Corona-Mythen A – D

Das A -Z wird nicht mehr aktualisiert.

 

Die Auseinandersetzung mit Corona-Mythen, Verschwörungstheorien, „Querdenkern“ etc. wird tagesaktuell im GWUP-Blog fortgeführt.

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5G

Siehe unter „F“.

A

Ärzte für Aufklärung

Federführend bei den Hamburger „Aufklärungsärzten“ sind Heiko Schöning, der bei Corona-Demos von einer „Weltregierung, die sich jeder Kontrolle entzieht“ spricht, der „Ganzheitsmediziner“ Marc Fiddike (Kinesiologie, Homöopathie), der Hochdosis-Vitamin-C-Propagandist Olav Müller-Liebenau und der Onkologe Walter Weber, der davon ausgeht, dass Krebs auch durch „psychosomatischen Stress“, also „Konflikte“, verursacht wird.

Wie Report Mainz im Juli berichtete, spricht sich die Gruppe im Internet für ein „großzügiges“ Ausstellen von Attesten gegen die Maskenpflicht aus:

Mehrere Ärzte, die die Initiative unterstützen, kommen diesem Aufruf nach.

Einen aussagekräftigen Bericht über einen Auftritt von Walter Weber in Bozen hat das Südtiroler Nachrichtenportal Salto.bz im September veröffentlicht.

  • Medical Tribune: Wenn Ärzte von der Coronakrise als einer „kriminellen Inszenierung“ sprechen
  • Correctiv: „Ärzte für Aufklärung“ verbreiten in ihrer Videokonferenz irreführende Behauptungen über Covid-19
  • GWUP-Blog: Video: Ärzte „für Aufklärung“ oder eher mit Aversionen gegen die Corona-Vorschriften

Alkohol

  • siehe „Wasser / Wasserstoffperoxid“

Alternative Meinungen

Wenn jemand ganz einfache Antworten auf eine so komplexe Situation wie die Coronakrise gibt – dann hat man es nahezu sicher mit einer Fake News oder Verschwörungstheorie zu tun, ist die Quintessenz dieses SAT.1.-Interviews:

Denn einfach ist das Ganze nun mal nicht.

Natürlich …

… waren unsere Regierungen, Behörden und Beamten gewarnt, durch Szenarien, die in allen Details ausgemalt waren.

Selbstredend …

… ist die Corona-Krise für die Mehrheit der Menschen weder der lang herbeigesehnte Systemwechsel, noch ist sie ein meditatives Erweckungserlebnis [….], sondern eine verfickte Katastrophe.

Und zu Recht …

… wird das Nachdenken darüber, was da mit uns geschehen ist und wie es weitergehen soll, intensiver,

schreibt Dr. Joseph Kuhn im Science-Blog Gesundheits-Check:

Es war gut, entschieden zu handeln, auch um den Preis, dass dabei Fehler gemacht wurden oder Tatkraft und Profilierungsdrang nicht immer zu unterscheiden waren. Nichtstun wäre ganz sicher keine Alternative gewesen.

Aber wer hat jetzt die richtige Exitstrategie aus dem Shutdown?

Kuhn:

Ich behaupte: im Augenblick niemand.

Und das ist genau das Feld, auf dem die Verschwörungstheorien blühen: die Suche nach Gewissheiten, „an die man sich klammern kann; die nicht auf wackligen Füßen stehen und im Begriff sind, von neuen Entwicklungen immer wieder über den Haufen geworfen zu werden“:

Verschwörungstheorien erfüllen eigentlich immer dieselbe Funktion: In einer Situation, die man sich nicht erklären kann, die man nicht kontrollieren kann, die als bedrohlich für das eigene Leben empfunden wird, Sicherheit herzustellen, indem man Urheber und Schuldige ausmachen kann.

sagt die Philosophin Prof. Caroline Heinrich im Standard:

Das Erklären suggeriert, in einer unübersichtlichen Situation den „Durchblick zu haben“ und so Kontrolle zurückzugewinnen. Was die Sache schwierig macht, ist, dass es tatsächliche Verschwörungen gibt – angefangen bei kleinen Intrigen und unzulässig geheimen Absprachen – und dass es partikuläre Einzelinteressen gibt, die auf den eigenen Vorteil – ökonomischer oder sonst wie gearteter Natur – ausgerichtet sind.

 

Damit gibt sich der Verschwörungstheoretiker aber nicht ab. Er will nur die „groß angelegte konzertierte Aktion“ sehen, durch die er sich, indem er sie vermeintlich durchschaut, selbst überhöht.

Der „große Plan“, gezielte Komplotte, gelenkte Marionetten – das ist das zweite Kennzeichen von Verschwörungstheorien. Und zugleich die Abgrenzung zu respektablen Einwänden.

Die Pharmazeutische Zeitung etwa zitierte als Beispiel für „Meinungen am Rande des Mainstreams“ den Würzburger Virologen Prof. Carsten Scheller.

Im Unterschied zu Bodo Schiffmann klagt auch der Virologe Scheller aktuell eine stark tendenziöse Datenlage zur Corona-Epidemie in Deutschland an.

 

Das macht er laut PZ aber nicht vorwurfsvoll, sondern er erkenne sehr wohl an, dass das Vorgehen der Verantwortlichen den Zwängen der Situation geschuldet sei.

 

Aus diesen und weiteren Gründen sehe Scheller die aktuellen Maßnahmen ebenfalls kritisch und empfehle, auch über Exitstrategien nachzudenken.

Im Gegensatz zu Schiffmann stellt er aber nicht das gesamte System und alle Maßnahmen infrage,

analysierte die Schwäbische Zeitung.

Das ist der entscheidende Unterschied zwischen sinnvoller Kritik und der „Bequemlichkeit der Unvernunft“ eines Wodarg, Bhakdi und Co.

Trotzdem erreichen deren Videos auf Youtube und Facebook Millionen Menschen – und das, obwohl „diese mit Wissenschaft nichts zu tun haben“:

Wodarg und Bhakdi sind zwei von Dutzenden angeblichen Experten, die derzeit als Corona-Meinungsmacher auftreten. Sie kritisieren die Maßnahmen der Bundesregierung, warnen vor angeblicher Panikmache und sprechen von Hysterie.

 

Die Recherche-Organisation Correctiv und Medien wie das ZDF, die Welt, der Spiegel und der Bayerische Rundfunk haben die Behauptungen geprüft. Das Ergebnis: Was Wodarg und Bhakdi sagen, ist nicht völlig falsch, jedoch vermischen sie Fakten mit Spekulation und Desinformation.

 

Mit Erfolg: Ein Millionenpublikum hört und sieht zu. Und das, obwohl soziale Netzwerke versuchen, Lügen zu Covid-19 einzudämmen. Wie viele Menschen sich desinformieren lassen, zeigt eine Analyse, die Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR vorliegt. Der Datenanalyst Philip Kreißel hat Videos und Artikel erfasst, die von professionellen Faktenprüfern als irreführend oder falsch gekennzeichnet wurden, und untersucht, wie sie sich in sozialen Netzwerken verbreiten.

 

Demnach wurden allein 18 Videos, die Fehlinformationen über das Coronavirus enthalten, mehr als zwölf Millionen Mal auf der Videoplattform Youtube angesehen.

Eine Studie der Universität Oxford zeigt einen ähnlichen Befund.

Demnach sind die meisten Falschnachrichten Halbwahrheiten und richten sich gegen Institutionen:

Der Hauptteil der untersuchten Beiträge (etwa 59 Prozent) enthielt nicht vollständig erfundene Inhalte, sondern teilweise wahre Fakten, die verdreht, überspitzt, umformuliert oder aus dem Kontext gerissen worden waren. Diese Form der Falschinformation erwies sich auf sozialen Medien als besonders erfolgreich […]

 

Dass sich die meisten Falschnachrichten inhaltlich auf Regierungen und Institutionen bezögen, müsse auch als Indikator dafür gewertet werden, dass es Regierungen nicht immer gelungen sei, „klare, nützliche und vertrauenswürdige Antworten auf dringende Fragen der Öffentlichkeit zu geben“.

Und damit sind wir wieder am Anfang.

Datenlücken, Unsicherheiten und eine mitunter unqualifizierte Risikokommunikation sind Fakt, bedeuten aber weder, dass Merkel eine Diktatur errichten oder das Bargeld abschaffen will, noch dass die Politik mit ihren nichtpharmazeutischen Maßnahmen völlig unangemessen und hysterisch agiert – wie uns „Alternativmedien“ nach einer aktuellen Studie der Uni Münster weismachen möchten.

Für all die „Besserwisser und Millionen Hobby-Virologen und -Epidemiologen in den sozialen Netzwerken“ (Tagesspiegel) hat der Facharzt FMH für allgemeine Chirurgie, Herz- und Gefäßchirurgie und Präsident von „EurAsia Heart – A Swiss Medical Foundation“, Prof. Paul Robert Vogt, eine

Zwischenbilanz oder eine Analyse der Moral, der medizinischen Fakten, sowie der aktuellen und zukünftigen politischen Entscheidungen

veröffentlicht.

Ein Auszug:

Handelt es sich hier nur um „eine gewöhnliche Grippe“, die jedes Jahr vorüberzieht und gegen die wir üblicherweise „nichts“ unternehmen – oder um eine gefährliche Pandemie, welche rigide Massnahmen benötigt?

 

Um diese Frage zu klären, muss man bestimmt keine Statistiker fragen, die noch nie einen Patienten gesehen haben. Die reine, statistische Beurteilung dieser Pandemie ist sowieso unmoralisch. Fragen muss man die Leute an der Front.

 

Keiner meiner Kollegen – und ich natürlich auch nicht – und niemand vom Pflegepersonal kann sich erinnern, dass in den letzten 30 oder 40 Jahren folgende Zustände herrschten, nämlich dass:

  1. ganze Kliniken mit Patienten gefüllt sind, welche alle dieselbe Diagnose besitzen;
  2. ganze Intensivstationen mit Patienten gefüllt sind, welche alle dieselbe Diagnose aufweisen;
  3. 25 bis 30 Prozent der Pflegenden und der Ärzteschaft genau jene Krankheit auch erwerben, welche jene Patienten haben, die sie betreuen;
  4. zu wenig Beatmungsgeräte zur Verfügung standen;
  5. eine Patientenselektion durchgeführt werden musste, nicht aus medizinischen Gründen, sondern weil wegen der schieren Anzahl an Patienten schlicht das entsprechende Material gefehlt hat;
  6. die schwerer erkrankten Patienten alle dasselbe – ein uniformes – Krankheitsbild aufgewiesen haben;
  7. die Todesart jener, die auf der Intensivstationen verstorben sind, bei allen dieselbe ist;
  8. Medikamente und medizinisches Material auszugehen drohen.

Aufgrund von 1-8 ist es klar, dass es sich um einen gefährlichen Virus handelt, der dieser Pandemie zugrunde liegt. Die Behauptungen, eine „Influenza“ sei genau gleich gefährlich und koste jedes Jahr gleich viele Opfer, ist falsch.

 

Zudem ist die Behauptung, man wisse nicht, wer „an“ und wer „wegen“ COVID-19 sterbe, ebenso aus der Luft gegriffen.

 

Vergleichen wir Influenza und COVID19:

 

Hat man das Gefühl, bei Influenza seien immer alle Patienten „wegen“ Influenza gestorben und nie einer „mit“? Sind wir Mediziner im Rahmen der COVID-19-Pandemie nun alle plötzlich so verblödet, dass wir nicht mehr unterscheiden können, ob jemand „mit“ oder „wegen“ COVID-19 stirbt, wenn diese Patienten eine typische Klinik, typische Laborbefunde und ein typisches Lungen-CT aufweisen?

 

Aha, bei der Diagnose „Influenza“ waren natürlich alle immer hellwach und haben immer die ganze Diagnostik bemüht und waren immer sicher: Nein, bei der Influenza sterben alle „wegen“ und nur bei COVID-19 viele „mit“.

 

Zudem: wenn es in einem Jahr in der Schweiz angeblich 1600 Influenza-Tote gab, so sprechen wir über 1600 Tote über 12 Monate – ohne präventive Massnahmen. Bei COVID-19 gab es jedoch 600 Tote in 1(!) Monat und das trotz massiver Gegenmassnahmen. Radikale Gegenmassnahmen können die Verbreitung von COVID-19 um 90 Prozent senken.

 

Man kann sich also vorstellen, welches Szenario ohne Gegenmassnahmen herrschen würde.

 

Und darum ist es wichtig, sowohl gegen Viren als auch Verschwörungstheorien vorzugehen.

Gerade ist eine deutsche Übersetzung des „Conspiracy Theory Handbook“ von Stephan Lewandowsky und John Cook erschienen.

Darin findet sich unter anderem diese Gegenüberstellung:

Hier geht’s zum kostenlosen Download.

