Wünschelrute
Wenn man mehrere Wünschelrutengeher am selben Ort nach Wasseradern und Erdstrahlen suchen lässt, erhalten sie meist höchst unterschiedliche Ergebnisse. Eines aber lehrt die Erfahrung ganz deutlich: Wer über Schmerzen klagt und sein eigenes Schlafzimmer testen lässt, dem wird mit großer Zuverlässigkeit Strahlung direkt unter dem Bett diagnostiziert werden. Wissenschaftlich nachvollziehbar sind die angeblichen Strahlen aus dem Boden jedenfalls nicht.

Claus Schwing

Ein Phantasieprodukt wird zur Geschäftsgrundlage: Erdstrahlen.“ Vorträge, gebührenpflichtige Hausbegehungen und der Verkauf von obskuren Schutzgeräten füllen die Kassen der Scharlatane. Aufgewertet durch das „Erdstrahlen“-Projekt des Bundesministeriums für Forschung und Technologie, blüht das Geschäft mit der Angst.

Mittwoch, 26. Oktober 1988. Groß-Umstadt, ein kleiner hessischer Ort in der Nähe von Darmstadt Manfred Siebert hat zu einer öffentlichen Veranstaltung im Gasthof „Zum Lamm“ eingeladen – per Inserat. Thema:“Vorsicht Erdstrahlen!“ Es ist eine jener ungezählten Veranstaltungen, die der 50jährige aus Memmingen in seiner nunmehr 22jährigen Tätigkeit als Handelsreisender ins Sachen Erdstrahlen durchführt. Manfred Siebert, Radiästhesist und Rutengänger, ist nicht der einzige, der an diesem Tag mit der Angst hausieren geht. Er hat Konkurrenz, wie den Nürnberger Erdstrahlenjäger Dieter Bratenstein, der in gleicher Mission und mit gleicher Masche durch die Republik zieht. Mit den beiden sind etliche andere auf DeutschlandTournee – Jahr für Jahr.

Die meisten kann Siebert nicht ausstehen. Sie schadeten der Sache, da sie ungenaue Messungen durchführten und sogar vor „unseriösen“ Methoden nicht zurückschreckten, wie magische Hufeisen unter die Betten ihrer Kunden zu legen. Es ist kein einfaches Leben. Tag für Tag der gleiche Vortrag, Woche für Woche ein anderer Gasthof in einer anderen Stadt. Sobald eine Region „durchgekämmt“ ist, geht es weiter. Doch der Aufwand lohnt sich. Rund 50 Groß-Umstädter folgten Sieberts Aufruf am Nachmittag. Nochmals 50 kamen zur Abendvorstellung, wollten zum Eintrittspreis von 5 DM Näheres darüber wissen, wie man den..Erdstrahlen“ ausweichen, sich vor ihnen schützen kann. Erlös der beiden MittwochVeranstaltungen: 500 DM. Kein schlechter Tagesumsatz für zwei Vorträge à zwei Stunden.
Doch Siebert hat Ausgaben. Allein die Agentur, die seine Auftritte managed und die Anzeigen aufgibt, kostet eine Menge Geld; nicht zu vergessen die Reise- und Übernachtungskasten. Nein, von Vorträgen allein können er und sein junger Helfer nicht leben. Der Ausweg aus der finanziellen Klemme: „jeder Besucher hat die Möglichkeit, eine radiästhetische Haus- oder Wohnungsvermessung zu beantragen,“ so ist es in seinen Veranstaltungs-Anzeigen zu lesen. Darauf weist er auch am Ende seines Vortrags hin, verteilt Anmeldekarten und erhält fast die Hälfte sofort ausgefüllt zurück. Von 100 Veranstaltungsbesuchern. überschlägt Siebert, erhalte er im Durchschnitt 35 „Kontakte.“ Preis für die Dienstleistung vor Ort: 95 DM. Das Angebot ist eine Woche gültig, danach kostet der okkulte Service gut das Dreifache.

Eine Teilnehmerin entscheidet sich für das Sonderangebot. Denn Risse im Putz, Ameisen im Haus und dann diese zuvor noch nie gespürten Gelenkbeschwerden, das alles, von Siebert zuvor in seinem Referat erwähnt, deute auf eine akute Gefährdung durch „Erdstrahlen“ hin, glaubt die ältere Frau, die Ursache ihres Leidens nun erkannt zu haben, während sie das Anmeldeformular ausfüllt. „Ich will investieren, bevor ich voreilig mein neues Bett rauswerfe, nur weil es möglicherweise am falschen Ort steht.“ Sie ist nicht das einzige Opfer der Angstkampagne mit den „Erdstrahlen,“ ein moderner Ersatz für die Krankheitsdämonen früherer Zeiten. Nicht nur Ameisen, sagt Siebert, auch Mücken, Bienen oder Katzen seien „Strahlensucher.“ Wo sie sich bevorzugt aufhalten, müsse mit einer „Erdstrahlenquelle“ gerechnet werden. Ganz anders verhielten sich Hunde, Vögel sowie Stalltiere. Wenn sie bestimmte Orte meiden, sei das nicht verwunderlich. „Diese Lebewesen sind Strahlenflüchter“ und geben angeblich ebenfalls wichtige Hinweise für gesundheitsbeeinträchtigende Strahlen. Doch genauen Aufschluß könne nur der Wünschelrutengänger geben. Die versammelte Landgemeinde horcht auf. „Erdstrahlen“, da ist sich der Memminger Rutengänger ganz sicher, sind gefährlich: „Sie können praktisch alles bekommen, jede Krankheit.“ Denn dort, wo Erdverwerfungen Störungen des allumfassenden „Globalgitternetzes“ hervorrufen, würden „Krebsbetten“ entstehen. Und die, warnt Siebert eindringlich, „suchen sich die Schwachpunkte im Körper.“

