Das Papier der S4F Germany „Kernenergie und Klima“

Ist die Kernenergie eine Klimaschutztechnologie? Die Scientists for Future Germany beantworten diese Frage mit einem eindeutigen Nein – und verstricken sich dabei in Interessenpolitik und Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis. Unsere Autorin hat das Papier für die GWUP begutachtet. Das ausführliche Gutachten finden Sie hier.

Anna Veronika Wendland

Ende Oktober legte eine Autorengruppe von Scientists for Future Germany (S4F) ein 100-seitiges Papier über „Kernenergie und Klima“ vor, das der Klimabewegung Fridays for Future wissenschaftliche Argumentationshilfe in der neuerdings aufgeflammten Atomdebatte an die Hand geben sollte. S4F ist der deutsche Zweig einer vorwiegend auf die deutschsprachigen Länder konzentrierten Wissenschaftler-Initiative zur Unterstützung der Klimaschutzbewegung Fridays for Future. Die Organisation beansprucht, als Stimme der Wissenschaft in der Klimadebatte zu sprechen. Ihr Ziel ist die schnellstmögliche Ersetzung „fossiler Energieträger durch klimaneutrale Energiequellen“.

Ausweislich dieses Ziels wäre erwartbar, dass die S4F sich die Position des Weltklimarats zu eigen machen, der in seinen Sachstandsberichten die Kernenergie in der Reihe der Instrumentarien zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes nennt. Ihre CO2-Bilanz ist laut IPCC mit 12 g CO2/kWh (median) so gut wie jene der Windkraft und rund viermal besser als die der Photovoltaik (41-48 g/kWh).

Doch die S4F positionieren sich in ihrem Papier dezidiert gegen jedwede Kernenergienutzung. Kernenergie sei keine Klimaschutztechnologie, denn sie

  • sei mit Blick auf mögliche Unfälle zu gefährlich,
  • sei mit Blick auf ihre Wirtschaftlichkeit zu teuer,
  • sei mit Blick auf die Bauzeit neu gebauter Kernkraftwerke „in den für die Bekämpfung der Klimakrise relevanten
    Zeiträumen“ zu langsam verfügbar,
  • blockiere den Weg zu einem „gesellschaftlich gestützten … klimaneutralen Energiesystem“, das ausschließlich auf Erneuerbaren Energien aufbauen solle.

Argumentation ohne Schutzziel

Es wird, anders als von S4F angekündigt, also gar nicht die Frage beantwortet, welche die gesellschaftliche Debatte beschäftigt, nämlich ob man die Kernenergie als Beitrag zum Klimaschutz klassifizieren und folglich im System lassen solle, sondern es wird die Kompatibilität der Kernenergie mit einer von den Autoren ewünschten  Systemtransformation diskutiert. In dieser wiederum wird die Kernenergie a priori für unerwünscht erklärt, da das gewünschte System zu 100 % auf Erneuerbaren Energien basieren soll. Dies aber ist nicht aus einer mangelnden Klimaschutzqualität der Kernenergie oder einer in jedem Falle überlegenen Klimaschutzqualität der EE ableitbar. Wir haben es vielmehr mit einem auf Werturteilen basierenden Argument zu tun.

„Gefährlich, teuer, langsam“

Dieses Werturteil wird legitimiert durch das Argument der „Gefährlichkeit“ und der „Unwirtschaftlichkeit“ sowie der nicht rechtzeitigen Verfügbarkeit von KKW-Neubauten für die Bekämpfung des Klimawandels. Doch diese Argumentation kommt über weite Strecken des Papiers mit unzulässigen Methoden zustande. Dazu gehören eine hoch selektive Betrachtung von Daten und Fachliteratur, Strohmann-Argumente und Doppelstandards.

So behaupten die Autoren, die Atomindustrie prognostiziere mit probabilistischen Sicherheitsanalysen (PSA) eine sichere Atomzukunft, obwohl die Realität sie mit immer wieder auftretenden Atomunfällen Lügen strafe. Hier wird weder der Forschungsstand zur Technikrisikoforschung beachtet noch die kerntechnische Fachliteratur über Gegenstandsbereich und Funktion solcher Analysen. PSA dienen nicht der Prognose eines globalen Gesamtrisikos der Kernenergienutzung, sondern vor allem der Quantifizierung des Beitrags einzelner Systeme eines KKW zu seinem Kernschmelzrisiko. Hinzu tritt die Suggestion einer latent vor dem nächsten Super-GAU stehenden Kerntechnik, der vor allem durch das Cherrypicking von ungünstigen und unkontextualisierten Befunden und das Auslassen von günstigen Befunden erreicht wird. Zu solchen günstigen, aber nicht diskutierten Befunden gehört etwa die Robustheit der deutschen Kernkraftwerke, auf die Unfallabläufe wie in Fukushima oder Tschernobyl nicht übertragbar sind. (siehe hierzu auch Skeptiker 1/2021 1/2021, S. 4 – 10).

Eine Konzentration auf Extremwerte von Schäden und Opfern aus hypothetischen Versicherungs-Diskussionen ersetzt die weniger dramatische Empirie der realen Atomunfälle. Ein Vergleich mit den um Größenordnungen schädlicheren Auswirkungen der Kohlekraft und anderer Industrien fehlt. Auch die Diskussion um die Kosten und Bauzeiten von Kernkraftwerken wird mit einer solchen Bezugnahme auf Extremzahlen geführt. Bei der Frage nach der Verfügbarkeit neuer KKW für Klimaschutzmaßnahmen wird auf die langen Bauzeiten rekurriert, aber nicht zur Kenntnis genommen, dass die Errichtungszeiten CO2-neutraler EE-Systeme weit über die Errichtungszeiten und -kosten von EE-Einzelanlagen und auch von KKW hinausgehen.

Prinzipiell werden in diesem Papier, das beständig Kernenergie mit EE vergleicht, ungünstige Befunde im Bereich der EE ausgeblendet. Dazu gehört ihr enormer material footprint, ihre Flächen-Extensivität, die bislang ungelöste Speicherfrage, und die von ihnen erzeugten (auch ökologischen) Kosten für Speicher und Backup-Kraftwerke – in Zukunft vor allem Gaskraftwerke.

Schließlich wird in einer Doppelstandard-Argumentation den Kernkraftwerken Verwundbarkeit durch Extremwetterlagen wie Hitze und Schneesturm bescheinigt, aber  verschwiegen, dass wetterabhängige EE in solchen Situationen weit gravierendere Produktionseinbußen erleiden; die technischen Möglichkeiten der Anpassung von KKW an Hitze- und Niedrigwasserkonditionen bleiben hingegen unerwähnt.

Selbstwidersprüche

Die Situationsbeschreibung der Autoren, die „verbleibende Zeit“, in der noch Maßnahmen zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels erreicht werden könnten, sei knapp, steht im Widerspruch zu ihrer Forderung nach der raschen Vollendung von weltweiten Atomausstiegen. Die Autoren ignorieren die Bedeutung der existierenden Kernenergie, die nach der Wasserkraft den weltweit zweitgrößten Beitrag zur CO2-armen Stromproduktion leistet. Nichts wäre angesichts der Klimakrise schädlicher, als sie abzubauen, nur um sie unter großen Anstrengungen und Ungewissheiten durch EE zu ersetzen. In diesem Lichte erscheint insbesondere der deutsche Atomausstieg als kontraproduktiv, denn er resultiert ja gerade im kritischen Zeitraum, nämlich der Zeit ab 2022, in einem Mehr-, nicht einem Minderausstoß von CO2. Deutschland wird in dieser Zeit 60 TWh pro Jahr Atomstromproduktion verlieren. Für Deutschland und Japan nach 2011 ist der Zusammenhang von Atomausstiegen und Rekarbonisierung nachgewiesen worden (siehe Skeptiker 1/2021, S. 4 – 10). Diese Befunde ignorieren die Autoren.