Auf diesen Rant haben wir im Kommentarbereich des GWUP-Blogs bereits hingewiesen:

Neu hinzugekommen ist dieser „Netzfund“ in der Facebook-Gruppe „Nothing but the Truth –Aufklärung über die Verschwörungsszene“ mit ebenfalls nachvollziehbaren Argumenten:

Die Regierungen der Europäischen Union, der USA, Japan, aller G20-Nationen und so ziemlich aller Staaten weltweit riskieren nicht den wirtschaftlichen Ruin ihrer Volkswirtschaften aus einer Laune heraus.

Die Regierungen der Europäischen Union, der USA, Japan, aller G20-Nationen und so ziemlich aller Staaten weltweit lassen sich von Experten beraten. Diese Fachleute sind sich in der Einschätzung der Gefährlichkeit des Coronavirus einig: Es ist KEINE harmlose Grippe.

 

Wer die „harmlose Grippe-Theorie“ noch immer äußert, während das Militär in Bergamo Leichen abtransportiert und Ärzte in den Krankenhäuser von New York bis Madrid verzweifeln, ist ein rücksichtsloser Idiot, der bereit ist, andere Menschen zu gefährden.

 

Die Einlassungen des von Euch favorisierten Virologen aus der YouTube-Akademie oder der Schwindelpraxis mögen manche Gründe haben: Aufmerksamkeitsdefizit, Langeweile, Arroganz, Dummheit. Relevant macht es den Unfug nicht.

 

Nein, „die Medien“ in Europa, den USA, in Japan, allen G20-Nationen sind nicht allesamt ferngesteuert. Es gibt niemanden, der die „Wahrheit“ verschweigt, weil eine geheime Macht übernommen hat.

 

Unterdrückt wird schon gar niemand, was man daran erkennt, dass selbst Figuren wie Xavier Naidoo oder KenFM ihre Sauce verbreiten, wie es ihnen beliebt.

Allerdings sollte man das etwas freundlicher rüberbringen.

Und was in Ländern geschieht, wo „Alternativmedien“ eine dominierende Rolle spielen, können wir gerade in den USA beobachten:

Wenn sich erst einmal flächendeckend die Überzeugung in eine Gesellschaft hineingefressen hat, dass Wissenschaftler und Medien sowieso lügen würden, dass es viele, also immer auch alternative Wahrheiten gebe, dann gibt es gar keine Wahrheit mehr – und dann lassen sich auch real existierende Bedrohungen nicht mehr erkennen.

 

Dann glaubt eine Gesellschaft den eigenen Experten und Institutionen nicht mehr, sieht nur noch Feinde und Intrigen, jede Antithese ist Hochverrat und natürlich ist darum auch alles Machtpolitik, also persönlich.

  • Volksverpetzer: Faktencheck: “Gelten als Verschwörungstheoretiker”: So manipuliert dich dieser Kettenbrief
  • Siehe auch „Bhakdi“, „Grippe“, „Hockertz“, „Köhnlein“, „Schiffmann“, „Verschwörungstheorien“, „Wodarg“ und „Youtube-Videos“

„An“ oder „mit“ Covid-19 gestorben?

Update (September):

  • Correctiv: Nein, in den USA sind nicht nur sechs Prozent der Corona-Toten an Covid-19 gestorben

Die Welt berichtete am 27. August 2020:

Von 154 untersuchten, in deutschen Kliniken verstorbenen Covid-19-Patienten starben 86 Prozent an der Sars-CoV-2-Infektion und nicht an ihren Vorerkrankungen. Das geht zumindest aus ihren Obduktionen hervor. Die Ergebnisse wurden vor einer Woche vom Bundesverband Deutscher Pathologen vorgestellt.

 

„In mehr als drei Viertel der Obduktionen konnte die Covid-19-Erkrankung als wesentliche oder alleinige zum Tode führende Erkrankung dokumentiert werden“, heißt es in dem Bericht.

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Corona-„Kritiker“ wie Sucharit Bhakdi und Karina Reiß zitieren „gerne mal verkürzt oder gar falsch“, schrieb die Süddeutsche Zeitung am 13. September:

Etwa aus einem Artikel im Telegraph vom März, wonach 88 Prozent der italienischen Corona-Toten nicht ursächlich an den Coronaviren gestorben seien. Die Zahl entspricht jedoch dem Anteil der Opfer mit Vorerkrankung.

 

In der aktuelleren wissenschaftlichen Literatur, zum Beispiel in einer Übersichtsarbeit vom Juli im Fachblatt Jama, ist die Rede von 60 bis 90 Prozent der Covid-Toten im Krankenhaus mit Vorerkrankung. Doch mit Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht und anderen Covid-19-Risikofaktoren lässt sich gut und lange leben.

Das zeigt, dass Bhakdi/Reiß schlicht die falsche Frage stellen: Es geht nicht darum, ob ein Patient auch ohne Vorerkrankungen an dem SARS-CoV-2-Virus gestorben wäre – sondern ob er seine Vorerkrankungen ohne das Virus überlebt hätte.

Stand März – August:

In seinem „offenen Brief an Frau Bundeskanzlerin Dr. rer. nat. Angela Merkel“ fokussiert der emeritierte Mikrobiologieprofessor Sucharit Bhakdi unter anderem auf die Mortalität von Covid-19.

Weltweit werde der Fehler begangen,

… virusbedingte Tote zu melden, sobald festgestellt wird, dass das Virus beim Tod vorhanden war – unabhängig von anderen Faktoren […] Wie soll dann zwischen echten Corona-bedingten Todesfällen und zufälliger Viruspräsenz zum Todeszeitpunkt unterschieden werden?

Aus weitgehend unerfindlichen Gründen ist diese epidemiologisch und medizinisch durchaus interessante Frage zu einem Hauptnarrativ der Corona-Verschwörungstheoretiker geworden – auch im Kommentarbereich des GWUP-Blogs, wo gemutmaßt wurde, dass das RKI „wissentlich Tote MIT Corona zählt, damit die Schätzungen nicht vollends in die Hose gehen“.

Anscheinend – wenn wir diesen verbalen Radbruch richtig deuten – soll damit suggeriert werden, dass das RKI die Zahl der Corona-Todesfälle absichtsvoll massiv übertreibe. Und deshalb, ganz im Sinne Bhakdis, die Maßnahmen gegen die Pandemie „sinnlos und selbstzerstörerisch“ seien.

Was ist dran an diesem Vorwurf?

Schon am 23. März kommentierte Christian Meesters im Science-Blog rupture de caténaire:

Herr Bhakdi hat recht, wenn er sagt, dass hier (in der Presse — nicht unbedingt in der klinischen Praxis!) viel über einen Kamm geschoren wird.

 

Allerdings: So wie es für die Konzeption neuer Sicherheitsmaßnahmen und Behandlungen in der Vergangenheit interessant war, bei Autounfällen zu ermitteln, was die genauen Verletzungsursachen und Verletzungen waren (und immer noch sind), so ist auch hier, bei der SARS-CoV-2-Pandemie, die Differenzierung der Vorerkrankungen, ihrer Auswirkungen, die geographische Stratifikation usw. usw. interessant und wichtig — und zugleich ziemlich irrelevant für das medizinische Personal, dass sich mit akuter Pneumonie befasst.

Also: Nice to have – aber für die Praxis erst einmal ohne große Bedeutung.

Am 31. März wies der Biometeriker Gerd Antes bei Spiegel-Online zudem darauf hin, dass sich derzeit kaum auseinanderdividieren lasse, ob jemand am oder mit dem Virus stirbt:

In der Geriatrie gibt es seit Jahren die Forderung, mehr zu obduzieren, um Todesursachen exakt zu bestimmen. Das dürfte sich in der aktuell angespannten Lage allerdings kaum umsetzen lassen.

Auch der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut Hamburg erklärte bei Welt-Online:

„Man fordert hier knallharte Beweise, die man in einer akuten pandemischen Lage gar nicht erbringen kann.“ Für einen echten Beweis müsse man eine aufwendige Obduktion durchführen, die Verteilung des Virus untersuchen und nach anderen Erregern fahnden.

 

„Ich fände es gut, wenn es diese Untersuchungen gäbe und hätte mir da auch schon mehr Erkenntnisse aus China gewünscht“, so der Hamburger Virologe. Man dürfe aber deswegen nicht im Umkehrschluss das Virus für harmlos erklären.

Halten wir fest:

Tatsächlich zählt das RKI als Corona-Todesfälle alle Menschen, die mit einer COVID-19-Erkrankung in Verbindung stehen. Dazu gehören erstens Menschen, die direkt an der Erkrankung gestorben sind („gestorben an“). Und zweitens Patienten mit Grundkrankheiten, die mit COVID-19 infiziert waren und bei denen sich nicht klar nachweisen lässt, was letzten Endes die Todesursache war („gestorben mit“).

Und noch Anfang April hieß es in den „Empfehlung des RKI zum Umgang mit Covid-19-Verstorbenen“:

Eine innere Leichenschau, Autopsien oder andere aerosolproduzierenden Maßnahmen sollten vermieden werden. Seien diese notwendig, sollten sie auf ein Minimum beschränkt werden.“

Mit einer „Verschwörung“ oder versuchter Datenfälschung hatte das indes nichts zu tun.

  • Zum einen lag das Augenmerk des RKI auf der Vermeidung von infektionsgefährlichen Aerosolen bei der Leichenöffnung.

  • Zum anderen geht das RKI laut dem Corona-Briefing vom 3. April davon aus, dass auch Menschen an oder mit Corona sterben, ohne dass sie in die Zählung einfließen, weil sie nie getestet werden – was bedeuten würde, dass das Problem eher die Unter- statt Übererfassung ist.

    Denn das Risiko, an Covid-19 zu versterben, ist bei Personen mit bestimmten Vorerkrankungen höher. Aus diesem Grund wird nicht unterschieden zwischen „verstorben an Coronavirus“ und „verstorben mit Coronavirus“. So will man ein möglichst genaues Bild der Todesfälle bekommen. Im Extremfall führt das in der Tat dazu, dass ein Mensch, der unter Selbst- oder Fremdeinwirkung gewaltsam verstirbt und zuvor positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurde, vom RKI als „Coronatoter“ gezählt wird. Allerdings ist diese Situation so selten, dass die Zahl der Todesfälle nicht verzerrt wird, erklärt das RKI.

    Würde man nur streng „verstorben an“ erfassen, liefe man Gefahr, die Todesfälle unterzuerfassen.

  • Drittens kann man die Frage nach der Kausalität „ins Unendliche treiben, das ist schlicht und einfach hanebüchen“, wie der Leiter der Pathologie eines österreichischen Spitals gegenüber addendum erklärt:

Es diskutiert ja auch niemand darüber, wie viele Menschen durch Corona jetzt nicht sterben, weil wir weniger Tote im Osterverkehr haben.“

 

Die Todesursache werde auch bei anderen Krankheiten so bestimmt, da sei Covid-19 kein Einzelfall: „Wenn ich mit einer Tuberkulose in ein Spital eingeliefert werde und dort versterbe, bin ich ein Tuberkulose-Toter.“

  • Und viertens bleibt die Frage nach der Relevanz.

In seinem NDR-Podcast (32) sagte der Virologe Christian Drosten dazu:

Ich verstehe diese ganze Diskussion nicht so richtig: An oder mit einem Virus gestorben? […] Man kann natürlich testen, ist das Virus in der Lunge oder ist es im Rachen, auch bei Verstorbenen kann man das machen in der Sektion. Aber welche Konsequenz will man daraus denn medizinisch nun ziehen?

 

Ich finde, da gehen zwei Dinge durcheinander. Da wird einerseits ein Argument gemacht, das so medizinisch klingt, wir differenzieren jetzt den Tod an dem Virus von dem Tod mit dem Virus und daraus entsteht dann aber sofort eine gesellschaftliche Bewertungsdiskussion – eine politische Diskussion, bei der im Hintergrund eine ganz andere Botschaft mitschwingt, nämlich:

 

Wir verschätzen uns hier total, wir übersehen was, in Wirklichkeit ist das alles gar nicht so schlimm. Wir legen hier die Wirtschaft lahm wegen nichts.

Ich finde es total gefährlich, diese Verbindung zu machen. Ich finde, man muss da mit ganz großer Sorgfalt hinschauen. Man muss dann aber auch mal mit einem anderen Blick darauf schauen, ob dieses Argument überhaupt zu irgendetwas führt und ob so eine Auffassung überhaupt gerechtfertigt ist.

 

Fragen wir doch mal, was so eine Auffassung geändert hätte – in Italien oder jetzt in New York oder in anderen amerikanischen Großstädten, wo als Nächstes die Fälle jetzt ansteigen werden. Oder auch in England.

 

Hätte das denn was geholfen? Hätte das irgendwas geändert am Handlungsgrundsatz in dieser akuten Phase, Distanzierungsmaßnahmen aufzuerlegen?

Heißt: Die Debatte „mit oder an SARS-CoV-2 gestorben?“ taugt mitnichten dazu, die Coronakrise unsachlich zu verharmlosen, wie Bhakdi und andere das tun.

