07.02.2016 (GWUP): Die Debatte um die magisch-esoterische Heilslehre Homöopathie reißt nicht ab. Seit letztem Dezember ist nun ein neuer Blog zum Thema, „Homöotology", online. Wir haben dem Verfasser, der selbst nur unter dem Namen seines Blogs auftritt, ein paar Fragen gestellt.
GWUP: Neben dem GWUP-Blog setzen sich zahlreiche andere Blogger, wie beispielsweise der Ingenieur Dr. Norbert Aust, mit dem Thema Homöopathie auseinander. Warum gibt es jetzt Ihren Blog „Homöotology"?
Homöotology: Die Idee dahinter ist ursprünglich der Ex-Homöopathin Natalie Grams geschuldet, die in einem Interview erklärte, dass es für sie nach ihrem Ausstieg war, als wäre sie aus einer Sekte ausgetreten. Und der Vergleich ist wirklich nicht abwegig. Wenn die Argumente der Kritiker, negative Erfahrungen sowie widerlegte Studien komplett ignoriert werden, hat das den gleichen dogmatischen Charakter, wie ihn Sekten normalerweise demonstrieren. Und das sollte dargestellt werden. Den Namen selber habe ich der Kreativität meiner Frau zu verdanken, mit der ich im Grunde eine hermaphroditische Meinungseinheit darstelle. Die verschiedenen Betrachtungsweisen dieser pseudomedizinischen Spielart sind durchaus vielfältig. Verschiedene Blogger liefern dafür verschiedene Blickwinkel, um sich der Sache zu nähern. Ich halte Norbert Austs Blog für einen der wichtigsten, die wir in Deutschland haben, da er eine gute Anlaufstelle bietet, um sich mit den vielen Widersprüchen der Homöopathie und vor allem der stark angestiegenen Anzahl von Studien zu befassen. Nichtsdestotrotz sind gerade die Studienbetrachtungen für viele Anwender sehr kompliziert, da viele Naturwissenschaftler dazu tendieren, ihre Erklärungen an ein fachkundiges Publikum zu richten und dabei häufig auch etwas trocken wirken. Dabei sind die meisten Fehler und Widersprüche der Homöopathie eigentlich leicht zu erkennen und zu verstehen. Es ist daher wichtig, verschiedene Perspektiven und Erklärungsmodelle für verschiedene Interessengruppen anzubieten, wenn man im Bereich der Aufklärung etwas ändern möchte.
GWUP: Ihr Blog trägt den Untertitel „Sanfte Infos für einen natürlichen Sektenausstieg". Ist das nicht sehr polemisch?
Homöotology: Der Titel wurde absichtlich provokant gewählt. Mit Provokation schafft man Aufmerksamkeit und Interesse, wenn auch nicht immer im positiven Sinn. Erinnern wir uns daran, als Christian Weymayrs Buch „Die Homöopathie-Lüge“ erschien. Damals ging ein Aufschrei der Empörung durch die Homöopathie-Szene, Empörung darüber, wie man es wagen könne diese doch so sanfte medizinische Spielart derart zu diffamieren. Die Rezensionen des Buches auf Amazon sprechen dort eine deutliche Sprache, der überwiegende Teil der Verriss-Rezensoren hatte das Buch nicht einmal gelesen, geschweige denn jemals in der Hand gehabt. Es ging einzig und allein darum, den Autor an den Pranger zu stellen. Die Menschen dürfen sich gerne über den Titel der Seite aufregen, jedoch finden sie dort sachliche Betrachtungsweisen und Informationen, die es wert sind, dort einmal genauer hinterfragt zu werden. Denn ich betone es immer wieder gerne: Glauben Sie den Kritikern kein einziges Wort! Tun Sie sich selber einen Gefallen und überprüfen Sie das Gesagte! Dann können Sie sich auch eine ehrliche Meinung bilden auf Basis beider Seiten einer Medaille.
GWUP: In den Begrüßungsworten zum Blog schreiben Sie, es gehe „auf dieser Seite nicht darum, irgendjemandem vor das Schienbein zu treten", sondern darum, interessierten Personen sachliche Informationen zu einer esoterischen Spielart zu liefern". Ihre Texte sind dann doch eher in einem legeren, humoristischen Stil gehalten, gespickt mit zahlreichen persönlichen Erfahrungen. Glauben Sie, dass man, wenn man aufklären will, mit Provokation mehr erreicht?
Homöotology: Es ist vielleicht wichtig zu entscheiden, in welchem Umfang man provoziert. Zynismus und Satire können dabei ein probates Mittel sein. Es ist ein wenig wie in der Schulzeit. Die Lehrer, die den Unterricht interessant und abwechslungsreich gestalteten, waren häufig auch die, bei denen man die besten Leistungen erzielte. Und wenn man in Diskussionen immer wieder beobachtet, dass Homöopathiebefürworter im einen Moment erklären, dass sich Homöopathie mit naturwissenschaftlichen Mitteln nicht nachweisen lasse, und im nächsten Moment fordern, dass es mehr Studien zur Homöopathie geben müsse, dann sollte man diese Realsatire auch darstellen, und dafür drängt sich das Mittel der humorvollen Aufbereitung geradezu auf.
GWUP: Es fällt auf, dass die Kommentare zu Ihren Beiträgen überwiegend von Skeptikern kommen. Wie haben bislang die Homöopathie-Befürworter reagiert?
Homöotology: Es gibt die Seite ja hauptsächlich Im Internet, aber auch einen Ableger auf Facebook. Die Reaktionen der Homöopathieanhänger sind dabei eher schwach ausgeprägt. Vielleicht liegt es ja unter anderem daran, dass ich als Person keine Angriffsfläche biete und man gezwungen ist, auf die Argumente einzugehen, was gerade Homöopathen häufig nicht wollen. Die Seite ist natürlich noch relativ jung und es bedarf einer gewissen Zeit, bis sie eine einigermaßen große Verbreitung erreicht hat. Es gab allerdings am Anfang eine nette Anekdote mit einem bekannten Homöopathen, der sich über meinen angeblich fehlenden Sachverstand zum Potenzierungsverfahren echauffierte und mich bat, mich doch besser zu informieren, bevor ich falsche Aussagen träfe. Auf mehrmaliges Nachfragen, er möge doch die Fehler in meiner Argumentation einfach erklären, damit sie korrigiert werden könnten, erklärte er irgendwann, das müsse man die Hersteller fragen, er wäre nur derjenige, der es als Homöopath benutze und an seine Kunden weitergebe. Und fortan war nichts mehr von ihm zu vernehmen.
GWUP: Vielen Dank für das Gespräch!
Holger von Rybinski.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Die GWUP macht sich Äußerungen ihrer Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.