Zweifel? Siebert bittet einen Besucher auf die Bühne und schließt ihn an eine Apparatur an. „Da bekommen Sie einen Schreck, was da für Werte rauskommen.“ Und in der Tat, dort wo Siebert mit überkreuzenden Zollstöcken eine Störzone am Boden markiert hat, schlägt das zuvor ruhig tickende Gerät plötzlich wild aus. Selbst in der hintersten Reihe sind die schrillen Warntöne vernehmbar. Die Apparatur, ein handelsübliches Gerät zur Elektroakupunktur, ist nichts weiter als ein elektrisches Widerstandsmeßgerät. Kleinste Positionsänderungen der Prüfspitze, auf die Hand des Probanden aufgesetzt, genügen, um von dem Ohmmeter den gewünschten Wert z-u erhalten. Einige durchschauen den Trick. Doch die meisten Zuschauer sind beeindruckt.
Kritische Teilnehmer, sagt Siebert, habe er in jeder Veranstaltung sitzen. Doch in der letzten Zeit „wächst das Interesse, die Leute sind weniger skeptisch, sie sind wacher, aufgeweckter und nicht mehr so abweisend.“ Die Ursache für den wachsenden Zuspruch: Veronica Carstens und dem „Erdstrahlen“-Projekt des Bundesministeriums für Forschung und Technologie habe er viel zu verdanken, sagt Siebert.

Auch wenn die Forschungssumme von rund 400.000 DM nicht gerade viel ist,“ so sei die Initiative doch zu begrüßen, fördere sie doch seine Arbeit. In anderen Ländern sei man viel weiter, wie beispielsweise in der Sowjetunion. Da gibt es ganze Lehrstühle“ und Spezial-Kliniken, in denen Erdstrahlengeschädigte, von der Schulmedizin aufgegeben, erfolgreich behandelt werden, behauptet Siebert dreist, denn mit der Wahrheit nimmt er es nicht allzu genau. Siebert: „Es wird höchste Zeit, daß das auch bei uns anfängt.“ Höchste Zeit wird es auch für den Wünschelrutengänger Siebert. Gut 50 Besuche muß er in den nächsten Tagen in Groß-Umstadt absolvieren, „bei der die ganze Familie anwesend sein soll.“ Denn je mehr Personen er pro Zeiteinheit beeindrucken kann, desto höher ist die Weiterempfehlungsquote. 4750 DM wird ihm die Störstrahlensuche inklusive Bettumstellung bringen, die Weiterempfehlungsgeschäfte nicht einberechnet. In zwei bis drei Tagen müßte das zu schaffen sein.

Und wenn die „ehrlichen Messungen“ (Siebert) mit Wünschelrute und Elektroakupunktur gar Schreckliches ans Tageslicht bringen? Wenn weder die Bettumstellung, noch die Installation eines Netzfreischalters fürs feldfreie Schlafzimmer oder gar die Verbannung so mancher elektrischer Geräte aus dem Haushalt fruchten? Dann offeriert Siebert sein Magnetfeld-Taschengerät mit Schutzdecke zum Preis von 980 DM. Geschätzter Großhandels-Einkaufspreis der nutzlosen batteriebetriebenen Miniapparatur: höchstens 100 DM. Die Herstellungskosten dürften bei etwa 15 DM liegen.

 

Dieser Artikel erschien im Skeptiker 1/1989.

Ein Wünschelruten-Experiment im Botanischen Institut der Universität Würzburg

 

Ein Wünschelrutengänger behauptete, angeblich von Zimmerpflanzen ausgehende, gefährliche „Strahlen“ mit seiner Rute feststellen zu können. Wir überprüften die Behauptung am Botanischen Institut der Universität Würzburg mit negativem Ergebnis. Geschildert werden Probleme, die bei der Planung und der statistischen Auswertung derartiger Versuche auftreten können, ebenso Erfahrungen mit dem zu testenden Probanden.

Tests von Einzelpersonen, die angeblich „paranormale“ Fähigkeiten besitzen, sind nicht besonders aussagekräftig (Wolf 1993). Als Beispiel für die Art und Weise, wie solche Untersuchungen durchgeführt werden sollten, könnten sie aber von Interesse sein, denn alle Beteiligten – mit Ausnahme des Probanden – haben daraus gelernt. So auch im nachfolgenden Beispiel.

Behauptungen des Probanden

Ende Mai 1997 meldet sich ein Rutengänger, Herr Ing. Dieter Koltzenburg, am Lehrstuhl für Botanik 1 der Universität Würzburg. Er sei „Sachverständiger für Umweltstrahlen“ und bitte darum, die Ergebnisse seiner 40-jährigen Erfahrungen wissenschaftlich überprüfen zu lassen, da sie für die menschliche Gesundheit höchst relevant seien. Von der Richtigkeit seiner Behauptungen völlig überzeugt, erklärt er, daß viele Pflanzen gefährlich starke, „materielose negative Strahlung“ abgäben, die mehrere Meter weit wirkten und für den Menschen schädlich seien – am stärksten der Gummibaum mit der „Strahlenart minus 773″. Gummibaumpflanzen könnten daher alle anderen Pflanzen, die in ihrer Nähe wüchsen, negativ beeinflussen.