Nichtsdestotrotz kritisierten verschiedene Experten die Haltung des RKI.

Der Bundesverband Deutscher Pathologen (BDP) und die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) forderten in einer Stellungnahme „möglichst zahlreiche Obduktionen von Corona-Verstorbenen“. Allerdings weniger aus statistischen Erwägungen heraus, sondern um das klinische Krankheitsbild von Covid-19 besser zu verstehen und therapeutische Konzepte zu entwickeln.

Der Leiter der Pathologie am Klinikum Lüdenscheid, Johannes Friemann, und der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel nahmen – entgegen der RKI-Empfehlung – zahlreiche Obduktionen an Corona-Opfern vor und kamen zu dem Ergebnis, dass Vorkrankheiten eine sehr wesentliche Rolle für den Verlauf der Krankheit spielten:

Ich bin überzeugt, dass sich die Corona-Sterblichkeit nicht mal als Peak in der Jahressterblichkeit bemerkbar machen wird.

Am Gründonnerstag sagte Püschel dann bei Markus Lanz:

Es ist sehr hart von mir ausgedrückt, aber es sind alte und kranke Menschen, von denen einige sowieso sterben würden.“

 

Der Rechtsmediziner behauptet somit, dass bei den meisten Corona-Patienten, die versterben, der Todesfall lediglich etwas früher eintritt.

Hinsichtlich der Vorerkrankungen nannte Püschel auf Presseanfragen Krebs oder eine chronische Lungenerkrankung. Andere Patienten seien starke Raucher oder schwer fettleibig gewesen, litten an Diabetes oder hatten eine Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Allerdings wirft auch das einige Fragen auf.

Ach, nur Leute mit Vorerkrankungen tot? Ihr wisst schon, dass die auch leben wollen?

titelte der Volksverpetzer.

Zweitens

… gibt es eine neue Untersuchung aus Europa, die Zweifel aufkommen lassen, ob die These des Professors wirklich zutrifft. Zumindest aktuell lässt sich in vielen europäischen Ländern durchaus eine klar erhöhte Todesrate feststellen:

Schätzungen des „Euro-MOMO“-Netzwerks zeigen einen starken Anstieg der Gesamtmortalität in vier europäischen Staaten, die schwer von der Corona-Pandemie betroffen sind: Italien, Frankreich, Spanien, England.

 

Auch in der Schweiz sei die Sterberate erhöht. In Belgien und Portugal ist die Todesrate laut Statistik zumindest leicht erhöht. 

Drittens weist der Infektiologe Gerd Fätkenheuer auf eine Studie aus Wuhan hin, bei der die Krankendaten von 191 Patienten ausgewertet wurde. Hier habe sich gezeigt, dass die am häufigsten aufgeführten Begleiterkrankungen der in Wuhan Verstorbenen Bluthochdruck und Diabetes waren. Beide Erkrankungen sind eben nicht unmittelbar tödlich.

Und viertens hat Püschel ein viel geteiltes Zitat gar nicht gesagt – nämlich dass in ganz Deutschland oder gar weltweit noch „nie“ ein gesunder Mensch an Covid-19 gestorben sei:

Eine Sprecherin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, an dem Klaus Püschel tätig ist, schreibt in einer E-Mail an Correctiv: „Das im unten genannten Facebook-Post Herrn Prof. Dr. Klaus Püschel zugeschriebene Zitat ist von Herrn Prof. Püschel weder geäußert noch autorisiert worden.“

Trotzdem korrigierte das RKI Mitte April seine Empfehlung bezüglich der Obduktion von Covid-19-Toten: Nunmehr seien Obduktionen „zum Ziele des besseren Verständnisses des Krankheitsbildes und möglicher Therapieoptionen gezielt und unter adäquatem Schutz des Personals durchzuführen“.

Der Leiter der Pathologie der München Kliniken in Harlaching und Neuperlach, Marcus Kremer, begrüßt diese Entscheidung – sieht darin aber ebenfalls keinerlei Anzeichen für einen vormaligen Vertuschungsversuch:

Ich glaube, wir müssen ein wenig Verständnis dafür haben, dass das RKI zunächst von Obduktionen abriet, weil wir uns alle bei dieser Erkrankung sehr tastend von Erkenntnis zu Erkenntnis bewegen. Man hatte wohl anfangs Angst vor einer weiteren Verbreitung der Erkrankung im Obduktionssaal und hat daher zunächst von Obduktionen abgeraten.

 

Auf den Rat von uns Pathologen und von Lungenfachärzten hat das RKI aber relativ schnell reagiert und die Empfehlung zurückgenommen und sich sogar dafür ausgesprochen, Covid-19 Verstorbene wenn möglich zu obduzieren.

Was ist nun der aktuelle Stand in Sachen „mit“ oder „am“ neuen Coronavirus gestorben?

In Österreich hat das Gesundheitsministerium am 14. April die Definition eines Corona-Toten geändert, berichtet addendum:

Es zählt nunmehr nur jene Personen, die „tatsächlich an COVID-19 gestorben sind“.

In Deutschland laufen die Bemühungen um eine genauere Todesursachenstatistik gerade an. An der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen ist ein Register für Covid-19-Obduktionen im deutschsprachigen Raum eingerichtet worden. Dort werden die Obduktionsinformationen gesammelt.

Allerdings wollen die Pathologen in erster Linie „Lebende retten“, erklärt die Geschäftsführerin vom Dachverband der Pathologen in Deutschland, Gisela Kempny. Sollte sich beispielsweise der Verdacht erhärten, dass viele Covid-19-Erkrankte an Lungenembolien sterben, könnten gängige Blutverdünner helfen:

Mit den Obduktionen sollen Erkenntnisse über den Krankheitsverlauf gewonnen werden, vor allem um außergewöhnliche Verläufe, wie etwa die von jüngeren Verstorbenen, zu verstehen.

Für die gesellschaftspolitische Debatte um Sinn und Unsinn der Maßnahmen bringen die Obduktionen dagegen wenig.

Update vom 1. Mai:

Eine Studie der University of Glasgow widerlegt möglicherweise die Meinung, dass wer infolge einer Coronavirus-Infektion stirbt, meist sowieso nicht mehr lange zu leben gehabt hätte. Demnach verlieren männliche Coronavirus-Opfer im Schnitt 13 Jahre Lebenszeit, bei Frauen sind es elf Jahre.

Dabei betrachteten die Wissenschaftler explizit die Auswirkungen von Leiden, die Betroffene schon vor ihrer Covid-19-Infektion hatten. Selbst alte Menschen oder Vorerkrankte hätten ihren Ergebnissen zufolge häufig noch mehrere Jahre zu leben gehabt, wenn sie sich nicht mit dem Coronavirus infiziert hätten.

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Überträgt man die in der britischen Studie veröffentlichten Annahmen für die Auswirkung von Vorerkrankungen auf Deutschland, so ergibt sich hierzulande durch den Tod an Covid-19 immer noch ein Verlust von 9,9 Jahren Lebenszeit für Männer und 8,5 Jahren für Frauen. Auch viele Corona-Patienten, die Vorerkrankungen hatten, sind demnach deutlich früher gestorben, als statistisch zu erwarten gewesen wäre.

Update vom 18. Mai

Man stirbt nicht „am“, sondern „mit dem Virus“. Das führt extrem in die Irre.

 

Richtig: Wer ertrinkt, stirbt nicht am Wasser, sondern an Sauerstoffmangel. Wer erschossen wird, stirbt nicht an der Kugel, sondern an Herzversagen. Aber selbst wenn man sagt, dass das Virus nicht Ursache des Todes ist, so bleibt es doch sein Anlass – der Mensch ist tot und wäre es sonst nicht.

 

Das Strafgesetzbuch kennt übrigens keine Differenzierung wie „an der Verletzung“ oder „mit der Verletzung“, sondern stellt allein auf die Kausalität ab. Wäre das gleiche Ergebnis (der Tod) zur gleichen Zeit auch ohne das Virus eingetreten? Wenn ja, ist es unschuldig. Wenn nein: auf die Anklagebank mit ihm.

Update vom 20. Mai

Richtig ist: Es gibt bei Covid-19 – wie bei anderen Erkrankungen auch – Risikofaktoren, die einen schweren oder gar tödlichen Verlauf wahrscheinlicher machen. Auch sterben vor allem ältere Menschen nach einer Coronavirus-Infektion, in Deutschland sind die Verstorbenen im Schnitt 81 Jahre alt. Eine Untersuchung zu Corona-Toten aus Italien, die allerdings nur auf Daten aus den Krankenakten beruht, ergab, dass 96 Prozent der Verstorbenen mindestens eine Vorerkrankung hatten.

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Genau diese These belegen auch Obduktionsergebnisse des Rechtsmediziners Klaus Püschel in Hamburg. Diese sind allerdings nur eine sehr kleine Stichprobe und lassen keine Aussage darüber zu, wie viel Lebenszeit die Infektion mit Sars-CoV-2 die einzelnen Personen gekostet hat.

 

Ein genauerer Blick auf die mittlerweile als besonders kritisch eingestuften Vorerkrankungen zeigt auch: Es handelt sich dabei keinesfalls nur um Leiden, die auch ohne eine Corona-Infektion innerhalb kürzester Zeit zum Tod geführt hätten – sondern meist um „Zivilisationskrankheiten“ wie Übergewicht, Bluthochdruck oder Diabetes. Zudem steht die Forschung immer noch am Anfang, wie genau das neuartige Coronavirus im Körper wütet.

Dachte man anfangs noch, es handele sich in erster Linie um eine Lungenkrankheit, zeigen neue Studien, dass oft auch weitere Organe befallen werden. Das wiederum bedeutet, dass eine bestimmte Vorerkrankung mit einem möglichen Tod nach einer Corona-Infektion gar nicht zwingend etwas zu tun haben muss.

 

Aus Modellrechnungen haben schottische Forscher gefolgert, dass selbst alte Menschen oder Vorerkrankte noch mehrere Jahre gelebt hätten, wenn sie sich nicht mit dem Coronavirus angesteckt hätten: „Die meisten Menschen verlieren durch eine Infektion mit Covid-19 deutlich mehr Lebenszeit als die oft kommentierten ein oder zwei Jahre“, resümieren die Wissenschaftler.

Und auch das Robert-Koch-Institut schreibt: „Schwere Verläufe können auch bei Personen ohne bekannte Vorerkrankung auftreten und werden auch bei jüngeren Patienten beobachtet.“

 

Auch zeigen Statistiken aus besonders vom Coronavirus betroffenen Gebieten, dass dort zuletzt deutlich mehr Menschen starben. So verzeichnete zum Bespiel die norditalienische Stadt Nembro auf dem Höhepunkt der Pandemie elf Mal mehr Todesfälle als im Vorjahreszeitraum

  • Süddeutsche Zeitung: Covid-19 kostet etliche Jahre Lebenszeit
  • The Economist: Would most covid-19 victims have died soon, without the virus?
  • Tagesschau: Corona-Tote: Neun Lebensjahre verloren
  • Welt+: Wären die meisten Covid-19-Opfer ohne das Virus bald gestorben?
  • Mimikama: Der sinnlose Vergleich von Covid-19 mit anderen Sterbezahlen

Angst/Bürgerrechte

Der Grundtenor vieler aktueller Verschwörungstheorien ist, dass „der tiefe Staat“ mit dem Coronavirus die „Neue Weltordnung“ herbeiführen will, schreiben zum Beispiel Pravda-TV und andere „Alternativmedien“:

Wenn man die Gesellschaft in Panik versetzt, lässt sie mit sich praktisch alles tun, auch die Verhängung eines Notstandes, der die Bürgerrechte für einen unbefristeten Zeitraum ausser Kraft setzt. Die Idee einer Pandemie, die brutale Massnahmen erfordert, um die Menschheit zu retten, wurde bereits mit diversen Hollywood Produktionen in das Bewusstsein der Menschen eingepflanzt.

In den einschlägigen Foren wird das auch genau so weitergetratscht:

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Sogar entsprechende Flugblätter kursieren:

corona

Nun ist es allerdings so, dass auch Verfassungsrechtler, Wissenschaftler, Politiker, Journalisten und Leser die Regelungen und Einschränkungen des sogenannten Lockdown überaus kritisch sehen und allenthalben eine schnelle Rückkehr zur Normalität gefordert wird.

Aber nicht nur das spricht gegen eine groß angelegte „Verschwörung“.

Mimikama weist darauf hin, dass …

… für eine solche Verschwörung hunderttausende, ja Millionen Menschen weltweit nötig wären, die es zwar schaffen, einen neuen Virus loszulassen und sämtliche Politiker und Führungskräfte der Welt mit einzubeziehen, aber es nicht hinbekommen, den einen Youtuber oder den kleinen Blog zum Schweigen zu bringen, der das alles aufdeckt […] Im Prinzip geht es diesen Leuten nur darum, Erklärungen für Dinge zu finden, für die es keine Erklärung gibt.