Das Narrativ von der Blockade

Von besonderer Bedeutung für die S4F-Autoren ist das Argument der „Blockade“ wünschenswerter Energiesystementwicklungen bzw. Gesellschaftsentwicklungen durch die Kernenergie. Dieses Argument wird von den Autoren in drei Teilaspekte unterteilt: die Kernenergie als angebliche historische Innovationsblockade und Antagonistin der EE, als Transformationsblockade sozialer Systeme sowie als technische Blockade der EE in Stromnetzen, wo sie wegen ihrer Unflexibilität die Entfaltung der EE behindere. Keines dieser drei Argumente konnte bei der Begutachtung einer Überprüfung standhalten. Weder kann man mit Blick auf die 1970er und 1980er Jahre behaupten, die Kernenergie – die damals beträchtliche Dekarbonisierungserfolge erzielte – habe Förder-und Investitionsmittel von den EE abgezogen. Die EE-Frage stellte sich damals noch nicht, denn es fehlten auch technische Voraussetzungen für den in den 2000er Jahren dann herbeisubventionierten Kickoff. Auch sind Kernenergie und EE in Stromverbünden kompatibel. Die Behauptung, dies sei nicht so, beruht auf einer selektiven Auswahl von Informationen und einer Ignorierung realer Fahrweisen und Potenziale von Kernkraftwerken. So wird die Lastwechselfähigkeit von Kernkraftwerken gegen den Befund von Fachliteratur und Betriebserfahrungen verneint. Ironischerweise zeigen gerade die deutschen Kernkraftwerke, die seit der Einführung der EE immer häufiger Lastfolge fahren, das gegenteilige Bild. Das Argument, KKW behinderten gesellschaftliche Transformationen, beruht vor allem auf romantisierenden Technik-Images der EE (sanft, demokratisch und dezentral) und dramatisierenden Images der Kernenergie (gefährlich, antidemokratisch und zentralistisch).

Ein Herz für die Perspektive der EE-Betreiber

Die Autoren schreiben in den Schlussfolgerungen ihres Papiers Folgendes:
Energiepolitische Maßnahmen wie … der massive Ausbau der EE und Stromsparprogramme, die die Rentabilität von nuklearer Grundlast in Frage stellen könnten, sind daher aus KKW-Betreiberperspektive unerwünscht.
Doch im gesamten Papier zeigt sich deutlich, dass die S4F-Autoren, statt ihr Material kritisch zu evaluieren, eigentlich genau das tun, was sie kritisieren: sie machen sich die EE-Betreiber-Perspektive zu eigen, der zufolge die Kernenergie als Konkurrentin unerwünscht sei. Doch angesichts der Lastfolgefähigkeit von KKW erscheint das Grundlast-Argument überholt, da KKW-Betreiber in einer Stromwirtschaft, in der CO2-arme gesicherte Leistung und Regelleistung honoriert wird, sehr gut verdienen können. Überdies können KKW den Speicherbedarf der im selben System betriebenen volatilen EE erheblich verringern.

Bezeichnenderweise sind die von den Autoren genutzten Szenarien im Wesentlichen 100-%-EE-Szenarien, in denen die Kernenergie gar keinen Platz hat; konsequent komparativ wurde nicht gearbeitet, weil Studien unter Einschluss der Kernenergie nicht behandelt wurden. Dass die gewählten 100-%-EE-Szenarien zu dem Schluss kommen, dass „eine möglichst rasche Markteinführung erneuerbarer Stromerzeugung“ der beste Weg zur Dekarbonisierung sei, liegt auf der Hand. Eine „CO2-freie Elektrifizierung des Verkehrs und Gebäudesektors“ hängt jedoch nicht vom Erzeuger des CO2-armen Stroms ab; im Gegenteil könnten angesichts der beträchtlichen Steigerung unserer Strombedarfe durch E-Mobilität und Elektrifizierung des Wärmemarktes gerade Kernkraftwerke als kompakte, leistungsstarke Erzeuger ihre Stärken ausspielen, etwa bei der Versorgung der Industrie.

Zweifel an der Unabhängigkeit

Während bei der Begutachtung nur die wissenschaftliche Qualität der Argumente betrachtet wurde und nicht die Person der Verfasser, ist nach einem derart offensichtlichen Bias-Befund die Frage berechtigt, wie es dazu kommen konnte. Eine Durchsicht der Forschungsprofile und institutionellen Zuordnung der Autoren gibt Hinweise: 16 von 16 Autoren haben ihre Forschungsarbeiten und Projekte mit der Energiewende-Ökonomie bzw. mit Institutionen im Umfeld atomkritischer Umweltbewegungen verbunden, sei es als Forscher:innen, als Berater:innen und Auftragnehmer: innen von Bundesregierung und grünen NGOs, oder als atomkritische Gutachter:innen; ein Autor ist Mitinhaber eines Software-Unternehmens, das seine Kunden im Feld des Ökostromvertriebs hat. Diese Autorengruppe war also weder unabhängig noch unvoreingenommen: sie hat ein Interesse an der Ausschließung der Kernenergie aus deutschen und europäischen Klimaschutzstrategien, ob nun aus Überzeugung oder aus professioneller Zugehörigkeit zum Unternehmen Energiewende, oder aus beiden Gründen.

Man stelle sich nur einen Augenblick vor, S4F hätte 16 Autoren beauftragt, ein Gutachten über die Eignung von Erneuerbaren Energien für den Klimaschutz zu verfassen, und 16 von 16 Autoren widmeten sich in ihrem Arbeitsleben vor allem der Simulierung und Optimierung von Kernenergiesystemen, der Beratung von kernenergienutzenden Regierungen und der Verfassung von Gutachten gegen Windparks. Das hätte zu Recht einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.

Warum der ausgeprägte Bias des Papiers selbst, seines Literaturkorpus, aber auch seiner Verfassergruppe bei S4F durchgewinkt wurde, hat wohl auch mit einer mangelnden Qualitätssicherung in dieser Organisation zu tun. Weder wurde das Papier unabhängig begutachtet, noch kam es zu einem organisationsöffentlichen Diskussionsprozess. Von mir befragte S4F-Mitglieder erinnerten sich an keine öffentlich kommunizierten Arbeitsstände oder Möglichkeiten der Kommentierung. Anfragen an die Pressestelle der S4F sowie an die drei als Ansprechpartner benannten Verfasser:innen blieben unbeantwortet.

Fazit: Nullsummenspiele

Aus Sicht eines Klimaschutzziels ist irrelevant, welche Stromerzeuger profitieren oder „gebremst“ werden, sondern einzig, ob sie ein klimafreundliches Resultat liefern, nämlich eine Kilowattstunde mit minimaler CO2-Last und maximaler Verfügbarkeit und möglichst hoher Umweltverträglichkeit. Ob diese Sicherheit und Klimafreundlichkeit per planbarer Stromproduktion hergestellt wird wie bei einem KKW oder durch die Errichtung einer Speicher-Infrastruktur für volatile EE, das ist eine politische Entscheidung. Sie ist aber nicht aus der Technologie selbst begründbar. Das Wohlergehen einer bestimmten Energiebranche ist keine notwendige Voraussetzung für die Erreichung von Klimaschutzzielen. Die von den Scientists for Future praktizierten, offensichtlich interessengeleiteten Nullsummenspiele können dem Klimaziel sogar schaden, wie das Beispiel des deutschen Atomausstiegs vor Kohleausstieg zeigt.

Das vollständige Gutachten über das S4F-Papier „Kernenergie und Klima“ ist hier nachzulesen.

Dr. Anna Veronika Wendland

, geb.1966, ist Osteuropa- und Technikhistorikerin. Studium in Köln und Kiew, Promotion in Köln, berufliche Stationen in Leipzig, München und Marburg. Sie ist Projektleiterin am Sonderforschungsbereich SFB-TRR 138 „Dynamiken der Sicherheit“ (Marburg / Gießen). Für ihre Habilitationsschrift „Kerntechnische Moderne. Atomstädte, nukleare Arbeitswelten und Reaktorsicherheit in Ost- und Westeuropa 1966-2020“ hat sie über mehrere Jahre hinweg als Langzeit-Beobachterin in Kernkraftwerken geforscht. Im Juli 2020 publizierte sie gemeinsam mit dem Nuklearforscher Rainer Moormann ein Memorandum über die Bedeutung der verbliebenen deutschen Kernkraftwerke für eine alternative Klimastrategie.