Die Strahlenart könne er messen, und zwar mit seiner Wünschelrute, die er während der Mutungen mehrfach verbal abfrage („Liegt die Zahl zwischen 0 und 100?“ usw.). Ein Lärchenbaum sende „negative Strahlung“ aus und hemme daher in seiner Umgebung das Wachstum z. B. von Eichen, die „positive Strahlung“ abgäben. Im Freiland demonstrierte er uns anhand des Ausschlags seiner einteiligen, aus Metalldraht gefertigten Rute, daß ein bestimmter Lärchenbaum im Botanischen Garten etwa sieben Meter weit „strahle“. Besonders starke „positive Strahlung“ hätten Yukkapalme und Fette Henne.

PD Dr. Rainer Wolf

geb. 1941, Studium von Biologie und Physik in Würzburg.
Nach Promotion 1968 Postdoc am Heiligenberg-Institut
für Experimentelle Biologie, ab 1972 am Zoologischen Institut
der Universität Würzburg, 1985 Habilitation.
Forschungsaufenthalte in Eugene/Oregon und Moskau.
Arbeitsgebiete: Experimentelle Analyse der Entwicklung von Insekten
mit Zeitraffer- und elektronenmikroskopischer Technik,
Entwicklung neuer mikroskopischer und experimenteller Methoden sowie
psychophysische Untersuchungen zur Wahrnehmungs-„Zensur“  beim binokularen Tiefensehen. Mitglied im Wissenschaftsrat der GWUP.

Anschrift: Biozentrum der Universität Würzburg, Am Hubland, 97074 Würzburg

Der Mensch habe „positiv strahlende“ Organe. Salz „strahle mit plus 1″, die menschliche Haut mit „minus 1″, was eine gewisse „Abschirmung“ bewirke. Er selbst habe unter Knochenkrebs gelitten – der mit einer „Strahlung vom Wert minus 36″ verbunden sei – und habe ihn überwunden, indem er drei Monate lang täglich bis zu 15 Efeublätter („Strahlenart plus 36″) roh verzehrt habe. Viren seien „Eiweißkörper“ und Gene „phytologische und lipide Bauelemente“, beide würden durch diverse Strahlen positiv oder negativ beeinflußt. Der Genuß von Joghurt könne wegen dessen Strahlung Krebs hervorrufen. Generell würden alle Krankheiten durch „strahlende Pflanzen“ ausgelöst und seien durch Hinzuführen der „Gegenstrahlung“ punktgenau und ohne Nebenwirkungen zu heilen. Ein infektiöser Mikroorganismus könne Infektionskrankheiten nur dann auslösen, wenn der Mensch unter ungünstigen Strahlungsbedingungen stehe. Es sei sehr zu wünschen, an den Universitäten einen „Lehrstuhl für alternative Strahlenforschung“ einzurichten. Wegen der medizinischen Relevanz des Themas kamen wir trotz der bizarren Behauptungen unseres Probanden überein, die Grundaussage – seine Strahlenfühligkeit gegenüber Pflanzen – experimentell zu überprüfen.

Prof. Dr. Hartmut Gimmler

geb. 1940, Studium der Biologie und Chemie an den Universitäten
Kiel und Würzburg. Nach der Promotion 1967 am Botanischen Institut der Universität Würzburg
1970-1971 Postdoc am Weizmann Institute of Science, Rehovot (Israel).
1973 Habilitation am Botanischen Institut der Universität Düsseldorf,
seit 1980 Professur für Pflanzenphysiologie am Juli-Lis-von-Sachs-Institut für Biowissenschaften, Würzburg.
Diverse Forschungsaufenthalte in Perth und Wollogong (Australien), Nara (Japan), Rehovot (Israel) und Manila (Philippinen).
Forschungsgebiete: Salz- und Säureresistenz einzelliger Algen, Membrantransport, Umweltschutzprobleme und Abfallwirtschaft. Mitglied des Würzburger Stadtrats von 1990 bis 1996.

Anschrift: Julius-v.-Sachs-Institut für Biowissenschaften, Mittlerer Dallenbergweg 64, 97082 Würzburg

Ort des Geschehens war der Praktikumsraum des Lehrstuhls Botanik 1 am Julius-von-Sachs-Institut für Biowissenschaften der Universität Würzburg. Am Doppelblindexperiment waren folgende Personen beteiligt: Prof. Dr. H. Gimmler, Priv. Doz. Dr. R. Wolf, C. Gimmler. B. Bujok, B. Fuchs, G Lang und der Proband Dieter Koltzenburg.

Vorversuche

1. Ist der Praktikumsraum für die Messung geeignet? Welche der Topfpflanzen, die vom Botanischen Institut bereitgestellt wurden, „strahlen“ laut Rutenausschlag des Probanden?

Der Proband bittet zunächst darum, daß die Leuchtstoffröhren im Raum ausgeschaltet werden und daß alle Anwesenden ihre elektrischen Uhren ablegen und aus dem Raum schaffen. Beides geschieht. Er prüft dann – aus einem Abstand von 20-30 cm – per Rutenauschlag die „Strahlung“ der Pflanzen. „Keine Strahlung“ hieß es dann – laut Rutenausschlag – bei Begonia rex, Coleus sp. und Kalanchoe blosfeldiana (die Töpfe werden mit „-“ markiert), „Strahlung vorhanden“ dagegen bei Tropaeolum majus, Chlorophytum, Phaseolus vulgaris, Rhoeo discolor, Fette Henne, Farn und Mimose (die Töpfe werden mit „+“ markiert).

