Area 51 – Zwischen Schwerkraft und Unendlichkeit
Um die supergeheime US-Militärbasis ranken sich zahllose UFOlogische Mythen
Bernd Harder
Was hat die Monty-Python-Komödie „Das Leben des Brian" mit dem Mythos gemein, der sich um Amerikas supergeheime High-Tech-Militärbasis „Area 51" rankt? In beiden wird „ein obskurer und widerwilliger Messias von fanatischen Anhängern verfolgt, die ihn unerbittlich verehren und sogar in dem Schuh, den er nach ihnen wirft, ein heiliges Zeichen sehen wollen". Diesen Vergleich zieht ausgerechnet der Leiter des „Area 51 Research Center" in dem Wüstennest Rachel (Nevada), Glenn Campbell, der von der US-Presse als „Aktivist" tituiliert wird, der „in Eigenregie die Rechtmäßigkeit staatlicher Vorgehensweisen überwacht". Ein Querulant aus Passion also. Ein real existierendes Abziehbild der drei paranoiden Verschwörungsfanatiker „The Lone Gunmen" aus der Kult-Serie „Akte X". Und zugleich die schillerndste in der „Menge aufregender Gestalten mit ebenso aufregenden Geschichten" (PM), die man in der Kneipe „Little A'Le'Inn" in dem 100-Seelen-Kaff trifft.
Der „obskure Messias", von dem Campbell in dem Report „Die Dreamland-Akte" (Knaur, 1999) bereitwillig berichtet, ist niemand Geringerer als Bob Lazar. Jener Bob Lazar, der 1989 in US-Nachrichtensendungen auftrat und UFOlogische Geschichte schrieb. Der Konstruktionsingenieur will im Top-Secret-Abschnitt S-4 der „Area 51" gearbeitet haben und dabei an der Analyse des Antriebssystems einer fliegenden Unterasse aus dem Weltraum beteiligt gewesen sein. Eine ganze Flotte aus neun geborgenen außerirdischen Flugkörpern lagere in den unterirdischen Hangars. Weder die Kongressabgeordneten noch der Präsident hätten davon gewusst - „außer sie haben gerade die Nachrichten gesehen, sollte man annehmen", merkte eine Journalistin einigermaßen belustigt zu Lazars spektakulären Enthüllungen an.
Ein kosmisches Watergate? Sogar eine Schlüsselszene des 100-Millionen-Dollar-Knallbonbons „Independence Day" spielt in der Nähe des Allfahrts-Orts Rachel: „Es gab nie abgestürzte Raumschiffe!" versucht darin der amerikanische Präsident im Brustton der Überzeugung einen aufgebrachten Bürger zu beruhigen, der sich über die Verschleierungsstrategie der Regierung in Sachen UFOs erregt. Da nimmt ein Sicherheitsberater den mächtigsten Mann der westlichen Welt beiseite und raunt ihm sichtlich unwillig zu: „Das ist leider nicht ganz richtig, Sir ..." Nur wenige Filmminuten später befindet sich die zusammengewürfelte Gruppe von Überlebenden der Alien-Attacke auf Washington auf einem mysteriösen Stützpunkt in der Wüste - und kann sich dort nicht nur von der Existenz extraterrestrischer Raumschiff-Wracks, sondern auch von tiefgekühlten „grünen Männchen" überzeugen. Und jeder Zuschauer, der auch nur entfernt mit der aktuellen UFO-Literatur vertraut ist, weiß sofort: Hier ist die geheimnisumwitterte „Area 51", rund 150 Kilometer nördlich von Las Vegas, gemeint.
„Dreamland", Land der Träume, wird das hermetisch abgeriegelte Hochsicherheitsgelände um den ausgetrockneten Salzsee Groom Lake auch genannt. Und tatsächlich fliegen hier die Träume der überzeugten Ufologen ganz besonders hoch. Und nicht nur das. Die „Area 51" sei ein großer Wäschekorb, in den man jede moderne Verschwörungstheorie werfen könne, schreibt „Dreamland-Akte"-Autor David Darlington ironisch:
Hier war das Aids-Virus erfunden worden. Und hier verschwanden entführte Kinder, die in einem unterirdischen Laboratorium medizinischen Experimenten unterzogen wurden. Einige Quellen zufolge verfügte die Basis über 22 unterirdische Stockwerke und war über ein Tunnelsystem mit ähnlichen Anlagen im gesamten Südwesten der USA verbunden. In Sichtweite unseres Campingplatzes wurden Strahlenwaffen zur Bewusstseinskontrolle entwickelt (allerdings nicht gerade zu diesem Zeitpunkt, denn es war Samstag). Die Basis wurde nicht von solch untergeordneten Lakaien wie dem amerikanischen Kongress oder dem Präsidenten oder gar der Air Force kontrolliert, sondern von jener Weltregierung, die als Bilderberger/Council on Foreign Relations/Trilaterale Kommission/Neue Weltordnung bezeichnet wurde, mithin von einer Weltverschwörung, die innerhalb/außerhalb des militärisch-industriellen Komplexes operierte. Diese machtbesessenen Abtrünningen würden vor nichts Halt machen, um ihr düsteres und ehrgeiziges Ziel zu erreichen: die Weltherrschaft.