Angesichts von Debatten mit Vertretern von paranormalen Überzeugungen und wissenschaftlich fragwürdigen Behauptungen stellt sich die Frage, wie eine angemessene Kritik solcher Aussagen formuliert werden sollte. Der US-amerikanische Skeptiker Ray Hyman hat dazu einige Überlegungen formuliert, die wir im Folgenden erstmalig in deutscher Übersetzung veröffentlichen.

 

Ray Hyman


Seit Gründung der US-amerikanischen Skeptikerorganisation CSICOP im Jahr 1976 und mit zunehmender Anzahl von lokalen skeptischen Gruppen finden Skeptiker mehr Möglichkeiten, ihre Sicht darzulegen. Rundfunk, Printmedien und andere Kanäle bieten uns mehr Chancen, gehört zu werden. Einige dieser Gelegenheiten bieten den Luxus, unsere Antwort sorgfältig vorzubereiten und zu gestalten, meist jedoch müssen wir unsere Antwort aus dem Stand formulieren. Aber unabhängig von den Umständen ist die Aufgabe des Kritikers, wenn sie sachgerecht durchgeführt werden soll, herausfordernd und birgt unerwartete Gefahren.

Viele wohlmeinende Kritiker haben sich in der Vergangenheit an der Debatte beteiligt, ohne die vielfältigen Auswirkungen ihrer Aussagen sorgfältig zu bedenken. Gelegentlich zeichneten sich ihre Beiträge eher durch Emotionen aus als durch Logik, ihre Pauschalaussagen gingen über das vernünftigerweise vertretbare Maß hinaus, und ihre Behauptungen waren nicht ausreichend belegt, zusammengefasst: Sie haben ihre Hausaufgaben nicht gründlich genug erledigt, um ihr Anliegen glaubhaft zu vertreten.

Solche unbedachte Kritik kann sich kontraproduktiv auf das Anliegen eines ernsthaften Skeptizismus auswirken. Wer so Kritik übt, läuft Gefahr, den gewünschten Effekt zu verfehlen, seine Glaubwürdigkeit zu verlieren, und macht sich vielleicht sogar rechtlich angreifbar. Doch die negativen Folgen betreffen nicht nur die einzelne Person, sondern auch das Anliegen des skeptischen Denkens insgesamt. Selbst wenn sich ein Kritiker noch so sehr bemüht klarzustellen, dass er seine persönliche Meinung äußert, bringt die Öffentlichkeit seine Behauptungen dennoch mit allen Kritikern in Verbindung.

Während des ersten Jahrzehnts von CSICOP verwandten die Mitglieder des Executive Councils (ein Gremium mit Vorstandsaufgaben, d. Red.) oft den größten Teil ihrer verfügbaren Zeit auf die Begrenzung von Schaden, den einzelne Skeptiker durch leichtfertige Äußerungen verursacht hatten, anstatt sich der gemeinsamen Sache zu widmen, der Verbreitung skeptischer Anliegen.

Was tun?

Leider gibt es derzeit keine Kurse, die geeignete Methoden vermitteln, um paranormale Thesen zu kritisieren. Soweit ich weiß, sind weder Anleitungen noch Bücher oder Regelwerke dazu verfügbar. Was können wir tun, um sicherzustellen, dass unsere Kritik effektiv und verantwortungsbewusst ist, bis solche Kurse und Anleitungen zur Verfügung stehen?

Es wäre unverantwortlich zu behaupten, ich hätte eine einfache Lösung. Das Problem ist kompliziert und es gibt keine schnellen Rezepte. Aber ich bin überzeugt, dass wir unsere Beiträge zu einer verantwortungsvollen Kritik verbessern könnten, indem wir einige Prinzipien stets im Auge behalten. Enorme Verbesserungen in unseren gemeinsamen und individuellen Bemühungen lassen sich bereits erzielen, indem wir uns bemühen, die Standards einzuhalten, zu denen wir uns bekennen und die nach unserer Ansicht von vielen Vertretern paranormaler Überzeugungen verletzt werden.

Wenn wir uns als Verfechter von Rationalität, Wissenschaft und Objektivität verstehen, dann sollte unsere Kritik sich durch genau diese Eigenschaften auszeichnen. Bereits durch den Versuch, im Geiste von Präzision, Wissenschaft, Logik und Rationalität zu sprechen und zu schreiben – der Attribute, die wir angeblich vertreten – würden wir die Qualität unserer Kritik um mindestens eine Größenordnung erhöhen.

Halten wir diese Normen nicht konsequent ein, drohen vielfältige Gefahren. Vielleicht gehen wir über die Fakten hinaus. Vielleicht kommunizieren wir nicht genau, was wir meinen. Vielleicht formulieren wir der Öffentlichkeit gegenüber undeutlich, was wir Skeptiker erreichen wollen. Vielleicht versetzen wir Befürworter paranormalen Denkens unabsichtlich in die Rolle des Underdogs und schaffen Sympathie für sie. Und, wie bereits erwähnt, machen wir anderen Skeptikern das Leben vielleicht schwerer als notwendig.

Was können Skeptiker also tun, um die Qualität ihrer Kritik zu verbessern? Im Folgenden sind nur einige wenige Vorschläge aufgeführt. Es steht zu hoffen, dass sie zu weiteren Überlegungen und Diskussionen anregen werden.

1. Seien Sie vorbereitet

Gute Kritik erfordert Übung, Arbeit und Besonnenheit. Es ist viel wahrscheinlicher, gut auf eine unvermittelte Herausforderung zu reagieren, wenn man etwas Derartiges bereits erwartet hat. Versuchen Sie, im Voraus wirkungsvolle und kurze Antworten auf die Fragen auszuarbeiten, die Ihnen am ehesten gestellt werden. Bereiten Sie sich darauf vor zu erklären, warum skeptische Arbeit wichtig ist, warum Menschen Ihnen zuhören sollten, warum falsche Überzeugungen schädlich sein können, und überlegen Sie sich auch Antworten auf die vielen ähnlichen Fragen, die immer wieder aufkommen. Ein nützliches Projekt wäre es, eine Liste der häufigsten Fragen zusammen mit möglichen Antworten
zu erstellen.

Wann immer möglich, testen Sie Ihre Ideen an Freunden und „Gegnern“ aus, bevor Sie sie in der Öffentlichkeit anwenden. Eine effektive Übung besteht darin, Argumente mit anderen Skeptikern zu proben. Einer stellt eine übernatürliche Behauptung auf, der andere übernimmt die Rolle des Kritikers. Zur allgemeineren Vorbereitung lesen Sie Bücher über kritisches Denken, effektives Schreiben und Argumentation.

2. Klären Sie Ihre Ziele

Bevor Sie versuchen, sich mit einer paranormalen Behauptung auseinanderzusetzen, fragen Sie sich, was Sie erreichen wollen. Wollen Sie Dampf ablassen? Wollen Sie Ihren Widerpart herabsetzen? Versuchen Sie, Ihren Standpunkt bekannter zu machen? Möchten Sie nachweisen, dass der Anspruch nicht angemessen begründet ist? Erhoffen Sie sich, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, wie man prüft, ob für eine These hinreichende Belege vorliegen? Oftmals stellen wir fest, dass wir mehrere Ziele verfolgen. Und vor allem, wenn wir impulsiv handeln, stehen einige unserer Ziele im Widerspruch zueinander.

Von besonderer Bedeutung kann der Unterschied zwischen kurz- und langfristigen Zielen sein. Die überwiegende Anzahl der Skeptiker würde, so meine ich, zustimmen, dass unser langfristiges Ziel darin besteht, die Öffentlichkeit aufzuklären, damit sie in der Lage ist, mit bestimmten Behauptungen adäquater umzugehen. Manchmal wird dieses langfristige Ziel geopfert, weil man gerade eine bestimmte These entlarven oder widerlegen will.