2. Test der Versuchsanordnung in Anwesenheit aller Beteiligten und Einverständniserklärung des Probanden

Vorbereitung: Auf einer langen Tischreihe stehen in knapp drei Meter Abstand von einander vier 100 x 40 x 80 cm große Preßspan-Schränkchen (bezeichnet mit A, B, C und D) mit 1 cm dicken Türen, auf einer anderen Tischreihe alle zu testenden Topfpflanzen (zwischen 15 und 50 cm hoch).

Instruktion (Teil 1):

Der Proband wird von den Versuchsleitern über das Vorgehen folgendermaßen informiert: „Da es sich ja um schädliche, harte Quanten handeln soll, müssen sie durch die Kleidung und wohl auch durch die dünne schwarze Plastikfolie hindurchgehen, mit der wir die Öffnungen der Schränkchen abgedeckt haben. Bitte prüfen Sie, ob die Anordnung, so wie wir sie vorbereitet haben, funktioniert, und ob Sie damit einverstanden sind. Stehen die Schränkchen mit knapp drei Meter Abstand weit genug auseinander? Machen Sie bitte zuerst eine Messung bei offenen Türen (.Leermessung‘), denn es könnten ja irgendwelche Störfelder im Raum sein. Zeigt Ihre Rute irgendwo zwischen A und D „Strahlung“ an?“ Ergebnis: „Keine Strahlung vorhanden!“.

Johannes Wolf

geb. 1967. Studium der Physik und Informatik in Würzburg.
Mitarbeit bei der Entwicklung eines kompakten Röntgenlasers
am Physikalischen Institut, danach Abschluß einer Zusatzausbildung im Marketing-, Vertriebs- und Projektmanagement mit dem Schwerpunkt Psychologie.
Zur Zeit Mitarbeiter in der Marketing- und Sales-Abteilung
der Firma Jenoptik Laserdiode GmbH, Jena.

Anschrift: Bornbachsteige 5, 97218 Gerbrunn

„Jetzt prüfen Sie bitte, ob die schwarze Plastikfolie die „Strahlung“ durchläßt. Wir haben jeweils eine der .strahlenden Pflanzen‘ dahinter in die Schränkchen gestellt“ – vor den Augen des Probanden. Ergebnis: „Keine Strahlung“. Denn, so der Proband: „Die schwarze Folie stört“. Sie wird entfernt und derselbe Test bei geschlossenen Holztüren wiederholt, die ebenfalls keinerlei Einblick ins Schrankinnere erlauben. Ergebnis: „Strahlung“ bei Chlorophytum, Rhoeo discolor, Fette Henne und Farn, „keine Strahlung“ bei Tropaeolum majus. Phaseolus vulgaris und Mimose. Laut Proband „strahlen letztere zu schwach durch die Holztüre hindurch“. Diese Pflanzen werden daher bei dem weiteren Versuch nicht verwendet.

Doppelblindexperiment

Instruktion (Teil 2):

Dem Probanden wird nun folgendes mitgeteilt: „Zwei oder drei von uns (wir werden uns abwechseln) werden jetzt in jedes der markierten Schränkchen A-D, durch Würfeln zufallsverteilt, entweder eine „strahlende‘ (+) oder eine ,nicht-strahlende‘ (-) Pflanze stellen, oder gar keine (0), während Sie mit der (den) anderen Person(en) auf dem Flur draußen warten. Nachdem im Versuchsraum alles aufgestellt und in einer vorbereiteten .IST-Tabelle‘ protokolliert ist, geben wir Ihnen ein Zeichen und verlassen den Raum. Sie kommen bitte herein und messen, in welchen der verschlossenen Schränkchen A-D .strahlende Pflanzen‘ stehen und wo nicht. Es gibt keine Meldung der Erfolgsrate vor Abschluß der Experimente, um die Messungen nicht zu stören, und es werden so viele Durchgänge gemacht wie möglich, um das Ergebnis statistisch abzusichern. Ein Erfolg des Probanden, d. h. eine Abweichung von der Nullhypothese (die beobachtete „Treffer“-Rate ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit |p>0,05] auch unter Zufallsbedingungen zu erreichen bzw. zu erwarten), wird mit dem Chi:-Test geprüft. Ein ,PSI-missing‘ – eine geringere Erfolgsrate als zufällig zu erwarten ist – schließen wir aufgrund der Behauptungen unseres Probanden von vornherein aus.“

Rainer Rosenzweig

geb. 1968. Studium der Mathematik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
1995 Diplom. Seit 1996 Arbeit zur visuellen Wahrnehmungspsychophysik
bei Dr. Rainer Wolf an der Universität Würzburg.
Projektleiter der geplanten Erlebnisaustellung „Turm der Sinne“ in Nürnberg.
Regionaler Ansprechpartner der GWUP-Arbeitsgruppe Mittelfranken. Redaktionsmitglied von GWUP-Aktuell, Schriftführer der GWUP.

Anschrift: Asternstr. 4, 90451 Nürnberg

Wir hatten dem Probanden angeboten. ihm seine Trefferquote nach jedem Durchgang mitzuteilen, worauf er aber ausdrücklich verzichtete. Er unterzeichnet die Erklärung, wonach er die ihm genau geschilderte Versuchsanordnung geprüft hat und damit einverstanden ist.