Und was meint der „philosophische Krieger und vagabundierende intellektuelle Terrorist" Glenn Campbell zu solchen UFOtainment-Stories? „Ich persönlich glaube", vertraute er dem Stern an, „dass die einzige unheimliche Begegnung hier draußen mit verirrten Rindern stattfindet. Aber die Leute wollen sehen, was sie sehen wollen". Und Bob Lazar? Seine Glaubwürdigkeit erlitt ernsthafte Risse, als einige seiner akademischen Qualifikationen sich als falsch erwiesen. Nur wenige sympathisierende Beobachter drückten bei Lazars Bankrott, seinen nicht bestätigten Jobs und seinen unauffindbaren Universitätsabschlüssen beide Augen zu. Der bekannte UFOloge Stanton Friedman zögerte keinen Augenblick, Lazar einen Betrüger zu nennen.
Dennoch wird „Area 51" auch in Zukunft der Heilige Gral der UFO-Kontaktsucher bleiben. Denn die US-Regierung tut ihr Bestes, eine „X-Akte" zur Akte XXL aufzublasen. Während der Clinton-Präsidentschaft erließ Luftwaffenministerin Sheila Widnall eine weitreichende Geheimhaltungsvorschrift. Um Fragen nach dem Stützpunkt abzuwehren, ist die Verbreitung einschlägiger Informationen, ja selbst die Verwendung fiktiver Namen wie „Dreamland" nun untersagt. Ohnehin wurde allein die pure Existenz der „Area 51" von der Regierung lange geleugnet, auf Landkarten ist das Gebiet bis heute als „nicht vermessen" eingezeichnet. Erst seit dem 31. 1. 2001 findet sich auf den Internet-Seiten des Weißen Hauses der „Text of a letter from the President to the Speaker of the House of Representatives and the President of the Senate", in dem von der Militärbasis die Rede ist (siehe Web-Tipps).
„Area 51" ist eine Art „Institution bei Geheimniskrämern der Dienste und Rüstungsproduzenten mit einer langen Geschichte", hat der deutsche Journalist Stefan Maiwald recherchiert:
In den fünfziger Jahren entwickelten dort die CIA und die Firma Lockheed vom Kongress kaum kontrollierte Spionageprogramme. 1954 startete dort die U2, Amerikas berühmtes Spionageflugzeug. Danach wurde dort die A-12 entwickelt, ein Düsenflugzeug mit 3,2facher Schallgeschwindigkeit, das Nordvietnam ausspähte und nur zwölfeinhalb Minuten brauchte, um das ganze Land zu überfliegen. Was heute dort entwickelt wird, ist auch für Experten ein kaum lösbares Rätsel. Die Portale der Flugzeughallen sind nur nachts geöffnet. Einige Beobachter vermuten, dass zur Zeit ein hyperschnelles Spionageflugzeug mit achtfacher Schallgeschwindigkeit erprobt wird. Und unter dem Code-Namen „Aurora" wird eine methangetriebene Kreuzung aus Rakete und Düsenjäger entwickelt.
Für die Justiz der USA wirft die Tatsache, dass es offiziell eine „Area 51" gar nicht gibt, ein bizarres Problem auf. Denn: Die „Geisterbasis" scheint nebenbei auch als geheime Giftmüll-Deponie zu dienen. Der Rechtsprofessor George Turley vertritt sechs ehemalige Arbeiter des „Dreamland", die an Leberkrebs und schweren toxischen Ekzemen erkrankt sind. Sie mussten in den achtziger Jahren exotische Lacke, Harze und Lösungsmittel verbrennen. Doch die gerichtliche Auseinandersetzung verläuft außerordentlich zäh. Maiwald: „Das Washingtoner Umweltministerium behauptet, dass der Stützpunkt im Verzeichnis bundeseigener Liegenschaften nicht aufgeführt ist, folglich auch nicht existiert. Und wenn das ganze Gelände nicht existiert, kann auch der Befund von Biochemikern, die in Gewebeproben hohe Werte von Dioxin und Dibenzofuranen festgestellt haben, nur fiktiv sein." Anscheinend treibt die Regierung die Sorge um, vor Gericht könnte möglicherweise die Zusammensetzung der radarunsichtbarmachenden Spezialbeschichtung des legendären „Tarnkappenbombers" bekannt werden.
Nicht alles also, was an Mysteriösem über „Area 51" gesagt und geschrieben wird, gehört von vorne herein ins Reich der Hirngespinste. Doch was die Gerüchte in der Twilight Zone zwischen Schwerkraft und Unendlichkeit angeht, mag eine Episode aus Rachel vom 30. 4. 1993 trefflich illustrieren. An jenem Tag war Bob Lazar zu einem Vortrag im „Little A'Le'Inn" angereist. Plötzlich brüllte jemand draußen: „Da ist etwas in der Luft!" Blitzartig leerte sich der Saal. Das vermeintliche UFO erwies sich jedoch als Ballon - der das spöttische Gesicht der Mickymaus trug.
Web-Cams für die Monster- und Geisterjagd:
- www.courierpress.com/ghost/
- www.bbc.co.uk/so/weird/cam/
- www.irelandseye.com/ghost/index.shtm
- www.ghostwatcher.com
- www.torontoghosts.org/camera/
- www.lochness.scotland.net/webcamuw.htm
- francais.discoveryeurope.com/cams/nessie/nessiemain.html
- www.lochness.co.uk/livecam/
- dir.yahoo.com/Science/Alternative/Paranormal_Phenomena/Ghosts/Web_Cams/
Clyde Ropers Kalmar-Expedition:
Area 51:
- www.whitehouse.gov/news/releases/20010201-4.html
- www.dreamlandresort.com
- www.aliensonearth.com/area51/
- www.nauticom.net/users/ata/resources.html
Dieser Artikel erschien im "Skeptiker", Ausgabe 2/2001.