Ein Teil der Klärung unserer Ziele besteht darin festzustellen, wer überhaupt unser Adressat ist. Harte, scharfe Angriffe auf paranormale Behauptungen ändern selten Meinungen, sondern streicheln vielmehr das Ego derjenigen, die bereits Skeptiker sind. Argumente, die vielleicht die Leser des National Enquirer [eine US-amerikanische
Boulevardzeitschrift, d. Red.] überzeugen, mögen von Wissenschaftlern und wichtigen Meinungsmachern als Beleidigung aufgefasst werden.

Bemühen Sie sich zu verdeutlichen, dass Sie die jeweilige These angreifen und nicht denjenigen, der sie vertritt. Vermeiden Sie unbedingt den Eindruck, sie wollten die bürgerlichen Freiheiten anderer beschränken. Arbeiten Sie nicht darauf hin, dass jemand seinen Job verliert. Versuchen Sie nicht zu erzwingen, dass Kurse gestrichen werden oder anderweitig Zensur geübt wird. Das Eintreten für Rationalität und Vernunft sollte uns nicht dazu nötigen, gegen akademische Freiheit und bürgerliche Freiheiten anzukämpfen.

3. Machen Sie Ihre Hausaufgaben

Auch dieser Tipp geht Hand in Hand mit den Ratschlägen zur Vorbereitung. Treten Sie möglichst keiner paranormalen Behauptung entgegen, ohne zuvor so viele relevante Fakten wie möglich zu recherchieren. Dokumentieren Sie daher Ihre Quellen sorgfältig. Verlassen Sie sich nicht auf die Medien, weder in Bezug auf die Behauptung noch hinsichtlich der relevanten Fakten. Versuchen Sie, die Einzelheiten der Behauptung direkt von demjenigen in Erfahrung zu bringen, der sie aufstellt.

4. Überschreiten Sie Ihre Kompetenzen nicht

Gerade in unserer Zeit kann niemand glaubhaft versichern, in allen Fragen Experte zu sein. Wann immer möglich, sollten Sie sich auf die jeweiligen Fachleute stützen. Es versteht sich von selbst, dass wir denjenigen kritisch begegnen, die mit ihren paranormalen Behauptungen offensichtlich ihre Kompetenzen überschreiten. Das Gleiche sollten wir von uns selbst verlangen. Für einen Kritiker ist es die schlimmste Sünde, über die Fakten und die verfügbaren Belege hinauszugehen.

Fragen Sie sich in diesem Zusammenhang stets, ob Sie wirklich etwas beizutragen haben. Manchmal ist es besser zu schweigen, als sich in eine Diskussion zu stürzen, die in bestimmten Hinsichten über Ihre derzeitigen Kenntnisse hinausgeht. Wenn es angebracht ist, sollten Sie sich nicht scheuen zu sagen: „Ich weiß es nicht.“

5. Lassen Sie die Fakten für sich selbst sprechen

Haben Sie Ihre Hausaufgaben gemacht und eine ausreichende Menge an Fakten gesammelt, wird das Publikum selten Ihre Hilfe benötigen, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ihr Argument wird an Stärke gewinnen, wenn Sie das Publikum seine eigenen Schlussfolgerungen aus den Fakten ziehen lassen. Sagen Sie, dass Madame X behauptet, sie habe die verschwundene Tochter von Frau A. durch Hellsehen gefunden, und dass Ihnen eine Erklärung der Polizei vorliegt, derzufolge ihre Beiträge nicht geholfen haben.

Unter diesen Umständen kann es kontraproduktiv sein zu versichern, dass Madame X über ihren Beitrag gelogen hat oder dass ihre Behauptung „betrügerisch“ war. Zum einen kann Madame X aufrichtig, wenn auch irrtümlich, glauben, dass ihr Beitrag tatsächlich geholfen habe. Darüber hinaus fühlen sich vielleicht einige Zuhörer durch den Tonfall der Kritik angegriffen und entwickeln Sympathie für Madame X. Wenn Sie jedoch lediglich berichten, was Madame X behauptet hat, und das um die Antwort der Polizei ergänzen, halten Sie sich an die Fakten, und Ihre Zuhörer werden eher zum richtigen Schluss kommen.

6. Seien Sie präzise

Gute Kritik erfordert Präzision und Sorgfalt im Umgang mit Sprache. Weil wir bei der Auseinandersetzung mit paranormalen Behauptungen an Objektivität und Fairness appellieren, haben wir eine besondere Verpflichtung, in unseren eigenen Aussagen so aufrichtig und genau wie möglich zu sein. Wir sollten besondere Anstrengungen unternehmen, um zu vermeiden, dass Thesen über paranormale Behauptungen ohne hieb- und stichfeste Belege aufgestellt werden. Bei Medieninterviews ist besondere Vorsicht geboten. Die Medien sollten unbedingt verstehen, was wir sagen und was nicht.

7. Halten Sie sich an das Prinzip der wohlwollenden Interpretation

Ich weiß, dass viele Kollegen diesem Prinzip nichts abgewinnen können. Manch einer betrachtet die Verfechter des Paranormalen als „Feind“, und es scheint widersprüchlich, sich ein Bein auszureißen, um ihnen einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. Doch andererseits erfordern Aufrichtigkeit und Fairness eine wohlwollende Haltung gegenüber paranormalen Behauptungen. Aus diesem Prinzip ergibt sich, dass wir versuchen sollten, Zweifel oder Unklarheiten hinsichtlich paranormaler Thesen wohlmeinend zu deuten, solange keine triftigen Gründe dagegen vorliegen. In diesem Zusammenhang sollten wir zum Beispiel sorgfältig unterscheiden, ob jemand falsch liegt oder unehrlich ist.

Oftmals können wir die Genauigkeit oder Gültigkeit einer bestimmten paranormalen Behauptung in Frage stellen. Aber selten sind wir in der Lage zu wissen, ob jemand lügt oder sich lediglich täuscht. Außerdem haben wir oft eine Wahl, wie wir die Argumente eines Gegners interpretieren oder darstellen. Das Prinzip der wohlwollenden Interpretation besagt, dass wir die Position des Gegners fair, objektiv und frei von Emotionen vermitteln sollen.

8. Vermeiden Sie emotional geladene Wörter und Effekthascherei

Alle diese Prinzipien sind miteinander verknüpft. Aus ihnen ergibt sich, dass wir gut beraten sind, in unserer Kritik auf emotionale und vorverurteilende Wörter zu verzichten. Greifen die Befürworter auf solche Begriffe und auf Effekthascherei zurück, sollten wir uns nicht auf ihr Niveau begeben und in gleicher Weise reagieren.

Dabei geht es nicht darum, die andere Wange hinzuhalten. Unser Ziel ist es, für die gemeinsame Sache an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Emotionalität und sensationelle Aktionen sorgen vielleicht rasch für Aufmerksamkeit. Aber die meisten von uns betrachten unsere Mission als langfristige Aufgabe. Wir möchten die Medien und die  Öffentlichkeit davon überzeugen, dass wir eine ernsthafte und wichtige Botschaft haben. Und wir möchten uns als glaubwürdige und zuverlässige Quelle ihr Vertrauen verdienen. Eine solche Aufgabe erfordert stets die Berücksichtigung von wissenschaftlichen Prinzipien sowie der Standards von Rationalität und Integrität, für die wir uns stark machen.

Erstmals erschienen in: Skeptical Inquirer, Juli/August 2001, Übersetzung aus dem Englischen von Nikil Mukerji und Inge Hüsgen. Mit freundlicher Genehmigung von CSI.

Ray Hyman

ist emeritierter Professor für Psychologie an der Universität von Oregon (Eugene, Oregon) und Mitbegründer der modernen Skeptikerbewegung. Auf dem Gebiet des kritischen Denkens wurde er vor allem als Kritiker der Parapsychologie bekannt. Hyman ist Fellow und Mitglied des Executive Council der US-amerikanischen Skeptikerorganisation CSI.