Der Unterschied zwischen Kritik an den staatlichen Maßnahmen und einer Verschwörungstheorie besteht unter anderem in der Annahme, dass hinter der gegenwärtigen Situation ein kohärenter Plan stecke und die Corona-Krise nur dazu diene, verschiedene sinistre Vorhaben („Bargeldabschaffung“, „Totalüberwachung“ etc.) durchzusetzen.

Der Tübinger Kulturwissenschaftler Prof. Michael Butter erklärt in einem Gespräch für den Youtube-Kanal „Politikstunde“ der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb):

Es ist völlig legitim zu sagen, wir müssen jetzt aufpassen, dass diese Einschränkung der Grundrechte, die wir gerade erfahren, irgendwann zurückgefahren wird, dass das kein Einfallstor wird für irgendwelche Kräfte in der Wirtschaft, aber auch in der Politik und im Polizei- und Sicherheitsapparat. Das ist wichtig, das zu kritisieren und eine Stimme dagegen zu sein.

 

Nur man darf diese Kritik nicht delegitimieren dadurch, dass man sie in eine Verschwörungstheorie einpackt, zum Beispiel „Die haben diese Coronakrise nur verursacht, um das alles durchzukriegen.“

 

In dem Moment, wo man der Überzeugung ist, das ist alles geplant worden, es gibt diese eine Gruppe, die das in Gang gesetzt hat, um dieses und jenes Ziel zu erreichen, dann hat man die Grenze zur Verschwörungstheorie überschritten.

In einem Interview mit Zeit-Online führt Butter weiter aus:

Etwa in dem Fall von Wodarg, dass die wissenschaftlichen Fakten gezielt verdreht werden, um ein größeres Ziel zu erreichen. Fast jeder zweite Artikel auf den einschlägigen Seiten kommt am Ende immer zu der entscheidenden Frage: Wer steckt dahinter? Wem nützt die Corona-Krise? Es geht immer darum, die eigentlichen Drahtzieher zu identifizieren.

Natürlich ist es keine Verschwörungstheorie, dass Staaten auf verschiedene Weise versuchen, während der Coronakrise autoritäre Strukturen aufzubauen und Demokratie zu schwächen – nicht nur Viktor Orban in Ungarn. Wer sich speziell für diesen Punkt interessiert, kann zum Beispiel den „COVID-19 DemocracyWatch“-Newsletter von openDemocracy abonnieren.

  • Whistleblower: Covid-19: Eine günstige Gelegenheit für autoritäre Staaten
  • Belltower News: Corona-Pandemie: Fake News im Familien-Chat – Was kann ich tun?
  • Perspective Daily: Das musst du wissen, um Fake News zu verstehen
  • GWUP: Verschwörungstheorien – Was ist eine legitime wissenschaftliche Position und was ist Nonsens?
  • Mimikama: Zwangsüberwachung aller Android- und Apple-Geräte?
  • Mehr dazu beim Stichwort „Verschwörungstheorien“.

Anthroposophische Medizin

Im März veröffentlichte der einflussreiche anthroposophische Arzt und stellvertretende Leiter der „Medizinischen Sektion“ des Goetheanums, Georg Soldner, einen Artikel über „das Coronavirus“. Dieser Beitrag wird auf der Webseite der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland und vom Bund der Freie Waldorfschulen geteilt.

Der kritisch-aufklärende Anthroposophie.blog schreibt dazu:

Für die anthroposophische Medizin ist der Mensch ein kosmisches Wesen, aus dem Kosmos stammend und eng mit diesem verbunden. Soldner rät daher dazu, sich mehr mit dem Kosmos zu beschäftigen und sich der „Sonne zuzuwenden“. Als Vorbeugung gegen eine Virus-Infektion empfiehlt der Facharzt für Kinderheilkunde unter anderem die Einnahme von Globuli aus „Lichtsubstanzen“ wie „potenziertem Phosphor“ und kosmischem „Meteoreisen“:

Was können wir tun? […] Täglich und im Winter möglichst mittags ins Freie gehen und sich so mit der Peripherie, ganz elementar mit dem Kosmos verbinden […] Potenzierter Phosphor und entsprechend potenziertes Meteoreisen morgens können als Lichtsubstanzen ebenfalls die Abwehrkraft unterstützen.

Diese „Lichtsubstanzen“ stärkten die Lunge, die in der anthropsophischen Medizin als „kleines Abbild der Erde“ gilt. Die Lunge würde vor allem geschwächt durch mangelnde Spiritualität und unverarbeitete soziale Spannungen:

Was schwächt die Lunge? Dazu zwei Dinge: mangelnde Beziehung zur Erde und zur Sonne sowie soziale Spannungen. Es ist deshalb ratsam, die eigene Lunge, dieses Atmungsorgan, von innen und außen zu schützen, indem man soziale Spannungen auszugleichen versucht. Wer in ungelösten sozialen Konflikten steht, ist hier aus meiner Sicht vermehrt gefährdet.

Die empfohlenen Globuli aus kosmischen Meteoren sind praktischerweise von der anthroposophischen Firma Wala zu beziehen:

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Kritiker sehen in der Anthroposophischen Medizin eine Pseudomedizin, deren theoretischen Grundlagen unhaltbar sind und für die nichts spricht.

Update vom 4. Juni:

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  • Anthroposophie.blog: Anthroposophische Medizin: „Mystisch, irrational und unwirksam“
  • Anthroposophie.blog: Anthroposophischer Mediziner: Ursache für Corona ist 5G
  • Twitter-Thread: Wie kann man sich gegen das Coronavirus schützen und stärken? Die Anthroposophische „Medizin“ meint: Mit esoterischen #Eurythmie-Tänzen, #Waldorf-Meditation und #Globuli aus dem Weltall
  • Anthroposophie – Eine kurze Kritik. Alibri-Verlag 2019, 176 Seiten, 10 €

  • Mehr dazu bei „Homöopathie“ und „Homöopathie / Spanische Grippe / Cholera“

Argumente

Wie kann man Falschbehauptungen und Verschwörungstheorien im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis argumentativ begegnen?

Ein Patentrezept, das in jeder Situation und bei jedem Gegenüber funktioniert, gibt es nicht. Verschiedene Möglichkeiten besprechen bei twitch.tv der Multikünstler Tommy Krappweis, die Kriminalpsychologin Lydia Benecke, das Podcaster-Duo Hoaxilla und der Autor und Journalist Bernd Harder.

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Eine Podcast-Version gibt es bei Hoaxilla.

Zum Video und zu weiterführenden Links und Literaturtipps geht es im GWUP-Blog.

  • „Der schwierige Umgang mit Verschwörungsgläubigen“

    (GWUP-Blog)
  • „Auf dem Schlachtfeld: Umgang mit Verschwörungsgläubigen“

    (GWUP-Blog)
  • Zehn Tipps, wenn Freunde und Bekannte Verschwörungsmythen verbreiten

    (GWUP-Blog)

Astrologie

Astrologie-Gläubige berufen sich auf dieses Interview der „Star-Astrologin“ Ruth Bauer-Wolf, das am 30. Dezember 2019 in der Landesschau Baden-Württemberg ausgestrahlt wurde:

Entsprechende Kommentare zum Beispiel bei Youtube behaupten, die Astrologin habe „zu 100 Prozent recht behalten“ etc.

Bevor man sich das Filmchen ansieht, sollte man versuchshalber eine Liste mit Stichwörtern erstellen, die man als „eingetroffene“ Vorhersage der Coronakrise akzeptieren würde, etwa:

Corona, Virus, Epidemie, Pandemie, China, Ausgangssperre, Katastrophenfall, Börsencrash, Wirtschaftseinbruch, Rezession, Krankheit, Ladensterben, existenzielle Krise, Seuchenausbruch, Gesundheitswesen, Einschränkungen – oder zumindest irgend etwas in dieser Richtung.

Nichts davon ist zu hören. Nach etwa sechs Minuten Rumgeflachse zwischen dem eher amüsierten Moderator und der höflich-steifen Astrologin kommen endlich ein paar Sätze zu 2020:

Was man ganz klar sagen kann, dass es sehr viele Veränderungen geben wird, also 2020 wird ein sehr turbulentes Jahr, und ich möchte auch allen raten, bleiben Sie mutig, bleiben Sie dabei, es ist nicht schlecht, aber es ist schon auch so, dass man mehr aufeinander achten muss, miteinander mehr sprechen muss, einfach sich an die Hand nehmen und sagen: Wir schaffen das.

 

Aber es wird schon viele Veränderungen geben. Im wirtschaftlichen Bereich auf jeden Fall, im politischen Bereich, da wird der März und der April ganz herausragend sein, da wird es große Veränderungen geben.

 

Man kommt aber auch große große Schritte wieder weiter, eben in allen Dingen, die mit der Natur zu tun haben, die Einsicht brauchen, die Veränderungen ermöglichen, dass die Leute auch anders wieder denken. Es wird viele Veränderungen geben, es wird plötzlich eine neue Führungselite da sein, die dann auch vernünftiger denkt.

Das ist alles.

Die Spiegel Online-Jahresvorschau vom 31. Dezember („Der globale Stresstest 2020“) brachte die bevorstehenden Veränderungen weitaus konkreter auf den Punkt.

Und dass viele Astrologen sich bei ihren Prognosen speziell auf den März/April kaprizieren würden, ist auch nichts Mysteriöses – denn in der Vorstellung der Sterndeuter wird 2020 ab dem 21. März vom Mond regiert. Und solche „Mondjahre“ gelten in der Astrologie „allgemein als unbeständig, veränderlich und unkontrollierbar“.

Die Frage ist, ob es ein Jahr in der Menschheitsgeschichte gab, das nicht „unbeständig, veränderlich und unkontrollierbar“ gewesen ist?

Nur mit einem Satz liegt Frau Bauer-Wolf tatsächlich vollkommen richtig (Minute 1:27):

Die Kunst [der Astrologie] ist die Interpretation.

Arvay, Clemens

Im Frühjahr hat Arvay noch hauptsächlich gegen den Mund-Nasen-Schutz agitiert. Mittlerweile (September) spielt er für die Verschwörungsmythenszene vor allem den Kronzeugen gegen RNA-Impfstoffe.

Dazu gibt es einen ausführlichen Faktencheck bei Relativer Quantenquark mit dem Fazit:

Arvay benutzt im typischen Stil moderner Verschwörungsideologen ein Gemisch aus Halbwahrheiten, unzulässigen Verkürzungen und aus dem Zusammenhang gerissenen Details, um den Eindruck zu erwecken, es gäbe globale dunkle Machenschaften, hinter denen, wie er ausdrücklich betont, Bill Gates stecke.

 

Dementsprechend ist es auch kein Wunder, dass seine Aussagen im Wesentlichen von den typischen Fake-News-Schleudern der Verschwörungsmythenszene verbreitet werden.

 

Anders als die meisten Verschwörungsideologen scheint er jedoch weniger politische als Marketingzwecke zu verfolgen, denn rein zufällig erscheint in wenigen Tagen sein neues Buch, dessen Untertitel die Arvay’sche Phantasiewelt wunderbar zusammenfasst: „Wie Umweltzerstörung die Corona-Pandemie auslöste und warum ökologische Medizin unsere Rettung ist“.

Ayurveda / Prinz Charles / Homöopathie

Auch beim britischen Thronfolger Prinz Charles war eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus diagnostiziert worden. Charles sei inzwischen genesen, vermeldeten viele Agenturen und Publikationen:

Prinz Charles zeigte nur milde Symptome, während seiner Isolation hat er sogar weiter gearbeitet und unter anderem Telefonkonferenzen geführt.

Dabei gab es auch Behauptungen, die Genesung sei einer Behandlung mit Homöopathie und Ayurveda zu verdanken. Dies habe der indische AYUSH-Minister mitgeteilt (anders, als immer wieder suggeriert wird, handelt es sich bei AYUSH nicht um das indische Gesundheitsministerium). Minister Shripad Naik erklärte bei einer Pressekonferenz in Goa, dass die Genesung von Prinz Charles „unsere (indische) jahrtausendealte Praxis“ bestätige.

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Ella Lynch, die Sprecherin des Prinzen, wies diese Behauptung zurück und erklärte, seine Königliche Hoheit sei „dem medizinischen Rat des National Health Service des Vereinigten Königreichs gefolgt und sonst nichts weiter“. In einer E-Mail an The Indian Express bezeichnete sie die Meldungen zur Behandlung mit Homöopathie/Ayurveda als „falsch“.

Den Trugschluss angeblicher homöopathischer Behandlungserfoge greift auch der „Faktenfinder“ der Tagesschau auf:

Es gibt selbsternannte Experten, die von Wunderheilungen durch Globuli berichten. Innerhalb von drei Tagen seien Corona-Symptome verschwunden.

 

Das Problem ist: Die Erkrankung durch das Coronavirus verläuft laut Robert-Koch-Institut bei rund 80 Prozent der Menschen milde bis moderat. Das heißt: Erkrankte merken oft nur schwache Symptome, werden innerhalb weniger Tage von selbst wieder gesund. Darin liegt die Gefahr der Verbreitung: Dass Menschen, die gar nicht wissen, dass sie COVID-19 haben, andere Leute anstecken.

