Oberflächenspannungsänderung durch Grander-Belebung nicht bestätigt
Marko Heckel und Peter Heinig
In seiner Diplomarbeit (2000) berichtet Klaus Faißner über eine Abnahme der Oberflächenspannung von Wasser nach Anwendung der Grander-Wasserbelebungstechnologie. Die hier vorgestellten Experimente konnten diese Abnahme der Oberflächenspannung nicht bestätigen. Als Ursache der Oberflächenspannungsänderung vermuten wir den von Faißner verwendeten Gardena-Gartenschlauch. Experimente mit einem ähnlichen Schlauch ergaben Oberflächenspannungsänderungen der von Faißner gemessenen Größenordnung und können auf oberflächenaktive Verunreinigungen im Schlauch zurückgeführt werden.Die Idee: Überprüfung der Grander-Wasserbelebung
Seit über zehn Jahren verkauft die Grander-Firma U.V.O Vertriebs KG Geräte, mit denen die Qualität von Wasser verbessert werden soll. Das durch diese Geräte „belebte" Wasser soll sich günstig auf den menschlichen Organismus auswirken und - zur Reinigung oder zum Wäschewaschen verwendet - Reinigungsmittel einsparen. Neben diesen eher subjektiven Eigenschaften werden von der Grander-Firma auch einige wissenschaftliche Arbeiten zitiert (Felsch o. J., Faißner 2000). Neben Untersuchungen zum Wachstum von Mikroben (Felsch) wurden auch Experimente zu den physikalischen Eigenschaften des belebten Wassers von Klaus Faißner im Rahmen seiner Diplomarbeit in Frohnleiten (Faißner 2000) durchgeführt. Von allen untersuchten physikalischen Eigenschaften fand Faißner nur bei der Oberflächenspannung einen Einfluss der Wasserbelebung: Sie verringerte sich um 10-17%. Messungen physikalischer Eigenschaften sind wegen des wohldefinierten Versuchsaufbaus in der Regel gut reproduzierbar. Ziel des Experimentes war es, die Änderung der Oberflächenspannung des behandelten Wassers gegenüber unbehandeltem Wasser nachzuvollziehen. Will man fremde wissenschaftliche Ansätze überprüfen, so sollte man auf Skepsis und Zurückhaltung verzichten. Zumindest vorübergehend muss man die fremde Weltsicht akzeptieren und seine Experimente im Geiste dieser Weltsicht planen und durchführen, ansonsten gerät man oft in die Gefahr, nur die eigenen Erwartungen zu bestätigen. Und so gaben wir der Grandertechnologie den nötigen Vertrauensvorschuss.
Granderwasser
Die Geräte, die die Grander-Firma U. V. O. Vertriebs KG heute in aller Welt verkauft, sind meist aus Edelstahl und werden in die Wasserleitung eingebaut (Grander-Journal 2002). Sie arbeiten passiv, verbrauchen also keinen elektrischen Strom. In einem Belebungsgerät befinden sich vollkommen abgeschlossene Kammern, die spezielles „informiertes" Wasser enthalten. Die genaue Gewinnung und Behandlung des informierten Wassers ist ein Betriebsgeheimnis der Granderfirma. Das Leitungswasser umströmt die Kammer mit informiertem Wasser und durch die räumliche Nähe sollen Informationen und Eigenschaften auf das Leitungswasser übertragen werden. Dabei hat das durchströmende Wasser mit dem informierten Wasser, keinerlei Kontakt. Nach dem Passieren des Belebungsgerätes ist das Leitungswasser „belebt", es wird zum „Granderwasser". Gegenüber unbehandeltem Wasser soll Granderwasser eine ganze Reihe ausschließlich positiver Eigenschaften haben.
So soll es
- biologisch stabiler und reiner sein,
- in Schwimmbädern Chlor einsparen,
- Gülle beleben,
- Gesundheit und Abwehrkräfte stärken,
- den Verbrauch an Reinigungsmittel reduzieren,
- Korrosion von Materialien entgegenwirken und viele weitere nützliche Eigenschaften haben.
In seinen theoretischen Ausführungen bezieht sich Johann Grander auch auf Viktor Schauberger, einen weiteren Wasserforscher aus Österreich. Schaubergers Theorien berücksichtigen vor allem Temperatur und Bewegung (Verwirbelung) und unterscheiden sich vom Ansatz Granders (Kronberger und Lattacher 1997). Das Granderwasser für die hier beschriebenen Experimente entnahmen wir bei einer Granderkundin in Berlin Neukölln. Diese Kundin hat seit zwei Jahren einen Wohnungsbeleber WO 75. Nach Angaben der Granderfirma ist damit das Wasser aus dem Wasserhahn hundertprozentig belebt. Eine Abschwächung des Belebungseffektes sei seit der Gründung der Granderfirma vor 15 Jahren nicht bekannt geworden. Auch die Granderkundin berichtet, dass weniger Waschmittel gebraucht werde, dass die Pflanzen besser wüchsen und alles lebendiger sei.