 

Amardeo Sarma

Um die Ergebnisse von Forschungsprogrammen hervorzuheben, beruft man sich häufig auf den wissenschaftlichen Konsens. In Sachen Klimawandel oder zur Sicherheit von Lebensmitteln, die mit Hilfe der grünen Gentechnik entwickelt wurden, gibt es sogar Stellungnahmen zahlreicher namhafter wissenschaftlicher Organisationen, die sich zum Stand der Wissenschaft positioniert haben, in den genannten Fällen unter anderen die renommierte und interdisziplinär agierende American Association for the Advancement
of Science (AAAS)1, 2, 3.

Andererseits sind Heterodoxien – also von der Mehrheit abweichende Meinungen – für die Weiterentwicklung und Fehlerkorrektur der Wissenschaft sehr hilfreich, vielleicht sogar notwendig. Selbst wenn sie sich in der Realität oft genug als falsch erweisen, können sie zur Korrektur und Verbesserung der „herrschenden Orthodoxie“ dienen. Der Physiker und Philosoph Gerhard Vollmer (1994) verteidigt nicht nur Heterodoxie, sondern geht noch einen entscheidenden Schritt weiter und schreibt: „Wenn es keine Pseudowissenschaften gäbe, müsste man sie erfinden.“

Dies ist natürlich aus rein wissenschaftsphilosophischer Sicht gesagt. Denn Pseudowissenschaften und Wissenschaftsleugnung können zu Entscheidungen führen, die erhebliche negative und gefährliche persönliche und gesellschaftliche Konsequenzen mit sich bringen. Deshalb gibt es schließlich Organisationen wie die GWUP, die sich um Aufklärung und Verbraucherschutz bemühen.

Wie gewichtig ist aber der wissenschaftliche Konsens? Einige tun ihn als Autoritätsargument ab. Und tatsächlich ist ein bloßer Konsens ein Autoritäts-und kein Sachargument. Konsens ist allgegenwärtig, er kommt in der katholischen Kirche ebenso vor wie in der Anthroposophie oder dem Stalinismus. Mit dem „Binnenkonsens“ der „besonderen Therapierichtungen“ räumt die deutsche Gesetzgebung höchst fragwürdigen pseudomedizinischen Verfahren eine geschützte Sonderrolle ein.

Mit dem Wahrheitsgehalt von Aussagen scheint Konsens also wenig zu tun zu haben. Der Konsens wird erst dann gewichtig bezogen auf Theorien und Aussagen, wenn es sich um einen wissenschaftlichen Konsens handelt. Dieser entsteht meist von selbst und benötigt in der Regel keine ausdrückliche Formulierung. Er ist das Resultat von langjähriger wissenschaftlicher Arbeit, unter anderem nach erfolgreicher Prüfung. Solche konsensfähigen Theorien besitzen Erklärungs- und Vorhersagekraft, haben dies in der Vergangenheit erfolgreich unter Beweis gestellt sowie der Kritik standgehalten.

Dieser Konsens wird aber dann konkret in Stellungnahmen, wie durch die AAAS kommuniziert, wenn die Öffentlichkeit diesen Konsens nicht erkennt und wenn wissenschaftliche Erkenntnisse in Frage gestellt werden. Bisweilen wird versucht, einen solchen Konsens in Prozentzahlen anzugeben, beispielsweise: „98 Prozent der Wissenschaftler vertreten die Ansicht, dass …”. Es sind diese Stellungnahmen oder solche Angaben, die in der Öffentlichkeit stehen und von manchen auch kritisiert werden. Dabei muss man immer wieder klarstellen: Diese Art Konsens ist eine beispielhafte Verdeutlichung und eben keine Abstimmung. Den Konsens gab es bereits als Ergebnis des wissenschaftlichen Forschens, somit ist er keine bloße Übereinkunft unter Autoritäten.

Bei einem solchen Konsens erwarten wir, dass die handelnden Personen und Organisationen wissenschaftlich arbeiten. Wir erwarten zudem, dass sie ihre Theorien nicht aus außerwissenschaftlichen, z. B. religiösen oder politischen Gründen vertreten, und sie sich nicht aktuellen gesellschaftlichen Trends anbiedern. Es bleibt niemandem erspart,
in jedem Einzelfall zu prüfen, ob diese Erwartungen erfüllt worden sind und ob dieser Konsens auch tatsächlich wissenschaftlich ist.

Wie sollten wir mit Kritik am Konsens, d. h. mit Dissens oder Heterodoxie, umgehen? Betrachten wir einige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart. Ein klassisches Beispiel für die Wandlung einer Heterodoxie in eine Orthodoxie ist Alfred Wegeners Theorie der Kontinentalverschiebung. Ein Beispiel für Kritik, die zur Weiterentwicklung eines Gebietes führte, ist die Debatte zwischen Einstein und Bohr zur Stellung der Quantenmechanik. Auch wenn man aus heutiger Sicht vereinfacht zusammenfassen könnte, dass Einsteins Einwände unberechtigt waren, trug seine Kritik erheblich zur Weiterentwicklung der Quantenmechanik bei.

Gerade die Auseinandersetzung mit der Kritik machte eine besonders genaue Formulierung der Theorie und fundierte Überlegung zu ihren Grundlagen notwendig. Einstein scheute sich nicht vor unorthodoxen Ideen und sollte dabei meistens recht behalten. Sein Vorschlag einer in allen Bezugssystemen konstanten Lichtgeschwindigkeit stellte z.B. den damaligen Konsens in Frage, dass für die Ausbreitung von Lichtwellen ein Medium – der Äther – erforderlich sei.

Nicht jede Alternative oder Kritik ist jedoch eine gesunde Heterodoxie, da immer die Gefahr besteht, dass sie in Richtung von Pseudowissenschaft oder bloßer Leugnung umschlägt. Beispiele dafür sind die kalte Fusion oder die Beibehaltung der Theorie eines statischen Universums angesichts einer Häufung astronomischer Beobachtungen, die klar im Widerspruch zu den Vorhersagen dieses Modells stehen. Die Homöopathie und Astrologie sind Pseudowissenschaften, und die pauschale Ablehnung der Evolutionstheorie oder der Klimawissenschaft ist eine Leugnung des Standes der Wissenschaft.

Die Qualifikation „pauschal“ ist hier wichtig. Denn selbstverständlich gibt es innerwissenschaftliche Kritik im Detail, sowohl innerhalb der Evolutionsbiologie als auch in der Klimawissenschaft. Letztendliche oder endgültige Wahrheit gibt es nicht, da die Erkenntnisbereiche sich weiterentwickeln. In sämtlichen Fachgebieten besteht noch Verbesserungspotential. Heute bekannte offene Fragen werden in der Zukunft beantwortet und manche „selbstverständliche Wahrheiten“ revidiert werden. Dies ist jedoch kein Grund, den Forschungszweig in seiner Gesamtheit in Frage zu stellen, ganz im Gegenteil zeugt solche Weiterentwicklung von einer gesunden Diskussions- und
Fehlerkultur.

Gleichzeitig sollte bedacht werden, was in der öffentlichen Diskussion selbstverständlich sein sollte: Nicht jedes Argument von Vertretern von Pseudowissenschaften und von Leugnern ist falsch, und nicht alle Argumente von Vertretern einer zu Recht anerkannten wissenschaftlichen Disziplin sind zutreffend.

Ein wiederkehrendes Beispiel in der aktuellen Diskussion ist die Tendenz, jeden Zweifel an einem Zusammenhang zwischen einzelnen Extremwetterereignissen und dem Klimawandel als „Leugnung“ zu brandmarken. Zu oft haben sich – ganz unabhängig vom eigentlichen Problem der vermutlich dramatischen Auswirkungen des Klimawandels in der Zukunft – vermeintliche Zusammenhänge als äußerst unsicher erwiesen. Aus jüngster Zeit ist die Behauptung zu nennen, die Waldbrände in Australien seien auf den Klimawandel zurückzuführen.