 

Das alles hat nichts mit dem Einfluss von Globuli zu tun, sondern mit einem milden Krankheitsverlauf bei vielen Infizierten. Selbst der Verband klassischer Homöopathen Deutschlands e.V. warnt vor dem Einsatz von Homöopathie gegen Corona.

  • Natalie Grams: Was wirklich wirkt – Kompass durch die Welt der sanften Medizin
  • Mehr dazu bei „Homöopathie“ und „Homöopathie / Spanische Grippe / Cholera“

B

Baba Wanga

In Deutschland trendet seit einigen Jahren die bulgarische „Seherin“ Baba Wanga, die 1996 im Alter von 85 Jahren starb.

Warum, ist nicht so ganz klar. Auch seriöse Medien wie Die Welt oder Der Westen geben nie eine Quelle an, wo diese „Prophezeiungen“ eigentlich herkommen – was auf bloßes Hörensagen schließen lässt.

So ist es auch derzeit.

Nach einem Bericht der englischen Boulevardzeitung Daily Star behauptet die bulgarische Sportlerin und Trainerin Neshka Stefanova Robeva, Baba Wanga habe ihr bereits vor Jahrzehnten von dem Coronavirus erzählt:

Im Jahre 1996 soll es zu einem Treffen zwischen der bulgarischen Weltmeister-Trainerin und der Wahrsagerin gekommen sein. Baba Wanga habe ihr während des Gespräches prophezeit: „Corona wird über uns kommen.“ Die Trainerin nahm die Vorhersage eigenen Angabe zufolge zunächst als politische Warnung auf. Im bulgarischen bedeutet das Wort Corona nämlich „Vormundschaft“. Angesichts der aktuellen Geschehnisse ist sich Robeva nun allerdings sicher: Baba Wanga sah schon damals die Epidemie kommen!

 Nachprüfbar ist das natürlich nicht.

 Bislang gibt es nur die Berichte und Zeugenaussagen in dem Buch

Wanga – Das Phänomen: Die Seherin von Petritsch

Und das stammt von ihrer Nichte Krasimira Stojanowa, ist also mit größter Vorsicht zu genießen.

Die Autorin Daniela Mattes weist in ihren Recherchen „Baba Wanga: Auf den Spuren der blinden Prophetin“ darauf hin, dass …

… viele Vorhersagen und Informationen, die mit Baba Wanga in Verbindung gebracht werden, nachträglich erfunden und teilweise mit falschen Beweisen unterlegt wurden.

Sogar die Fan-Seite Babavanga.de wiegelt ab:

Viele Leser fragen sich sicherlich, inwiefern die Prophezeiungen der Seherin Baba Vanga der Wahrheit entsprechen und was dem Bereich der urbanen Legenden entstammt.

Nun, das muss jeder für sich beurteilen, denn trotz sorgfältiger Recherche möchten und können wir die Voraussagen der Seherin nicht als Fakten präsentieren.

 

Der bulgarische Journalist Todor Ovtcharov erklärt unverblümt:

Ich kann mich an Baba Vanga schon in meiner Kindheit erinnern. Sie war oft im Fernsehen zu sehen.

 

Sie sprach in schwammigen Metaphern und mit einem sehr starken Dialekt und ich verstand kaum, was sie sagte. Aber als ihr blindes Gesicht im Fernsehen erschien, hörten ihr alle zu. Alle warteten auf die nächste Prophezeiung. Sie wollten wissen, wann der Übergang vom Sozialismus in den Kapitalismus vollendet sein wird, wann die Strompreise erhöht werden und ob die bulgarische Fußballnationalmannschaft das nächste Spiel gewinnen wird.

 

Die Erwachsenen deuteten ihre Worte immer anders und immer ihren eigenen Wünschen nach. Doch der Glaube, dass alles vorgeschrieben ist, dass eine unsichtbare Kraft unser Leben leitet, schien den Menschen zu helfen.

Damit verkörperte Baba Wanga in Bulgarien wohl das, was hierzulande die „Volksseher“ à la Mühlhiasl und Irlmaier waren – nämlich einfache Deutler, die ihr Unbehagen an Fortschritt und Veränderung in düsterem Geraune artikulierten:

Passt zu jeder Krisenzeit.

  •  Belltower News: Corona-Pandemie: Fake News im Familien-Chat – Was kann ich tun?

Baden

  • Ein heißes Bad (oder Alkohol/Chlor) verhindert eine Infektion mit dem Coronavirus

    .

Der Schweizer „Ganzheitsmediziner“ Andreas Bircher behauptete in einem Interview des Schweizer Privatsenders QS24, das Coronavirus SARS-CoV-2 lasse sich mit heißen Bädern und Schwitzkuren behandeln.

Für SARS-CoV-2 gilt laut der US-amerikanischen Seuchenschutzbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC), dass bisher keine konkrete Temperatur genannt werden könne, die die Viren abtöte oder inaktiv werden lasse. So wie sich das Virus nicht durch Trinken heißen Wassers abtöten lässt, wie zum Beispiel Correctiv schon hier berichtet hat, so haben nach bisherigen Erkenntnissen auch heiße Bäder keinen unmittelbaren Effekt auf die Coronaviren.

Nein, sagt auch die WHO.

Unabhängig von der Temperatur des Bade- oder Duschwassers bleibt die Körpertemperatur konstant bei 36,5 bis 37 Grad. Zwar sind viele Viren hitzeempfindlich und gehen ab einer Temperatur von etwa 60 Grad kaputt, da bei dieser hohen Temperatur die Proteine zerstört werden. Allerdings gilt das auch für die Proteine in unseren Körperzellen.

Und dass das Corona-Virus schon „bei einer Temperatur von 26 bis 27 Grad stirbt“, ist eine Fake-News.

Zum Händewaschen wird (aus Umweltgründen) sogar kaltes Wasser beziehungsweise „eine angenehme Wassertemperatur“ empfohlen:

Die Wassertemperatur hat keinen Einfluss auf die Reduktion der Mikroorganismen. Daher sollte die individuell angenehme Wassertemperatur gewählt werden. Viel wichtiger sind die Dauer des Händewaschens und das Maß der Reibung beim Einseifen der Hände.

Auch den ganzen Körper mit Alkohol oder Chlor einzureiben/zu besprühen oder mit einer Ultraviolett-Desinfektionslampe zu bestrahlen oder in gechlortem Wasser zu schwimmen, tötet keine Viren ab, die bereits in den Organismus eingedrungen sind.

  • Correctiv: Nein, Alkohol zu trinken tötet das Coronavirus nicht ab
  • Correctiv: Heißes Bad gegen Coronavirus? Andreas Bircher stellt bei TV-Interview falsche Behauptungen auf
  • Mehr dazu beim Stichwort „Alkohol“, Sauna“ und „UV-C-Licht“

 Bahner, Beate

Die Heidelberger Juristin Beate Bahner, Fachanwältin für Medizinrecht, wurde am 12. April in die Psychiatrie eingewiesen (siehe

„Update“

). Das berichteten übereinstimmend zahlreiche Medien, darunter Welt-Online:

Bahner sei am Sonntag in einer polizeilichen Maßnahme in einer Klinik vorgestellt und dort von einem Arzt begutachtet worden, sagte Norbert Schätzle vom Polizeipräsidium Mannheim.

 

Aus Fürsorgegründen für die Frau hätten die Kollegen die Vorstellung in der Psychiatrie für erforderlich gehalten. Die Frau habe sich gewehrt und körperliche Gewalt gegen Polizisten ausgeübt. Der Arzt habe dann offenbar entschieden, sie in der Klinik zu behalten.

 

„Sie hat einen sehr verwirrten Eindruck gemacht“, hatte ein Polizeisprecher zuvor das Vorgehen gegenüber der „Rhein-Neckar-Zeitung“ bereits erklärt.

Warum versetzte das die Szene der Corona-Verschwörungstheoretiker – von den Impfgegnern bis hin zu QAnon-Fans – in Panik?

Bahner war „die juristische Hoffnung der Corona-Skeptiker“ (taz). Sie wollte auf gerichtlichem Wege den Shutdown so schnell wie möglich beenden. Wie man auf ihrer Homepage nachvollziehen kann, kündigte sie zunächst

  • am 3. April eine Normenkontrollklage gegen die Corona-Verordnung Baden-Württembergs an.
  • Am 7. April erklärte sie in einem 19-seitigen Schreiben den Shutdown für verfassungswidrig und zum „größten Rechtsskandal, den die Bundesrepublik je erlebt hat“. Auf Seite 18 rief Bahner zu einer bundesweiten Demonstration auf:

  • Am 8. April reichte Bahner einen Eilantrag beim VGH Baden-Württemberg ein, die Corona-Verordnung Baden-Württembergs „sofort auszusetzen“.
  • Am selben Tag reichte sie einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht ein, „wegen des Angriffs auf den Bestand der Bundesrepublik Deutschland“.

  • Am 10. April erklärte Bahner auf ihrer Homepage, dass das Polizeipräsidium Mannheim ein Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet habe, „wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten gemäß Paragraf 111 Strafgesetzbuch“. Konkret ging es um ihren Aufruf zu der bundesweiten Demonstration „Coronoia 2020“.

Polizei und Staatsanwaltschaft teilten dazu mit:

Wegen des Verdachts, öffentlich zu einer rechtswidrigen Tat aufgerufen zu haben, ermitteln die Staatsanwaltschaft Heidelberg und das Dezernat Staatsschutz der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg gegen eine Heidelberger Rechtsanwältin.

 

Sie soll über ihre Homepage öffentlich zum Widerstand gegen die staatlich erlassenen Corona-Verordnungen aufgerufen haben. Darüber hinaus soll sie dazu aufgerufen haben, sich am Ostersamstag bundesweit zu einer Demonstration zu versammeln.

 

In diesem Zusammenhang wird seitens der Strafverfolgungsbehörden eindrücklich darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an öffentlichen Versammlungen zu Zeiten der COVID-19-Pandemie einen Straftatbestand erfüllen kann, zumindest indes eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

Auch am 10. April lehnte das Bundesverfassungsgericht Bahners Eilantrag ab:

Ihr Antrag habe mehrere Begründungen vermissen lassen. So habe sie weder erklären können, warum sie die Landesverfassungsgerichte übersprungen hat, noch, „durch welche konkreten Regelungen in welchen Bundesländern sie in eigenen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten unmittelbar und gegenwärtig betroffen sein soll“.

Noch am selben Tag wollte Bahner laut taz ihre Anwaltszulassung zurückgeben:

In dieser Diktatur kann auch ich leider nichts mehr für Sie tun,

schrieb sie ihren Unterstützern.

Davon findet sich auf ihrer Homepage allerdings nichts mehr. Noch vorhanden ist ein offener Brief an die Schriftstellerin Juli Zeh, in dem sie schreibt:

Bitte unterstützen Sie mich dringend und übernehmen Sie. Ich kann schließlich nicht alleine die Welt retten […] Ich habe es jetzt wirklich satt, wie wir hier weiterhin für dumm verkauft werden. Außerdem muss ich mich jetzt endlich um meinen kleinen Hund kümmern.

  • Am 11. April veröffentlichte Bahner eine „Corona-Auferstehungs-Verordnung“ und erklärte den Shutdown „mit sofortiger Wirkung für beendet“. Zudem kündigte sie an, dass sie ihre Anwaltszulassung doch behalten will.

In einem Begleittext schrieb sie:

Und falls Ihr mögt, dann sehen und hören wir uns gerne wieder, allerdings frühestens im Mai. Denn ich mache jetzt mal meinen eigenen „Shutdown“, um mich ein paar Wochen zu erholen.

 

Es ist nämlich ein weiterer Schock, wenn man plötzlich merkt, dass der lauteste Polizeihelikopter aller Zeiten hinter einem selbst her ist. Es kann also schon ein Weilchen dauern, bis ich keine Angst mehr habe vor Helikoptergeräuschen.

Der Jurist und Blogger Heinrich Schmitz kommentierte das im Nachhinein (am 18. April) so:

Wer die Verlautbarungen der Heidelberger Anwältin Beate Bahner gelesen hatte und sich auch nur ein wenig mit Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht auskennt, der musste sofort erkennen, dass der Weg zum Bundesverfassungsgericht nicht den Hauch einer Chance haben konnte […]

 

Wer allerdings ein wenig auf ihrer Homepage herumstöberte, der konnte recht schnell Zweifel daran entwickeln, ob die Kollegin noch so ganz bei Sinnen war […] Ein Zeichen von Größenwahn oder Hinweis auf eine narzisstische Störung.

Was geschah dann am 12. April?