Experimentelle Methoden
Die Experimente wurden unter strenger Befolgung der Richtlinien im Umgang mit Granderwasser (Faißner 2000) durchgeführt. So unterschritt der Abstand zwischen Granderwasser und Kontrollproben nie 30 m (der von Faißner angegebene Mindestabstand ist 5 m). Die Kontrollproben wurden bei einer Mieterin des gleichen Hauses drei Stockwerke tiefer entnommen. Beide Wohnungen sind an das Berliner Wassernetz angeschlossen. Um indirekte Effekte durch die Umgebung zu vermeiden, wurden die Proben getrennt entnommen und transportiert. Das Vergleichswasser wurde zuerst im Labor untersucht und das Granderwasser erst nach dieser Messung ins Labor gebracht. Als Probenbehälter dienten gamma-sterilisierte Zentrifugenröhrchen (20 ml), wie sie auch in der Molekularbiologie und Grenzflächenphysik Anwendung finden. Diese Einweg-Behälter sind sehr rein und begrenzen die Verunreinigung der Proben durch oberflächenaktive Stoffe aus der Umwelt auf ein Minimum. Außerdem wurden leere, handelsübliche 0,75-l-Wasserflaschen aus Glas verwendet. Die Wasserflaschen wurden vor Entnahme der Probe mit Leitungswasser ohne Reinigungsmittel mehrfach gespült, die Röhrchen bedürfen keiner weiteren Reinigung. Die Oberflächenspannung wurde mit einem Wilhelmy-Sensor der Firma „Riegler & Kirstein" gemessen. Mit Hilfe eines optoelektronischen Regelkreises misst das Gerät die Kraft auf ein halb eingetauchtes, total benetztes Filterpapierblättchen (Wilhelmyblättchen) und wird mit einer Vergleichsprobe kalibriert. Diese Kalibrierung wurde vor der Probenentnahme durchgeführt. Als Vergleichsprobe diente Wasser, das in einer laborüblichen Millipore-Anlage (Milli Q) gereinigt wurde. Die Oberflächenspannung der reinen Millipore-Wasserprobe bei Zimmertemperatur (22°C) beträgt 72,3 mN/m. Die Messung ist etwa auf +/-2 mN/m genau, wobei die Ursache für den Fehler in erster Linie der gekrümmte Meniskus im Probenbehälter ist.
Oberflächenspannungsmessung von Granderwasser
Wir entnahmen bei besagter Granderkundin drei Proben in Zentrifugenröhrchen und zwei Proben in Glasflaschen und dieselbe Anzahl Kontrollproben drei Stockwerke tiefer. Um Verunreinigungen zu vermeiden, trugen wir dabei Plastikhandschuhe. Die gemessenen Oberflächenspannungsdifferenzen im Vergleich zu Millipore-Wasser sind in Tab. 1 dargestellt.
Tab 1.: Die Differenzen der Oberflächenspannung zwischen den verschiedenen Proben und der Vergleichsprobe von gereinigtem Millipore-Wasser. a: Proben des unbelebten Wassers, b: belebte Granderwasserproben. Im Rahmen der Messgenauigkeit (ca 2 nN/m) haben alle Proben dieselbe Oberflächenspannung wie die Millipore-Vergleichsprobe.
Sämtliche Messwerte, ob Granderwasser oder Vergleichsprobe, weichen innerhalb der Messungenauigkeit des Gerätes nicht von der Oberflächenspannung des gereinigten Millipore-Wassers ab. Das Resultat ist in offensichtlichem Widerspruch zu Faißner, der eine Verringerung der Oberflächenspannung von 10-17%, also mindestens 7 mN/m, gemessen hat.
Oberflächenspannungsmessung von Wasser nach Durchlaufen eines Gardena-Gartenschlauches
Bei einer Analyse des Versuchsaufbaus von Faißner auf eine mögliche Ursache der Oberflächenspannungsverringerung stießen wir auf einen Gardena-Gartenschlauch, in dem das Wasser aus einem Behälter durch das Grandergerät geleitet wurde (Faißner 2000, Bildbeschreibung auf S. 9). Aus der Versuchsbeschreibung geht hervor, dass nur das Granderwasser durch diesen Schlauch geflossen ist. Gartenschläuche bestehen aus Polymeren (Gummi) und enthalten Weichmacher und andere Zusatzstoffe (Franck 1988), die Proben verunreinigen können (Dörfler 1994). Grenzflächeneigenschaften, und damit auch die Oberflächenspannung, sind sehr sensibel gegenüber kleinen Mengen grenzflächenaktiver Substanzen (Langmuir 1933). Die Grenzflächenforschung stellt hohe Anforderungen an die Reinheit der zu untersuchenden Substanzen sowie an die Apparatur. Als Beispiel sei eine neuere Arbeit von Priester und Mitarbeitern über den Einfluss von Spuren von Verunreinigungen auf den Oberflächendruck genannt (Priester et al. 1998). Wir planten also ein neues Experiment, um zu überprüfen ob der Gardena-Gartenschlauch eine Änderung der Oberflächenspannung hervorruft. Eine Recherche in Baumärkten, Gardena-Katalogen (1998-2003) und im Internet ergab, dass sich die Produktbeschreibungen dieser Gartenschläuche in den letzten vier Jahren nicht verändert hatten. Wir kauften einen 20 m langen GardenaSchlauch „Cord Standard" und schlossen ihn an den Wasserhahn des Labors an. Die gemessenen Oberflächenspannungsdifferenzen im Vergleich zu Millipore-Wasser sind in Tab. 2 dargestellt.