Tatsächlich ist eine Auswirkung der globalen Erwärmung bezogen auf Waldbrände in Australien über natürliche Schwankungen hinaus erst gegen 2040 zu erwarten, wie eine Zusammenfassung von Science Briefs4 zeigt, die sich auf Daten des IPCC stützt.

Letztendlich kommen für die Abgrenzung einer fruchtbaren Heterodoxie von Pseudowissenschaft ähnliche Merkmale zur Anwendung wie bei der Unterscheidung zwischen berechtigter Skepsis und Wissenschaftsleugnung (Sarma 2019). Vor allem: Trägt die Diskussion zum Erkenntnisfortschritt bei, auch wenn sich die Heterodoxie ganz oder teilweise als falsch erweist?  Wie ist in diesem Kontext die von Dieter Köhler angestoßene Diskussion über den Gefahren von Luftverschmutzung einzuschätzen (Leick 2019)? Liegt hier ein Fall von gesunder Heterodoxie oder von Leugnung bzw. Pseudowissenschaft vor?

Hier geht es nicht darum, ob Dieter Köhler mit allen Kritikpunkten Recht hat, denn die meisten Heterodoxien sind überwiegend falsch, liefern aber dennoch wichtige Denkanstöße. Die Frage nach dem Erkenntnisgewinn kann ich zumindest in diesem Fall für mich persönlich bejahen, weswegen ich diese Diskussion klar in den Bereich nützlicher Heterodoxien einstufe.

Angesichts innerwissenschaftlicher Kontroversen scheint mehr Gelassenheit angebracht, sowohl auf der Seite des Mainstreams als auch bei dessen Kritikern, damit Debatten sachlich und fruchtbar geführt werden können. Diesen Rat sollten wir auch bei der Auseinandersetzung mit Pseudowissenschaften und Wissenschaftsleugnung beachten: bei aller Härte in der Sache freundlich und im Ton gelassen zu bleiben.

Anm. d. Red: Zum letztgenannten Punkt sei auf Ray Hymans Beitrag „Kritik üben – aber richtig“ verwiesen.

Literatur

Leick, P. (2019): Streit um Feinstaub und Dieselabgase. Skeptiker 2/2019, S. 56 – 65.
Sarma, A. (2019): Wissenschaftliche Skepsis vs. Wissenschaftsleugnung: Das Beispiel der Klimaforschung. Skeptiker 4/2019, S. 186 – 190.
Vollmer, G. (1994): Wozu Pseudowissenschaften gut sind – Argumente aus Wissenschaftstheorie und Wissenschaftspraxis. Skeptiker 4/1994, S. 94 – 101.

 

Erstmals veröffentlicht in: Skeptiker 1/2020, S. 24 – 25.

Patrick Vermeren

A Skeptic’s HR Dicitonary

The Good – the Bad – and the partially True

The ultimate self-defense guide for CEOs, HR professionals, I/O Students and Employees

Londerzeel (Belgien) 2019, 1117 S., ISBN 9-78908763478, € 125,-

Cover Vermeren

 

Evidenzbasiertes Management ist ein aus den USA kommender Ansatz, der auf den Prinzipien der Evidenzbasierung aufbaut. Entscheidungen von Führungskräften und Personalmanagern sollen nicht mehr allein auf Grundlage intuitiver Eindrücke oder persönlicher Erfahrungen erfolgen, sondern vielmehr mit der besten verfügbaren Evidenz aus der wissenschaftlichen Forschung verknüpft werden.

Diesem Ansatz sieht sich der Autor verpflichtet und sieht darüber hinaus sogar eine moralische Pflicht zu einem evidenzbasierten Human Resources Management (HRM). Denn niemand möchte zum Narren gehalten werden oder viel Zeit und Geld in unwirksame beziehungsweise fragwürdige Methoden und Vorstellungen investieren. Doch fundierte Erkenntnisse und etablierte Methoden aus der Forschung setzen sich nur mühsam in der Praxis um. Angeboten und nachgefragt wird oft, was schön ausschaut, sich verkaufen und mit möglichst geringem (Denk-)Aufwand umsetzen lässt.

Dieses Buch richtet sich nicht an die unerschütterlichen Gläubigen, die emotional oder ideologisch so verstrickt sind, dass sie wahrscheinlich psychologische Abwehrreaktionen zeigen werden. Der Autor wendet sich vielmehr an die Menschen, die keine falschen Informationen verbreiten oder falschen Mythen anhängen möchten, sondern ihr Verhalte  an professionellen und moralischen Standards ausrichten wollen. Darunter fallen auch diejenigen, die sich zu einzelnen Themen und Theorien bisher noch keine tiefgehenden Gedanken gemacht haben. Einfach, weil ihnen die Zeit fehlt, um sich intensiv mit den verschiedenen Behauptungen auseinanderzusetzen und entsprechende wissenschaftliche Literatur zu sichten. Vermeren hat diese anspruchsvolle Arbeit übernommen und präsentiert seine Ergebnisse auf über 1100 Seiten.

Der Autor hat ein Theorie-Empirie-Raster erstellt, das zwischen den Polen „schlechte“ und „solide Theorie“ sowie zwischen „empirisch bestätigt“ und „widerlegt“ differenziert. Nach diesen Kriterien ordnet Vermeren die im Buch behandelten Theorien in ein Koordinatensystem ein und verschafft dem Leser somit eine rasche Orientierung. Zu Beginn des Buches erklärt er die Vorteile einer wissenschaftlichen Herangehensweise und warum Pseudowissenschaften unmoralisch sind. In den folgenden Kapiteln behandelt er 25 gängige Mythen, Urbane Legenden, Modeerscheinungen und Fälle von komplettem Unfug. Dazu gehören sowohl Klassiker wie NLP, Grafologie, Trainings mit Pferden und
Organisationsaufstellung nach Bernd Hellinger, als auch die Transaktionsanalyse oder die bei Managern beliebte Bedürfnispyramide nach Maslow.

In diese Kategorie werden auch in der Praxis dominierende Persönlichkeitstests, wie Insights Discovery oder der Myers-Briggs-Typenindikator (MBTI), eingeordnet. Der MBTI basiert auf den Konzepten des Schweizer Psychiaters Carl Gustav Jung. Diese wurden vor rund 100 Jahren entwickelt, als die wissenschaftliche Psychologie noch in den Kinderschuhen steckte. Das theoretische Fundament sei nach modernen wissenschaftlichen Maßstäben nicht solide, die Gütekriterien nicht überzeugend, so der Autor.

Grundsätzlich wird die Einteilung von Menschen in Typen der enormen Variation menschlicher Eigenschaften nicht ansatzweise gerecht. Doch auch so gängige Glaubenssätze, wonach die Effektivität unserer Kommunikation nur zu 7 % vom Inhalt, zu 55 % von der Körpersprache und zu 38 % von stimmlichen Anteilen abhänge, werden auf ihre Evidenz hin bewertet. In 15 weiteren Kapiteln beschäftigt sich Vermeren mit Themen, deren Effektivität teilweise belegt sind, wie Online-Trainings oder Feedback. Auch aktuelle Themen wie die Selbstorganisation von Teams, Big Data und HR Analytics oder die teils ideologisch anmutenden Verheißungen der „Positiven Psychologie“ werden überzeugend reflektiert.

Widerspricht die Theorie gültigen Theorien, oder rationalem Denken oder stellt sich gar als unüberprüfbar heraus? Gibt es nur eine gut gemachte Studie oder mehrere und wurden die Ergebnisse von unabhängigen Wissenschaftlern reproduziert? Ist die Methodik der Untersuchung unangemessen oder liegen sogar systematische Überprüfungen (Metaanalysen) vor? Zum Abschluss stellt der Autor in 15 Kapiteln Theorien und Praktiken vor, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit als bestätigt angesehen werden dürfen. Dazu gehören eine Darstellung der besten Prädiktoren für berufliche Leistung bzw. Erfolg und die Konsequenzen für eine evidenzbasierte Personalauswahl. Auch zeigen 40 Jahre Forschung, dass Trainings zur Verhaltensmodellierung für den Erwerb sozial-kommunikativer Fähigkeiten gute Evidenz aufweisen. Das Gleiche gilt für einige Maßnahmen in der Personalentwicklung, die zumindest zufriedenstellende Effektstärken vorweisen können.