Das Polizeipräsidium Mannheim teilt dazu mit:

Am Sonntagabend, kurz vor 20 Uhr, informierte ein Zeuge das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Mannheim per Notruf darüber, dass in der Thibautstraße/Bergheimer Straße eine Frau stehe, die angegeben habe, sie werde verfolgt. Eine Streife traf die Frau an und stellte die Personalien fest.

 

Im Rahmen des weiteren Gesprächsverlaufs und aufgrund ihrer Verhaltensweise hielten es die Beamten für erforderlich, medizinische Hilfe einzuholen. Hierzu wurde die Frau festgehalten und sollte in eine Klinik gebracht werden. Daraufhin setzte sie sich zur Wehr und trat mehrfach gegen einen Beamten.

 

Diesbezüglich wurden die Ermittlungen gegen die Verdächtige wegen des Verdachts des tätlichen Angriffs und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte aufgenommen. Anschließend wurde die Frau zur Universitätsklinik Heidelberg gebracht und dort stationär aufgenommen.

 

Bei der Frau, die am Ostersonntagabend in die Universitätsklinik Heidelberg gebracht und dort stationär aufgenommen wurde, handelt es sich um die Heidelberger Rechtsanwältin, gegen die die Staatsanwaltschaft Heidelberg und des Dezernat Staatsschutz der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg wegen des Verdachts, öffentlich zu einer rechtswidrigen Tat aufgerufen zu haben, ermitteln.

Der Impfgegner Hans Tolzin verbreitete am 14. April eine Sprachnachricht von Beate Bahner, die ihm „eine Bekannte von Frau Bahner“ zugespielt habe und die mittlerweile im Internet kursiert.

Nach Tolzins Auffassung „scheint diese echt zu sein“, außerdem will er mit Bahner am Ostermontag „in der geschlossenen Abteilung“ telefoniert haben. Ein Stimmenvergleich mit einem Interview Bahners am 9. April beim MDR bringt keinen Aufschluss über die Authentizität.

In dem Audio-Mitschnitt, der angeblich an ihre Schwester gerichtet ist, spricht Bahner ruhig, sieht sich (ab Minute 9:25) aber als

… schönes Exemplar dafür, was allen passieren wird auf der ganzen Welt, wenn sie nicht jetzt endlich aufwachen und sehen, was das für ein Terrorregime [ist], wie dies die Welt noch nie nie gesehen hat.

 

Da können sich Mao, Hitler und Stalin wirklich eine Scheibe abschneiden, und auch der Trump kann noch was lernen in Sachen Fake News, das kann er noch nicht so gut wie, ja, wer auch immer: böse, böse, böse Mächte, die uns hier tyrannisieren, terrorisieren.

 

Und ich muss sagen, ich hatte heute Nacht wirklich Ängste, dass sie mich umbringen hier, dass sie mir ne Giftspritze setzen auf Anordnung, ich hatte nachts dann auch mal irgendwie Angst, dass sie mich wegfliegen.

An anderer Stelle mutmaßt Bahner, dass die zuständige Ärztin sie zehn Minuten lang habe warten lassen, weil diese wohl „ihre Anweisungen von ganz oben oder den USA“ erst noch habe entgegennehmen müssen. Sie (Bahner) sei schließlich „im Moment der größte Staatsfeind der Polizei“.

Als Grund, warum sie überhaupt auf die Straße gerannt ist und ein Auto angehalten hat, gibt Bahner an, dass sie sich „von zwei Killern“ bedroht gefühlt habe.

Das Polizeipräsidum Mannheim wies am 14. April darauf hin, dass …

… im Rahmen des gegen die Beschuldigte geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens weder die Unterbringung der Beschuldigten in einer psychiatrischen Klinik noch eine sonstige strafprozessuale Zwangsmaßnahme veranlasst wurden.

Das heißt, es besteht kein Zusammenhang mit laufenden Ermittlungen, sondern es ging bei der Klinikeinweisung um eine akute Situation von Selbst- und Fremdgefährdung.

Laut GenFM ist Beate Bahner „in den letzten Tagen von rechten und verschwörungsideologischen Medien extrem gehypt worden“.

Die taz schrieb allerdings schon vor der heute bekanntgewordenen Entwicklung:

Auf Twitter wurde spekuliert, ob Beate Bahner ein Kunstprojekt sei oder ob sie psychische Probleme habe.

Am 14. April war bei Twitter unter anderem zu lesen:

Traurige Geschichte einer Frau, die sich an Eitelkeit berauscht und in #Paranoia landet.

  • Update vom 15. April:

Walulis erklärt in einem Video, „wie Spinner Beate Bahner instrumentalisieren und wieso Leute tatsächlich in die Psychiatrie eingewiesen werden können“.

Auf der Webseite der Kanzlei Bahner findet sich heute folgender Hinweis:

Auch der Impfgegner Hans Tolzin räumt in einer Stellungnahme ein, dass „manches an ihrem [Bahners] Verhalten irritierend war und ist. Hoffentlich wird sich klären, was an ihrer Geschichte wahr ist – und was nicht“.

Nach einem Bericht von heidelberg24 ist Beate Bahner am Mittag des 15. April zu einer Anhörung in ihrem Ermittlungsverfahren wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten (siehe oben: „10. April“) bei der Polizeidirektion Heidelberg erschienen:

Nach ihrer Anhörung sorgt Beate Bahner für eine Überraschung: Sie tritt vor die Menge und erklärt, dass sie sich bei der Polizei entschuldigt habe.

Die Verletzung am Kopf und Knie stammen von einem Fahrradsturz, den sie „besoffen“ erlitten hatte und nicht von den Polizeibeamten.

 

Sie müsse aber jetzt gleich gehen, da Sie noch mit Freunden in ein Café gehen würde.

Rund 200 Personen hätten vor dem Polizeipräsidium ihre Solidarität mit Bahner bekundet, berichtet die Rhein-Neckar-Zeitung:

Mit Schildern und Sprechchören („Wir sind das Volk“) und weitgehend, ohne die Abstandsregeln zu beachten, versammelten sich dort zahlreiche Menschen – darunter viele Corona-Leugner sowie bekannte Verschwörungstheoretiker und Rechtsradikale – aus ganz Deutschland.

Eine RTL-Reporterin sagt:

Mein Eindruck ist: Frau Bahner hat sich hier feiern lassen wie ein Popstar.

Eine Ermittlungsgruppe des Polizeipräsidiums Mannheim soll nun die Teilnehmer der Demonstration identifizieren.

Auf ihrer Webseite schreibt Bahner:

Sie wolle sich zunächst einmal bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft entschuldigen für den großen Aufruhr, den sie verursacht habe. Es tue ihr leid, dass die Polizei mit den etwa 200 Personen, die sich um 13 Uhr vor dem Polizeipräsidium versammelt haben, nun einen solchen Ärger habe. Sie habe lediglich um Beistand gebeten, da sie sich in der neuen Rechtslage nicht auskenne.

 

Denn es sei so gewesen, dass sie in den letzten 14 Tagen im Urlaub gewesen sei. Sie habe mehrere kleine Städtereisen unternommen und sei zwischenzeitlich immer nur kurz in Heidelberg gewesen. In den ersten beiden Aprilwochen sei sie zuerst in Berlin gewesen. Sie habe dort Museen besucht und sei in den Opernhäusern gewesen.

 

Sodann sei sie nach Paris gefahren, insbesondere um dort den Louvre und eine Bootsfahrt auf der Seine zu genießen. Kurz zurück in Heidelberg sei sie schließlich nach London geflogen, um dort weitere Freunde zu besuchen, in schönen Geschäften zu stöbern, die großartigen Museen zu genießen und in das Royal Opera House zu gehen.

Angeblich ist das alles nur „ironisch“ gemeint und niemand verstehe den schrägen Humor von Frau Bahner.

Zu einem weiteren skurrilen Statement Bahners am 17. April auf ihrer Webseite („Hilferuf über den großen Teich“) schreibt heidelberg24:

Unklar ist bei all dem, ob die 54-Jährige sich mit diesen Texten durch Überspitzung über die Lage lustig macht oder ob sie vielleicht wirklich wieder medizinische Hilfe braucht. 

  • siehe auch „Binder, Thomas“

Bhakdi, Sucharit

Update vom September:
  • GWUP-Blog: hr-iNFO mit „Postfaktencheck“ zu Bhakdis Falschbehauptungen

 

Ein illustratives Beispiel für Bhakdis Falschbehauptungen ist dieser kurze Ausschnitt aus einem Video-Interview vom 15. August 2020.

Darin sagt Bhakdi:

Da alle Sentinel-Laboratorien in Deutschland seit Monaten keine SARS-CoV-2-Infektionskrankheiten melden, kann es keine Epidemie geben.

Diese Behauptung wiederholte er in einem Interview mit Boris Reitschuster:

Es gibt seit Wochen keine neuen Covid 19 Kranken mehr in Deutschland.

Im RKI-Situationsbericht vom 13. August hätte Bhakdi nachlesen können, dass „aufgrund der geringen Zahl eingesandter Proben keine robuste Einschätzung“ der Covid-19-Situation aus dem Sentinel-Netzwerk möglich sei, das lediglich einen kleinen Teil der Surveillance darstellt.

Sogar einer Erstinformationsquelle wie Wikipedia kann man entnehmen, dass die Sentinel-Daten „nicht repräsentativ“ für das Covid-19-Geschehen sind. Was Bhakdi ebenfalls verschweigt:

Auch gibt es weiterhin Nachweise über Sentinel-Krankenhäuser.

Völlig unklar bleibt darüber hinaus, warum Bhakdi überhaupt den (wenigen) Laboranalysen des Sentinelsystems vertraut, aber nicht den (vielen) Laboranalysen hinter den bestätigen Fällen.

Einzelheiten kann man hier nachlesen:

  • Volksverpetzer: So manipuliert Bhakdi die Corona-Zahlen
  • Correctiv: RKI-Bericht sagt nicht, dass „seit Wochen“ kein SARS-CoV-2-Fall nachgewiesen wurde
  • Faktenfinder: Keine Corona-Fälle mehr?
  • ujf.biz: Professor Seltsam oder wie ich lernte, das Virus zu lieben
  • ujf.biz: Professor Seltsams Impfgegner und Quanten-Geistheiler

  • Tagblatt: Bhakdi und Reiss sind bei Corona-Skeptikern Helden: Ihre Kernaussagen im Faktencheck
  • Psiram: „Fehlalarm“ – oder Falsches Zeugnis? Reiss/Bhakdi und die Wissenschaft
  • t-online: „Corona Fehlalarm“? Das sagen Experten zu dem umstrittenen Bestseller-Buch
  • Relativer Quantenquark: Sucharit Bhakdi ist für Covid-19 nicht bloß kein Experte – es ist viel schlimmer
  • Die Universität Kiel hat sich von Bhakdis Buch „Corona Fehlalarm?“ – und seiner Koautorin Karina Reiß von der Klinik für Dermatologie der Uni Kiel – distanziert.

  • WDR 1: Was ist dran an den umstrittenen Thesen von Bhakdi?

Ein Faktencheck der Süddeutschen Zeitung kommt zu dem Fazit:

Das Autorenpaar [zitiert] nur einzelne Studien, die größtenteils aus den Anfangszeiten der Pandemie stammen. Wichtige wissenschaftliche Arbeiten zu den gleichen Themen bleiben unerwähnt.

  • Volksverpetzer: So manipuliert Bhakdi die Corona-Zahlen: Es gibt neue Corona-Kranke
  • Volksverpetzer: PCR-Tests sind sehr genau: Teile diesen Text, um die zentralen Lügen der Pandemie-Leugner zu widerlegen
 
Stand März – August:

Ein Fakten-Check zu den Behauptungen des emeritierten Mikrobiologen der Universität Mainz gibt es bei Mimikama und beim ZDF:

Das Fazit:

Seine Thesen sind unwissenschaftlich, seine Zahlen zu niedrig [..]

 

Bhakdi stellt sich bewusst gegen den Konsens der Wissenschaft, Universitäten, Staatengemeinschaft und der WHO. Allein die Begründung, dass Umweltfaktoren dazu geführt hätten, dass in Italien derzeit täglich mehr als 500 Tote alleine als direkte Nachwirkung auf den Virus sterben, entspricht keiner wissenschaftlichen Grundlage und selbst seine eigene Argumentation bzgl. Luftqualität hält einer Überprüfung nicht stand.

 

Dementsprechend findet seine Meinung auch in den meisten Medien und staatlichen Stellen wenig Widerhall und beschränkt sich auf Youtube und Verschwörungsgruppen bzw. Plattformen, die dem Interview des emeritierten Professors viel Aufmerksamkeit schenken, um eigene Verschwörungstheorien zu bestätigen.

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Ohne auf diese Gegenargumente einzugehen, legte Bhakdi nach und publizierte am 26. März einen „Offenen Brief“ an die Bundeskanzlerin.