Tab. 2: Oberflächenspannungsdifferenzen von Leitungswasser nach Durchlaufen eines Gardena-Gartenschlauches im Vergleich zu Millipore-Wasser
Die Experimente deuten auf eine inhomogene Verschmutzung der Probe durch den Schlauch mit einer Oberflächenspannungsverringerung bis zu 17,5% hin.
Diskussion
Die hier beschriebenen Experimente zeigen keinen Einfluss der Grandertechnologie auf die Oberflächenspannung von Wasser. Die Verwendung eines Gardena-Gartenschlauchs anstelle von Granderwasser führte zu einem Effekt der von Faißner gemessenen Größenordnung. Ursache dafür könnten z. B. Weichmacher im Schlauch sein (Franck und Biederbick 1988), die in kleinen Mengen aus dem Kunststoff austreten und die Oberflächenspannung ändern können (Dörfler 1994). Man kann also eine Verunreinigung als Ursache für die Oberflächenspannungsänderung bei Faißner vermuten. Faißner untersuchte neben der Oberflächenspannung in seiner Diplomarbeit:
- die elektrische Leitfähigkeit,
- die Dichte,
- den pH-Wert,
- einige Ionenkonzentrationen,
- Dampf-Flüssig-Phasengleichgewicht,
- Mischungs-Phasendiagramme von Toluol und Wasser.
Faißner fand in keinem dieser Experimente einen Unterschied von Granderwasser zu den Vergleichsproben. Zusammengenommen heißt das: Die physikalischen Eigenschaften von Wasser werden durch Grandertechnologie nicht beeinflusst.
Dank
Wir danken Granderberater Herrn Walther für die Vermittlung zu einer Granderkundin, für großzügige Versorgung mit Infomaterial und insbesondere für die Möglichkeit zur Einsicht in die Diplomarbeit (Faißner 2000).
Literatur
- Dörfler, H.-D. (1994): Grenzflächen- und Kolloidchemie. Wiley-VCH Verlag, Weinheim, S. 43
- Felsch, H. (o. J.): Annäherung an das Wasserrätsel anhand der Grander®-Technologie. Broschüre der Granderfirma
- Faißner, K. (2000): Diplomarbeit zur Grander-Wasserbelebung. Frohnleiten
- Franck, A; Biederbick, K. (1988): Kunststoff-Kompendium. Vogel Verlag, Würzburg,3. Auflage; S.81
- Grander-Journal 1/2 und Werbeschrift „Wasserbelebung" (2002)
- Kronberger, H.; Lattacher, S. (1997): Auf der Spur des Wasserrätsels. Von Viktor Schauberger bis Johann Grander. Uranus Verlag, Wien
- Langmuir, I. (1933): Oil lenses on water and the nature of monomolecular expanded films, J. Chem. Phys. 1, 756-776
- Priester, T.; Bartoszek, M.; Lunkenheimer, K. (1998): Influence of surface-active trace impurities on the surface properties of aqueous solutions of oligoethylene glycol monooctyl ethers. J. Coll. Interf. Sci. 208, 6-13
Marko Heckel, geb. 1975, studiert seit 2001 Geoökologie in Potsdam. Seine Freizeit widmet er dem Erdbeeranbau und (para)wissenschaftlichen Theorien. Bei Internet- und Buchrecherchen zu Viktor Schaubergers Theorien wurde er auf Granderwasser aufmerksam. Anschrift: Baumgartenbrück 8, 14542 Geltow, mheck (at) web.de
Peter Heinig, geb. 1974, hat Physik in Leipzig studiert und 2003 in Potsdam promoviert. Seine Doktorarbeit hat er am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung angefertigt. In seiner Freizeit trifft er sich gern mit Marko Heckel zu einer Partie Go und diskutiert mit ihm über (para)wissenschaftliche Theorien. Anschrift: Stechlinweg 22, 14469 Potsdam
Dieser Artikel erschien im "Skeptiker", Ausgabe 3/2003.