Unter einem morphischen (auch: morphogenetischen, griech.: gestaltbildenden) Feld verstehen der britische Biologe Rupert Sheldrake und seine Anhänger ein Feld nicht-energetischer Natur, das sich angeblich bei jedem physikalischen, chemischen und biologischen Selbstorganisationsprozess bildet. Dazu gehören beispielsweise Lernvorgänge, aber auch embryologische Entwicklungsprozesse. Bis heute gibt es keinen Beleg für die Existenz derartiger Felder.
Morphische Felder sollen sich durch folgende Eigenschaften auszeichnen:
- Sie breiten sich angeblich räumlich und zeitlich ohne Abschwächung aus;
- Sie sollen sich durch andere, ähnliche Strukturbildungen verstärken;
- Sie sollen durch ihre gestaltbildende Natur weitere bzw. zukünftige Strukturbildungen erleichtern bzw. beschleunigen.
Sheldrake zufolge wird all dies durch einen Mechanismus namens „morphische Resonanz“ bewirkt. Die Existenz der morphischen Resonanz ist jedoch nicht wissenschaftlich belegt. Auch fehlen jegliche Hinweise aus der Alltagserfahrung, wonach beispielsweise Lateinschüler heute schneller und leichter lernen, weil Generationen von Schülern schon vor ihnen Latein gelernt haben, oder wonach sich Embryonen schneller entwickeln, weil schon Abertausende von Generationen zuvor diesen Prozess durchlaufen haben. (Man denke etwa an die Fruchtfliege Drosophila, die seit mehreren Jahrzehnten in Genetik-Laboratorien massenhaft gezüchtet wird.) Es gibt also derzeit eigentlich gar keine Phänomene, die der Erklärung durch morphische Felder bedürfen. Indes ruft Sheldrake seit Jahrzehnten immer wieder zum experimentellen Test seiner These auf, um auf diese Weise überhaupt erst das Datenmaterial zu beschaffen, zu dessen Erklärung er dann die morphischen Felder anbieten kann. Der Hinweis auf morphische Felder hätte jedoch gar keinen wissenschaftlichen Erklärungswert, weil völlig unklar ist,
- was diese nichtphysikalischen Felder sein sollen,
- wie diese das ganze Universum durchziehenden Felder derart prozessspezifisch wirken sollen,
- was der mit den Namen „morphische Resonanz“ belegte Mechanismus überhaupt sein soll.
Sheldrakes morphische/morphogenetische Felder sollten nicht mit dem Begriff des morphogenetischen Feldes in der Embryologie verwechselt werden. Dort bezeichnet man als „morphogenetisches Feld“ die Eigenschaft eines Zellverbandes, unabhängig von seiner Größe (Zellzahl) und Lage zu einer bestimmen Muster- und Formbildungsleistung befähigt zu sein. So bildet z.B. ein als Extremitätenfeld (Gliedmaßenfeld) bezeichneter Zellverband beim Molch trotz Entfernung eines Teils der Zellen oder Transplantation an eine andere Stelle des Embryos eine Extremität.
Dr. Martin Mahner, Inge Hüsgen
Links:
- Homepage von Rupert Sheldrake
Literatur
- Kamphuis, A. (2004): Felder ohne Früchte. Rupert Sheldrakes Hypothese der formbildenden Verursachung. Skeptiker 04/2004, S. 96-102.
- Mahner, M. (1994): Formen aus Feldern? Die „morphogenetischen Felder“ des Rupert Sheldrake: Neue Wissenschaft oder New Age-Flop? kosmos Heft 10 (Oktober): 76-77. Nachdruck in: Skeptiker 01/1996, S. 21-23.
- Sheldrake, R. (1983): Das schöpferische Universum. Die Theorie des morphogenetischen Feldes. Meyster, München
- van Genderen, M.; Koene, B.; Nienhuys, J.W. (2001): Sheldrakes lernende Kristalle. Ein Briefwechsel über chemische Substanzen, ihre Schmelzpunkte und unfassbare Kräfte. Skeptiker 03/2001, S. 109-116.
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- Können Katzen hellsehen? [offline]
Stand. 11.09.2009