Patrick Vermeren ist HR-Experte, Berater, Coach und im Vorstand der belgischen Skeptikerorganisation SKEPP. Sein Buch schließt eine große Lücke im internationalen Sachbuchsegment. Es ist ihm mit dieser enormen Fleißarbeit gelungen, ein weltweit einmaliges Nachschlagewerk zusammenzustellen, das hoffentlich eine weite Verbreitung finden wird. Weitere Infos und Probekapitel stehen hier zur Verfügung.

Rouven Schäfer

Erstmals veröffentlicht in: Skeptiker 1/2020

Cover Gough

Rezension

Niall Taylor, Alex Gough

No way to treat a friend

Lifting the lid on Complementary and Alternative Veterinary Medicine
Niall Taylor, Alex Gough, 5m Publishing, 2017, ISBN 978-1-91045-591-3, 14,95 €

„Alternativmedizin“ oder „Komplementärmedizin“ in all ihren Ausprägungen (Homöopathie, Akupunktur, TCM, Osteopathie und andere manuelle Therapien, Bioresonanz, usw.) ist auch in der Veterinärmedizin alltäglich. Dazu kommen Diskussionen über die Fütterung, wo es Verschwörungstheorien analog zu „Big Pharma“ gibt – Fertigfutter enthalte nur Müll und sei an so ziemlich allen Krankheiten schuld, und Tierärzte seien nur die gehirngewaschenen beziehungsweise skrupellosen Handlanger der Futterindustrie. Prophylaxemittel gegen Parasiten (welche immerhin lebensgefährliche Krankheiten übertragen können) werden als „gefährliche Gifte“ abgelehnt und „natürliche Alternativen“ gesucht, von verschiedenen Ölen bis zu Bernsteinhalsketten.

„Alternative Tiermedizin“ boomt

Die Gründe für diese Entwicklung sind sicher ähnlich wie in der Humanmedizin: Wecken von falschen Hoffnungen, Angstmache vor „bösen Nebenwirkungen“, „zurück zur Natur“, etc. Haustiere werden von vielen ihrer Besitzern als vollwertige Familienmitglieder gesehen – Krankheit oder Tod des Tieres führt zu einem emotionalen Zustand, vergleichbar mit der Sorge um einen nahestehenden Menschen, und macht daher entsprechend empfänglich für falsche Heilsversprechungen.
Die Tierärztekammern fördern diese Entwicklung aktiv, indem sie Fortbildungszertifikate (Fachtierarzt, Zusatzbezeichnung) anbieten und die Anwendung von „Alternativmedizin“ bewerben. Betrachtet man die Fortbildungsangebote für Tierärzte, machen Angebote in Alternativmedizin einen großen Teil aus. An den Universitäten werden Kurse in Homöopathie & Co. als Teile des Studiums anerkannt.

Falsche Denkweisen und schädliche Praktiken aufdecken

Die Autoren Niall Taylor und Alex Gough sind beide als praktische Tierärzte in Großbritannien tätig. Sie sind Initiatoren der „Campaign for Rational Veterinary Medicine“, die gegründet wurde, um „den Standpunkt zu vertreten, dass tierärztliche Behandlung im 21. Jahrhundert in jedem Fall auf rationalen, anerkannten wissenschaftlichen Prinzipien basieren muss“. Sie betreiben auch eine Website, mit einem Blog zu aktuellen Ereignissen und vielen Links zu wissenschaftlichen Artikeln. Ihr Buch „No way to treat a friend” richtet sich an Tierbesitzer und Tierärzte gleichermaßen und soll „als Gegenmittel bei Fehlinformation und unkritischer Akzeptanz dienen.“

„When thinking goes wrong“

Das Buch besteht aus zwei Teilen, wovon der erste, der etwa ein Drittel umfasst, betitelt ist mit „Sciences and belief in medicine, the nature of understanding, how it can go wrong and what happens when it does“. Es geht darin um die Definition von „Komplementär- und Alternativmedizin“ (KAM) und warum sie bei Tieren zu wirken scheint, mit den bekannten Effekten natürlicher Krankheitsverlauf, Wunschdenken bzw. selektive Wahrnehmung, zusätzliche Anwendung wirksamer Medikamente, Fehldiagnosen und „Wunderheilungen“ – zu letzteren werden einige anschauliche Bespiele aus der tierärztlichen Praxis beschrieben, wie aussichtslose Fälle, schwere Verletzungen oder bösartige Tumore, die „von alleine“ heilten – Fälle, die als „Triumph der Alternativmedizin“ gefeiert würden, wäre sie zum Einsatz gekommen. Weiters werden Bedeutung und Vorgehensweise der Wissenschaft erklärt und was KAM davon unterscheidet. Das ausführliche Kapitel „When thinking goes wrong“ erläutert alle Fehlschlüsse und rhetorischen Kniffe der KAM und geht auch auf Verschwörungstheorien wie „Big Pharma“ und Vorurteile gegen die Wissenschaft ein. Darüber hinaus wird über beliebte Aussagen wie „ganzheitlich“ und „traditionell“ und die Überzeugungskraft von Erfolgsgeschichten aufgeklärt.

Alternativmedizin und verwandte Denkweisen – eine Kritik

Im zweiten Teil geht es um die Methoden im Speziellen – eigene Kapitel sind jeweils Kräutern und Nahrungsergänzungen (inkl. TCM, Ayurveda, ätherischen Ölen und Zoopharmakognosie [Selbstmedikation von Tieren durch Aufnahme von Pflanzen oder Mineralien mit angeblich therapeutischer Wirkung]), der Rohfütterung, Akupunktur, Homöopathie, den manuellen Therapien und den fragwürdigen Diagnosemethoden (wie Irisdiagnositik, Kinesiologie, Tierkommunikation) gewidmet; ein weiteres Kapitel fasst „den Rest“ (wie Energetik, Aromatherapie, Laserbehandlung, Detox) zusammen. Es werden jeweils Herkunft bzw. Hintergrund, wissenschaftliche Datenlage und mögliche Risiken besprochen. Eine Zusammenfassung geht noch mal auf gängige Mythen der KAM ein, wie „Natürlichkeit“ vs. „Chemie“, Vermeidung von Antibiotika durch KAM, und angebliche „Beweise“.

Tiere sind auf ihre Halter angewiesen

Im Gegensatz zu Menschen können Tiere keine eigenen Entscheidungen treffen, sie müssen auf ihre Halter vertrauen, wenn es um ihre medizinische Behandlung geht. Deswegen sollte diese wohlüberlegt gewählt werden – das ist das Anliegen der Autoren, und man spürt ihre Überzeugung in jedem Wort. Dabei kommen sie nie mit erhobenem Zeigefinger, das Buch ist mit Humor geschrieben und mit vielen Beispielen aus der Praxis aufgelockert. Für Tierbesitzer werden alle Fachbegriffe erklärt und anschauliche Vergleiche benutzt; für Veterinärmediziner und andere Wissenschaftler ist es deswegen nicht oberflächlich; auch gibt es eine ausführliche Liste an Referenzen. Die gesetzlichen Hintergründe zur Anwendung von KAM sind nur für die USA und Großbritannien beschrieben; ansonsten ist der Inhalt natürlich im deutschen Sprachraum ebenso gültig – das Thema ist es auf jeden Fall.
Einziger kleiner Kritikpunkt ist, dass der Titel bereits auf eine kritische Abhandlung hindeutet und daher positiv eingestellte Leser abschrecken könnte.
Ansonsten bleibt zu hoffen, dass ein ähnliches Werk bald auch auf Deutsch erscheint.