3. Einverständniserklärung

„Die von Prof. Gimmler und PD Dr. Wolf vorgeschlagene und oben genau beschriebene Testanordnung zur Messung schädlicher energiereicher Quanten, die von lebenden Topfpflanzen ausgehen, habe ich mit meiner Wünschelrute erfolgreich überprüft und bin mit ihr einverstanden.“ Würzburg, 5.6.1997 (Unterschrift des Probanden)

4. Durchführung des Doppelblind-Experiments

Wie oben geschildert, wird vor jedem der 20 Experimente die Bestückung der Schränkchen A-D per Zufall durch einen unpräparierten Würfel, den nicht der Proband mitgebracht hatte, festgelegt. Die Bestückung der Schränkchen wird von mindestens zwei Personen überwacht und in der „IST-Tabelle“ protokolliert. Hierzu wurde viermal gewürfelt. Lautet die Zahl 1 oder 2, wird eine „strahlende Pflanze“ („+“) in den Kasten gestellt, bei 3 und 4 keine Pflanze („0″), und bei 5 und 6 eine „nicht-strahlende“ Pflanze („-„), und danach die Holztüre geschlossen. Alle nicht verwendeten Pflanzen sowie die „IST-Tabelle“ werden aus dem Raum entfernt.

Nr. des

Experiments

1

A —

B 0+

C ++

D —

2

A 0-

B 0-

C 0-

D —

3

A 0-

B -+

C ++

D +-

4

A 0+ B -+

C ++

D +-

5

A 0-

B +- C 0+ D -+

6

A —

B 0+ C +-

D 0-

7

A +-

B 0-

C -+

D 0-

8

A 0+

B ++

C 0+ D 0+

9

A 0-

B —

C -+ D +-

10

A —

B 0+ C 0+

D 0-

11

A +-

B —

C -+ D +-

12

A ++

B —

C 0+

D 0-

13

A —

B 0+ C 0+ D -+

14

A 0-

B 0+

C —

D +-

15

A +- B +-

C ++

D 0+

16

A 0-

B 0-

C 0-

D —

17

A 0-

B 0+

C 0-

D ++

18

A 0+

B —

C —

D 0-

19

A ++

B —

C —

D 0+

20

A +-

B ++

C -+ D +-

Tab. I: Das Versuchsprotokoll in Tabellenform. Angegeben ist in den vier möglichen Positionen A-D der Ist-Zustand (+, 0 oder -) und dahinter das Meßergebnis (- bedeutet „nichtstrahlende“ oder keine Pflanze). Letzteres wird auf einer Wandtafel von denjenigen, die bei der Messung anwesend waren, protokolliert. Treffer (++, – -, 0-) sind fett gedruckt (und grün hinterlegt), Fehlmutungen oder „Nieten“ (+-, -+, 0+) nicht (sowie rot hinterlegt).

Mindestens eine Person begleitet den Probanden beim Warten auf dem Flur und unterhält sich mit ihm, um eine Datenübermittlung aus dem Versuchslabor während der Bestückung der Schränkchen – etwa mit einer geschickt versteckten „Wanze“ – auszuschließen. Um bewußtem Betrug vorzubeugen, sollte auch keine Einsicht von außen in den Versuchsraum bestehen, von wo aus ein Komplize unbemerkt beobachten könnte, welches Schränkchen wie bestückt wurde, um diese Information dann durch zuvor ausgemachte Zeichen an den Probanden weiterzugeben. In unserem Fall war diesem vorher gar nicht bekannt, in welchem Raum das Experiment stattfinden würde. Wichtige Testbedingung ist auch, daß die Mitarbeiter, die die Schränkchen bestücken, „ehrlich“ sind und ihr Wissen nicht – versteckt – an den Probanden weitergeben. Stets begleiten nur Personen, die nicht wissen, wo welche Pflanzen versteckt worden sind, den Probanden in den Versuchsraum und protokollieren das ..Meßergebnis“, das dieser vor jedem Schränkchen am Ausschlag seiner Rute abliest und verbal verkündet, in seiner Gegenwart offen an einer Wandtafel. Danach betreten die Protokollanten den Versuchsraum, übertragen die Meßergebnisse von der Tafel in ihr „IST-Protokoll“ und starten eine neue Versuchsserie.

Nach zehn Durchgängen bittet der Proband um 15 Minuten Pause, die er in Begleitung von Versuchsteilnehmern im Botanischen Garten verbringt, danach macht er zehn weitere Durchgänge. Die Behauptung des Probanden, er könne die Strahlung auch per Fernmutung („telepathisch“) vom Flur aus durchführen – ohne die Schränkchen im Versuchsraum selbst zu sehen – wurde nicht überprüft. Am Ende des Versuchs erhalten die Beteiligten eine Kopie des handschriftlichen Versuchsprotokolls, das damit von allen akzeptiert wird.

5. Auswertung der Ergebnisse:

Das Versuchsprotokoll ist in Tabelle 1 wiedergegeben. Bei der Auswertung ergeben sich 42 Treffer und 38 Nieten. Bei den insgesamt 80 Versuchen wurden 22-mal (d. h. in 27,5 % der Fälle) „strahlende Pflanzen“ geboten. 23-mal (28,75 %) „nicht strahlende“ und 35-mal (43,75 %) leere Schränkchen (bei Gleichverteilung wären es 26,6 Fälle pro Gruppe gewesen). In 34 Fällen (42,5 %) mutete der Proband „strahlende“ Pflanzen: 9-mal richtig (26,5 %). 25-mal falsch (73.5 %). In 46 Fällen (57,5 %) mutete er „keine Strahlung“: 33-mal richtig (71.7 %), 13-mal falsch (28,3 %).

