst euch impfen, gegen Covid-19 gibt es ja noch gar keine Impfung. Das ist überhaupt nicht vorgesehen, aber natürlich hätten diejenigen, die geimpft sind, gewisse Vorteile, wenn beispielsweise ein Lockdown stückweise wieder aufgehoben wird.
Bei der Änderung im Paragraph 28 Infektionsschutzgesetz geht es also darum, dass man die Freiheitsrechte schneller wieder für diejenigen öffnen kann, die geimpft oder immun sind.
Das ist alles. Allerdings kritisierten auch Medien, Datenschützer, Virologen und Politiker Spahns Pläne.
Der erklärte am 5. Mai, dass es vorerst keine Regelungen geben soll, inwiefern solche Immunitätsnachweise Ausnahmen von Alltags-Beschränkungen ermöglichen könnten. Spahn habe den Deutschen Ethikrat um eine Stellungnahme dazu gebeten. In der Koalition sei vereinbart worden, bis dahin keine gesetzliche Regelung zu dieser Frage vorzunehmen.
Auch die angebliche Ankündigung einer Zwangsimpfung durch den CDU-Politiker Rudolf Henke ist eine bewusste Falschinterpretation.
Update vom 20. Mai:
Bislang arbeiten Forscher an mehr als 100 Impfstoff-Kandidaten. Etwa zehn von ihnen werden an ersten Freiwilligen getestet. Es ist viel zu früh, etwas über Wirksamkeit und etwaige Nebenwirkungen der Vakzine zu sagen,
schreibt die Süddeutsche Zeitung.
Unwahrscheinlich ist derzeit, dass es eine Impfpflicht geben wird […] Außerdem ist es recht wahrscheinlich, dass sich genügend Menschen freiwillig impfen lassen. Um die sogenannte Herdenimmunität zu erreichen, genügt es im Falle von Covid-19, wenn etwa 70 Prozent der Menschen geimpft sind.
Dann sind auch die anderen weitgehend mit geschützt, weil sich der Erreger nicht mehr effektiv verbreiten kann. Geht man von den Standardimpfungen bei Kindern aus, sollte diese Quote zu schaffen sein.
- Zeit-Online: Angst vor der Zwangsimpfung
- Mimikama: Nein, es wurde kein Impfzwang beschlossen
- Volksverpetzer: Fake! KEIN “Impfzwang” – Wie ihr über das Infektionsschutzgesetz belogen werdet
- SWR3: Faktencheck: Hat das Bundeskabinett einen „Impfzwang“ beschlossen?
- Schwäbische Zeitung: Corona-Impfpflicht heimlich beschlossen? Das steckt wirklich hinter der Aufregung
- Mimikama: Kündigt ein CDU-Politiker die Zwangsimpfung von Kindern an?
- Correctiv: Nein, CDU-Politiker Henke will Kinder nicht für Zwangsimpfungen abholen lassen
- Mimikama: Den Impfwahn STOPPEN!? Das möchten wir auch
- Volksverpetzer: Impf-Verschwörungsmythos geprüft: Lohnt sich die Corona-Pandemie überhaupt finanziell?
- RND: Gerüchte um Corona-Impfpflicht – das sind die Fakten
- Correctiv: Bill Gates‘ angebliche „Impfverbrechen“ im Faktencheck
Influencer
Die amerikanische Influencerin Ava Louise rief im März eine „Corona-Challenge“ aus – und leckte einen Toilettensitz in einem Flugzeug ab. Danach sagte sie: „Ich wollte einfach nur mehr Aufmerksamkeit als diese Corona-Bitch.“ Auf Instagram hat sie mehr als 200.000 Follower, schreibt die FAZ.
Die FAZ weiter:
Auch in Deutschland haben viele Menschen auf der Plattform eine große Reichweite, die in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt sind.
Die ehemalige Monrose-Sängerin Senna Gammour hat rund eine Million Follower. In ihrer Story teilte sie kürzlich das Video, in dem Jebsen seine Verschwörungstheorien über Bill Gates vorträgt, und schrieb dazu: „Wenn das alles stimmen sollte, sind wir am Arsch.“
Auch der Rapper Fler verbreitet Videos von Jebsen, genau wie die Influencerin Sarah Foxx. Sie empfahl das aktuelle Video ihren mehr als 100.000 Followern und ergänzte den „Funfact“, dass der Begriff Verschwörungstheorien von der CIA erfunden worden sei.
Das Youtuber-Pärchen Ardy und Luna Darko verbreitete nicht nur das Jebsen-Video, sondern nahm nach Kritik daran noch ein eigenes Video auf, das es seinen 500.000 Followern auf Youtube präsentiere. Darin heißt es laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Wo hört das auf? Wir können doch nicht anfangen so eine Reinigung zu vollziehen. Und am Ende muss Kunst verboten werden, und Bücher müssen verbrannt werden und man muss reingewaschen sein.”
Dass es für eine Verschwörung keine Beweise gibt, ist für Influencerin Sarah Foxx übrigens fast schon Beweis genug. Auf Instagram schrieb sie: „Denkt ihr wirklich, dass es für irgendwas Beweise geben wird, für das es keine Beweise geben soll?“
- RND: Corona-Verschwörungen: Warum drehen so viele Promis durch?
- FAZ: In der Corona-Krise: Promis, die auf Verschwörungstheoretiker starren
- Bayern 2: B-Promis, was hat Corona nur aus Euch gemacht?
- Bunte: „Influencer Corona-Update“
- Bento: Influencerinnen und C-Promis zündeln mit Corona-Verschwörungsmythen – was ist da los?
- RP-Online: Warum Prominente und Influencer Verschwörungstheorien verbreiten
- The Best Social Media: Die Aluhut-Promis: So macht sich das Netz über Corona-Verschwörungen lustig
- Focus-Online: Die wirren Verschwörungstheorien der Stars
- ZDF: Influencerin Louisa Dellert zu Corona-Mythen: „Der Ton ist rauer geworden“
siehe auch „Xavier Naidoo“, „Til Schweiger“, „Detlef Soost“, „Sonja Zietlow“, „Attila Hildmann“
Intervallfasten
Sogar das populäre Online-Magazin Wunderweib verbreitet Fake News:
„Ammenmärchen“, sagt Hendrik Streeck, Virologe an der Bonner Uniklinik, laut dem Fake-Ticker von BR24:
Es gibt keine Hinweise, dass Intervallfasten oder irgendein Fasten Einfluss hat auf das virale Wachstum – oder aber auch auf die Stärke des Immunsystems.“ Ein Ausschwemmen von Viren, so etwas gebe es nicht. Viren würden entweder vom Immunsystem gestoppt oder von Medikamenten. Es gebe auch keinen Mechanismus, bei dem man Viren einfach aus dem Körper rauswaschen könne.