Stefanie Handl

(erstmals erschienen in: Skeptiker 3/2018, S. 150 – 151)

 

  „A constructive skepticism, and a level-headed belief in the real Richard Dawkinsworld and the scientific method of studying it, could constitute humanity’s greatest hope of staving off a    
 potential dark age. Journals like Skeptiker have a more important part to play than many people realise.“

 Prof. Richard Dawkins, Autor („The Selfish Gene“, „The Blind Watchmaker“, „Der Gotteswahn„)

 Übersetzung:

„Konstruktive Skepsis und ein ausgewogener Glaube an eine reale Welt und an wissenschaftliche Methoden, sie zu untersuchen, könnte die größte Hoffnung  
 der Menschheit sein, ein mögliches dunkles Zeitalter abzuwenden. Zeitschriften wie der Skeptiker spielen hier eine wichtigere Rolle, als viele Menschen erkennen.“

 

 


  „Believing anything without adequate evidence can cause one to squander time, energy, Martin Gardnerand money on reading worthless books and magazines, watching shameless    
  television shows, and buying worthless products. This is especially true for medical claims because a false belief can cause serious harm and even death.“

  Martin Gardner, Mathematiker, Philosoph und Wissenschaftsautor

  Übersetzung:

„Etwas ohne adäquate Belege zu glauben kann dazu führen, daß wir Zeit, Aufwand und Geld dafür vergeuden, wertloser Bücher und Zeitschriften zu lesen,
  schamlose Fernsehshows zu sehen und nutzlose Produkte zu kaufen. Dies trifft besonders für unzutreffende medizinische Behauptungen zu, denn hier kann ein falscher    
  Glaube schwere Schäden oder auch den Tod verursachen.

 


  „Die romantische Postmoderne stellt schwärmerisch das Gefühl über den Verstand. Krista FederspielSo halten nun Mythen und Magie, Halbwahrheiten und kühne Behauptungen ohne Belege
  Einzug in die Bildungsgesellschaft. Denn Pseudowissenschaft vermag ein mächtiges Gefühl des Staunens zu wecken, weil sie jene Lücken füllt, die populäre Medien und
  sprachlose Wissenschaft offenlassen. Wer sich nicht verführen lassen möchte, sondern Fragen stellen, wer nicht über Wunder, sondern über Erkenntnisse staunen und der
  Vernunft eine Stimme geben will, braucht Informationen, Rüstzeug und ein Forum dafür. Das bieten Skeptiker und Skeptical Inquirer.“

  Dr. Krista Federspiel, Journalistin, Autorin („Stiftung Warentest – die Andere Medizin“ und „Kursbuch Seele“).

 

 


„Die Medizin ist nicht allein Naturwissenschaft, aber in allen ihren Bereichen unterliegen ihr Johannes Köbberlingwissenschaftliche Grundlagen. Im Gegensatz zu den nicht-wissenschaftlichen Verfahren, die wechselnd als Alternativmedizin, Komplementär-, Ganzheits-, biologische oder Erfahrungsmedizin, besondere Therapieverfahren oder Naturheilkunde bezeichnet werden, ist die wissenschaftlich ausgerichtete Medizin jeder Zeit offen für eine Überprüfung ihrer Behauptungen oder Versprechungen. Die oft aus Unkenntnis verbreitete Akzeptanz nicht-wissenschaftlicher Verfahren führt jedoch dazu, dass nicht überprüfte oder nicht wirksame Verfahren angewandt werden. Die Folge ist eine Verschlechterung der medizinischen Versorgung. Skeptiker und Skeptical Inquirer schließen mit kritischen und fundierten Informationen zu diesen Themen eine wichtige Informationslücke.“

Prof. Johannes Köbberling, Internistischer Klinikdirektor, ehem. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin und Mitglied des GWUP-Wissenschaftsrats.

 

 


„The change of millennia is a fitting symbol for an epoch of dramatic change in Leon Ledermanhuman potentialities and human prospects. However, the pace of change itself, driven by an exploding technology, generates unease and may be responsible for the growth of unreason, of the appeal of junk science, of apocalyptic predictions, of alien abduction stories, of belief in astrology, creationism, voodoo – anything that promises stability and reassurance in the age of change. The skeptical movement (and its Inquirer journal) provides a unique set of clear counter arguments. It is a beacon of rationality which will be essential if we are to solve the real problems of 21st century life.“

Prof. Leon M. Lederman, Nobelpreisträger, Physik

Übersetzung:

„Der Übergang zwischen den Jahrtausenden ist ein passendes Symbol für die dramatischen Veränderungen in den Möglichkeiten und Aussichten der Menschheit. Der rasante Wandel, getrieben durch eine explodierende Technologie, verursacht jedoch Verunsicherungen, die wahrscheinlich für wachsende Unvernunft und die Anziehungskraft von ,junk science‘, für die Glaubensbeireitschaft für apokalyptische Vorhersagen, Entführungen durch Außerirdische, Astrologie, Kreationismus und Voodoo verantwortlich ist. Alles scheint anziehend, was Stabilität und Zuversicht in einem Zeitalter des Wandels verspricht. Die Skeptische Bewegung (und ihr Journal Skeptical Inquirer) bietet eine einmalige Zusammenstellung von klaren Gegenargumenten. Sie ist ein Lichtblick für eine Rationalität, die für die Lösung der realen Probleme des 21. Jahrhunderts unverzichtbar ist.“

 


„In der Wissenschaft werden Hypothesen aufgestellt und geprüft – ein sozialer Vorgang, Gero von Randowder neben vielem Nutzen auch Lustgewinn mit sich bringt. Jedenfalls für den, der Spaß an Erkenntnissen hat, die dem gesunden Menschenverstand zuwiderlaufen. Eine besonders unterhaltsame Art der Wissenschaft ist ihr Bemühen um Abgrenzung von Forschungszweigen, die nicht oder nicht mehr sinnvoll sind. Wer daran Freude hat, der sollte in den Skeptiker blicken.

Gero von Randow, Wissenschaftsjournalist, Mitarbeiter der Wochenzeitschrift „DIE ZEIT“ Herausgeber („Mein paranormales Fahrrad“, „Das Ziegenproblem – Denken in Wahrscheinlichkeiten„)

 

 


„Als Journalistin erlebe ich fast täglich, wie rapide die Qualität vieler Medien sinkt.Bärbel Schwertfeger Es wird – oftmals aus Zeitmangel – nicht mehr gründlich recherchiert und immer häufiger wird der Leser auch mit verkappten PR-Artikeln konfrontiert. Denn bei vielen Medien ist die Werbeanzeige längst wichtiger als die Aufklärung des Verbrauchers. Außerdem macht Kritik Arbeit. Denn nicht selten drohen die Kritisierten mit Klagen und nur sehr wenige Redaktionen haben noch den Mut, unliebsame Dinge aufzudecken. Daher ist umso wichtiger, dass es noch Blätter wie den Skeptiker gibt, dessen Autoren den Dingen mit wissenschaftlicher Akribie auf den Grund gehen und sich auch nicht scheuen, vermeintliche Erfolgsstories in Frage zu stellen oder Scharlatane zu entlarven.“

Bärbel Schwertfeger, Dipl. Psychologin und freie Journalistin, u.a. für Financial Times Deutschland, Handelsblatt, Welt, Wirtschaftswoche, Stern und die ZEIT, Chefredakteurin von Wirtschaftspsychologie aktuell sowie Buchautorin u.a. „Der Griff nach der Psyche – Was umstrittene Persönlichkeitstrainer in Unternehmen anrichten“ und „Die Bluff-Gesellschaft – Ein Streifzug durch die Welt der Karriere„. Von 2007 bis Juni 2020 war sie zudem Chefredakteurin der Zeitschrift „Wirtschaftspsychologie aktuell“, die von der Sektion Wirtschaftspsychologie des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) herausgegeben wird. Im Juli 2020 startete sie das Online-Magazin WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE HEUTE. Ein interessanten Artikel gibt es in der HR Performance 3/2019