Die Nullhypothese, die der Proband im Erfolgsfall zu widerlegen hat, lautet in unserem Fall: „Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Ergebnis des Probanden (das dieser durch den Ausschlag seiner Wünschelrute ermittelte) und der zuvor angegebenen „Strahlung“ der getesteten Pflanzen.“ Oder: „Der Proband kann nicht signifikant mehr Treffer erzielen, als auch durch Zufall, bloßes Raten, zu erzielen sind.“

Ratestrategie des Probanden Erwartungshaltung/Strategie „Treffer“-Wahrscheinlichkeit
1. schlechtmöglichst nur „strahlende“ Pflanzen 1/3
2. unter falscher Annahme die Hälfte der Schränke „strahlt“ 1/2
3. unter richtiger Annahme in 1/3 der Schränke „strahlend“ 5/9
4. bestmöglich kein Schränkchen „strahlt“ 2/3

Tab. 2: Theoretische „Treffer“-Raten, die aufgrund der Nullhypothese zu erwarten sind, bei unterschiedlichen Erwartungshaltungen und Strategien eines gedachten Probanden.
Erklärung zum Fall 3:
P (++,–, 0 -) = 1/3 * 1/3 + 1/3 * 2/3 + 1/3″ 2/3 = 5/9.

Für die Auswertung ist die Strategie des Probanden entscheidend – wie oft er sich tatsächlich für „strahlend“ bzw. „nicht strahlend“ entschieden hat. Auf der Grundlage der Nullhypothese wäre es für ihn eine optimale Strategie gewesen, bei allen Versuchen „nicht strahlend“ zu sagen, denn das hätte – vgl. Tabelle 2 – eine zu erwartende „Trefferquote“ von 2/3 (66,7 %) ergeben! Da der Proband aber dank der Instruktionen wußte, daß nur in etwa einem Drittel der Fälle eine „strahlende Pflanze“ zu erwarten war, kann man – immer unter Voraussetzung der Nullhypothese – nicht mehr davon ausgehen, daß er seine Urteile „strahlend“ bzw. „nicht strahlend“ gleich verteilt hat. Ob dem Probanden bekannt war. daß es eine statistisch optimale Strategie gibt, und ob derartige Überlegungen (bewußt oder unbewußt) überhaupt eine Rolle gespielt haben, darüber kann nur spekuliert werden. Für die Auswertung spielt es jedenfalls keine Rolle.

Unsere Überlegung geht davon aus. daß der Proband in 42,5 % der Fälle „strahlend“ und in 57,5 % „nicht strahlend“ mutete – zunächst unabhängig davon, ob sein Urteil stimmte oder nicht. Die Wahrscheinlichkeit für das Ereignis „Treffer“ berechnet sich somit aus der Summe der drei Einzelwahrscheinlichkeiten der Ereignisse + +, – – und 0 – : P (+ +, – -, 0 -) = 33,3 % * 42,5 % + 33,3 % * 57,5 % + 33,3 % * 57.5 % = 52.5 %.

Die Wahrscheinlichkeit für das Ereignis „Niete“ ist gleich der Differenz zu 100 %, beträgt also 47,5 %. Sie resultiert ebenfalls aus den Einzelwahrscheinlichkeiten:

P (+-,-+, 0 +) = 33,3 % * 57,5 % + 33.3 % * 42,5 % + 33,3 % * 42,5 % = 47,5 %.

Aussage des Probanden „strahlende“ Pflanze „nicht strahlende“ Pflanze keine Pflanze Summe
„strahlend“ 9 (9,350) 8 (9,775) 17 (18,875) 34
„nicht strahlend“ 13 (12,650) 15 (13,225) 18 (20,125) 46
Summe 22 (22,000) 23 (23,000) 35 (35,000) 80

Tab. 3: Meßergebnisse. In Klammern sind die jeweiligen Erwartungswerte angegeben. Chi2 (df=2)= 1,11; p>50%.

Unter der Voraussetzung der Nullhypothese, daß keinerlei besondere Fähigkeiten des Probanden im Spiel waren, es sich also um eine rein zufällige Verteilung der Urteile „strahlend“ und „nicht strahlend“ gehandelt hat, würde man daher bei 80 Versuchen mit der „Treffer“-Wahrscheinlichkeit von 52,5 % insgesamt 80 * 52,5 % = 42 „Treffer“ erwarten. Die tatsächlich erzielten 42 „Treffer“ stimmen verblüffend genau mit dem theoretisch erwarteten Ergebnis überein. Unser Testergebnis bestätigt die Regeln der Wahrscheinlichkeitstheorie (wohlgemerkt: zufällig!) erstaunlich genau. Anders ausgedrückt: Jeder hätte ein vergleichbares Ergebnis durch beliebiges Auswählen oder durch Würfeln erzielen können, mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit sogar ein besseres. Damit ist die Behauptung des Probanden, er könne „strahlende“ Pflanzen mit seiner Rute orten – zumindest bei unserem Experiment – widerlegt.