Dazu ist kritisch anzumerken:

  • Warum sucht ein Wissenschaftler nicht erst einmal den Austausch mit seinen Fachkollegen? Warum erbittet er sich Antworten auf seine „fünf Fragen“ nicht vom RKI oder von anderen Experten, die mit der Thematik betraut sind?
  • Was unterscheidet diese Egozentrik von einem x-beliebigen Verschwörungstheoretiker, der etwa über verfassungsrechtliche Fragen stolpert (zum Beispiel „Friedensvertrag“, „Souveränität“ o.ä.), aber nicht einen Juristen fragt, der ihm den Sachverhalt erklären könnte, sondern stattdessen Briefe an den Bundespräsidenten schreibt?

Sogar Autoren, die „Alternativmedien“ und deren konspirologischen Narrativen eher wohlwollend gegenüberstehen, kritisieren Bhakdi:

Manche seiner Argumente wären sogar plausibel, ginge es darum, eine wissenschaftliche Arbeit zu verfassen. Aber der Professor lebt im Elfenbeinturm. Man kann nicht im Verlauf einer Pandemie, bei der wenige Tage über viele Menschenleben entscheiden, Wochen dauernde statistische Erhebungen einfordern […] Der Mann versteht nicht, worauf es ankommt. Bhakdi verlangt, dass Maßnahmen erst ergriffen werden, wenn die Gefährlichkeit des Virus gesichert sei. Was für ein Unsinn. Man muss vorsorgen, solange die Ungefährlichkeit nicht gesichert ist.

In Bhakdis Schreiben heißt es unter anderem:

Die Angst vor einem Ansteigen der Todesrate in Deutschland (derzeit 0.55 Prozent) wird medial derzeit besonders intensiv thematisiert. Viele Menschen sorgen sich, sie könne wie in Italien (10 Prozent) und Spanien (7 Prozent) in die Höhe schießen, falls nicht rechtzeitig gehandelt wird […] Gleichzeitig wird weltweit der Fehler begangen, virusbedingte Tote zu melden, sobald festgestellt wird, dass das Virus beim Tod vorhanden war – unabhängig von anderen Faktoren.

Das ist nicht korrekt.

Das RKI geht zwar davon aus, dass die – bislang geringe – Sterberate steigen wird. Aber weder wird dies medial befeuert noch behauptet jemand in der öffentlichen Debatte, dass das SARS-CoV-2-Virus außergewöhnlich gefährlich sei beziehungsweise eine hohe Letalität habe. Tatsächlich hat das Virus offenbar eine eher niedrige Case-Fatality-Rate (die CFR beschreibt den Anteil der tödlichen Verläufe einer Erkrankung).

Die wichtigste Größe ist nicht die Zahl der Sterbenden, sondern der schwer Erkrankten.

Einem behandelnden Arzt auf der Intensivstation einer Klinik ist es weitgehend egal, ob an einer vordergründigen SARS-CoV-2-Infektion möglicherweise noch andere Atemwegserreger aus der Corona-Virusfamilie beteiligt sind. Oder was eventuell „eine erhöhte Luftverschmutzung“ (Bhakdi) mit der Erkrankung zu tun hat. Das ist allenfalls von Bedeutung für die wissenschaftliche Evaluierung der Coronakrise. Denn das Virus ist neu, und auch fieberhafte Forschung kann nicht innerhalb weniger Wochen alle Fragen klären und Lösungen anbieten:

Oder sollen die Ärzte etwa in Bergamo nebenbei schnell 500 Leichen in Schutzausrüstung obduzieren, um die Todesursachenstatistik zu verfeinern?

Ob jemand am oder mit dem Virus gestorben ist, lässt sich in der aktuell angespannten Lage kaum auseinanderdividieren. Dem RKI zufolge können zwar Verstorbene, die zu Lebzeiten nicht auf Covid-19 getestet worden waren, aber in Verdacht stehen, an COVID-19 gestorben zu sein, post mortem – also nach ihrem Tod – auf das Virus untersucht werden. Allerdings sollen derzeit eine innere Leichenschau, Autopsien oder andere aerosolproduzierenden Maßnahmen vermieden werden (Update: Am 14. April hat das RKI neue Empfehlungen herausgegeben), da auch tote Infizierte als ansteckend betrachtet werden:

Letztlich wird erst eine epidemiologische Nachbetrachtung ergeben können, wieviele Fälle als kausal anzusehen sind.

Das heißt: Wie viele Menschen durch das Coronavirus in diesem Jahr zusätzlich gestorben sind, wird man erst in zirka acht Monaten in der jährlichen Todesstatistik sehen.

Die Verantwortlichen sind aber gezwungen, auf Basis der Informationen zu handeln, die jetzt verfügbar sind, erklärt der Statistikexperte und Professor an der Medizinischen Universität Freiburg Gerd Antes:

Berücksichtigt man die Gesamtsituation und die Erfahrungen aus anderen Staaten, hatte Deutschland keine andere Wahl, als dem Virus erst mal mit drastischen Maßnahmen zu begegnen. So konnten wir Zeit gewinnen. Die müssen wir jetzt nutzen, um eine bessere Datenlage zu schaffen und künftig fundierter entscheiden zu können.

Entscheidend ist, dass sich das SARS-CoV-2-Virus pandemisch ausbreitet und schwerere Symptome verursacht als die endemischen, saisonal auftretenden Coronaviren.

In der Praxis geht es deshalb darum, dass diese Patienten auf der Intensivstation möglicherweise nicht mehr versorgt werden können, weil die Fallzahlen von Covid-19 extrem schnell ansteigen, da ein neues Virus auf eine nicht immunisierte, nicht geimpfte Bevölkerung trifft:

Es ist ja nicht so, dass die Intensivbetten größtenteils leerstehen und nur auf die Covid-19-Kranken warten. Anders gesagt: Bisher bloß schwere, aber durch intensivmedizinische Behandlung meist heilbare Erkrankungen werden dann tödlich […] Sollten 80 Prozent aller Menschen erkranken, dann heißt das, es müssten 5,6 Millionen Menschen wegen COVID-19 im Krankenhaus versorgt werden. Dann müssten mehr als 1,8 Millionen Menschen intensivmedizinisch behandelt werden. Deutschland hat etwa 28 000 Intensivbetten. Wenn innerhalb von wenigen Monaten knapp zwei Millionen Schwerstkranke betreut werden müssen, dann …

Einen detaillierten Fakten-Check zu „Bhakdis Brief an die Kanzlerin“ gibt’s bei BR24 und beim SWR.

Die Zeit stattete Sucharit Bhakdi für ein Dossier (Nr. 21/2020 vom 14. Mai) einen Hausbesuch ab.

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In dem Beitrag wird deutlich, wie sehr der Corona-Verharmloser „Gefallen an seiner neuen Nebentätigkeit als Youtuber gefunden hat“ und dass das „Sich-selbst-infrage-Stellen“ bei dem emeritierten Professor nicht mehr klappt. Angesprochen wird auch Bhakdis Auftritt bei dem Verschwörungstheoretiker

> Ken Jebsen

mit dem Fazit:

Die beiden [Jebsen und Bhakdi] sind sich einig.

In der Facebook-Gruppe Nothing but the Truth – Aufklärung über die Verschwörungszene verglich ein Mitglied Anfang Juni die Fachveröffentlichungen von Christian Drosten, Sucharit Bhakdi und

> Wolfgang Wodarg

in der medizinischen Meta-Datenbank Pubmed.

Das Ergebnis:

  • Drosten Virus: 377 Treffer
  • Drosten Sars: 68 Treffer
  • Drosten Mers: 120 Treffer
  • Drosten Corona: 5 Treffer
  • Drosten Covid: 15 Treffer
 
  • Bhakdi Virus: 5 Treffer
  • Bhakdi Sars: 0 Treffer
  • Bhakdi Mers: 0 Treffer
  • Bhakdi Corona: 0 Treffer
  • Bhakdi Covid: 0 Treffer
Von Wolfgang Wodarg lässt sich überhaupt nur eine einzige Publikation aus dem Jahr 1989 finden. Ein Aufsatz über Gesundheitsämter.
 
  • Update:

    Und wenn Covid-19 doch viel harmloser wäre?

Nennenswert etwas ausrichten kann man nur, wenn man früh handelt. Wir wollen doch nicht Studien abwarten, die uns dann sagen, dass wir vor einem Monat wirklich dringend etwas hätten tun sollen.

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Update:

Der Schweizer Facharzt für allgemeine Chirurgie, Herz- und Gefässchirurgie und Präsident von „EurAsia Heart“, Prof. Paul R. Vogt, hat am 7. April in der Mittelländischen Zeitung eine „Zwischenbilanz oder eine Analyse der Moral, der medizinischen Fakten sowie der aktuellen und zukünftigen politischen Entscheidungen“ veröffentlicht.

Ein Auszug:

Handelt es sich hier nur um „eine gewöhnliche Grippe“, die jedes Jahr vorüberzieht und gegen die wir üblicherweise „nichts“ unternehmen – oder um eine gefährliche Pandemie, welche rigide Massnahmen benötigt?

 

Um diese Frage zu klären, muss man bestimmt keine Statistiker fragen, die noch nie einen Patienten gesehen haben. Die reine, statistische Beurteilung dieser Pandemie ist sowieso unmoralisch. Fragen muss man die Leute an der Front.

 

Keiner meiner Kollegen – und ich natürlich auch nicht – und niemand vom Pflegepersonal kann sich erinnern, dass in den letzten 30 oder 40 Jahren folgende Zustände herrschten, nämlich dass:

 

  1. ganze Kliniken mit Patienten gefüllt sind, welche alle dieselbe Diagnose besitzen;
  2. ganze Intensivstationen mit Patienten gefüllt sind, welche alle dieselbe Diagnose aufweisen;
  3. 25 bis 30 Prozent der Pflegenden und der Ärzteschaft genau jene Krankheit auch erwerben, welche jene Patienten haben, die sie betreuen;
  4. zu wenig Beatmungsgeräte zur Verfügung standen;
  5. eine Patientenselektion durchgeführt werden musste, nicht aus medizinischen Gründen, sondern weil wegen der schieren Anzahl an Patienten schlicht das entsprechende Material gefehlt hat;
  6. die schwerer erkrankten Patienten alle dasselbe – ein uniformes – Krankheitsbild aufgewiesen haben;
  7. die Todesart jener, die auf der Intensivstationen verstorben sind, bei allen dieselbe ist;
  8. Medikamente und medizinisches Material auszugehen drohen.

Aufgrund von 1-8 ist es klar, dass es sich um einen gefährlichen Virus handelt, der dieser Pandemie zugrunde liegt.

 

Die Behauptungen, eine „Influenza“ sei genau gleich gefährlich und koste jedes Jahr gleich viele Opfer ist falsch. Zudem ist die Behauptung, man wisse nicht, wer „an“ und wer „wegen“ COVID-19 sterbe, ebenso aus der Luft gegriffen.

 

Vergleichen wir Influenza und COVID19:

 

Hat man das Gefühl, bei Influenza seien immer alle Patienten „wegen“ Influenza gestorben und nie einer „mit“? Sind wir Mediziner im Rahmen der COVID-19-Pandemie nun alle plötzlich so verblödet, dass wir nicht mehr unterscheiden können, ob jemand „mit“ oder „wegen“ COVID-19 stirbt, wenn diese Patienten eine typische Klinik, typische Laborbefunde und ein typisches Lungen-CT aufweisen?

 

Aha, bei der Diagnose „Influenza“ waren natürlich alle immer hellwach und haben immer die ganze Diagnostik bemüht und waren immer sicher: nein, bei der Influenza sterben alle „wegen“ und nur bei COVID-19 viele „mit“ […]

 

Wir können glimpflich davonkommen, oder eine Katastrophe erleben. Rigide Massnahmen bewirken, dass die Kurve der Kranken flacher verläuft. Es geht aber nicht nur um die Höhe der Kurve, es geht auch um die Fläche unter der Kurve und diese repräsentiert am Ende die Anzahl Toter.

Updates zu „an oder „mit“ Covid-19 gestorben?