Diskussion

Wir hatten bei unserem Experiment auch die Alternative „leeres Schränkchen“ angeboten. Damit wollten wir feststellen, ob unser Proband ohne sein Wissen vielleicht zwischen den Fällen „Schränkchen mit nicht strahlender Pflanze“ und „leeres Schränkchen“ mit Hilfe seiner Rute unterscheiden kann. Bei völlig leeren Schränkchen sollte man eigentlich erwarten, daß es – wie bei den Vorversuchen – in keinem Fall zu der Aussage „strahlend“ kommt. Immerhin mutete der Proband aber bei insgesamt 17 leeren Schränkchen eine „Strahlung“, was ein deutliches Licht auf die Zuverlässigkeit seiner behaupteten „Fähigkeiten“ wirft.

Bei unserem Versuchsdesign müssen wir in Kauf nehmen, daß je nach der subjektiven Erwartungshaltung der statistische Erwartungswert für den Anteil der Treffer irgendwo zwischen 33,3 und 66,7 % der Fälle liegt (Tab. 2). Die Information, die der Proband verinnerlicht hat, beeinflußt also ganz wesentlich den Erwartungswert an Treffern und geht damit in die Deutung des Resultats ein. Die höchste Erfolgsrate könnte ausgerechnet ein Proband mit der Behauptung vorweisen, alle Schränkchen würden nicht strahlen!

Für eine statistische Auswertung wäre es allerdings übersichtlicher gewesen, wenn wir die Alternative „keine Pflanze im Schränkchen“ weggelassen hätten. Wenn wir von der zu prüfenden Nullhypothese ausgehen, daß der Proband keine Strahlen fühlen kann, dann ist es für die statistische Auswertung entscheidend, mit welcher Häufigkeit er Strahlen zu fühlen angibt. Erwartet er – bewußt oder unbewußt – daß die Häufigkeit für „strahlend“ 33,3 % und die für „nicht strahlend“ 66,7 % ist, dann dürfte er bessere Ergebnisse erzielen, als wenn er naiv an die Aufgabe herangeht und – bewußt oder unbewußt – mit seinem Rutenausschlag eine Gleichverteilung von „strahlend“ und „nicht strahlend“ annimmt. Daß unser Proband bei mehr als einem Drittel, aber in weniger als der Hälfte der Fälle „strahlende“ Pflanzen mutete, deutet darauf hin, daß er zwar offenbar mitbekommen hat, daß es öfter „nicht strahlen“ dürfte, daß er aber – vermutlich unbewußt – die korrekte Wahrscheinlichkeit „1/3″ überschätzte.

Nach dem Versuch stellte sich heraus, daß die Pause, die sich der Proband erbat, einen Grund hatte. Einer der den Rutengänger betreuenden Versuchsteilnehmer, der soeben seine schriftlichen Abiturprüfungen hinter sich gebracht hatte, hatte während der Wartezeit gefragt, ob er das Abitur bestehen würde. Des Probanden Rute entschied für „Nein“, woraufhin der Frager ihm mitteilte, daß er die Prüfungen erfolgreich hinter sich gebracht habe (tatsächlich hatte er sein Abitur mit der Spitzennote 1,3 abgelegt). Dieser Mißerfolg hatte unseren Probanden offensichtlich schockiert, hinderte ihn aber nicht daran, einige Wochen später gegenüber der Presse zu behaupten, seine Rute habe sich noch nie geirrt.

Fazit

Der Proband war angesichts der vielen Treffer, die er nach Abschluß des Experiments im Protokoll sah, zuversichtlich und sichtlich daran interessiert, sich um den Preis von $1,1 Millionen zu bewerben, der von der James Randi Educational Foundation in Fort Lauderdale/Florida für den Nachweis irgendeines paranormalen Phänomens ausgesetzt ist. Um den Anreiz zu erhöhen, hat die Foundation zusätzlich noch einen Preis von $ 10.000 ausgesetzt für diejenigen, die ein Medium aufspüren, das den Test erfolgreich besteht.

Tatsächlich aber war das Ergebnis unseres Tests negativ, ebenso wie das früherer Untersuchungen (König et al. 1991, Moll et al. 1989. Prokop und Wimmer 1985, Wolf 1993). Und, ganz wichtig: Eine „Störung der Messung durch anwesende Skeptiker“ – eine von Esoterikern häufig geäußerte Erklärung ihres Versagens – kann wegen der erfolgreichen Mutung unter nicht-blinden Bedingungen im Vorversuch ausgeschlossen werden. Wir haben unserem Probanden die Ergebnisse zusammen mit folgender Bemerkung mitgeteilt:

„Unser Experiment, das wir ganz unvoreingenommen durchgeführt haben, hat bewiesen, daß Sie nicht fähig gewesen sind, die von Ihnen angegebene Strahlung mit Hilfe ihrer Wünschelruten zu messen. Ihre feste Überzeugung, dies zu können, beruht also auf einer Selbsttäuschung. Dieses Phänomen ist wissenschaftlich wohlbekannt, und man muß sich keineswegs dafür schämen: Es tritt bei jedem Menschen auf. Wir bedauern, daß dieser Test keinerlei Hinweis auf die von Ihnen genannten Strahlen geliefert hat. Ein positives Ergebnis hätte für die Wissenschaft in der Tat einen Erkenntnisfortschritt bedeutet. Wir haben Verständnis für Ihre Enttäuschung über den Ausgang des Experiments und dafür, daß Sie – wie viele andere vor Ihnen – wohlbekannte Mechanismen der Selbsttäuschung erlebt haben. So mußten Sie Zusammenhänge sehen, die in Wirklichkeit nicht existieren. Es zeichnet Sie aus, daß Sie – im Gegensatz zu vielen anderen – ehrlich waren und den Mut hatten, Ihre Fähigkeiten einer objektiven Prüfung zu unterziehen.

Mit Ihrer Unterschrift und den positiv verlaufenen Vörversuchen haben Sie bestätigt, daß unsere Versuchsanordnung angemessen war, Ihre Fähigkeiten zu prüfen. Wir möchten Sie daher bitten, das Ergebnis unseres Experiments uneingeschränkt zu akzeptieren. Denn sicherlich möchten Sie nicht als ein Scharlatan angesehen werden: Jemand, der weiß oder wissen kann, daß seine Ideen falsch gewesen sind, und der trotzdem öffentlich an ihnen festhält. Nachgewiesenermaßen falsche Vorstellungen in „Fortbildungskursen“ weiterzugeben, halten wir als geistige Umweltverschmutzung für ethisch nicht vertretbar. In diesem Zusammenhang halten wir es auch für unsere Pflicht, Sie davor zu warnen, durch Panikmache vor der Gefahr angeblich strahlender Zimmerpflanzen Ihre Mitmenschen zu verunsichern. Denn infolge des Nocebo-Effekts, der damit verbunden ist, können diese reale Schäden an ihrer Gesundheit erleiden. Angesichts der erwiesenermaßen schädlichen Wirkung (Wolf und Windeler 1997) halten wir das ebenfalls für unverantwortlich, ja für kriminell.“

Nachwort

Ist der Proband als naives „shut-eye“ einzuordnen? Entgegen unserer Erwartung scheint er doch aus dem Ausgang unseres Experiments gelernt zu haben, wenn auch nicht in dem von uns gemeinten Sinn. Wenige Wochen nach diesem Experiment führte unser Proband vor ca. 80 Hörern eine „Aufklärungsveranstaltung“ im Rudolph-Alexander-Schröder-Haus durch, dem evangelischen Bildungszentrum Würzburgs, auf der er Fortbildungskurse in Radiästhesie in seinem „Institut für alternative Ursachenforschung“ (identisch mit seiner Privatwohnung) anbot. Anläßlich eines Vorschlags der Bayerischen Landesanstalt für Wein- und Gartenbau, eine von ihm öffentlich propagierte Strahlenmethode zur Reblaus-Bekämpfung durch einen Kontrollversuch überprüfen zu lassen, befragte er erst seine Wünschelrute und lehnte daraufhin diese Kontrolle schlichtweg ab. Später äußerte er gegenüber der Presse, daß er sich einem neuerlichen Doppelblindversuch unter neutraler, objektiver Aufsicht nicht verschließe …

Was vor allem der Erstautor als Nicht-Mathematiker aus dem Experiment gelernt hat, läßt sich wohl am besten in folgender Geschichte festmachen:

Drei Statistiker treffen im Zug drei Biologen auf der gemeinsamen Fahrt zu einem interdisziplinären Kongreß. „Habt Ihr auch Fahrkarten gekauft?“ fragen sie die Biologen. „Ja, natürlich!“. „Ihr seid dumm“, antworten die Statistiker, „wir haben nur eine für uns drei!“. „Und was macht Ihr, wenn der Schaffner kommt?“. „Wartet es ab!“.

Sobald der Schaffner auftaucht, schließen sich die drei Statistiker im WC ein. Der Schaffner klopft an und fordert die Fahrkarte, und die Statistiker schieben sie schweigend unter der Tür hindurch. Nachdem er sie gelocht hat, schiebt der Schaffner die Karte zurück. Die Biologen haben alles genau beobachtet und sind beeindruckt.

Nach der Tagung machen sie sich gemeinsam mit den Statistikern auf die Heimreise. „Habt Ihr alle drei Fahrkarten gekauft?“, fragen diese wieder. „Nein, wir haben nur eine einzige. Und Ihr?“ – „Wir haben gar keine!“. „Und was macht Ihr, wenn…?“. „Ihr werdet schon sehen“.

Der Schaffner kommt. Kaum haben sich die drei Biologen im WC versteckt, klopft einer der Statistiker an die Tür. Sie ergreifen die Fahrkarte der Biologen und verwenden sie wie auf der Hinfahrt…

Und die Moral von der Geschichte: Setze einen statistischen Test nur dann ein, wenn du mit ihm gut vertraut bist.

Literatur

König

, R., Moll, J., Sarma, A. (1991): Wünschelrutentest in Kassel. Skeptiker 4 (1), 4

Moll

, J., Richter, H., Roß, C. H., Sarma, A., Windeler, J. (1989): Der Wünschelruten-Report. Kritische Stellungnahmen zu einem umstrittenen Forschungsprojekt. Skeptiker 2 (4), 11

Prokop

, O., Wimmer, W. (1985): Wünschelrute, Erdstrahlen, Radiästhesie. Die okkulten Strahlenfühligkeitslehren im Licht der Wissenschaft. Enke, Stuttgart

Wolf

, R. (1993): Sinnestäuschung und „New-Age“-Esoterik: Aktuelle Parawissenschaften kritisch betrachtet. Skeptiker 6 (4), 88

Wolf

, R., Windeler, J. (1997): Erfolge der Homöopathie – nur ein Placebo-Effekt? Regiomontanusbote 10 (4), 34