  • siehe „An oder mit Covid-19 gestorben?“

Updates zum Thema „Übersterblichkeit“

  • siehe „Grippe (im Vergleich mit Covid-19)“

Updates zum Thema „Nur so gefährlich wie Grippe?“

  • siehe „Grippe (im Vergleich mit Covid-19)“

  • Science Blogs: Schuster bleib bei Deinen Leisten: Kommentar zu Prof. Bhakdis Einlassungen
  • Welt-Online: Warum die Corona-Krise keine Übertreibung ist
  • Pharmazeutische Zeitung: Pandemie-Management – Meinungen am Rande des Mainstreams
  • Zeit-Online: „Glauben Sie nicht jedem, der einen Doktortitel hat“
  • Belltower News: Corona-Pandemie: Fake News im Familien-Chat – Was kann ich tun?
  • GWUP: Verschwörungstheorien – Was ist eine legitime wissenschaftliche Position und was ist Nonsens?
  • BR24: Bhakdis Brief an die Kanzlerin – Was ist dran an seinen Fragen?
  • Faktenfuchs: Wie werden Corona-Todesfälle gezählt?
  • BR24: Was ist gefährlicher – Corona oder Grippe?
  • Süddeutsche Zeitung: Corona-Falschmeldungen erreichen ein Millionenpublikum
  • SWR3: Video im Faktencheck: Prof. Sucharid Bhakdi kritisiert Corona-Maßnahmen
  • Volksverpetzer: Faktencheck: “Gelten als Verschwörungstheoretiker”: So manipuliert dich dieser Kettenbrief
  • Mehr dazu beim Stichwort „An oder mit Covid-19 gestorben?“, Youtube-Videos“, Grippe“ und „Hockertz“

Bircher, Andreas

  • siehe „Baden“

Binder, Thomas

Neben

Beate Bahner

gilt Verschwörungsgläubigen der Schweizer Kardiologe Thomas Binder als einer der „Kritiker der Corona-Diktatur, die in psychiatrischen Einrichtungen verwahrt“ würden. Binder hatte sich in den sozialen Netzwerken vehement über den „Corona-Schwindel“ verbreitet und erklärt, „diese SARS-CoV-2-Schein-Pandemie ist in der Realität eine 5G-Pandemie“. Bill Gates und andere bezeichnete er als „psychopathische Oligarchen“ und „personifizierte Teufel“.

Eine seine wirren Drohungen konnte man als Aufruf zur Waffengewalt gegen Regierungen und Behörden verstehen:

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Am Karsamstag wurde Binder festgenommen und in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Die Kantonspolizei Aargau teilte dazu mit:

Die Kantonspolizei Aargau erhielt am frühen Samstagabend, 11. April 2020, eine Meldung, wonach ein 58-jähriger Schweizer aus dem Bezirk Baden Drohungen gegen Angehörige und Behörden verbreitet habe. Da der Verdacht bestand, dass der mutmaßlich psychisch labile Mann bewaffnet sein könnte, traf die Polizei rund um das Gebäude besondere Sicherheitsvorkehrungen.

 

Die Kantonspolizei Aargau konnte den Mann am späten Abend festnehmen. Er wurde anschliessend in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Die Staatsanwaltschaft Baden hat eine Strafuntersuchung eröffnet.

Alex Dutler von der Aargauer Staatsanwaltschaft erklärte im SFR:

Der Beschuldigte hat in den sozialen Medien verschiedene auffällige Äusserungen gemacht. Aufgrund dieser Äusserungen mussten wir davon ausgehen, dass er für sich oder für andere eine Gefahr darstellen könnte. Eine Drittperson teilte dann noch mit, dass er über eine Schusswaffe verfügt. Aus diesen beiden Gründen musste die Polizei reagieren.

 

Der Beschuldigte wurde nach der Festnahme ärztlich untersucht. Die Ärzte kamen zum Schluss, dass er nicht haftfähig ist aus gesundheitlichen Gründen. Er kam dann für die genaueren Untersuchungen in die psychiatrische Klinik. Dort wurde eine sogenannte fürsorgerische Unterbringung gemacht. Diese macht man, wenn jemand zum Beispiel wegen psychischen Problemen für sich oder andere eine Gefahr darstellt.

 

Wenn man sieht, zu welchen Schlüssen die Mediziner kamen, kann man sicher sagen, dass wir richtig reagiert haben.

Am 17. April schrieb Binder bei Twitter und Facebook, dass er „um 16 Uhr in die ambulante psychiatrische Betreuung entlassen“ werde. Auch zwischen dem 11. und 17. April setzte der Arzt zahlreiche Tweets und Postings ab, was die Behauptung, er solle wegen seiner Corona-Kritik „mundtot gemacht“ werden, absurd erscheinen lässt.

  • Mimikama: Corona-Kritiker Thomas Binder wegen Drohungen festgenommen
  • Medinside: Verhafteter Aargauer Arzt in Psychiatrie
  • siehe auch „Bahner, Beate“

Browne, Sylvia

Sylvia Celeste Browne war ein in den USA sehr prominentes „Medium“. Sie starb 2013

2010 und 2013 brachte der Skeptical Inquirer zwei umfangreiche Artikel über die „Hellseherin“

Der Autor Ryan Shaffer weist ihr darin eine Vielzahl von Fehlprognosen nach, sowohl bei Vermisstenfällen als auch in Bezug auf politische und gesellschaftliche Ereignisse.

In Deutschland haben der Wahrsagerchecks-Blog und Capital kritisch über die „Hochstaplerin“ berichtet:

Was nun ihre Corona-Prophezeiung …

Um das Jahr 2020 wird sich eine schwere, lungenentzündungsähnliche Erkrankung über den ganzen Globus ausbreiten, die die Lunge und die Bronchien angreift und sich allen bekannten Behandlungen widersetzt.

… angeht, verleiht ihr das Debunking-Portal snopes immerhin eine großzügige „Mixture“- (also zwischen „True“ und „False“)Bewertung:

It’s unclear whether Browne’s „prediction“ was more of a lucky guess, considering the book was written after the SARS outbreak […]

Although it could be argued that stating a respiratory illness would sweep through the world in 2020 was accurate, other elements of the book passage are unknown or unlikely.

Auch Mimikama weist darauf hin, dass …

… jene Vorhersage nur wenige Jahre nach dem Ausbruch des SARS-Virus getroffen [wurde]. So ist die „Prophezeiung“, dass in etwa zehn Jahren ein ähnliches Virus auftaucht, nichts weiter als ein statistischer Glücksgriff.

 

Zuletzt sei noch zu erwähnen, dass jene Behauptung nur eine von vielen „Prophezeiungen“ ist, die aber überhaupt gar nicht eintrafen.

So heißt es weiter bei Sylvia Browne:

Fast verblüffender als die Krankheit selbst wird die Tatsache sein, dass sie plötzlich so schnell weggeht, wie sie gekommen ist, zehn Jahre später erneut angreift und dann vollständig verschwindet.

Das klingt tatsächlich schon weniger plausibel – und darüber hinaus zielt der Investigator Benjamin Radford vom CFI auch auf die vage Zeitangabe „around 2020“, was „je nach subjektiven Kriterien variiert und plausibel einen Bereich von plus oder minus drei oder mehr Jahren umfassen könnte.“

Ob Covid-19 nun wirklich inhärent mit einer „schweren“ (severe) Art von Lungenentzündung einher geht und ob Brownes Schilderung einer infektiösen Atemwegserkrankung überhaupt eine SARS-CoV-2-Infektion in ihren Merkmalen und Besonderheiten beschreibt, ist letztendlich Interpretationssache – und relativ unbedeutend, meint Radford:

Browne has made many thousands of predictions; the fact that this one happened to possibly, maybe, be partly right is meaningless.

Vollständig validiert werden kann die Vorhersage ohnehin erst in zehn Jahren, wenn laut Sylvia Browne Covid-19 erneut ausbrechen und danach „completely“ verschwinden soll:

A neat trick for a prediction made.

C

Chlordioxid

  • siehe „Miracle Mineral Supplement/MMS“

Coach Cecil

Am 8. April berichtete das ZDF über den ehemaligen Basketballprofi Cecil Egwuatu, der als Fitnesscoach und Social-Media-Influencer den Youtube-Kanal „Coach Cecil“ betreibt.

Dem ZDF zufolge verbreitet „Coach Cecil“ Verschwörungstheorien über die Coronakrise (wobei er „Zahlen und Definitionen verdreht oder bewusst missversteht“) und empfiehlt zugleich Nahrungsergänzungsmittel und Vitaminpräparate gegen Covid19. Auch die Hamburger Morgenpost schreibt, dass sich in seinen Videos …

… unauffällige Meinungs-Mache, Fehlinterpretationen und Falsch-Aussagen

häuften.

  • ZDF: Youtuber & Fitnesscoach „Cecil“: Wie mit Corona-Mythen Geld verdient wird
  • Hamburger Morgenpost: Corona-Verharmlosung: Hamburger Youtube- und Instagram-Star sorgt für Unruhe
  • Deutschlandfunk: Corona-Verschwörungen vom Fitness-Coach

Der Facharzt für Innere Medizin und Youtuber Dr. Janos Hegedüs („Sprechstunde mit Dr. Hegedüs“) hat sich ebenfalls mit „Coach Cecil“ beschäftigt:

Fans von „Coach Cecil“ verteidigen den Fitnesscoach mit der Behauptung, er stelle nur Statistiken und „die öffentlichen Aussagen der verantwortlichen Personen aus Politik, Medizin und Wirtschaft“ zusammen, präsentiere aber nicht „seine persönlichen Meinungen“ oder „ideologischen Konzepte“.

Allerdings genügt schon ein Blick auf die Titel seiner Videos, um zu sehen, dass „Coach Cecil“ keine sachliche Berichterstattung verfolgt, sondern das Zahlen- und Faktenmaterial zur Corona-Krise in ein großes Narrativ von geheimen Absichten und Hintergrundmächten einbaut – was ihn als Verschwörungstheoretiker und nicht als „Wahrheitssucher“ kennzeichnet. So tragen seine Videos Titel wie „AUFGEFLOGEN! Die WAHREN Mächte“, „Corona – Abschaffung der Demokratie“, „Erwischt! die große Corona LÜGE“, „Bill Gates wird JEDEN impfen, auch Dich!“, „Unglaublich – die große Corona LÜGE ist aufgeflogen!“ oder „Corona – Rechtsstaat gestorben, Bahner zerstört“.

Beispielhaft kann man die Argumentationsmuster seiner Fans (und deren partiell aggressives Verhalten) im GWUP-Blog verfolgen. Die Masche von Coach Cecil selbst analysierte am 6. Mai 2020 auch der Blog Onkel Michaels kleine Welt, und zwar am Beispiel der Videos, die Cecil gegen die Chemikerin, Autorin, Moderatorin und preisgekrönte Yotuberin Mai Thi Nguyen-Kim gerichtet hat („GEFÄHRLICHE Mailab“ etc.):

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Ein selbst ernannter „Coach“, der ebenfalls sehr aktiv im Bereich der Corona-Verschwörungstheorien ist und dies mittels Videos in die Welt hinausposaunt, hat sich einige Videos von Mai Thi Nguyen-Kim vorgenommen und diese „debunked“. So beispielsweise ihr Video zu Vitamin C, Kurkuma oder Low Carbe.

 

Das sieht dann so aus, dass in hektischen Wortschwallen irgendwelche vermeintliche „Fakten“ präsentiert werden, die der Zuseher in dem Moment gar nicht einordnen kann, da vor allem auch immer wieder Quellenangaben für Behauptungen fehlen.

 

Auch werden in diesen Videos falsche Tatsachen dargestellt. Beispielsweise wird in dem Video zu Vitamin C behauptet, der Chemiker Linus Pauling hätte für seine Forschungen auf dem Gebiet der hochdosierten Vitamine den Nobelpreis bekommen. Dies ist so nicht richtig.

 

Pauling erhielt den Nobelpreis für Chemie für seine Forschungen über die Natur der chemischen Bindung und deren Anwendung zur Erhellung der Strukturen von komplexen Substanzen. Und das über zehn Jahre, bevor er mit dem Vitamin-Unsinn angefangen hat.

 

Diese Videos zeichnen sich durch hektische und dadurch äußerst aggressiv wirkende Monologe aus. Man merkt schnell, dass hier schon die grundlegendsten Kenntnisse zum wissenschaftlichen Arbeiten fehlen.

 

Quittiert werden diese Videos mit Zuseherkommentaren, die nur als ekelhaft zu bezeichnen sind. Kritische Kommentare gegen den „Coach“ und seine Aussagen werden schleunigst gelöscht.

 

Woher die Intention kommt, merkt man, wenn man sich die Videobeschreibung ansieht. Darin sind ellenlange Werbelinks zu Nahrungsergänzungsmitteln zu finden, darunter auch Kurkumin- und Vitamin C-Produkte. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Auch Correctiv hat das Video „Aufgeflogen: Die wahren Mächte Volksverrat“ vom 1. Mai 2020 geprüft.

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Die Faktenchecker kommen zu dem Ergebnis, dass die Behauptungen von „Coach Cecil“ größtenteils falsch oder unbelegt sind.

 

  • Correctiv: Youtube-Video von „Coach Cecil“: Falsche Aussagen über das RKI, die Corona-Sterblichkeit und Bill Gates
  • Volksverpetzer: Alles, was unserer Meinung widerspricht, ist rechts & Verschwörungstheorie!!
  • Mehr dazu beim Stichwort „Immunsystem“, „Nahrungsergänzungsmittel“ und „Youtube-Videos“

Correctiv

Das stiftungsfinanzierte journalistische Recherche-Projekt correctiv überprüft und debunked Falschmeldungen zum Thema Covid-19/Coronakrise hier.

Dabei geht es zum Beispiel um Behauptungen wie

Etc.

D

Dahlke, Ruediger

  • siehe „Grippeimpfung“

  • Watson: „Waldbaden“ und Fasten: Dahlkes esoterische Wundermittel gegen das Coronavirus